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V.

Die Meklenburgischen Kirchenordnungen.

Ein Beitrag zur Entstehung unserer Landeskirche.

von

Gymnasial=Oberlehrer H. Schnell in Güstrow.

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G emäß der mittelalterlichen Weltanschauung von der Einheit des imperium und des sacerdotium übertrug Friedrich I. bei der Eroberung des Wendenlandes seinem Vetter und Freund Heinrich dem Löwen die Aufgabe, in kaisersicher Vollmacht die drei alten Bisthümer nicht nur wiederherzustellen, sondern auch nach seinem Gutdünken mit Gütern zu bewidmen. Denn es ist "des Kaisers Pflicht, Gottes Kenntniß und Ehre und Dienst überall zu verbreiten". 1 ) Jndem der Löwe das eroberte und noch zu erobernde Land jenseits der Elbe vom Kaiser zu Lehn hatte, empfing er aus besonderer kaiserlicher Gnade das Investiturrecht in jenen drei Bisthümern für sich und seine Nachkommen, so daß die Bischöfe, wie sie in geistlicher Hinsicht dem Erzbischof von Hamburg unterstellt waren, in Heinrich dem Löwen ihren weltlichen Lehnsherrn zu erkennen hatten. Bereits im Jahre 1558 2 ) weist derselbe dem Bischof von Ratzeburg seinen Sprengel an und, nachdem das ganze Land unterjocht war, im Jahre 1169 allen dreien ihre Gebiete und Rechte. 3 ) Er behält sich dabei seine Lehnsherrlichkeit vor, wenn er ihnen auch die kirchliche Freiheit gewährleistet. Unter letzterer ist die Abgabenfreiheit zu verstehen; sie schließt jedoch die Verpflichtung ein, dem Markding des Herzogs beizuwohnen, Heerfolge und Burgdienste zu leisten, außerdem den dritten Theil der Einnahme für die höhere Gerichtsbarkeit dem Herzog abzugeben. Wie aber zehn Vorwerke


1) M. U.=B. I, S. 47.
2) Daselbst S. 57.
3) Daselbst S. 84.
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jedes Bischofs vom Burgdienst frei waren, so wurde auch das Markding (seit 1174) wenigstens dem Bischof von Ratzeburg erlassen; wie denn überhaupt in der Folgezeit die eine oder die andere Verpflichtung bis auf die Heerfolge, und zuweilen auch noch diese, abgelöst wurde. Somit sind die drei Bischöfe nicht sofort unmittelbare Reichsfürsten geworden, wenn auch Berno von Schwerin im Jahre 1170 das Bedürfniß hatte, vom Kaiser selbst seinen Besitz sich bestätigen zu lassen. 1 )

Nach dem Fall des Löwen aber erlosch die Lehnsherrlichkeit desselben, die drei Bischöfe wurden unmittelbare Reichsfürsten. Berno ließ sich 1181 sein Stiftsgut vom Kaiser bestätigen; 2 ) Jsfried von Ratzeburg verweigerte mit Erfolg Herzog Bernhard dem Sohne des Löwen, die Lehnshuldigung; Konrad und hernach Dietrich von Lübeck empfingen ihre Investitur vorn Kaiser. 3 ) Als Wilhelm von Holland 1252 die Reichsunmittelbarkeit ihnen nehmen wollte, baten Albrecht von Lübeck, Rudolf von Schwerin und Friedrich von Ratzeburg die Reichsfürsten, sie, als ihresgleichen zu vertreten. 4 ) Wie aber gestaltete sich ihr Verhältniß zu den sie umgebenden Grafen? Diese hatten einst ihre Länder, die zur Dotierung der Bisthümer verwendet werden sollten in die Hand Heinrichs des Löwen zurückgegeben, ohne sich Rechte zu wahren. Nur der Graf von Ratzeburg hatte sich die Gerichtsvogtei und den halben Zehnten als Advokatus des Stiftes vorbehalten; 5 ) von Guncelin und Pribislav wird nichts erwähnt. In der Folgezeit befreite sich das Bisthum Ratzeburg von allen Ansprüchen der Herzöge von Sachsen durch Zahlung Geldsummen (1261, 1271); 6 ) allein was an Gütern im Bezirke des Sächsischen Landes lag, sollte der Hoheit Sachsens unterworfen bleiben. Ueberhaupt suchte das Bisthum auch von dem neuerworbenen Gütern im Lande des Grafen von Schwerin die auferlegten Verpflichtungen durch Kauf zu entfernen und strebte nicht ohne Glück die omnimoda superioritas auch aller Güter an, 7 )


1) M. U.=B. I, S. 85. Die Urkunde von 1171 ist gefälscht, in welcher dem Stift Schwerin die volle Reichsunmittelbarkeit bereits von Heinrich dem Löwen gegeben wird. Damit fällt denn auch die Beweisführung Rudloffs in seinem "Ehemaligen Verhältniß", Schwerin 1774, in sich zusammen.
2) S. 129.
3) M. Jahrb. 28, S. 265, 266.
4) M. U.=B. II, S. 22.
5) Masch, Geschichte des Bisthums Ratzeburg, Lübeck 1835, S. 69
6) Masch, S. 175.
7) Masch, S. 209.
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nur daß es den Grafen ein bestimmtes Schirmgeld entrichtete. Nicht wesentlich anders gestaltete sich das Verhältniß des Stiftes Schwerin zur Grafschaft und zum Lande Meklenburg. Pribislav begiebt sich ausdrücklich seiner Rechte an Bützow (1185); ebenso bestätigen unter seinen Nachfolgern Nicolaus und Heinrich Burwin (1232) diesen Verzicht. 1 ) Und Graf Helmold von Schwerin bestätigt 1284 dem Bischof Hermann die vollkommene Freiheit. 2 ) Allein über die Güter, welche durch Schenkung zum ursprünglichen Dotalgut hinzukamen, oder auch im Gebiet der weltlichen Fürsten lagen, behielten sich letztere vor und behaupteten ihre Hoheitsrechte, 3 ) mit größerem oder geringerem Umfange der Verpflichtungen.

Indem die beiden Bisthümer auf diese Weise der Landeshoheit sich entzogen, ist bis ins 13. Jahrhundert hinein eine meklenburgische Landeskirche auch nicht einmal in ihren Anfängen zu erkennen. Zwar war der größere Theil unseres Vaterlandes in seiner Zugehörigkeit zum Bisthum Schwerin, Ratzeburg und Lübeck dem Erzbisthum Hamburg unterstellt; aber der Osten und der Süden gehörte zu Havelberg und Kammin und war somit in die Gesammtheit des Hamburger Erzbisthums nicht einbegriffen. Andererseits umfaßte sowohl das Bisthum Schwerin als auch Ratzeburg Gebiete, welche außerhalb der Grenzen Meklenburgs lagen. Das Land war kirchlich nicht geeint.

Aber es war auch politisch nicht geeint. Wie jedoch vom Jahre 1359 an das Streben nach politischer Einigung offen hervortrat, so mußte auch die Kirche und ihr Besitz davon betroffen werden; das Wachsthum der landesherrlichen Gewalt in dem politisch geeinten Lande hat das immer deutlicher werdende Hervortreten einer Landeskirche im Gefolge; ja es wird sich zeigen, daß es schon vor der Reformation, wie im übrigen Deutschland, 4 ) so auch in Meklenburg eine Art landesherrlichen Kirchenregiments und eine gewisse Form einer Landeskirche gegeben hat. Zwei Linien aber führen zu diesem Endziele; die eine zeigt die Entstehung der landesherrlichen Gewalt durch die Zurückforderung veräußerter Hoheitsrechte und durch die Inanspruchnahme besonderer Rechte auf Grund der alles umfassenden landesfürstlichen Stellung. Die andere Linie zeigt das Wachsen derselben Gewalt der Kirche gegenüber, wie sie aus einzelnen Befugnissen


1) Bei Rudloff, Verhältniß, S. 33.
2) Hist. Nachricht v. d. Verf. d. Fürstenthums Schw. Beilage K.
3) Belege dafür finden sich zahlreich in den Urkunden.
4) Rieker, Die rechtliche Stellung der ev. Kirche Deutschlands, S. 37.
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heraus allmählich zur Landesobrigkeit hinauf schreitet, die als solche Rechte der Kirche gegenüber ausüben kann und darf. Mit dieser haben wir es hier zu thun.

Als die Grafschaft Schwerin 1359 als das Haus Meklenburg kam, nimmt dasselbe das Bisthum Schwerin ist seinen besonderen Schutz, in specialem defeusionem et guardiam. 1 ) Zwanzig Jahre später nehmen die Herzöge Heinrich und Magnus schon das Recht der Beschwerde über unzweckmäßige Verwendung und Haushaltung des Domkapitets für sich in Auspruch, 2 ) sie vertheidigen ihre Lehnsherrlichkeit über die in ihrer Herrschaft gelegenen Stiftsgüter und versteigen sich schon zu dem Ausdruck "ere und erer kercken tho Schwerin wertlicke Overförsten". 1453 wird von Herzog Heinrich der Schutzbrief erneuert, 3 ) aber schon 1468 erscheint der Bischof "unser kerkest Swerin mit mandenste vorplichtet", 4 ) als der Herzog eine Fehde mit Pommern=Stettin auszufechten hatte. Das ist in kurzen Daten die Entwicklung, welche das ius advocatiae und seine Auffassung seitens der Herzöge bewirkte. Ratzeburg hielt sich davon noch frei, aber hatte desto mehr von den Herzögen zu Sachsen=Lauenburg zu leiden, gegen welche. Magnus 1492 dasselbe gern schützte. -Vollends aber mußte die Einigung der meklenburgischen Linien im Jahre 1471, sowie die kraftvolle Regierung des Herzogs Magnus II. 1477-1503 der Hoheit der Stifter gefährlich werden.

Herzog Magnus hielt am Besteuerungsrecht der Geistlichkeit gegenüber fest. Obwohl dieselbe allerdings von allen Beden frei war, so hatten sich doch schon im 13. Jahrhundert die Herzöge außerordentliche Beden bewilligen lassen, wo es die Schuldenabtragung, Auslösung des Landesherrn aus Gefangenschaft, Ausstattung der Töchter oder auch Ertheilung der Ritterwürde an die Söhne galt. 5 ) Zwar war Heinrich der Löwe einmal, 1321, mit seiner Forderung nicht durchgedrungen; er ließ es aber nicht unausgesprochen, daß ihm in Nothfällen ein Besteuerungsrecht zustände. 6 ) Als nun unter der Regierung Kaiser Maximilians die Anforderungen von Reichswegen sich mehrten, wie Besuch der Reichstage, Beiträge zu den Reichs=


1) Nachricht etc. ., Beil. N.
2) Ebenda Beil. T.
3) Ebenda Beil. O.
4) M. Jahrb. 51, S. 106.
5) Hegel, S. 64.
6) Hegel, S. 71.
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steuern, Leistung von Kriegshülfe, forderte Magnus außerordentliche Auflagen. Standen ihm doch Reichstagsabschiede zur Seite, nach welchen keinerlei geistliche und weltliche Unterthanen von diesen sogenannten Kaiser= oder Königsbeden befreit sein sollten. 1 ) So forderte er 1494 vom Stifte Bützow einen Beitrag. 2 ) Auch zur Vermählung seiner beiden Töchter forderte er eine Bede, da "Prälaten, Mannen und Städte Uns in allen ehrlichen und rechtfertigen Dingen verpflichtet sind". 3 )

Tritt hierin schon das Bestreben des Herzogs Magnus hervor, die Landeshoheit auch gegenüber der Kirche aufzurichten, so erscheint diese noch deutlicher, wenn man beachtet, wie die Prälaten bei der Bewilligung der letztgenannten Bede mit Mannen und Städten geeint auftreten. Wir können wohl unbedenklich von Hegel, Geschichte der Meklenburgischen Landstände, Rostock 1856, den Satz uns aneignen, 4 ) daß "in dem Maße, als die Territorialherrschaft selbst mehr und mehr eine bleibende Gestalt annahm, auch die landständischen Verhältnisse sich ausbildeten, und die darauf begründete Verfassung sich befestigte." Nun aber find letztere weithin zu verfolgen. Vertrauen wir der Führung Hegels, so läßt sich der Einfluß der Stände bis in die vormundschaftlichen Regierungen des 13. und 14. Jahrhunderts zurück verfolgen. Zum ersten Male treten alle drei, Prälaten, Mannen und Städte, im Lande Wenden 1437 auf, indem sie sich gegen die Erbhuldigung des Markgrafen von Brandenburg sträuben. Und in den darauf folgenden Friedensverträgen vom Jahre 1442 erscheinen zum ersten Male die gesammten Stände der gesammten meklenburgischen Lande. Wenn auch in der Folge größere landständische Verbände nur im Lande Wenden und Stargard auftreten, so bilden doch die Näthe eine Art ständische Vertretung, und unter diesen erscheinen die Prälaten an erster Stelle, während sie bis dahin unter den Mannen "geistliche und weltliche" mitverstanden wurden. An der Spitze derselben erscheint der Bischof von Schwerin, der von Ratzeburg, aber auch die Vorsteher der Landesklöster und Domstifter, sowie Domherren und angesehene Pfarrer. An den Vergleichsverhandlungen wegen der Rostocker Bede 1480-82 nahmen Prälaten und Räthe von Mannen und Städten theil. In der Rostocker Domsehde sollen Prälaten, Mannen und Städte


1) Bei Rudloff, Handbuch, S. 961, Theil II.
2) M. Jahrb. 51, S. 107
3) Beilage Nr. 12 u. 13 bei Hegel.
4) S. 72.
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entscheiden, 1484. Im Streit des Herzogs Magnus mit den Flotow's sprechen alle drei ihr Erkenntniß, 1494, 1495 ist Rostock damit einverstanden, daß der Hafen Warnemünde Prälaten, Mannen und Städten zur Sequestiration übergeben werde. 1497 citiren zwei Prälaten u. s. w. als verordnete Richter anstatt aller andern Räthe. Es fand also eine landständische Mitwirkung durch mehr oder weniger Rathgeber, die in Vertretung der übrigen Stände einberufen wurden, statt, welche die Herzöge in ihren Streitigkeiten nicht nur, sondern auch bei der Bewilligung von Steuern und Kriegshülfen in Anspruch nahmen 1 ) Indem aber die Prälaten an diesen Handlungen Antheil hatten, bekunden sie nicht ein bloßes Interesse an dem meklenburgischen Staate, sondern zeigen sich als zu gehörige Theile desselben, deren Standschaft auf den Landtagen neben den beiden andern Ständen der erstrebten Landeshoheit der Herzöge zur Seite trat. Und indem solcher landständischer Verband die gesammten Lande umfaßte, ist ein weiterer Ansatz zur Bildung der Landeskirche gegeben.

