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Kegelgrab von Goldenitz (bei Lübtheen).
(Katalog=Nummer Br. 469-471.)

In dem Tannengehölz zwischen dem Gute, der Bahnlinie und der Scheide von Pritzier befinden sich mehrere Hügel, die man für künstliche Auftragungen halten kann. Einer derselben, welcher nahe dem Hofe am Ende des Gehölzes lag, ist beim Sandfahren allmählich zerstört, und es sind ihm, ohne daß auf die Fundverhältnisse näher geachtet wäre, mehrere Bronzen entnommen, die Herr Rittmeister von Könemann auf Goldenitz im Juni 1898 der Großherzoglichen Sammlung übergeben hat. Die Patina ist dunkel, körnig und geht ziemlich tief; der Metallkern hat, wie oft bei alten Bronzen, eine röthliche Färbung angenommen.

Es sind:

1. Ein Schwert mit platter Griffzunge und flach gewölbter Klinge. Die Griffzunge, wie üblich mit leicht erhöhten Rändern und drei Nietlöchern in der Mitte, je einem an der Seite, ist 7 cm lang, die Klinge jetzt noch 21 cm, der untere Theil ist abgebrochen.

2. Ein Schwert mit breiter Griffangel und flach gewölbter Klinge. An der Griffangel sitzt noch der Knauf des Griffes, bestehend aus einer flachen, unregelmäßig vierseitigen Platte, die

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in der Mitte in einem niedrigen Knopfe schließt; die Platte ist verziert durch ein Saumband mit leichten Stricheln und acht symmetrisch vertheilte, kleine konzentrische Doppelkreise mit Mittelpunkt; unter der Platte ein leicht erhöhtes Band mit Stricheln, nach unten gerichtete Lappen und zwei, durch Rinnen getrennte Bänder mit Stricheln, die im stumpfen Winkel zusammenstoßen (Tannenwedelverzierung). Die Klinge hat in der Mitte eine flachrundliche Erhöhung, die mit Parallellinien abgefaßt ist. Die Länge beträgt jetzt noch 32 cm, ursprünglich 55 bis 60 cm.

3. Eine Dolchklinge; der Mittelgrat flach gewölbt, oben halbrund abschließend, mit zwei Nietlöchern. Länge 16, Breite 3 cm.

Die Geräthformen sind die wohlbekannten unserer älteren Bronzezeit; das erste Schwert ist der Typus S. Müller 34 das zweite 90, die Dolchklinge 22. Daß das Grab einem jüngeren Abschnitt der Periode angehört (Montelius III) ergiebt die entwickeltere Form des Knaufes an dem zweiten Schwerte, an dem die ursprünglichen Spiralen schon zu Kreisen und die ovale Platte zum Rhombus geworden ist (vergl. Montelius, Compte rende du congrès de Stockholm 1876, S. 887, Figur 6, s. auch Splieth, a. a. O. 78 und 80 a). In unserer Sammlung befinden sich noch sieben Schwerter dieses Typus aus Grabfunden und zwar gerade in einigen der bekanntesten aus dem späteren Abschnitt der älteren Bronzezeit (Friedrichsruher Glockenberg, Dabel, Peckatel, Brunstorf) vergl. auch unten S. 113 Ruthenbeck und Roggow. Ein besonders schönes Exemplar wird unten S. 169 abgebildet werden. Sie gehören unsern schönsten und bekanntesten Gräbern an und stellen den Höhepunkt unserer entwickelten Bronzezeit dar.

Weniger charakteristisch sind die Griffzungenschwerter, von denen in unserer Sammlung ungefähr 50 aus Gesammtfunden sich finden, alle der älteren Periode der Bronzezeit angehörend, aber überwiegend dem jüngeren Abschnitt. Wir werden sie im Weiteren noch bei Retzow, Karow, Loiz, Roggow (Abbildung siehe dort), Blengow, Stülow und Stubbendorf zu besprechen haben und zwar überall, wo die zeitliche Stellung nachweisbar ist aus M. III.

Anders ist das zeitliche Verhältniß der Dolchklingen. Klingen der besprochenen Art sind in älteren Veröffentlichungen gewöhnlich als "Lanzenspitzen" bezeichnet; daß es sich in der That um Dolche handelt, ergiebt sich aus zahlreichen Fällen, wo die Schäftung oder auch die Scheide erhalten ist; so in Meklenburg in dem unten zu besprechenden Kegelgrabe von Stülow; aus

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Dänemark s. z. B. Sophus Müller a. a. O., Abb. 26; aus Bayern Naue, S. 68 flgd.

Daß die Grundform dieser Klingen in die ältesten Abschnitte der nordischen Bronzezeit hinaufreicht, ergeben die ganz alten, an den Anfang unserer Bronzezeit zu stellenden "triangulären" Dolche, von denen mehrere, hier in Meklenburg die von Malchin, Prieschendorf und Waren (vergl. Vorgeschichte S. 35, Abb. 56, Montelius, Chronologie der ältesten Bronzezeit S. 49, Abb. 134 und 137) die breite Mittelrippe haben, ebenso wie die Klingen der gleichzeitigen "Kommandostäbe", z. B. Müllers Nordische Alterthumskunde I, S. 310. Montelius hat demnach in seiner Tidsbestämning alle diese Klingen seiner ersten Periode zugeschrieben. Ein dem Goldenitzer entsprechendes Stück ist dort unter Fig. 6 abgebildet. Auch Splieth (Inventar der Bronzealterfunde), der sich völlig an Montelius anschließt, bildet sie nur bei der ersten Periode ab (Tafel I); ein dem unsern ganz entsprechendes fehlt. Aus den Verzeichnissen S. 30 und 48 ergiebt sich aber, daß sie dort in der zweiten Periode noch häufig sind, in der dritten aber, allerdings mit der einen Ausnahme des interessanten sichtlich unsern Friedrichsruher Gräbern gleichzeitigen Grabes von Uelsby (Mitth. d. anth. Ver. in Schlesw.=Holst. 1900), fehlen. Auch in Dänemark scheinen sie im Wesentlichen in Sophus Müllers "älteren Abschnitt der älteren Bronzezeit", also M. II, zu gehören (vergl. das Verzeichniß Aarbøger 1891, S. 194 flgd.).

Dem gegenüber ist es doch bemerkenswerth, daß in Meklenburg die besprochene Dolchform in Gräbern M. III durchaus nicht selten ist; es seien nur erwähnt Grabfunde von Püttelkow, Wittenmoor, Friedrichsruhe, Zachow, und von den hier besprochenen die von Brahlstorf, (s. oben S. 105, allerdings wie auch die andern mit schärferem Mittelgrate als das Goldenitzer Stück), Retzow, Liepen. Und auch in den südlichen Bronzegebieten reicht die Form in eine jüngere Zeit hinein; so rechnet sie Naue für Oberbayern in seine jüngere Bronzezeit, die dem Ende unserer älteren entspricht (sein Typus IV. Naue S. 79), und in der Schweiz soll sie gar in die der nordischen vierten Periode entsprechende "Pfahlbauzeit" reichen (Heierli Urgeschichte der Schweiz, S. 214 und 266).

Es scheint demnach der Gebrauch des Dolches in Meklenburg ebenso wie in Süddeutschland in eine (absolut) jüngere Zeit zu reichen als im weiteren Norden.