Ueberhaupt standen auch sonst die Männer der Kirche in naher Verbindung mit der Landesgewalt. Bischof Balthasar von Schwerin, 1473-1479, war ein meklenburgischer Prinz, sein zweiter Nachfolger, Konrad Loste, 1483 - 1503, war schon vor seiner Stuhlbesteigung herzoglicher Rath und Meklenburger, wenn auch von niedrigem Herkommen; auch der Bischof Johann V. von Ratzeburg war aus Meklenburg gebürtig. Außerdem hatten namhafte Geistliche in der herzoglichen Kanzlei gearbeitet 2 ) und hatten Stellen von gelehrten Räthen inne. 3 )

Weitere Ansätze zur Bildung einer Landeskirche bezeugen die Landfriedensbestrebungen der Herzöge. Auf jenem Reichstage zu Worms 1495, dem der allgemeine Landfriede seine Entstehung verdankt, war Herzog Magnus anwesend. Waren so lange die Landfriedensbündnisse nur gegen die öffentliche Unsicherheit auf den Straßen gerichtet und auf die öffentliche Ruhe bedacht gewesen, so tritt jetzt eine Polizeigesetzgebung des Reiches wie der Territorien ein, die "für gute Ordnung und gemeinen Wohlstand zu sorgen hat". 4 ) Der alte mittelalterliche Staatsbegriff, der nur negativ gewesen war darin, daß die Ausgaben des Staates lediglich in Gewährung des Schutzes


1) Hegel, S. 58, 80, 81, 103-106.
2) Rudloff II., S. 921.
3) S. 933.
4) Rieker, S. 35.
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nach außen und Abwehr der Friedensstörung nach innen bestanden, mußte sich erweitern, da die Kirche die ihr nach mittelalterliches Anschauung zustehenden Rechte und Pflichten nicht mehr genügend ausfüllte; er mußte positiv werden in der Fürsorge der öffentlichen Gewalt für bürgerliche Wohlfahrt und gute Sitte, und äußerte sich in den bekannten Polizeiordnungen, die in erster Linie vom Reiche ausgingen und also von den Reichsständen gebilligt sind angenommen waren, dann aber auch von ihnen in ihren eigenen Ländern in eigenen Satzungen verfügt wurden. 1 ) Nun liegt allerdings die eigentliche Polizeiordnung Meklenburgs über die Regierung des Herzogs Magnus hinaus. Aber es bestehen doch Anzeichen einer solchen in die Hand genommenen Gewalt. Dazu ist nicht allein der in Veranlassung des Wormser Landfriedens zu Tempzin 1498 geschlossene Landfriede zu rechnen, dazu gehören auch die in den civiloquia der Stadt Wismar gegebenen Bestimmungen, wie Verbot des Verkaufes von Häusern und liegenden Gründen an die Geistlichkeit, 2 ) Verbot der Wallfahrten und des übermäßigen Patengeldes, 3 ) Verbot übergroßer Gelage, 4 ) sowie daß den Geistlichen zu viel vermacht würde. 5 ) Ja, die landespolizeiliche Gewalt auch auf die kirchlichen Dinge auszudehnen, wurde Magnus sogleich beim Antritt seiner Regierung von dem Karthäuser Vicke Dessin aufgefordert, der im Jahre 1477 in einem Briefe 6 ) sowohl dem Herzog selbst rechten christlichen Lebenswandel predigt, als vor allen Dingen von ihm fordert, daß er die Klöster in seinem Lande zurechtsetze und reformire; hierdurch könne er mehr verdienen als durch Fasten und Beten. Das Handeln des Herzogs Magnus entspricht dieser Aufforderung. Bereits 1468 waren in Gegenwart des Herzogs Heinrich die Dominikaner in Wismar reformirt; 7 ) 1492 wurde das Kloster zu Nibnitz auf Anhalten des Herzogs Magnus visitirt und ihm die Wahlordnung vorgeschrieben; mit Hülfe der Bevollmächtigten der Herzöge brachte 1495 Bischof Konrad die Verhältnisse des Klosters Rühn in Ordnung. So gelangte schon das ius inspiciendi cavendi zur Ausübung seitens des Landesherrn.


1) Rieker, S. 36.
2) Schröder, Pap. Meckl., S. 1107.
3) S. 1829.
4) S. 1845.
5) S. 1951.
6) M. Jahrb. 16, S. 3-8.
7) Rudloff, S. 970.
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Es giebt noch andere Anzeichen für das kirchliche Thätigwerden des Landesherrn. 1501 bestimmt der Herzog, daß armen Leuten umsonst die Glocken nachgeläutet werden. 1 ) 1495 nimmt der Herzog eine Klage der Priester zu Grabow über eine gottesdienstliche Angelegenheit entgegen. 2 ) Der Bischof von Ratzeburg hatte nämlich verordnet, daß die Priester nicht mit Wein, sondern mit Malvasier Messe halten sollten. Der Bischof ist angehalten, dem Herzog die Gründe anzugeben, "daß er vorberührte Ordnung in guter Meinung und nicht um den Gottesdienst zu stören, sondern zu vermehren gemacht habe." Diese Thatsache verliert das Auffällige, 3 ) wenn man festhält, daß Herzog Magnus auch sonst die Sorge für die kirchlichen Dinge auf sich nahm. Das zeigt im besonderen die Geschichte der Rostocker Domfehde. 1483 hatte Magnus beschlossen, an der Jakobikirche zu Rostock ein Domstift zu gründen, zur Vermehrung des Gottesdienstes sowohl als zur Unterhaltung verdienter Professoren, die neben ihrer Thätigkeit an der Universität dem Gottesdienste sich widmen, auch in ihrem Alter im Stift eine Versorgung haben sollten. Trotzdem die Rostocker lange sich wehrten, ließ Magnus seinen Plan vom Bischof Konrad und dem Papste sich bestätigen, ja reiste selbst nach Rom, und 1487 konnte die Pfarrkirche zur Domkirche umgewandelt werden. Die Besetzung von acht Dompräbenden behielt der Herzog sich vor. 4 )

Deutlicher erscheinen die Ansätze zur Bildung einer Landeskirche in den beiden ersten Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts, unter der Regierung Heinrichs und Albrechts. Das Bisthum Schwerin kommt in die engste Verbindung mit dem herzoglichen Hause. Bischof Johann von Thun war schon herzoglicher Rath, als er noch Domdechant zu Güstrow war. Auch als Bischof behielt er jene Würde bei. Das Kapitel allerdings, um seine Freiheit besorgt, ließ ihm eine Wahlkapitulation vorlegen, 5 ) daß er die Stiftsgüter nicht mit Beden und Auflagen beschweren lassen wolle, auch keine Abläger duldete, überhaupt das Stift in allen seinen Freiheiten erhielt, und ließ sich ebenso eine Versicherung von den regierenden vier Herzögen geben, welche wie diejenige Heinrichs III. vom Jahre 1453 nicht nur Zusicherung


1) Chemnitz, Leben der Herzöge, bei Gerdes, S. 625.
2) Ebenda, S. 624.
3) Masch, der sie auch erwähnt [Geschichte des Bisthums Ratzeburg, Lübeck 1835,] S. 377, will die Thatsache fast bezweifeln.
4) Lindenberg, Chronic. Rost., S. 90 ff. und Schröder, S. 2452.
5) Schröder, Pap. Meckl., S. 2716.
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des Schutzes, sondern auch Bestätigung aller Privilegien besagte. 1 ) Aber schon 1506 begehrten die Herzöge die Stiftshülfe in der Lübecker Fehde. 2 ) Auch der Bischof Petrus Walkow war längst Vertreter der Fürsten zu Rom gewesen, 3 ) als er 1508 den Bischofsstuhl bestieg. Bischof Petrus war es, der sich den Reichssteuern entzog, dadurch, daß er am 31. December 1514 die Verabredung traf, das Stift solle 500 Mark zu einem Erkenntniß= und Schutzgelde zahlen, so oft von den Ständen eine gemeine Landsteuer bewilligt werde. 4 ) Indem die Herzöge vor dem Kaiser ihn vertreten sollen, verzichtet er thatsächlich auf die Reichsunmittelbarkeit des Stiftes. Maximilian hatte dieselbe noch 1506 anerkannt; aber indem er das Ablaßjubiläumsgeld des Stiftes durch Herzog Heinrich einziehen ließ, auch seinem Briefe eine Bedrohung anhängte für den Fall, daß das Stift sich weigern würde, 5 ) mußte er in dem Herzog nur noch mehr den Gedanken der Herrschaft über das Stift erwecken. 1516 hat derselbe Gelegenheit, das Antragsrecht zwischen dem Bischof und Helmold von Plessen üben zu können. 6 ) Aber Heinrich bekam die Regierung des Stifts selbst in die Hände, als nach dem Tode des Bischofs Petrus sein Sohn Magnus vom Kapitel postulirt wurde. Schon die Thatsache der Postulation zeigt, daß auch das Kapitel dem Fürsten gefüge ward. Aus "bestimmten Gründen" 7 ) wählten sie den Prinzen; der herzogliche Vater übernimmt als "natürlicher und gesetzlicher Vertreter seines unmündigen Sohnes" die Verwaltung. Wenn dieser auch alle Freiheiten des Stiftes bestätigt, so bindet sich das Kapitel ihm gegenüber doch die Hände, wenn es ihm die volle Verantwortung und Vertretung für die unkanonische Wahl zuschiebt, die nur "ad complacendum gratiae suae", nämlich des Fürsten, geschehen sei. Indem nun der Herzog die bischöflichen Einkünfte in seine Kammer zog, theils zum Unterhalt und zur Ausbildung des Prinzen, theils zur Vertretung des Stifts hinsichtlich der Reichssteuern, werden die Grenzen des Stifts immer mehr mit denen der herzoglichen Lande und Rechte vermischt, so sehr, daß die Herzöge bis 1561 dasselbe als einen Stand ihres Landes ansehen konnten.


1) Schröder, S. 2761.
2) Rudloff, Verhältniß, S. 50.
3) M. Jahrb. 1, S. 21.
4) Verhältniß, S. 57.
5) Schröder, S. 2778.
6) Verhältniß, S. 59.
7) Nachricht, Beil. H.
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Auch das Bisthum Ratzeburg wurde zu engerem Anschlusse an Meklenburg getrieben. Des Johann von Partentin Nachfolger ward 1511 Heinrich Bergmeier. Am 12. Juni 1513 sind die drei Bischöfe von Lübeck, Ratzeburg, Schwerin im Zuge, um die Hochzeit Heinrichs in Wismar zu feiern. Der Bischof von Ratzeburg traute das fürstliche Paar. Bischof Heinrich und sein Stuhl aber wurden fortwährend von Herzog Magnus von Sachsen angefeindet, der das Bisthum als einen Theil seines Landes behandeln wollte und sich dabei persönliche Vergewaltigungen zu schulden kommen ließ. Am 18. April 1517 rief das Kapitel die meklenburgischen Herzöge zum Schutz an, und auch der Papst forderte sie zur Hülfe auf. 1 ) Darum sendet Meklenburg seine Räthe zum Vergleich nach Buxtehude, 2 ) und Heinrich eröffnet die Vergleichshandlung zu Lenschow am 7. December 1518 3 ) und abermals am 31. März 1519. 4 ) Hier erklärte der Bischof, daß das Stift immer reichsunmittelbar gewesen sei und keinen anderen Schutzherrn als die Herzöge von Meklenburg hätte. In dem endgültigen Vergleich vom 26. November 1519 5 ) gelobt Meklenburg dem Bischof von Ratzeburg seinen Schutz, den lezterer um somehr gebrauchen konnte, als der Herzog von Sachsen seine Angriffe fortsetzte. Ein engerer Anschluß von Ratzeburg an Meklenburg bestand nicht, als er in diesem Schutzverhältniß gegeben ist. Wenn auch Karl V. Herzog Albrecht mit der Entgegennahme des kaiserlichen Lehnseides betraute, 17. März 1521, 6 ) so wahrte doch das Stift besonders unter dem thatkräftigen Bischof Georg seine Unmittelbarkeit.

Inzwischen ist aber auch die landständische Verfassung unter der Mitwirkung der Prälaten fort geschritten. 1504, darauf 1518 und 1520 vermitteln die drei Stände zwischen den herzoglichen Brüdern. 7 ) In der Polizeiordnung von 1516 erscheinen sie zuerst als gemeine Stände, also ist politischer Einheit und Gesammtvertretung des Landes. 8 ) Allerdings heißen die geistlichen Herren "Verwandte des Fürstenthums". Aber in der Union der Stände 1523 sind sie aus diesem Stande herausgetreten, und die fünf Prälatest unterschreiben "alse vullmächtige Befehlhebbere in Stede


1) Masch, S. 432.
2) S. 433.
3) S. 437.
4) S. 439.
5) S. 441.
6) S. 416.
7) Hegel, S. 105.
8) S. 114.
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und Nahmen aller Prälaten". Ihre Namen sind: Ulrich Malchow, Administrator des Bisthums Schwerin; Nicolaus, Abt zu Doberan; Nicolaus Franke, Senior der Domkirche zu Schwerin; Barthold Müller, Dekan der Domkirche zu Rostock; Heinrich Müller Probst zu Dobbertin. Die Stiftsritterschaft und die Stiftsstädte waren nicht vertreten; denn als 1526 Herzog Heinrich auch diese zum Landtage einlud, erwiderten sie, das sei wider alle Gewohnheit, indem nur der Bischof oder dessen Stellvertreter wegen des Stifts an der Ständeversammlung theilgenommen hätte. 1 ) Die Union "wahrte das bestehende Recht der Verträge der fürstlichen Brüder und sicherte die ständischen Privilegien durch die Vereinigung aller Stände .....; indem die Vereinigung durch einen freiwilligen Akt der Stände selbst hergestellt wurde, gab sich darin das entschiedene Bewußtsein ihrer Gemeinsamkeit und Zusammengehörigkeit kund." 2 ) Und wenn nun auch die Union daneben ihre, der Stände, "Privilegien gegenüber der sich aufnehmenden landesherrlichen Gewalt aufrecht erhalten" wollte, so war doch die politische Einheit der meklenburgischen Lande hergestellt, und da die Prälaten "vullmächtig" den ersten Stand bildeten, ist der Boden für eine Landeskirche nicht nur gelegt, sondern auch sicher begründet.

Die Herzöge selbst aber versäumen keine Gelegenheit, als advocati ecclesiae thätig zu werden. Abgesehen von den Ratzeburger Vergleichshandlungen und der fast selbstständigen Verwaltung des Bisthums Schwerin, welch' letztere weit über die Grenzen sonstiger kirchlicher advocatia hinausging, sehen sie ihre Pflicht auch darin, daß sie den Schuldenstand und die Höhe des Zinsfußes herabsetzen, um dadurch den Klagen gegen die Geistlichkeit zu begegnen. Am 29. März 1503 hatten Magnus und Balthasar die Lübecker Geistlichkeit mit den Vasallen des Klützer Ortes verglichen wegen 30000 Mark unbezahlt gelassener Zinsen und hatten den Zinsfuß auf 5 % herabgesetzt. 3 ) Am 17. Juni 1511 verglichen Heinrich und Albrecht dieselben zu Grevesmühlen abermals, ebenso am 6. December 1512 zu Gadebusch dergestalt, daß alle Zinsen niedergeschlagen und die Kapitalien in zehn Jahren abgetragen werden sollten. Am 12. März 1515 sandten die Herzöge dann eine gedruckte Aufforderung an die säumigen zur Zahlung, bei Androhung der Execution. 3 ) Ferner verboten die


1) M. Jahrb. 51, S. 107
2) Hegel, S. 126.
3) M. Jahrb. 16. S. 60.
3) S. 61.
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Herzöge das Angehen der geistlichen Gerichte in weltlichen Sachen, am 29. Juni 1513 1 ) zuerst in besonderer Verordnung, hernach in der Polizeiordnung noch einmal. Am 25. September 1518 nehmen die Herzöge eine Bitte um Schutz gegen den Offizial des Havelberger Bischofs seitens der Stadt Friedland entgegen. 2 ) Im Frühjahr desselben Jahres hatte sich der Rath von Rostock bei ihnen über den neuen Ablaß beklagt, der das Geld aus den Städten fortschaffe. 3 ) Weiter wachten die Fürsten eifrig über ihre Patronatsrechte, die sie an zahlreichen Kirchen hatten. In achtzehnjährigem Prozeß behaupteten sie Patronats= und Abgabenrecht an der Komthurei Kraak und der Priorei Eixen. 4 )

Als advocati ecclesiae wurden die Fürsten aufgefordert und nahmen Theil an der Visitation der Klöster 5 ) einer Thätigkeit, die dem ius reformandi entspricht. Am deutlichsten wird diese jedoch durch die 1516 publizirte Polizeiordnung. Ein Domherr und Inhaber mehrerer Kirchenlehen, Johann Monnick, ist es, der im Auftrage der Landesfürsten die Städte bereist und den Klagen und Uebelständen nachspürt. Diese betreffen nicht nur Ruhe und Sicherheit des Landes, sondern auch alle Unordnungen auf "brautlachten, kindelbiern, rat und Werckosten", die nicht allein den Einwohnern zum Nachtheil, sondern auch - und das ist das Neue - zur "Schwächung des gemeinen Nutzens" gereichen. 6 ) Die Fürsten erkennen es als ihre Pflicht, mit ihren Räthen zu berathschlagen, das Beschwerliche abzuwenden und andere leidliche und unbeschwerliche Ordnung aufzurichten. Der Unordnung müssen sie zuvorkommen, und sie wollen Gott dem Allrnächtigen zu Lobe und zur Förderung des gemeinen Bestens ihre Ordnung stellen. 7 ) "Ordeninge Statuta unnd settunge dem gemenen nutthe thom besten"; dieser Titel kündet den gegen die mittelalterliche Auffassung erweiterten Staatsbegriff an, der der öffentlichen Gewalt die positive Fürsorge für das Wohl der Unterthanen zuspricht und bei der Ohnmacht der kirchlichen Gewalt vor den kirchlichen Dingen nicht Halt macht, sondern sie einbegreift; denn der Fürst ist Gott verantwortlich, zu seinem Lobe dient die neue Ordnung. Maximilian selbst hatte 1512 durch Reichstagsabschied


1) M. Jahrb. 57, S. 155.
2) M. Jahrb. 12, S. 146.
3) Vorberg, Einführung der Ref. in Rostock, S. 26.
4) M. Jahrb. 1, S. 19.
5) Rudloff, Handb., S. 17 u. 261.
6) M. Jahrb. 57, S. 277, aus dem Einladungsschreiben an den Adel.
7) Daselbst S. 279, in der Vorrede zur Polizeiordnung.
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es für nothwendig gehalten, daß Fürsten und andere Stände des Reiches sich in solche Sachen schlagen und Wege fürnehmen, wie die Beschwerung in den kirchlichen Verhältnissen am förderlichsten abgewendet und zur Besserung gestellt werden könnte.

Fassen wir zusammen: In Meklenburg ist seit der Erwerbung der Grafschaft Schwerin eine Landeskirche in der Entwicklung begriffen, welche mit der politischen Einigung des Landes gleichen Schritt hält; in eben dem Maße, in welchem die landesherrliche Gewalt sich befestigt, nimmt sie eine Stellung zur Kirche ein, die auch die Sorge für die kirchlichen Dinge unter sich begreift. Oder kürzer: Landeskirchenthum und landesherrliches Kirchenregiment liegen auch in Meklenburg in der Weise vor, daß die Reformation überall nur anzuknüpfen und weiterzubilden hatte.


Die Stellung Heinrichs und Albrechts zur Reformation ist bisher noch nicht in dem Maße klargestellt, daß man ein klares Bild von ihrem reformatorischen und antireformatorischen Wirken erhielt. Die Arbeiten von Lisch in den Jahrbüchern über die Einführung der Reformation in einzelnen Städten, sowie bislang unbenutzte Akten des Archivs zu Schwerin setzen uns in den Stand, die Stellung beider Fürsten wenigstens in den Hauptzügen erkennen zu können. Voran darf der Satz gestellt werden, daß beide bis über den Reichstag zu Augsburg hinaus an den Reichstagsabschieden festhalten und ist insofern eine neutrale Stellung wahren, als sie weder den Katholischen noch den Evangelischen mit Bestimmtheit sich anschließen; Heinrich behält auch dann noch seine neutrale Stellung bei, indem er den Schmalkaldischen sich nicht anschließt, während Albrecht dem Bündniß zu Halle beitritt.

1520 giebt Heinrich dem Erzieher seines Sohnes Magnus, Konrad Pegel, der seiner Zeit schon gegen den Ablaß Areimbolds geschrieben hatte, die Erlaubniß, in Wittenberg Luther aufzusuchen und zu hören. 1 ) Herzog Albrecht besuchte auf seiner Reise nach Worms den Reformator und ließ seinen Kaplan Heinrich Möller in Wittenberg studiren. 2 ) Beide Fürsten unterschrieben den Wormser Reichstagsabschied; hatten sie doch die kaiserliche Belehnung und Heinrich obendrein den Titel eines Reichshofraths bekommen. Allerdings ist von der Publikation


1) In der Leichenrede des L. Bacmeister, Rost. Etwas 1739, S. 181.
2) Schirrmacher, Joh. Albrecht, S. 1 u. 2.
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des Abschiedes in Meklenburg nichts bekannt, die, wenn sie erfolgt wäre, ohne Wirkung bleiben konnte, weil im Lande von der Reformation nichts öffentlich bekannt geworden war. So kommt am 14. Januar 1523 das Rundschreiben des Papstes durch den Nuntius Chieregatti gegen die impios sceleratosque schismaticos 1 ) noch zu früh aber doch schon zu spät, indem im Februar 1523 zu Nürnberg beschlossen war, 2 ) das Wormser Edikt abzulehnen, ein Konzil in einer deutschen Stadt unter Mitwirkung der Stände anzustreben, vor allem aber das Wort Gottes nach Lehre der bewährten Schriften lauter zu lehren. Am 18. April 1524 kam es zu dem zweiten Nürnberger Abschied, 3 ) daß bis zu einer Nationalversammlung im November das heilige Evangelium und Gottes Wort gepredigt und "soviel als möglich" das Wormser Edikt gehalten werden sollte. Diese beiden Reichstagsabschiede gaben den meklenburgischen Herzögen den Rechtsgrund, auf dem sie jetzt die reine Lehre fördern. Albrecht mochte außerdem noch durch seine Gemahlin, Anna von Brandenburg, beeinflußt sein, welche bei einem Besuche in Neubrandenburg 4 ) sich evangelisch predigen ließ und gelegentlich ihres Aufenthaltes in Ribnitz recht verächtlich von der alten Kirche sprach. Obgleich Albrecht sich Messe lesen ließ, 5 ) so läßt er durch den Hofbeamten Hans Löser und sein Bruder Heinrich durch den Sternberger Prior Johann Steenwyck Luther um Sendung evangelischer Prädicanten bitten, im Frühjahr 1524. 6 ) Wenn aber Luther am 24. Juli 1524 an den Prior schreibt. "Scripsissem principi ipsi, sed causa aliqua intercessit, ne id auderem, ne forte suspitionem et facerent et ineurrerem", 7 ) so ist das ein Zeichen, daß unsere Fürsten von der Reformation noch frei bleiben wollten; nur das lautere Evangelium ließen sie predig.

Denen sie sind advocati ihrer Kirche und haben außerdem für den Landfrieden zu sorgen. Diese beiden Gesichtspunkte sind für ihr Verhalten maßgebend. Deshalb gebietet Albrecht dem Joachim Kruse, den er doch in Güstrow eingesetzt hat, daß er "sich sunst ungepürlichs unstümigs schmehens enthalte, damit aufruhr


1) M. Jahrb. 16, S. 10.
2) Ranke, Deutsche Gesch. im Zeitalter der Ref., II, S. 49 u. 50.
3) Ranke, II, S. 113.
4) M. Jahrb. 22, S. 9.
5) Ebenda.
6) M. Jahrb 22, S. 241, und de Wette, Luthers Briefe, II, S. 511.
7) Der Brief ist M. Jahrb. 12, S. 274, abgedruckt.
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und Widderwylle vorblyb"; 1 ) nur das wahrhaftige Evangelium und Wort Gottes solle er verkündigen. Befremden kann es deshalb auch nicht, wenn Albrecht den Bischof Magnus am 16. August 1526 2 ) auffordert, die neue ketzerische Lehre zu unterdrücken, deshalb nicht befremden, weil er für den Bischofsstuhl seines Neffen besorgt sein mußte. Ebenso verfährt Heinrich, der im Oktober 1525 Slüter entließ, als der Official sich bei ihm über die aufrührerischen Predigten desselben beklagte. 3 ) Und in Friedland befahl er "das heilige Evangelium nach Auslegung der vier Doctorender heiligen Schrift zu predigen, ohne Schelten und Aufruhr, bis er aus kaiserlicher Majestät andere Botschaft erlaffen würde". 4 ) Da Aufruhr zu befürchten ist, so läßt er es eben bei der "alten christlichen Gewohnheit" bleiben. Wo aber das Evangelium von lutherischen Prädicanten gepredigt wird, da soll auch nach Heinrichs Meinung es "Iuther und rein sonder jenigen thosatzt" geschehen, aber ohne Schelten und auch ohne öffentliche Disputationen, weil durch letztere "vele mehrere uprhur den Einigkeit erwassen mochte". So verbietet er in Wismar und Rostock bereits angesetzte öffentliche Disputationen. 5 ) Als advocati hatten Albrecht und Heinrich die Kirche gegen die Verweigerung der Pächte in Schutz zu nehmen. So citirt Albrecht den Joachim von der Osten und Joachim von der Lühe, die vom Domkapitel. zu Rostock der Pacht wegen verklagt wurden; er habe sich mit Heinrich verabredet, "die sulven gebrekert tho vorhorenn und darinne wath temelick gewanlick und billich ist tho vorfugenn, 6 ) Am 8. April 1526 wird denn zu Sternberg nach Berathung mit den Landständen der Zinsfuß von geistlichen Gütern auf 4 % herabgesetzt, mit der Bestimmung, daß Zinsen und Pächte fortan regelmäßig bezahlt werden sollen. Und als der Schweriner Domdechant Johann Knutzen ohne Vollmacht der übrigen beim Kaiser darüber sich beschwerte, versichern die Herzöge, daß sie zur zur Erhaltung des Gottesdienstes in diese gütliche Unterhandlung sich eingelassen hätten, um Nachtheil und Widerwillen wischen Geistlichen und Weltlichen zu verhüten. 7 ) In der That nahmen sie die Geistlichen in Schutz, so am 17. Juni 1526,


1) Schröder, Ev. Meckl., I, S. 96. Brief Albrechts vom Sonnabend nach Quasimodogeniti, d. i. 29. April 1525.
2) Schweriner Archiv.
3) Bei Vorberg, Einführung der Reformation in Rostock, S. 32.
4) M. Jahrb. 12, S. 149.
5) Schröder, I, S. 141.
6) Die Citation ist abgedruckt bei Hegel, S. 184.
7) M. Jahrb. 12, S. 242.
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als die Rostocker den Klerus mit der Grabenarbeit beschweren wollten. 1 )

So bleiben sie noch 1526 Freunde des Kaisers und erhalten von ihm durch Heinrich von Braunschweig seine Instruction an die, welche "der Luterischen lere nicht anhengig seyn." 2 )

Dieser Stellung scheint nun Heinrichs Verhalten zum Torgauer Bunde nicht zu entsprechen, da sein Name in der Bundesakte vom 13. Juni 1526 zu Magdeburg mitgenannt wird. 3 ) Allein eine nähere Beziehung zu den Bundesgliedern und zu der Entwicklung des Bundes ist nicht nachzuweisen. Daß Heinrich anfänglich mit seinem Schwager Johann, bei Seele des Bundes, übereinstimmen mochte, liegt bei der nahen Verwandtschaft auf der Hand. Gewiß ist er durch seine Theilnahme am Lippeschen Bunde seit dem 16. December 1525 4 ) und derjenigem am Polnischen Bunde seit 13. December 1524, 5 ) jenen Vorläufern des Torgauer Bundes, mit in den letzeren hineingezogen worden, dem er aber hernach ganz sich fern. hielt. Fürs erste paßten die Bestimmungen jenes Bundes Sehr gut zu seiner Stellung, welche besagen, daß "wir von Amtswegen darzu von Gott dem Allmechtigen vorsehen, den unsern schuldig und plichtig seyn auch getreue Fürsehung zu thun, damit dieselben mit dem Worte Gottes weyter gewydembt werden."

Daß Gottes Wort gepredigt werde, war 1524 zu Nürnberg den Ständen zur Pflicht gemacht, und zu Speyer hieß es 1526 am 25. Juni, daß jeder Stand sich so verhalten solle, wie er es verantworten könne vor Gott und Kaiserlicher Majestät; 6 ) ja es ward jeder Obrigkeit, geistlichen oder weltlichen Standes, zur Pflicht gemacht, daß in ihren Landen, Gottes Wort nach rechtem Verstand gepredigt werde, ohne Aufruhr und Aergerniß. So wurden 1527 Oberländer und Faber in Schwerin, Berenfelder in Wismar, 1528 Lönnies in Parchim angestellt; ja Heinrich unterredet sich mit Slüter uttd schenkt ihm 1527 ein neues Priesterkleid. 7 ) Dagegen bitten die Friedländer vergebens um einen Prediger, weil der Rath berichtet hat, daß Geistliche genug da seien und kein Friede bestehen würde. 8 ) Ebenfalls


1) Vorberg, S. 32.
2) Abgedruckt bei Schröder, I, S. 104.
3) Abgedruckt bei Schröder, I, S. 106 ff..
4) M. Jahrb. 20, S. 101.
5) Ebenda. S. 114.
6) Ranke, S. 296.
7) Vorberg, S. 34.
8) M. Jahrb. 12, S. 150.
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verbietet Heinrich den Druck des Emser'schen Testamentes, nicht weil der Kurfürst von Sachsen ihn darum ersuchte, auch nicht, weil Luther selbst an ihn schrieb, sondern "weil es vorderblichen schaden pringen mocht", was ihm "als der Oberigkeiten gantz beschwerlich und ghar unleidtlich." 1 )

Wir sehen, daß Heinrich und Albrecht auf den Reichstagsbeschlüssen bestehen, welche ihnen das ius reformandi in der Weise auszuüben verstatten, daß sie für die Predigt des Evangeliums sorgen, soweit es ohne Aufruhr und ohne Abbruch an den Rechten der Geistlichkeit geschieht. Deshalb unterschreiben sie auch die Protestation zu Speier nicht. Auf die Verpflichtung, den Speirer Reichstagsabschied zu halten, wird Heinrich vom Bischof von Ratzeburg hingewiesen in jener Aderpolschen Fehde zu Gressow 2 ): "der Kaiser habe dem Bischof und dem Herzoge befohlen, bei dem alten christlichen Glauben und den alten Cerenlomien zu bleiben, bis durch ein Concil etwas Anderes bestimmt sei." Als der Bischof dann von den Plessen überfallen wird, fordert er gemäß dem Speirer Reichstage von den Fürsten Hülse, 27 December 1529. Denn wenn ein Stand des Reiches überzogen würde, so solle der andere helfen. So schreibt denn Heinrich unter dem 4. Januar 1530 an die Plessen, den Landfrieden nicht zu stören, und Albrecht ist bereit, mit bewaffneter Macht herbeizukommen. Wenn aber beide Fürsten nicht energisch gegen die Plessen vorgingen, so liegt der Grund nicht auf religiösem Gebiete, sondern sie mochten dem hochfahrenden Ratzeburger wohl einen Aerger gönnen. Auf den Speirer Reichstag beziehen die Fürsten sich auch selbst, als sie den vier Domkapiteln, welche am 6. December 1529 über Verunglimpfung sich beklagt hatten, unter dem 4. Januar 1530 antworten: 3 ) "Sie wollen mit gebührlicher Exekution der Geistlichkeit zu den Zehnten, Pächten und Renten verhelfen; die Geistlichen sollen vor kein stadt= oder ander wertlich gerichte gezogen werden; was Gottesdienst und Ceremonien betrifft, so ist der Befehl hiebevor gewest und ist es noch jetzt, das die nach altem gebrauch der heiligen kirchen vnde vermoge des abscheides des jungst gehalten Rechtstags zu Speier, darvor wir zu underricht den artikel cristlich religion unde unsern heiligen Glauben belangent hir in gelegt, gehalten soll werden." Da nach demselben Ab=


1) Der Brief an den Rostocker Rath abgedruckt in M. Jahrb. 54, S. 191.
2) M. Jahrb. 16, S. 75 ff.
3) M. Jahrb. 16, S. 35.
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schiede Sekten nicht geduldet werden sollen, so verbieten Heinrich und Albrecht am 6. Mai 1530 den Druck der Schriften des zwinglianisch gesinnten Never zu Wismar. 1 )

Es kann deshalb nicht befremden, wenn die Herzöge die Confession zu Augsburg nicht unterschreiben, ja Albrecht die Anrede an den päpstlichen Legaten hält. In der Politik des letzteren ist von diesem Reichstage an eine Wendung der katholischen Seite hin zu bemerken, während Heinrich an seiner bisherigen Stellung festhielt. Albrecht tritt fortan in eine gegensätzliche Stellung zu seinem Bruder, indem er die von diesem nicht gebilligte Landestheilung eifrig betrieb, indem er in die nordischen Angelegenheiten sich einmischte und deshalb die Freundschaft des Kaisers sich wahren mußte, indem er endlich der Ueberredung seines Schwiegervaters, Joachim I. von Brandenburg, Raum gab. In Bezug auf letzteren Punkt sagt Reimar Kock: 2 ) "Hertog Albrecht hest sick van dem Marckgraven overreden lathen, den olden, und ock van Hertog Jürgen van Meißen, dat he de Lehre des Evangelii verlathen und ein Papiste geworden und ock beth in syttem dode gebleven." Auch Herzogin Anna war wieder katholisch geworden. 3 ) Es wird sich jedoch zeigen, wie der katholische Albrecht von1534 an in seiner Politik mit dem Protestantismus rechnete. Einstweilen stand sein Wirken unter dem Einflusse seiner gut katholischen Kanzler, des Joachim von Jetze und des Johann Knutzen. Die veränderte Stellung benutzt das Rostocker Domkapitel, wenn es am 1. April 1531 das Domkapitel zu Schwerin auffordert, es Herzog Albrecht ja nicht ungemeldet zu lassen, wenn ihnen etwas zu gemuthet würde. 4 ) Dem Prädicanten Aderpol verbietet Albrecht die evangelische Predigt in Malchin, Dienstag vor dem 1. November 1531. 5 ) Labes in Güstrow wehrt sich gegen ein äbnliches Verbot und beruft sich darauf, daß Albrecht doch dem Kruse das Predigen gestattet, auch ihn selbst nicht verhindert habe. 6 ) Labes erbietet sich aus der Schrift seine Lehre zu erweisen, und wirklich läßt Albrecht sich auf eine Prüfung derselben ein, ebenfalls so in Friedland und Neubrandenburg, die aber mit der Verjagung der Prediger endete, weil sie nicht glauben wollten, daß "das


1) Vorberg, S. 40.
2) M. Jahrb. 22, S. 15.
3) M. Jahrb. 18, S. 4.
4) Gedruckt M. Jahrb. 16, S. 47.
5) M. Jahrb. 16, S. 99.
6) M. Jahrb. 12, S. 279.
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Sakrament im Hüseken noch ein Sakrament sei." 1 ) Am 5. Februar 1532 verbietet Albrecht jede Veräußerung von Kirchengütern, 2 ) und am Tninitatisfeste desselben Jahres muß er schon wieder eine Klage des Schweriner Domkapitels entgegennehmen, daß ihm von dem Adel die Pächte nicht gezahlt würden. 3 )

Dieser veränderten Stellung seines Bruders gegenüber bewahrte Heinrich seine ursprüngliche. Der Rostocker Syndikus Oldendorp ist bei ihm Zwinglianischer Ketzerei wegen verklagt; da antwortet Heinrich dem Rathe am 4. November 1530, 4 ) daß er ihn nicht allein der Jrrlehre entgegen, sondern als einen frommen ehrliebenden Christen, der der evangelischen Wahrheit geneigt wäre, erkannt hätte. Besonders aber lobt Heinrich an Oldendorp, daß er "die unsern als der Obrigkeith gepürlichen Gehorsam seines eussersten Vermögens bewegt." Das ist Heinrichs Standpunkt nach wie vor, daß keine Unruhen und Beschwerden vorfallen dürfen. Deshalb setzt er den Aderpol in Malchin, das Heinrich mit seinem Bruder gemeinsam gehörte, wieder ein; er versetzt den Labes aus Güstrow nach Sternberg; in Friedland, wo die Wogen der Unruhen zwischen der Bürgerschaft und dem auf Albrechts Seite stehenden Rathe noch hochgehen, erscheint er persönlich, nachdem zwei Briefe an den Rath mit der Aufforderung, die Bürger glimpflich zu behandeln, nichts gefruchtet hatten. Bei seiner Anwesenheit wies er den Prädicanten Berenfelder, der früher in Wismar gewesen war, in sein neues Amt ein und bittet für denselben den Dominikaner prior zu Pasewalk um eine Wohnung. 5 ) Aus diesem Umstande folgt, daß Heinrich, wo es in Ruhe zugehen konnte, die reine Lehre nicht hinderte, vielmehr zu ihrer Unterstützung selbst die Anhänger der alten anrief. Das bezeugen ihm letztere selbst. Die Rostocker Geistlichkeit gesteht die Predigt des Evangeliums zu, aber in die Veränderung der Ceremonien soll nach Heinrichs Befehl nichts gewilligt werden. So sagen sie vor dem Rathe am 23. März 1531 aus. 6 ) Das bleibt auch Heinrichs Meinung, und in Schwaan, am Abend des 23. März 1531, empfiehlt er der Gesandtschaft der Rostocker Geistlichkeit, die Ceremonien


1) M. Jahrb. 16, S. 101.
2) Bei Vorberg, S. 49.
3) M. Jahrb. 16, S. 14.
4) Gedruckt in Rostock. Etwas 1744, S. 116.
5) M. Jahrb. 12, S. 153.
6) Vorberg, S. 42.
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keineswegs fallen zu lassen. 1 ) Ja, er versichert dieselbe seines Schutzes, daß er nöthigen Falles Gewalt mit Gewalt steuern werde. Auch in Bützow befiehlt Heinrich, daß man sich keineswegs unterstehen solle, in den althergebrachten Ceremonien etwas abzuthun oder zu ändern; denn auf jüngst gehaltenem Reichstage zu Augsburg sei beschlossen worden, bei den alten christlichen Ceremonien zu bleiben und darin vor dem fünften christlichen Concil nichts zu ändern. 2 ) Indem Heinrich einerseits das Evangelium predigen ließ, wo es ohne Aufruhr geschehen konnte, andererseits aber die Ceremonien gemäß dem Augsburger Reichstage beobachtet wissen wollte, konnte es nicht ausbleiben, daß man die Predigt sich gefallen ließ, aber die Ceremonien um so fester behauptete. Daß aber eins das andere mit sich zieht, wurde Heinrich zu Schwaan an jenem 23. März klar. Ueberhaupt ist dieser Märzaufenthalt ist Schwaan für den Fortgang der Reformation recht wichtig. Neben den Gesandten der Rostocker Geistlichkeit war daselbst auch Slüter anwesend; ebenfalls stellte Aderpol aus Malchin sich ein, um sich Bescheid zu holen. Er lautete: "das Evangelium zu Malchin nach wie vor zu predigen". 3 ) Der Rath zu Malchin hatte darauf ihm bedeutet, daß Herzog Heinrich nur die Predigt erlaubt. habe, nicht aber das Sakrament, und hatte deshalb dem Prädicanten weder Meßgewand noch Kelch herausgegeben. Darum fragen die Malchiner Bürger bei Heinrich an, wie sie sich verhalten sollen, denn "dat Evangelium bringeth myt sick den notrostigenn gebruck der Sacrasmenth". 4 ) So mußte Heinrich also eine entschiedene Stellung einnehmen. Einstweilen that er es noch nicht; vielleicht hielt sein papistisch gesinnter Kanzler Caspar von Schönaich ihn zurück. Er begnügte sich damit, die Ruhe im Lande zu wahren. Am 14. August 1531 5 ) begehrt er von den Kirchenjuraten zu St. Jacobi in Rostock, den aufrührerischen Prädicanten abzusetzen, er wolle sie mit einem frommen Manne von guter Lehre versehen. Am 23. Januar 1532 6 ) schreibt er an den Rath zu Parchim: Es sei ihm glaublich berichtet, daß in jüngster Zeit dieselben in eigener Gewalt und ganz unbedächtig


1) M. Jahrb. 16, S. 16.
2) Abgedruckt daselbst, S. 132.
3) Abgedruckt daselbst, S. 110.
4) Abgedruckt daselbst, S. 112.
5) Bei Vorberg, S. 45.
6) Aus dem Archiv zu Schwerin, Brief Heinrichs an Bürgermeister und Rathmannen zu Parchim vom Dienstag nach Fabian Sebastian 1532.
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zugefahren sind, alle Gottesdienste und Ceremonien, so von Alters her gehalten sind, niederzulegen, daß sie ferner anstatt denselben viel "ungeschickte und unlöbliche fürnehrnunge" gebrauchen, das mehr zu Beschwerung denn zu gutem Rechte diene; er fordert deshalb mit Ernst, die Amte der Messen und die Ceremonien, welche sie von Alters her halten, auch die Kirchherren und Kapellane in ihren Pfarrrechten nicht zu hindern, und darneben das heilige Wort Gottes und heiliges Evangelium lauter und rein unverhindert predigen zu Lassen. Aus diesem Briefe ergiebt sich die unveränderte Stellung Heinrichs: Das Evangelium soll gepredigt, aber keine Beschwerung irgend welcher Art gemacht werden. Deshalb nimmt er auch die Karthause in Rostock in Schutz, am 23. Mai 1532, 1 ) daß "die armen geistlichen Leute nicht beschwert" werden sollen. Wie sehr er persönlich den alten Ceremonien ergeben war, bezeugt der Umstand, daß er noch Weihnacht 1532 in Schwerin die Messe sich celebriren ließ. Seine evangelischen Unterthanen allerdings, die Bürger von Parchim, Neubrandenburg, Friedland, Malchin und Woldegk, bitten die in Rostock versammelten Landstände um Schutz gegen die päpstlichen Verfolgungen und um Befürwortung ihrer Bitte bei dem Landesherrn. 2 ) Dasselbe that 1533 Rostock, welches in seinem Reformationseifer schon am 1. April 1534 das große Werk der Reformation vollendet hatte.

Das Jahr 1533 bringt nun die wichtige Veränderung, zunächst den Umschlag Heinrichs sodann die offen feindselige Haltung Albrechts gegen seinen Bruder. Wir werden die Beweise für beides sogleich bringen. Vorerst möge einigen Gedanken Raum gegeben werden, welche den Umschlag Heinrichs erklären. Im Schweriner Archiv befindet sich ein Brief des Herzogs Magnus an seinen Lehrer Arnold Büren vom 18. August 1532. Magnus sagt darin, daß er an den Hof des Kurfürsten von Sachsen hätte gehen sollen. Aber als sein Vater mit der Anweisung noch gezögert habe, hätten die Sachsen gesagt: Heinrich warte nur auf den Ausgang des Regensburger Reichstages. Magnus citirt dann den Satz donec eris felix. Daraus geht wohl hervor daß Heinrich allerdings schon im Sommer 1532 den Plan, den Schmalkaldenern beizustehen, mit sich erwog. Zu einem Anschluß ist es damals noch nicht gekommen, ebenso wenig zu einer


1) Beilage 12 zu Lisch "Marquard Behr", S. 68.
2) Abgedruckt M. Jahrb. 16, S. 117.
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veränderten seine Unternahanen gegenüber. Mithin machen die Sachsen unserm Herzog eine Unterstellung, wenn sie ihn auf den Regensburger Abschied warten lassen. Dieser der am 23. Juli 1532 erfolgte, berührte ihn garnicht. Anders liegt es dagegen mit Heinrichs Verhältniß zum Stift Schwerin. Er hatte für seinen Sohn die Wahlkapitulation beschworen und hatte darin versprochen, dafür zu sorgen, ne qua negligentia fiat in spiritualibus et sacramentalibus sive in his quae sunt ordinis episcopalis. 1 ) Dadurch mußte Heinrich sich gebunden fühlen. Als nun Magnus am 16,. September 1532 sein Amt antrat, war Heinrich. von dieser Verpflichtung frei. Und gerade Magnus mochte es sein, der seinen Vater zu entschiedenerm Vorgehen bewog, er, der mit Luther und Melanchthon innig verkehrt, der eine tüchtige Ausbildung durch Pegel und Büren erhalten hatte.Im März 1527 lobt Melanchthon seine wissenschaftlichen Studien und fordert ihn auf, für Luther bei Herzog Georg Fürsprache einzulegen. Im Februar 1530 schreibt Melanchthon an ihn "Non ignoratis vos divinitus in hoc fastigio rerum humanarum collocatos esse, ut conservetis religionem et civilem diseiplinam" und erinnert ihn an das Wort, "Ego dixi dei estis." 2 ) Mußte Magnus also nicht früh schon den Gedanken fassen, in seinen Vaterlande die Reformation zum Siege- zu führen? Bereits am 6. April 1527 bittet er seinen Vater um Anstellung-seines Dieners Otto Ritzerow in Sternberg, der dafür sorgen-würde daß Gottes Wort rechtschaffen gepredigt werde. 3 ) Er beschwor nur die Wahlkapitulation, aber nicht den von Papst Leo vorgelegten Eid. In betreff dieses hatte er indem erwähnten Briefe seinen Freund und Lehrer gebeten, den Eid durchzulesen, ne eo me astringam, quod mihi et animae et corporis detrimento poterit cuiusque me poeniteat. Sein Lehrer konnte ihn von dem Eidschwure nur zurückhalten.Wie eifrig Magnus das Werk der Reformation trieb, werden wir bei dem Jahre 1538 noch sehen; hier nur noch eine Bemerkung: Pfngsten 1533 schrieb er von Weimar aus Klagen über die Lässigkeit dei Reformation der Universität und über Albrechts Feindseligkeiten. 4 ) Die Vermuthung ist also wohl begründet, daß Magnus seinen Vater zu einem entschiedenen Vorgehen bewog.


1) Abgedruckt in Hist. Nachricht von der Verf. d. Fürstent. Schwerin, Beilage H.
2) Im Corpus Reformatorum.
3) Aus dem Haupt=Archiv zu Schwerin.
4) Im Haupt=Archiv zu Schwerin.
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Die veränderte Stellung Heinrichs ergiebt sich aus seinem Briefe an das Schweriner Domkapitel vorn Jahre 1533, welches sich beschwert hatte, daß die evangelischen Prädicanten in ihren Predigten wider die Ceremonien und geistlichen Personen redeten. 1 ) Da antwortet Heinrich zugleich im Namen seines Sohnes Magnus, daß er "solches nicht zu verbieten wisse, auch nicht in seiner Gewalt stehe, so ferne solches mit Gottes Wort und demselben gemäß geschehe, angesehen, daß auch der Herr Christus selbst vor Zeiten wider Irrthum und Mißbrauch härtiglich geredet habe, wie aus seinem heiligen Evangelium zu lesen und zu finden sei". Nun beschwert sich Albrecht beim König Ferdinand. 2 ) Der Brief bestätigt uns den Wandel im Verhalten Heinrichs. Albrecht klagt, daß das Mandat; wonach niemand den andern wegen der Religion angreifen noch ihm Verhinderung thun solle, von Heinrich ganz und garnicht geachtet und von Rostock und Wismar und anderen Städten garnicht gehorsamet würde, daß vielmehr Heinrich sich vernehmen ließe, "Key. und e. Kh Mat. haben ime in dem das seiner fehelen Seligheit betrift, nicht zu gebieten". Leider ist der Brief ohne Datum. Er muß aber zu Anfang des Jahres 1533 geschrieben sein; denn am 14. April 1533 schreibt Knutzen von Mailand, 3 ) daß er auf die andern Artikel der lutherschen Händel halben, keinen Bescheid und Antwort erhalten könne. Am 30. Juni 4 ) fordert Ferdinand den Rath schon auf, die Neuerungen abzustellen. Und unter dem 29. Juli bekommt Heinrich von Braunschweig den Auftrag von Ferdinand, mit Heinrich zu verhandeln 5 ) Es heißt da: Herzog Albrecht hat ein Urtheil an uns geschrieben, in Sachen die christlich Religion betreffend, darin seiner Liebden von seinem Bruder etwas Beschwerliches zugefügt wird. Ferdinand wünscht, daß died und dergleichen Irrthum und Zwietracht zum möglichsten verhütet und in der Güte verhandelt werden, sondertich auch in der Religion nichts Neues aufgerichtet, noch Röm. Kaiserl. Maj. ausgegangenen Erklärung und Nürnbergschem jüngsten Abschied zuwider gehandelt wird. Ferdinand hat Heinrich von Braunsschweig in Aussicht genommen, wegen dieser Irrungen zu verhandeln und Fleiß zu haben, sie gütlich abzustellen, damit Herzog Heinrich von seinem Fürnehmen abstehe und sich allenthalben dem


1) M. Jahrb. 22, S. 17.
2) Abgedruckt in M. Jahrb. 16, S. 116.
3) Abgedruckt in M. Jahrb. 26, S. 51.
4) Bei Vorberg, S. 52.
5) Im Haupt=Archiv zu Schwerin.
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Nürnbergischen Abschied und der darüber ergangenen Kaiserl. Publication gemäß verhalte. Dienstag nach Michaelis 1533 schreibt Heinrich von Braunschweig an Albrecht, daß er seine Sache jetzt in die Hände nehmen wolle. 1 ) Inzwischen hat Albrecht schon die Vermittlung Joachims von Brandenburg angerufen Dieser schreibt am 30. Juli 1533 an Heinrich, 2 ) daß Albrecht ihm persönlich gesagt habe, es sei nie seine Meinung gewesen, die Prediger, welche Gottes Wort verkündeten, zu verjagen vielmehr wolle er sie schützen; er. könne nur nicht leiden, daß in Wismar und in einigen Orten umher Prediger von der zwinglichen Sekte lehrten und das Volk verführten; er wolle auch, wo zwei Pfarrkirchen wären, seinem Bruder eine überlassen, wem er ihm die andere gönnen würde. Inzwischen fuhr dennoch Albrecht fort die Prediger zu verjagen, am 23. Auqust 1533 den Labes aus Sternberg, und er schreibt an den Rath dieser Stadt, daß er sonst "gewaldt mit gewalth zu sturenn" bedacht wäre. 3 ) Aber Faber aus Schwerin tröstet den Rath und bittet ihn, die lutherischen Prädicanten zu schützen; 4 ) wenn ihn ein Gottloser anfechten sollte, so "beruff er sich zum Ersten- auf Herczog Heynrich, der ym solchs befolhen hat". Da Faustinus Labes bleibt, so faßt Albrecht seine Klagen noch einmal in einen Brief an Joachim zusammen, am 17. September 1533, 5 ) daß Heinrich die von Albrecht in den gemeinschaftlichen Städten verjagten Prediger wieder eingesetzt habe. Albrecht ist besonders darüber erbittert, daß Faber ein Schmähbuch auf das heilige Blut in Sternberg - Luther schrieb bekanntlich die Vorrede dazu - hatte ausgehen lassen, und es ist in der That seine Meinung, daß in Sternberg zwinglisch gepredigt werde. Dennoch wollte Albrecht es nicht zum äußersten kommen lassen.) Der Auftrag des Kaisers an Rostock vom 30. Juni gab er erst an 10. October ab, und sein ganzer Haß richtete sich gegen Oldendorp, der sich bemühe, das Land gegen ihn aufzubringen. Die Rostocker beschwerten sich deshalb bei Heinrich und den Verordneten der Landschaft. 6 ) Ersterer aber erhielt die Aufforderung Heinrichs von Braunschweig und antwortet demselben, 7 ) daß er


1) Ebenda.
2) M. Jahrb. 16, S. 102.
3) M. Jahrb. 12, S. 282.
4) Ebenda. S. 284.
5) Abgedruckt Jahrb. 16, S. 119.
6) Bei Vorberg, S. 54.
7) Aus dem Haupt=Archiv zu Schwerin.
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sich dem Nünbergschen Abschied gemäß und gehorsam verhalten hätte, auch ohne das zu keiner Zeit davor oder darnach den Geistlichen an ihrer Habe und Gütern Verhinderung gethan hätte, und habe, was von Alters hergebracht sei, ohne Abbruch gebrauchen lassen, was er auch ferner noch zu thun willig wäre. Man sieht, daß von Heinrich auch nach seiner Entscheidung keine gewaltthige Einwirkung zu Gunsten der Reformation zu erwarten stand.

So kam es am 25. Januar 1534 eine Einigung zwischen beiden Brüdern zu Stande, welche hernach im December desselben Jahres bei der Erneuerung des Theilungsvertrages auf zwanzig Jahre als zu Recht bestehend vorausgesetzt wird. Sie bildet also den Grund für Heinrichs künftiges Handeln. Für Malchin ward z. B. festgesetzt, daß, da nur eine Pfarrkirche vorhanden war, jeder Theil zur bestimmten Zeit sie benutzen sollte; doch solle kein Theil den andern schmähen. 1 ) Die Einigung bestand also in der Theilung der Kanzeln und sprach die gegenseitige Anerkennung aus. Auf Grund derselben wird von beiden Fürsten eine Aufzeichnung der Kirchen und ihrer Güter, soweit sie herzoglichen Patronats waren, ins Werk gesetzt. 2 ) Sie begann im Juni 1534 und dauerte bis ins Jahr 1535. Herr Archivar Dr. Stuhr zu Schwerin macht mich freundlichst darauf aufmerksam, daß weder eine Instruction zur Visitation noch ein Nachwort der Visitatoren vorhanden ist. Es ist in der That die Visitation nur eine Aufzeichnung der Kirchen und ihrer Güter, was der Titel bezeugt: Registrum ecclesiarum commendarum et beneficiorum ... conscriptum u. s. w. Die Nachrichten Dietrich Schröders, 1, S. 274-288, sind also zum wenigsten irreführend. Eine mir von Herrn Dr. Stuhr gütigst mitgetheilte Probe ans dem Originalprotocoll bestätigt die Richtigkeit des Titels "Registrum". "Pampow, dat kerklen is der fursten, besitter Ketellerus Keteller, vorlent van beiden, anno XXVI. Pechte darttho eine houe landes to der wedeme myt erer rechtycheyt vnde noch dat drudde parth van II houen to Holthusen vp dem velde, maket XXI ßl. IIII  lub. Miskorne III dromet IIII schepel. Jtem noch horet dartouyn de kapelle to Roggan, dar van schal de kerckher jarlick hebben vor sinen vordenkt, dat he den gadesdenst dar holt, by VIII M. vngeuelick, hir van entholt eme Jochum Balges bure to Roggan, Kersten


1) Gedruckt M. Jahrb. 16, S. 121.
2) M. Jahrb. 8, S. 37.
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Heylige genomet, II M.IIII ßl. jarliker rente, vth vorbade Joachym Balges; ytem dat rockhon vthe dem croghe to Roggan boreth de kerckher. Metell, dat kercklen is der fursten, besitter Ludolpus Spick, eme vorlent dorch beide fursten anno XVIII. Pechte darto II houen landes myt aller erer rechticheyt vnde tobehornge to der wedeme vnde III dromet miskorns hyrvan vnde vth der kapellen to Sickhusen, hyr to liggende, to hope, vnde synt in vortyden V dromet gewesen, dat warth eme also entagen". Fragen wir nach den Gründen dieses Entgegenkommens von Allbrecht, so läßt sich wohl vermuthen, daß der Landtag, den einzelne Städte nnd zuletzt noch Rostock um Vertretung ihrer Sache angegangen waren, auf ihn eingewirkt habe. Vielleicht ließen seine nordischen Pläne es ihm jetzt gerathen erscheinen, mit der neuen Lehre sowohl als besonders mit Heinrich und den Seestädten sich zu vertragen. Denn die Bewegung in Dänemark begünstigte den Prostestantismus, so daß Jetze rathen muß, "sich der alten Lehre zu entschlagen und in allen Dingen auf evangelische Weise zu schicken, jedenfalls aber mit der Messe es ganz heimlich zu halten". 1 ) Am 27. October 1534 versucht er auch Heinrich durch ein Schreiben an Schönaich ist sein Interesse zu ziehen, indem er ihn auffordert, Dänemark un Schweden mit ihm zusammen zu erobern. 2 ) Schließlich bindet Albrecht im November 1534 den Seestädten gegenüber sich die Hände ganz und gar, wenn er ihnen verspricht: Gottes Wort und das Evangelium lauter und rein, wider die Lehre der Papisten und der Schwärmer, in Dänemark und in Meklenburg, in gemäß der Nürnberger Ordnung predigen und halten zu lassen und alle dawider bestehenden Mißbräuche abzuschaffen. 3 )

Die Stellung Heinrichs zur Reformation in seinem Lande bis zum Jahre 1534 ist also kurz zusammengefaßt diese: Er stellt sich auf den Boden der Reichstagabschiede; als Stand des Reiches und advocatus seiner Kirche nimmt er dieselbe gegen jede Gewalt in Schutz; er verwehrt aber nicht die Predigt des Evangeliums, soweit der Landfriede nicht gestört wird, und sofern er sein ius reformandi mit den Reichsgesetzen in Einklang setzen kann. Erst seit Anfang des Jahres 1533 nimmt er, vielleicht infolge des Einflusses seines Sohnes Magnus, eine entsschiedenere Stellung für die Reformation ein. Albrecht jedoch entfernt sich


1) M. Jahrb. 26, S. 6.
2) M. Jahrb. 3, S. 187.
3) Schirrmacher, Joh. Albrecht, S. 7.
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von derselben in demselben Grade mehr und mehr, so daß 1 ) er nicht mehr unses des Evangelii weges is". Heinrich tritt dem Schmalkaldner Bündniß nicht bei, während Albrecht zum Halleschen Bunde gehört.


Bereits im Jahre 1534 finden wir eine Kirchenordnung in Meklenburg verbreitet. Im Haupt=Archiv zu Schwerin befindet sich eine Versendungstifte derselben aus dem Jahre 1534, welche die Kirchen angiebt, wohin die Ordnung versendet werden soll, sowie die Zahl der Exemplare. Die Worte auf dem Zettel lauten:

Wo die Kirchenordeninge hin geteylt sein anno 34 in welche stette.

Wo die Kirchen=Ordenvngen hinkomen ßind.
XXXII     er Johann dem prediker 2 )
XL     Jabriel Wolff nach Brandenborgk
LVIII     ern Heinrich dechent zw Güstrow
XXX     ern Jurgen Behernfelder zw Fredeland
XIIII     noch ern Johan dem prediker
II     dem cantzler vnd Dittherich Moltzan
I     Merthen van Waldenfels
II     Kerßen vnd Jochim Wangelin
I     Jurgen Karlewitz
II     Schencken und stadschribern zw Rostock
I     Lutken Han
L     er Valthin von Rostock
XX     er Johan Wetzk
VIII     er Heinrich zwr Wißmer zw Sanct Jurgen
IIII     Vicken Hillebrand sind betzaldt
XX     keigen Malchin
I     er Antonius Schroder geschenckt
I     noch er Johan prediker verantwurd
    am Mithwochen nach Lawrencii.

Ein Bedürfniß für eine solche Ordnung lag vor; hatte doch auch der Rostocker Rath schon 1530 eine Ordnung in Religionssachen und 1531 eine leider nicht mehr erhaltene Ordnung der Ceremonien erlassen. 3 ) Wir erfahren von der herzoglichen Kirchenordung nicht viel; nur in der Instruction für die Visitatoren


1) M. Jahrb. 26, S. 21.
2) Hederich sagt in seiner Chronik: Johannes Wegener, ein Franciskaner=Mönch, fabri Collega, wird nach Plauen transferiret.
3) Bei Vorberg, S. 41 u. 45.
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vom Jahre 1535 1 ) befiehlt der Herzog, eine "gedructe ordenynge" zu verreichen, "wor sie die nicht vorhin haben". Er setzt also voraus, daß eine Kirchenordnung schon in den Händen mancher Geistlichen ist. Es wird das die Brandenburg=Nürnberger Kirchenordnung vom Jahre 1533 sein; denn die Seestädte lassen sich in der schon erwähnten Zusichernng Herzog Albrechts vom~ November 1534 bestätigen, daß das Evangelium lauter und rein "in gemäß der Nürnberger Ordnung" gepredigt werde. Diese Ordnung also zu verbreiten, war eine der Aufgaben der ersten - evangelischen- Visitation, zu der wir nun konnnen.

Es ist im Vorigen gesagt worden, daß eine Art von Kirchenregiment schon vor der Reformation in den Händen des Landesherrn war; dies ist jetzt näher zu bestimmen. Wird nämlich unter Kirchenregimenr das innerkirchliche Amt der Kirchenregierung in rechter Weise verstanden, so hatten diese die Fürsten allerdiiigs nicht; sie lag in der Hand des Bischofs und seiner Beamten, die potestas ecclesiastlica verbo et vi, die potestas regiminis et coercitivae correctionis ad dirigendum subitos in finem beatitudinis aeternae. Nun übten zwar die Fürsten -wie gezeigt - kirchenregimentliche Thätigkeit hin und wieder aus, ohne daß die mittelalterliche Kirche ihnen solche als Recht zugestand. Aber als die advocati ecclesiae hatten die Fürsten schon immer die Aufgabe, die religiöse Grundlage nicht antasten zu lassen, falschen Gottesdienst zu unterdrücken. Dem sich erweiternden Staatsbegriffe gemäß nahmen sie das ius reformationis nicht bloß als Nothrecht, wenn sie gerufen waren, für sich in Anspruch, sondern dehnten es aus zur Pflicht und dadurch zum Recht, für die kirchliche Versorgung des Landes thätig zu werden, welche ja ein Haupttheil des gemeinen Bestens war. Hier liegt der Anknüpfungspunkt für das rein innerkirchliche Amt vor, wie es im Kirchenregiment des Landesherrn ausgedrückt wird. Denn da nach evgangelischer Grundanschauung das geistliche Amt die potestas ecclesiastica nur verbo hat, wie sie auch nur als verbo den Bischöfen, wenn sie erhalten blieben, in Conf. Aug. Art. XXVIII zugestanden wird, so blieb in jenem Artikel immer noch die Frage offen, wer die eigentliche Kirchenregierungsgewalt, die nicht verbo ist, an sich nehmen sollte. Diese kam auf dem bezeichneten Wege und durch die genannte Anknüpfung in die Hand des Landesherrn.

Auch Herzog Heinrich sehen wir das Kirchenregiment in die Hand nehmen, eben im Jahre 1535. Heinrich verordnet nämlich


1) M. Jahrb. 8, S 38 ff.
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Visitatoren für seine eigenen Städte, Aemter und Vogteien, sowie für diejenigen, die ihm seinen Bruder gemeinschaftlich gehörten. In der Instruction beauftragt er die beiden Visitatoren, an erster Stelle, Pfarrer und Prädicanten wegen ihrer Lehre, der Ceremonien und der Sakramentsverwaltung zu "verhoren" und etwaigen Wiedertäufern und Zwinglianern zu befehlen, von ihrem Irrthum abzustehen. Er bestimmt ferner, daß eine gedruckte Ordnung vertheilt werde, der man einträglich folgen solle. Er verpflichtet sich, Gemeinden, die untüchtige Prediger haben, mit "rechten Pastoren" zu versorgen; er befiehlt einen "gemeinen Kasten" aufzurichten für die Armen und Diener des Wortes Gottes, ebenso Schulen zu errichten und Schulmeister anzustellen, damit die Kinder in der heiligen Schrift und andern guten Künsten und Tugenden unterrichtet werden, besonders aber deutsche Psalmen und geistliche Gesänge zu Chor" singen können. Der Herzog unterzieht sich also den Aufgaben des rein innerkirchlichen Amtes, den Aufgaben des Bischofs=, d. i. des Besucheamts. Als der Kurfürst von Sachsen 1527 seine Instruction für die erste Visitation erließ, betonte Luther in der Vorrede zu dem Visitationsbuche, 1 ) daß er den Kurfüsten gebeten habe, das "Besucheamt" aus christlicher Liebe anordnen zu wollen. Als "zur Liebe Amt" nimmt derselbe es in die Hand und bezeugt damit, daß dies sein Thun nicht aus seiner obrigkeitlichen Gewalt als solcher fließt, daß es nicht identisch ist mit dem der christlichen Obrigkeit kraft eigenen Berufes zukommenden Rechte in Betreff der kirchlichen Dinge. Da diese Begründung in der meklenburgischen Instruction fehlt, so kann es allerdings den Anschein haben, als ob Heinrich die Visitiraufgabe unmittelbar aus seiner landesherrlichen Stellung der Kirche gegenüber abgeleitet habe.

Und es finden sich in der Instruction Maßnahmen, weIche aus der letzteren erklärt werden können. Heinrich betont nämlich, daß es ihm "unleidlich" sei, wenn die Leute durch Irrthümer und ungegründete Lehre und falsche Ceremonien von der Wahrheit geführt werden. Das ist der neue Staatsbegriff, welcher die Sorge für die gesammte Wohlfahrt unter sich begreift. Mit der "Verführung" ist aber nicht zuerst und allein der Papismus gemeint, sondern "zwinglischer und wiedertäuferischer Irrthum und sonst viele andere unchristliche ungegründete Ceremonien und Lehren." Es ist bezeichnend, daß der Papismus nicht genannt, sondern nur angedeutet wird; die Visitatoren haben diese Andeutung


1) Richter, Die evangelischen Kirchenordnungen, Bd. I, S. 83.
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hernach verstanden. Wenn sie aber in der Instruction vermieden wird, so will der Fürst sein ius reformandi nur gegen diese allgemein als schädlich anerkannte Irrlehre üben. Er verbietet ferner alles "auszuschütten aus neydigem gemüthe, das ungehorsam der obrigkeiten, widderwille, uneynigkeiten und auffruhr dienet" und gebietet allein zu lehren, "was zu fridt, eynigkeit, gehorsam und guther polizey dienet." Es ist also die Sorge für den Landfrieden, die ihn bewegt. Wenn es aber von den Schulkindern heißt, daß sie gedeihen und erwachsen mögen "dem gemeynen besten zu Dinst und Nutz", so erkennen wir darin die Sorge für das allgemeine Wohl. Aus der Landespolizeigewalt lassen sich auch die Bestinunsungen von der Sonntagsruhe und öffentlichen Aergernissen herleiten, sowie die advocatia der Kirche in der Sorge für die Erhaltung der Einkünfte der Pfarrer wiedererkannt wird.

Allein, es muß wiederholt werden, der Herzog tritt nicht nach seinem der Landesobrigkeit als solcher zustehenden Rechte zu kirchlichem Handeln auf. Dem erstens läßt er nur da visitiren, "da das wort gods zu predigen angefangen ist", also nicht in den katholischen Gegenden; er läßt auch nicht im Dotirungslande des Bischofs, noch in dem Theile seines Bruders visitiren. Würde er sich auf seine obrigkeitliche Gewalt berufen haben, so hätte er seinen Willen durchsetzen können; denn dieselbe hatte er, wie wir gesehen haben. Es ist interessant zu beachten wie der Visitator Faber in Plau den Herzog um die Erlaubniß bittet, "den kircherrn und seinen Caplan czu Schweryn freuntlich anzusprechen". Faber bedarf dazu erst besonderer Erlaubniß; aber er muß in seinem Bericht selbst erzählen, daß ihn das Kapitel nicht für einen Visitator hat ansehen wollen. Die papistische Geistlichkeit zu Schwerin erkennt also keine Vollmacht des Fürsten zu solchem Werke an.

Es ist sodann auch bemerkenswerth, daß der Fürst zwei Tbeologen abfendet, Faber und Kutzke, ohne seine Vögte, ja nicht einmal mit einem Juristen, wie in Sachsen. Sie sollen auch nicht, wie in Sachsen, an einem Ort die Prediger in Gegenwart der Amtleute versammeln, sondern jeden Prädicanten einzeln aufsuchen. Sie sollen ebenfalls nicht absetzen, sondern nur "handelen, freuntlich ermahnen, belehren"; nur wo jemand sein Amt zu verwesen untüchtig ist, da will der Fürst einen andern bestellen; und nur wer sich der Schmähungen Schuldig macht, soll gestraft und vom Amte gesetzt werden. Nur an einem Orte, in Gretze bei Boizenburg, fordern die Visitatoren Landesverweisung

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des Pfarrers, weil sie "seingleich" in dieser Visitation nicht gefunden haben. Sonst vermahnen sie nur, das Messelesen einzustellen, das nicht ein aufruhr wider sy entstände, denn das volk were erbittert wider sy"; und sie sprechen es aus: Wollen sie sich nicht unserer Lehre und rechten Gebrauchs der Sakramente bedienen, so "faren sy ymmer dahyn, wo sy hyn gehören." Erst in ihrem Schlußwort zum Bericht fordern sie den Fürsten auf, auch in Doberan, Bützow, Schwerin visitiren zu lassen und überhaupt "nachzudrucken", sonst bliebe diese Visitation, die doch stur ein Schatten der rechten Visitation sei, ohne Nutzen und würde im Gegentheil schädlich sein. Ihr Endvorschlag geht dahin, daß eine große Disputation zwischen den Parteien veranstaltet werde.

Indem Herzog Heinrich durch seine Visitatoren nur freundlich vermahnt, handelt er nicht nach seinem obrigkeitlichen Rechte, kraft dessen er Gehorsam nach göttlichem Rechte beanspruchen kann, sondern er übernimmt ein neues Amt, das "zur Liebe Amt", das innerkirchliche Regiment, die kirchliche Regierungsgewalt, der er aber seine weltliche Strafgewalt noch nicht leiht. Diese Regierung ist kein Attribut seiner obrigkeitlichen Gewalt, ist vielmehr von seinem weltlichen Amt unterschieden. Daß er das neue Amt bekam, ist in seiner Stellung als Landesfürst begründet, in seiner obrigkeitlichen Gewalt und ihrer Beziehung zu kirchlichen Dingen. Herzog Heinrich hat neben seiner Pflicht um die Kirche fortan ein innerkirchliches Amt, aber von ersterer unterschieden. Und wie nach dem Vorgange der Stralsunder Kirchenordnung von 1525 in Verfolg der Visitation von 1528 in Sachsen Superintendenten eingesetzt werden, als die rein innerkirchlichen Organe des Kirchenregiments, so steht nun Heinrichs Sorge auf die Berufung eines Superintendenten.

Diesen fand er in der Person des Johann Riebling, welchen er bei seiner Anwesenheit in Braunschweig hatte predigen hören. Der Brief an den Rath zu Braunschweig wegen seiner vorläufigen Entsendung nach Meklenburg ist zu wichtig, als daß er hier nicht sollte mitgetheilt werden; er findet sich im Haupt=Archiv zu Schwerin und ist bisher noch nicht gedruckt.

An die van Braunschweigk.

Unnsern gunstigen willen zuuorn. Ersamen lieden Besondern. Weyle wir dan hiebeuorn kurtzttorschiener tzeit van dem wirdigen vnserm lieben Besonder Ern Johan Ryblingkh predicanten zu Sanck Catharinen kirchen bey euch In Ewer stadt

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eyne predigte oder zwu gehort, vnnd wir daraus viel Christlichs trosts vnd vnderweisunge geschepft vnd entpfangen, So das wir an seiner gnants Ern Ryblings person vnd sonderlich an seynem predigen, guthen Iharn vnd geschicklickeyt Eyne Besondere neigunge vnd wolgefallen haben vnd tragen, vnnd zu surderunge vnd außbreytunge gots lob vnd Ehere vnd seins heutigen Euangety gerne segen vnd wolten, das in den kirchen der -Stette vnd sonst allenthalben anderer orthe vnsers fürslenthumbs solche seyne Eintrechtige Christliche guthe ordnunge wie (got lob) itzt bey euch In Ewer stadt vor augen vnd vorhanden ist, forderlich auffgericht mochte werden, Dartzu wir dan gnants Ewers predicanten Ern Johan Ryblings Raths vnd geschicktickeit als fur Eynen Superadtendent gerne geprauchen wolten. Szo ist demnach an euch Unser mit Besonderm gnedigen vteisse gutlichs begern, Wollet zu fürderunge der Ehere vnd wort gotts vnd angetzeigten vnsers geneigten Christlichen gemuts und furhabens Bns den vilgemelten Ern Johan Ryblingkh sich Eyne tzeit langk zu vns alher Jn vnser Fürstenthumb und Land zut uersugen vnd vns als vnser dartzu verordenter Superadtendent darinne wie gemelt allenthalben In kirchen Eyne guthe Christliche Eintrechtige ordnung aufzurichten gutlich erlauben vnd vergunstigen. Unnd euch darin sonder Beschwerunge, wie wir des Eyne sonderliche zuuorsicht In diesem fhalle zu Euch haben, gutwilligk ertzeigen. Indem thut Ir vns guts gefallen. Das wir wydderumb kegen euch vnd den Ewern gnediglichen vnd in allem guthem zu beschulden geneigt sein. Datum zum ist Stouenhagen, Sampstags nach Vdalriei Anno XXXVII.

Auf der Rückseite steht:

Was m. g. h. hertzogk Heinrich Ern Johan Ryblings halben an Rath zu Braunschweigk Jne gegen Michaelis zu erlauben alher zu seyner f. g. zu uerfugen.

Aus diesem für die meklenburgische Kirchengeschichte höchst wichtigen Briefe geht also hervor, daß Riebling als Superintendent nach Meklenburg berufen ward. Rieblings erste Anwesenheit hat nicht lange gedauert. Denn bereits am 29. September desselben Jahres 1537 bedankt sich der Herzog, daß der Rath Riebling erlaubt habe, nach Meklenburg zu kommen. 1 ) In der kurzen Zeit, da er allhier gewesen ist, hat er schon viel gewirkt. Jetzt bittet der Herzog, ihn wieder zu senden; Riebling


1) Im Haupt=Archiv zu Schwerin.
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hat "wiewohl mit Schwachheit zugesagt, auf Martini schierkünftig auf ein Jahr oder anderthalb wiederzukommen". Der Rath aber antwortet in Briefen vom 29. October, 22. November und 11. December 1537, daß er ihn nicht entbehren könne. Und am 17. April 1539 schreibt Riebling ausweichend. Der Fürst ließ aber nicht nach; am 3. März 1540 schrieb Urban Rhegius, 1 ) der Herzog möge doch Riebling in Braunschweig lassen, er wolle einen andern Mann schicken. Aber in demselben Jahre sehen wir Riebling schon in Parchim, und zwar als Superintendenten oder Generalsuperintendenten, d. h. einzigen Superintendenten. Durch diese Nachrichten erledigt sich der Streit über Rieblings Kommen nach Meklenburg. Er ist nicht, wie Latomus in seinem Geneal. Mekl. und Chemnitz in seinem Chronicoon ist Gerdes' Sammlung, S. 633, auch Masch, S. 114 sagt, schon 1534 in Meklenburg gewesen und hat die berühmte Hostie einen Priester eingegeben. Er ist vielmehr im August 1537 auf kurze Zeit im Lande gewesen, endgiiltig erst 1540 gekommen. So beziehen sich die 17 Jahre seiner Thätigkeit in Parchim, welche auf seinem Epitaphium im Jahre seines Todes 1554 angegeben sind, 2 ) schon mit auf die vorläufige Thätigkeit von 1537.. Riebling soll in Hamburg geboren sein, in Wittenberg studirt haben und seit 1529 Pastor in Braunschweig gewesen sein. Daß Luther in Briefverkehr mit ihm stand, ist aus enem Briefe Luthers an Leupold vom 6. Mai 1540 zu schließen, in welchem ersterer um Übergabe eines Briefes an Riebling bittet. 3 )


Der neue Superintendent sollte vor allem eine Kirchenordnung ausarbeiten. Eine solche war für Rostock von Oldendorp verfaßt und als "Ordnung des Raths in Religonssachen" am 30. December 1530 den beiden Parteien vorgelegt worden, worauf dann Slüter mit seinen Genossen eine Antwort als "Eine korte und doch grüntlicke bericht" abgegeben hatte. 1531 wurde eine Ordnung der Ceremonien, die uns leider nicht erhalten ist, vom Rath festgesetzt. Diese hatte die Billigung Luthers und Melanchthons, auch Bugenhagens, gefunden. Aus dem betreffenden Briefe Luthers vom 10. November 1531 4 ) geht hervor, daß


1) Im Haupt=Archiv zu Schwerin.
2) Cordes, Chronicon Parchimense, S. 28, u. Mantzel, De Superint. Parchim., S. 18, und sonst.
3) M. Jahrb. 5, S. 246.
4) De Wette, IV, S. 313.
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ein Ordnung äußerst nothwendig war, weil ein Prediger - man vermuthet nicht mit Unrecht, daß Slüter es war - sich gegen die Privatbeichte ausgesprochen hatte. Rostock hatte seine Ordnung gemacht, "in Betrachtung Gottes Ehre und zu Unterhaltung gemeinen Friedens der Bürger und Einwohner dieser Stadt ...

dem umgestümen Vornehmen des gemeinen Volks vorzukommen und eines jeden couscientien in Ruhe zu stellen", und hatte dabei erklärt, "Kayserlicher Majestät, seinen Landesfürsten oder jemand anders in seine gebührliche Gerechtigkeit mit nichten, noch klein noch groß, abzubrechen oder zu verhindern". 1 )

Eine andere Ordnung war in Veranlassung Revers, des zwinglisch gesinnten Wismarschen Predigers, von den Hansestädten festgesetzt worden. Rever nämlich hatte schon 1528 eine Schrift ausgehen lassen: "Vorklaringe und entlick beschet", 2 ) in welcher zwinglische Gedanken hervortraten. Auch wiedertäuferischer Schwärmerei hielt man ihn schuldig,und da man von dieser, die in Meklenburg so selten nicht war 3 ) änliche Wirren wie in Münster befürchtete, hatten die Hansesstädte von Lübeck aus an Wismar geschrieben, daß jede Stadt so lange der Rechte des Bundes verlustig gehen sollte, als sie Wiedertäufer und Sakramentirer in ihren Mauern hätte. damit "eyne dope vnd eynerley Sacramente hebben". 4 ) Es war dieser Beschluß die Folge des Hamburger Conventes, auf dem im Jahre 1535 die Theologen aus Hamburg, Lübeck, Bremen, Lüneburg, Stralsund, Rostock zusammengekommen waren, um Vorgänge wie die Münsterschen zu verhüten. Im Auftrage ihrer Obrigkeiten und im Beisein einiger "Politici" arbeiten dieselben eine Ordnung aus in 17 Artikeln, "so fürnemlich geachtete werthe Einigkeit zu erhalten", und eine Anweisung betreffs der Ceremonien. 5 ) Sie lassen aber jeder Stadt eine gewisse Freiheit, "dieweil sonsten in andern Dingen ein jeder, nach Gelegenheit des Ortes, seine Ordnung hätte". Interessant ist die Begründung, welche die Theologen für solches obrigkeitliche Handeln beibringen. "Nicht allein die Kirche, sondern auch das gemeine Beste befindet Elend wegen der verkehrten Lehre der Wiedertäufer, die in dem gemeinen


1) Plattdeutsch bei N. Ernse, ias hochdeutsche übersetzt bei Grape, "Das evangelische Rostock", S. 73 ff.
2) Schröder, I, S. 153.
3) cfr. Vorberg, S. 37.
4) Bei Schröder, I, S. 318 ff.
5) Ebenda S. 302 ff.
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Besten und in der christlichen Religion alles in einem Haufen vermengt; da sie wie ein Krebs um sich frißt, so kann sie zum gemeinen Verderbniß der Religion und Städte ausschlagen. Also erachtet es die Obrigkeit der Städte ihrem Amte gemäß, solchem Unglück durch bequeme Mittel vorzukommen." Zur Erhaltung gemeinen Friedens in der Kirche und den gemeinen Besten gehört es auch, wenn die Prediger der verbündeten Städte in der Lehre sind der Ceremonien Gebrauch übereinstimmen. Weil die Wiedertäufer in das gemeine Beste sich einschleichen mögen, so soll die Obrigkeit ein Mandat erlassen und Wiedertäufer als Aufrührer strafen. Dies Recht habe die Obrigkeit nach der Schrift. Etwas gelinder denken die Theologen von den Sakramentirern und Papisten. Diese soll die Obrigkeit bloß nicht dulden, weil sie durch Ausstreuchung ihrer Lehren ebenfalls einen öffentlichen Aufruhr erregen könnten. Man sieht, wie die Städte schon weiter gehen als der friedfertige Herzog Heinrich; sie nehmen schon die Strafgewalt, die in ihrem obrigkeitlichen Amte liegt, hinzu. Das Recht zu solchem Handeln entnehmen sie aus der obrigkeitlichen Pflicht, für das gemeine Beste und den Landfrieden zu sorgen. Wo dieser offensichtlich gestört wird, wie durch die Wiedertäufer, da stehen sie nicht an, Gewalt anzuwenden.

In der Kirchenvisitation hatten die Visitatoren Wiedertäufer in Boizenburg getroffen. Never hatte eine Vertheidigungsschrift, als die Visitatoren auch ihn geprüft hatten, an Herzog Heinrich eingereicht, welcher sie Luther zur Begutachtung übersandte. Der Kurfürst von Sachsen schrieb selbst an Heinrich, 1 ) ebenfalls Luther am 7. Juli 1536, 2 ) daß der Fürst schaffe, daß, dieser Prediger ablasse oder seinen Stab anders wohin setze; denn "Christi Ehre wider solche Teufeulsboten fördern sind wir alle schuldig." War also die Irrlehre im Lande verbreitet, waren auch noch viele Prädicanten da, ungeschickt und untüchtig, war die Verschiedenheit in den Ceremonien besonders groß, so war Hülfe von einer Kirchenordnung zu erwarten. Wiederum ist es Herzog Magnus, der in echt reformatorischem Eifer seinen Vater um eine solche anging -- eine Bestätigung unserer oben vorgetragenen Ansicht. Aeußerst interessant ist sein Brief vom 10. October 1538 an seinen Freund und Lehrer. Das Kapitel


1) Bei Schröder, I, S. 328.
2) Bei de Wette, IV, S. 549. De Wette setzt den Brief fälschlich schon 1534 an.
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zu Schwerin hat an Herzog Heinrich einen anmaßenden Klagebrief geschrieben, wie vorher auch schon an Magnus. Da hat Magnus gesagt: 1 ) Canonicos esse homines impios et nullius pretii; - inter cetera inserebam -germanice eos appellabam gottlose und heillose Leute. Als Grund habe er in dem Briefe angegeben: quoniam doctrinam verbi divini et evangeliane veritatis eiusque proffessores non aequo animo possent ferre, immo magis praedicatores pios atque doctos odio prosequerentur et iniuria afficerent. Aliam vero causam adiciebam, ne unum quidem ex toto eorum numero vel principibus nostris vel reipublicae nostro vel suis amieis neque ornamento neque usni esse posse. Magnus fährt fort, daß der Kanzler ihm riethe, ut dissimularem et contentus essem, und daß er ihm die Antwort überließe. Aber das Verstellen ist nicht Magni Sache; denn obwohl am andern Tage der Kanzler den fertigen Brief zum Untersiegeln bringt und zur Eile auffordert, so war doch Magnus nicht zufrieden, untersiegelte nicht; denn nolo prius respndere quam satis delibaraqerium. Nun soll Büren rathen; aber Eile hat die Sache durchaus nicht. Wozu Büren rieth, zeigt Magni Auftreten auf dem Landtage am 11 November. Da trägt er den beiden regierenden Fürsten, Heinrich und Albrecht, sammt ihren Landräthen eine Protestation und Petition vor. 2 ) Er hält es für eine wichtige und nöthige Sache, daß man eine "gute Ordinantz in der Religion Sachen in diesem Land und Fürstenthumb habe"; weil er selbst als Administrator des Stifts viele Unschicklichkeiten und Mängel gefunden habe, habe er still mit sich überlegt, ohne die Herzöge um Rath zu fragen; jetzt aber sei sein Gemüth zu sehr beschwert, er müsse sich der Sache entledigen und es frei anzeigen, sintemal es nicht Leib, Gut, Ehre und Schimpf, sondern der Seelen Wohlfahrt und Seeligkeit, welches das theuerste und ewige Gut ist, betrifft. Niemand anders als den Fürsten gebührt es, Anordnung zu machen. Magnus sieht also das Recht des Kirchenregiments in der Hand der Landesherren, welche nach seiner Meinung aber gelehrte Männer hinzuziehen müssen. Er selbst will solche Männer dienstlich fordern und mithelfen. Solche Ordnung wird ja zur Wohlfahrt gemeinen Nutzens und zum Heil der Seelen gereichen; ihr Fehlen umbedeutet göttlichen Zorn und unvermeidlichen Schaden. Wenn aber von den Landständen, allen dreien, wegen "der


1) Aus dem Haupt=Archiv zu Schwerin.
2) Abgedruckt in " Nachricht von d. Verf. des Fürstl. Schw.", Beil. V.
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geschwinden und sterblichen Läufte" hiermit Versäumniß geschieht, und dadurch die Seelen verwahrlost werden, so ruft er die Fürsten und Räthe, ja Gott selbst zu Zeugen an, daß er seine Pflicht mit dieser Aufforderung gethan und sein Gewissen entlastet habe. Die Antwort der Fürsten lautete ausweichend; sie erkenneten seine christliche Wohlmeinung; da es aber eine wichtige Sache wäre, so wolle mans bedenken und zu gelegener Zeit darauf antworten. Die Vermuthung liegt nahe, daß Albrecht selbst der sofortigen Vefolgung der Bitte Herzogs Magnus widerstanden habe; theils wegen seiner eigenen Angelegenheiten, die ihm räthlich erscheinen lassen mußten, die Freundschaft des Kaisers sich zu erhalten; theils mit seinem Bruder Heinrich zusammen wegen der Folgen, die ein solcher Schritt von dem Bischof für denselben haben konnte. Außerdem war am Hofe Heinrichs eine Partei, welche den Papismus zugethan war; außer Schönaich noch Lindenberg und andere. Wenigstens schreibt Magnus in einem noch zu besprechenden Briefe von Lindenberg: vel alii soarum partium. Aus demselben Briefe (s. u.) erfahren wir auch in betreff der Stellung Heinrichs, daß er ein suspiciosus et nasutus interpres wäre, als ob Magnus von einigen aufgereizt und verführt würde. Magnus hält es deshalb für noth, freimüthig (libere et aperte) seinen Vater zu bitten, jener Partei kein Gehör zu schenken. Magnus giebt sich allerdings mit der Antwort zufrieden, "daß die Sache zu dieser Zeit nicht möchte füglich vorgenommen werden." Aber um für dies und sein sonstiges Handeln Trost zu finden, wandte er sich an Luther, der am 14. Mai 1539 ihm antwortet: 1 ) Er habe mit seiner Protestation auf dem Landtage recht, aber auch sein Theil gethan; da die Herrschaften der Diöcese Schwerin getheilt seien, könne er nicht zwingen, sondern nur erinnern; Magnus solle nur über die Erfüllung des Versprechens seitens der Fürsten wachen. Melanchthon gar gratulirte Herzog Magnus am 13. Mai 1539, 2 ) quod impios abusus ex ecclesia tollere coepit. Auch bei Johann Friedrich von Sachsen holte Magnus sich Rath, und dieser schrieb am 12. Januar 1539 3 ) und rieth ihm sogar, da wo er die Jurisdiction hätte, die Reformation anzufangen, widerspenstige Prediger absetzen oder in den Bann thun; wenn er aber dazu kein Recht


1) De Wette, V, S. 181.
2) Corp. Ref.
3) Schröder, I, S. 356.
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hätte, so solle er lieber abdanken, als durch Versäumung seines bischöflichen Amtes sich versündigen. Diesen Rath scheint Magnus befolgt zu haben, den schon drei Wochen nach Ostern 1540 schrieb er wiederum an Johann Friedrich, diesmal in betreff seines Erfolges in Bützow. 1 ) Ueber sein Thun daselbst berichtete Magnus in einem Briefe kurz vor Ostern 1540 an seinen Freund Büren. 2 ) In Bützow nämlich hatten schon 1535 bei der Durchreise der Visitatoren der Rath und die Einwohnerschaft über die Feindschaft des Domkapitels geklagt und die Kirchensteuer zu verweigern gedroht. Magnus verhandelt vor Ostern 1540 mit den Domherren civiliter et humaniter, "sine ulla acerbitate et ea persuasione qua pro virili potui", und erreicht dadurch, daß die Domherrn von der Messe und den Ceremonien abstehen, bis die neue Ordnung fertig ist; inzwischen soll Magister Techen mit Büren zusammen für Kirchengesänge sorgen.

"Bis die neue Ordnung fertig ist". Diese Worte zeigen uns zugleich, daß Riebling schon bei der Arbeit ist. Die letzten Bedenken des Herzogs Heinrich mögen wohl durch seinen Secretair Simon Leupold zerstreut sein. Dieser hatte acht Jahre in Wittenberg studirt und hatte schon als Lehrer in den Diensten des Hannike v. Holstein aus Ankershagen gestanden, als Melanthon ihn den Fürsten empfahl. Am 25. August 1539 zeigt er sein Kommen nach Meklenburg an; Melanchthon habe gerathen, sogleich nach Meklenburg zu gehen. 3 ) Simon Leupold ist der erste Secretair Heinrichs; Lisch urtheilt mit Recht von ihm, daß er von der höchsten Bedeutung für Meklenburg in kirchlicher Hinsicht gewesen sei. 4 ) Jn der That ist seine Thätigkeit außerordentlich wichtig gewesen, bei der Visitation vom Jahre 1541, in der Herbeiholung bedeutender Männer aus Wittenberg, in regem Briefwechsel mit Luther und Melanchthon. Auch Heinrich selbst bezeugt seine Freundschaft mit Luther dadurch, daß er ihm durch seinen Hofbeamten Henning von Warburg ein Geschenk von vier Brachsen machte. 5 )

Im Jahre 1540 ist zu Rostock eine Kirchenordnung gedruckt worden:


1) Bei Ranke IV, S. 132.
2) Gedruckt in M. Jahrb. 16, S. 133.
3) M. Jahrb. 5, S. 237.
4) Ebenda, S. 144.
5) M. Jahrb. 16, S. 195.
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      Kercken Or=
   deninghe | wo ydth
van den Euangelischen Pre=
dicanten | vnd Kercken deners
mit den Ceremonien vnd Ga=
des densten | jn deme For=
stendome Megkeln=
borch | geholden
   schal wer=
      den.

Was den Inhalt der Kirchenordnung betrifft, so ist es derselbe wie in der Brandenburg=Nürnberger Kirchenordnung von 1533. Nach Richter 1 ) ist letztere auf Befehl des Markgrafen Georg zu Brandenburg und des Raths der Stadt Nürnberg von Osiander entworfen, von andern Theologen des Landes vermehrt und zur Begutachtung nach Wittenberg gesandt worden. Die Wittenberger waren mit der Ordnung zufrieden, nur riethen sie eine nochmalige Redaktion durch die Hand eines Theologen, damit der verschiedene Stil geebnet würde. Diese Aufgabe fiel wiederum Osiander zu, dem Brenz beigegeben wurde, dem die Kinderpredigten im Anhang gehören. Richter urtheilt, daß nächst dem sächsischen Unterrichte der Pisitatoren keine Kirchenordnung in so weiten Kreisen Geltung erlangt hat. In niedersächsischer Sprache ist diese Kirchenordnung 1534 zu Magdeburg gedruckt worden. 2 ) Letztere Ausgabe ist die meklenburgische Kirchenordnung von 1540, genauer: Der erste Theil dieser Kirchenordnung ist für Meklenburg besonders gedruckt worden als "Kerckenordeninghe".

In der Einleitung wird gesagt, daß die Kirchenordnung als Menschenwerk immer Anlaß zum Mißbrauch geben würde, gerade so wie das Gesetz Mosis den Israeliten zum Nachtheil gereicht habe. Dennoch soll man guter, ordentlicher Zucht wegen Ordnungen nicht unterlassen, nach dem Worte im Korintherbriefe. Und nur deshalb ist diese Kirchenordnung zusammengetragen, nicht in der Meinung, als sollte man mit dem Werke solcher ordentlichen Handlungen die Sünden büßen. Die Zucht möge vielmehr der gemeinen Kirchenversammlung Anreizung und Ursache geben, da sie die Predigt fleißiger besuche und die Sakramente mit größerem Ernste empfange. Von diesen beiden wichtigen Stücken handelt deshalb die Kirchenordnung; zunächst


1) Richter, Evang. Kirchenordnungen I, S. 176.
2) Masch, Beiträge zur Gesch. merkw. Bücher, 1769, S. 103.
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also von der Lehre, wie man predigen soll. Eine besondere Einleitung in dieses Stück wird gegeben: Nach Paulus müssen die Prediger an der Lehre, die nur aus der Schrift genommen werde, halten, denn ihr dreifaches Amt sei es, die Unwissenden zu lehren, die Leute zu ermahnen, die Widersacher zu strafen. Weil sie die Schrift als ihrer geistlichen Nahrung nöthig hätten, als des Lebens Anfang, Mittel, Ende so sei ihnen die folgende Anweisung gegeben, nicht in der Meinung, daß sie daran hangen sollten, sondern daß sie dadurch in die heilige Schrift geführt würden. Es folgen nun die elf Lehrartikel: 1. Vam Olden vnd Nyen Testamente; 2. Van der Bote; 3. Van dem Gesette; 4. Van dem Euangelion; 5. Van. dem Crütze vnd Lydende; 6. Van dem Christliken Gebede; 7. Van dem Fryen Willen - dieser Artikel ist wörtlich aus dem sächsischen Visitationsbuch entnommen, wie auch 8. Van der Christliken Fryheit; 9. Van mynschen Leren; 10. Van der Döpe - die Taufformel in der angehängten "Ordeninge der Döpe" ist Luthers Taufbüchlein von 1524 entnommen -; 11. Van dem Aventmal, angehängt ist "de Form der Absolution". Das zweite Stück ist "Ordeninge der Misse, wo se geholden schal werden". Nach einer allgemeinen Anweisung der Einleitung des Gottesdienstes folgen die Collecten, "de ein yeder nha synem gevalle vor syck nemen mach", 15 allgemeine und 10 auf besondere Feste. Nachdem weiter die Ordnung von Epistel und Evangelium nebst der Predigt gegeben ist, folgt "Ordeninge des Herrn Aventmals". Hier ist die Partie unter der Ueberschrift "Vnderrichtinge, wo syck de Prester mit Cerernonien ym Aventmal holden schal" in Meklenburgischen Abdruck neu; die weiter folgende "vormanynge" ist aus der Döberschen Messe 1525 herübergenommen. Es folgen Anweisungen über die Consecration und Distribution Abendmahls, denen sich zwei Formen des Dankgebetes anschließen, deren letztere von Luther herstammt. Es folgen vier Formen des Segens; dann Hinweise auf die Abendmahlsverweigerung; auf den Fall, daß keine Abendmahlsgäste da sind; auf den lateinischen Kirchengesang und die Horen; auf die "Ordeninge by den Krancken". Angeschlossen erscheint "Van den Eelüden, wo me de vortruwen schal" und "de Ordeninge des begravendes der Doden", sowie eine Feststellung der kirchlichen Feiertage, alles aus der Nürnberger Ordnung.

Diese Kirchenordnung von 1540 ist also, abgesehen von der genannten "Vnderrichtinge" und einer hin und wieder abweichenden Theilung der Absätze, ein bloßer Abdruck der

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Nürnberger Ordnung. Sie bietet nichts, das eine besondere Beziehung auf Meklenburg erkennen ließe. Der Sacramentsstreit des Never in Wismar, der doch 1540 noch gar nicht beendet war, wird nicht erwähnt, geschweige daß auf die Sätze des Never Bezug genommen wird. Andererseits war in betreff der übrigen Lehrpunkte noch keiner in Meklenburg strittig geworden, und wenn man sagen wollte, daß die Kirchenordnung nur im Allgemeinen die Lehre fixiren soll, so ist nicht zu ersehen, warum gerade diese 11 gewählt wurden, und nicht noch andere wichtige.

Die Kirchenordnung bietet außerdem Punkte, die nicht auf Meklenburg passen. Es ist auffällig, daß die Gemeinde aufgefordert wird, das Abendmahl geziemend zu feiern mit dem Hinweis, daß aus der Unordnung viel "tydtlyken vnradt vnnd voruolginge" bewegt werden können, "dawile me fyck tho Augsborch vor Keyserliker Majestät vnd allen stenden des Rykes apenbor hesst hören laten, dath me fölck ordeninge holde vnnd holden wolde." Denn die Meklenburger Herzöge hatten die Confessio Augustana nicht mitunterschrieben. Auch der Name der Ordnung als einer "ordeninge desser Visitation" paßt nur zur Geschichte der Brandenburg=Nürnberger Kirchenordnung, deren Abfassung infolge einer großen Visitation von 1528 beschlossen wurde. Schließlich ist auch die im Schluß angedeutete "up vorgande nodtorsstige Examination vnd vorhoringe der dartho verordneten Visitatorn" für diese Zeit in Meklenburg noch nicht erweislich.

Riebling bezeugt auch selbst, daß die Kirchenordnung von 1540 ohne Zwischenwirken eines Dritten aus der Nürnberger Kirchenordnung abgedruckt ist. Nach dem Visitationsprotocoll von 1541 1 ) hat Riebling zum Wismarer Rath gesagt: S. f.. g. haben etliche Ordnung mit großen Unkosten nach den Mirebergischen Ordnungen drucken lassen, danach es in allen Kirchen, Fürstenthum und Landen soll gehalten werden." Und ebenso sagte derselbe zu Rostock, daß man sich künftig "nach der nach der Nürrenbergischen Ordnung gedruckten Ordnung" halten sollte. Wenn demnach unsere Behauptung richtig ist, daß die Ordnung, welche die Pfarrer schon 1535 hatten und von den Visitatoren noch erhielten, die Nürnbergische ist - eine Behauptung, die wir darauf stützten, daß Herzog Albrecht den Seestädten gegenüber zu derselben sich verpflichten mußte -, so


1) Bei Schröder, I, S. 361.
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hat Herzog Heinrich also von dem Gedanken einer neuen Kirchenordnung abgelassen, welche er bei der Berufung. Rieblings plante. Um nicht die vorhandenen Ordnungsbücher überflüssig zu machen, um den Zusammenhang seiner Kirche mit andern zu wahren, machte man bei der alten, schon im Gebrauch befindlichen stehen bleiben, nur daß man des besseren Verständnisses wegen die in Magdeburg herausgekommene niederdeutsche Uebersetzung bei Ludowich Dietz auflegen ließ.

Dieser hat übrigens viel Mühe gehabt, die Druckkosten zu erhalten. Bei der Kirchenvisitation 1541/42 vertheilte Simon Leupold an 97 Kirchen Kirchenordnungen und ebenfalls bei Dietz gedruckte Neue Testamente, und zwar oft beide zusammen, oft auch nur die Kirchenordnung allein; letztere kostete 6 ß. Neue Testamente wurden 60 an arme Prediger vertheilt und geschenkt. 1 ) Montag nach Martini 1541 erhielt Leupold die Aufforderung vom Fürsten, 130 Kirchenordnungen, weIche in Swaen liegen, zu sich zu nehmen; die 50 Testamente soll Dietz erst einbinden. 2 ) Antoni 1542 schreibt Leupold an den Fürsten, 3 ) daß er nach vollbrachter Parchimscher Visitation mit den Testamenten und Gebeten wider die Türken samnst den Ordnungen, "deren noch sechtzig vnd darüber von den 130 vnuerkauft vorhanden sind" an die Orte gehen will, wo solche noch nicht sind. Am 18. Juli 1543 hatte Dietz sein Geld noch nicht erhalten, obwohl Leupold zu Jacobi es zu zahlen versprochen hatte. Der Herzog vertröstete Dietz bis auf die Heimkehr Leupolds, die zum 10. August erwartet wurde. 4 )

Manches ist aus der Kirchenordnung von 1540 in die noch jetzt geltende von 1552 herübergenommen. Abgesehen von der großen Zahl der Collecten findet sich von den 11 Artikeln der Lehre der achte 1552 wieder. Denn die Umarbeitung derselben ist eine vollständige und mußte es auch sein, da die Ordnung von 1552 auf den Verlauf der dogmatischen Streitigkeiten Bezug nehmen mußte. So ist z. B. der Begriff der Buße erst 1552 vollständig, die Theilung des mosaischen Gesetzes genauer gegeben, offenbar weil die Kirchenordnung von 1552 schärfer von den Antinomisten sich scheiden wollte, wozu die Ordnung von 1540 noch keine Veranlassung hatte. Denn wenn auch der antinomistische Streit schon ausgebrochen war, waren doch die


1) M. Jahrbuch 5, S. 237.
2) Aus dem Haupt=Archiv zu Schwerin.
3) Aus dem Haupt=Archiv zu Schwerin.
4) M. Jahrb. 5, S. 203.
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Wirkungen dieses Streites in der Gemeinde noch nicht zu erkennen. Andererseits ist 1552 der evangelische Begriff der Heilsordnung genauer herausgestellt. So wie er 1540 erscheint, ist er osiandristischer Deutung fähig; man vergleiche besonders den vierten Lehrartikel "Vom Evangelium". Wo aber die Kirchenordnung von 1540 alte katholische Gebräuche noch festhielt, z. B. das Westerhemd nach der Taufe, die Elevation der Hostie, den Gebrauch des Meßgewandes, werden auch diese in den spätern Ordnungen weggelassen.

Ebenso wie die Instruction zur Visitation 1535 läßt uns die Kirchenordnung erkennen, wie der Fürst das innerkirchliche Amt des Regiments handhabt. Er vermahnt nur zum Halten an der Kirchenordnung und läßt eine gewisse Freiheit und Spielraum. Den Schluß bildet nämlich eine Vermahnung "an alle Parhern, Predeker und dener der gemener, beyder Herschopen gebedes, je in den Steden, vnd up dem Lande", daß sie nach dem Laut dieser "Visitation" sich halten. Auch die Unterthanen werden ermahnt, ihre Prediger in allen Ehren zu halten; die Prediger insbesondere wiederum, keine Neuerungen einzuführen auf daß Einigkeit und Friede desto stattlicher erhalten werden. Fallen aber Zwistigkeiten vor, so soll die Obrigkeit angerufen werden. Dagegen wird zugegeben, daß es nicht möglich sei, alles in den Buchstaben zu fassen, was in der Kirchenversammlung ausgerichtet werden soll. Darum soll den Kirchendienern unverhalten bleiben, was mehr in den Kirchen christlicher Zucht nützlich zu ordnen ist, und was in zufallenden Nöthen göttlich zu handeln sei, nur daß alles nach dem göttlichen Worte vollbracht werde.

Die Bedeutung dieser Kirchenordnung für unser Land leuchtet ein. Wurde doch die Visitation der Jahre 1541/42 ad normam dieser Ordnung durchgeführt; alle Prediger und Patrone sollen fortan nach dieser Kirchenordnung handeln, z. B. heißt es ausdrücklich in der Bestimmung der Visitatoren 1542 zu Malchin: "Ein Ersam Rath soll vleissigk acht haben, das sich de. predicanten der ordeninge, wie im gantzen lande gehalten sol werden, gleichmessig bezeigenn." 1 ) So wurde eine Conformität der Lehre und der Kirchengebräuche hergestellt. Aber die Kirchenordnung enthielt noch nichts über die Kirchenverfassung im Allgemeinen, sowie über eine Visitations= und Superintendentenordnung im Besonderen. Auch die Lehre, die in ihr wie 1552


1) Gedruckt M. Jahrb. 16, S. 123.
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den ersten Theil bildet, kommt noch nicht in Betracht als Bekenntniß der meklenburgischen Landeskirche, sondern nur als eine Anweisung und Anleitung, die heilige Schrift desto fleißiger zu gebrauchen, "eine korte Anwysinge". Wie sie als eine "Vermahnung" des Fürsten erscheint, so ist diese doch nur eine "gütliche" und konnte noch nicht von einer Strafandrohung im Uebertretungsfalle begleitet sein, wie Luther für den Kurfürsten von Sachsen schon 1528 beansprucht, weil einerseits die Domkapitel, andererseits der katholische Albrecht Widerspruch erheben konnten. Dieser blieb nicht aus, wie die Kirchenvisitation 1541 in Malchin, Laage und Güstrow bewies, wo man sich gegen die Visitation und damit auch gegen die Annahme der Kirchenordnung wehrte mit dem Hinweis darauf, daß nur Heinrich, nicht auch Albrecht dieselbe verordnet habe. Und wenn Heinrich auch für die Kirchen seines Landestheils und Patronates eine Strafgewalt und Verordnungsrecht noch nicht übte, so zeugt das eben nur sowohl für seine Friedfertigkeit, als besonders für seine Auffassung des "zur Liebe Amtes", welches weltliche Strafen einstweilen verschmähte, wenn auch seine Visitatoren zum "nach drücken" rathen mochten. So, und nur so glaube ich den Titel der Kirchenordnung erklären zu können, sowohl die bloße Bezeichnung "Forstendom Megkelnborch", ohne ein ec., wie 1552, als auch das Fehlen des fürstlichen Namens. Anders erklären der Theologe Aepin, 1 ) Schomer, auch der Verfasser der Bützowschen Ruhestunden. Ersterer meint, die Kirchenordnung sei nicht ans landesfürstlicher Hoheit und Macht vorgeschrieben und publicirt, sondern nur interimsweise von damaliger Priesterschaft, doch wohl nicht sonder Vorbewußt und Consens der Landesherrschaft angenommen, non publica, sed privata auctoritate. Und M. U. L. Unpartheiische Prüfung ec. 1739, S. 152, meint, daß der Fürst bis zur Errichtung einer förmlichen Kirchenordnung sie nur empfohlen habe. Diese Vermuthungen müssen meines Erachtens dahin präcisirt werden, daß, da Kirchenordnungen zu erlassen und zu machen der potestas ecclesiastica des Bischofs zustand, und diese vom Bischof von Ratzeburg und jedenfalls von dem Domkapitel zu Schwerin für sich in Anspruch genommen ward, Herzog Heinrich die Kirchenregierungsgewalt anno 1540 noch nicht in dem Maße in die Hand genommen hat, daß er aus eigenem Rechte solche Ordnung ausrichtete.


1) In seinem Bericht in der Stieberschen Streitsache, 1738, S. 8. - Schomerus, de libris sen matriculis eccesiae, 1749, S. 9. - Bützowsche Ruhestunden 1766; 23. Theil, S. 12.
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Auch dem Landtage hat sie nicht vorgelegen; bei den mangelnden Landtagsnachrichten läßt sich der Beweis dafür nur indirect erbringen, insofern als in den Reversalen von 1621, ebenso in der Kirchenordnung von 1602 immer nur auf die Kirchenordnung von 1552 zurückgegangen wird. Dennoch haben die Visitatoren außer an den schon genannten Orten einen eigentlichen Widerstand nicht gefunden. Da aber das ganze Land noch nicht reformirt war, vielmehr ein Fürst zum katholischen Glauben sich hielt, und deshalb von einer evangelischen Landeskirche die Rede nicht sein konnte, so konnte Heinrich die Kirchenordnung nicht als Landesgesetz ausgehen lassen; sie blieb "Vermahnung" des friedfertigen Fürsten, der sein "zur Liebe Amt" nicht anders üben wollte und konnte.


In Verbindung mit dieser Kirchenordnung steht:

      Ordeninge
der Misse | wo de vann denn
Kerckheren vnnde Seelsor=
gern ym lande tho Meckeln=
borch | jm Fürstendom Wen=
den | Swerin Rostock vnnd
   Stargharde schal ge=
     holden wer=
        den.

Ohne Einleitung wird sofort eine Anweisung den Kirchherrn und Küstern auf den Dörfern in Betreff der Sonnabendvesper gegeben. Es folgt die Anordnung des eigentlichen Gottesdienstes, die sich als eine veränderte und wesentlich vermehrte Ueberarbeitung des schon in der Kirchenordnung Enthaltenen giebt. Der Gottesdienst wird mit einer -allgemeinen Beichte und Absolution eingeleitet. Erst dann folgt der Introitus, wobei zwischen Stadt und Land geschieden wird, indem auf dem Lande ein deutscher Psalm genommen werden soll, in den Städten die lateinischen Introitus, die "nicht wedder de hillige Schrifft synt". Es folgt das Kyrie, unter Angabe der Noten, lateinisch und deutsch, wiederum mit der Scheidung von Stadt und Land; darnach das "Allein Gott in der Höhe", sowie die Salutatio. Sodann wird eine ganze Reihe von Collecten angegeben, zuerst die für die Festtage: zwei für Advent, von denen die letztere aus der sächsischen Kirchenordnung genommen ist; auf Weihnacht, dieselbe auf Neujahr, aus der sächsischen entnommen; auf

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Epiphanias; auf Purificatio Mariä, aus der sächsischen auf Septuagesimä -- Passah, aus der sächsischen Kirchenordnung; auf Himmelfahrt, aus der Nürnberger; auf Pfingsten, aus der sächsischen; die übrigen stehen alle schon in der Nürnbergschen, mit Ausnahme derjenigen auf Mariä Heimsuchung; ein Gebet Luthers in der Zeit der Pestilenz wird hergesetzt; den Schluß bildet eine Collecte wider den Türken; im Ganzen sind es 36. Es folgt die Verlesung der Epistel und des Evangeliums, so wie in der Kirchenordnung. Hernach aber ist neu vorgeschrieben eine Lection am Weihnachtstage, eine Lection am Johannistage, Epiphanias, Purisicatio Mariä, Verkündigung Mariä, Johannis des Täufers, Visitatio Mariä, die alle dem Alten Testament entnommen sind. Neu ist auch die Gefangordnung; vor der Predigt das Credo, nachher die Präsationen mit Noten, 15 an der Zahl. Unter den folgenden Abendmahlsvermahnungen ist die erste und dritte neu, die zweite schon in der Nürnberger Kirchenordnung. Es folgt das Vaterunser und die Einsetzungsworte mit Noten, nebst drei Danksagungsgebeten, deren erstes von Luther herstammt. Nach dieser "gemeinen Misse" folgt die Anweisung, wenn keine Communicanten vorhanden sind, nebst kurzer Begründung der deutschen Verlesung der Einsetzungsworte; darauf die Form der Taufe, bei der die erste Vermahnung neu, die zweite nebst der ganzen Anordnung aus der Kirchenordnung entnommen ist. Es folgt die deutsche Litanei Luthers, darauf Bestimmungen über die Nothtaufe und über Krankencommunion. Ein Schlußwort des Buches fehlt. 1 )

Aus dieser Inhaltsangabe dürfte zu ersehen sein, daß wir es mit einer vollständigen Gottesdienstordnung zu thun haben; weiter, daß dieselbe nicht die Abschrift einer anderswo gebrauchten sein kann, sondern aus verschiedenen 0rdnungen zusammengestellt ist. Zu den angeführten -- sächischen und nürnbergischen-- kommt noch die papistische Agende von 1521, wofern wir anders den Worten Georg Westphalens in seinem Diplomatarium Mecklenburgicum, S. 1126, dem auch Richter, III, S. 253, folgt, glauben dürfen - die Agende ist sehr rar -, daß "nonnullae quoque preces et ceremoniarum descriptiones" in der Ordnung adoptirt seien. Wir müssen aber noch einzelne bemerkenswerthe Stellen herbeiholen, um auf den Verfasser selbst einen Schluß wagen zu können. Der Ausdruck in den einzelnen Anordnungen ist ein


1) Außer den beiden von Lisch, M. Jahrb. 4, S. 184, erwähnten Exemplaren giebt es noch ein drittes aus der Domschulbibliothek zu Güstrow.
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wechselnder. Sehr häufig findet sich "wy wylle lesen", "wy wyllen nicht tho schaffen hebben". Daraus geht hervor, daß der Schreiber mit den Kirchherren sich zusammenfaßt, selbst also auch dem geistlichen Stande angehört haben muß. "Damit in allen Stücken Ordnung herrsche", wolle man es so oder so halten. Um also eine Uebereinstimmung im Gottesdienst zu erhalten, ist diese Ordnung gestellt worden, nach der die Geistlichen sich halten wollen, wenn ihnen auch hin und wieder Freiheit gelassen ist, diese oder jene Collecte, Vermahnung u. dergl. auszuwählen, z. B. ein yder wert da gebede ordenen na gelegenheit u. s. w. Nichtsdestoweniger heißt es aber auch, "der Kerckherr schall", "me schall ock de Lüde vormanen", "mey schall syngen". Daraus folgt, daß der Verfasser eine autorisirte Person ist, die Macht hat, solche Ordnung als verbindlich hinzustellen. Dieselbe hat an der Visitation theilgenommen. Dies geht aus Folgendem hervor: " Wat nu de Eleuation belanget, syn de Kerckheren jne allen vorsamlyngen, wor de Synodi gehalten syn, vormanet, fat wy uns den andern, inde meisten Kercken, in düssem Lande ock in anderen Fürstendomen wyllen vorgelyken, de vorlangest de Eleuation affgedan hebben".Der Verfasser hat auch amtliche Erfahrungen gesammelt, z. B. daß die Kirchherren am Sonnabend kein Buch zur Hand nehmen, "wo by velen ein gebruk ys", daß die Cantores Gesänge nehmen, die mit den Festen nicht immer sich reimen, daß die Pastoren oft nicht laut und deutlich.genug sprechen. Weil es in Meklenburg "etlyher orsake halven geholden wert", läßt er das Fest Assumptionis Mariä bei Bestand, setzt aber eine andere Epistel und Evangelium fest. Er kennt die Sitte des Landes, daß die Leute am Osterfest zum Abendmahl sich drängen. Weil er erfahren hat, daß besonders auf den Dörfern selten am Sonntage Abendmahl gehalten wird, hat er eine eigene Ordnung für den Fall gestellt, daß keine Comntunicanten da sind. Da manche Pastoren wegen der Litanei Entschuldigungen vorbrachten, hat er Luthers Litanei abdrucken lassen, "unde nemandt orsake hebbe, jnn deme sick tho entschüldygen". Er kennt die Unsitte, daß die "Bademömen hyr jm Lande" die Frucht im Mutterleibe taufen "edder arme, edder vöte" und spricht die Erwartung aus, "de Kerckheren werden de Bademömen flytich vormemen". Die Visitation muß zu einer Zeit stattgefunden haben, wo der lateinische Kirchengesang, wenigstens in den Städten, noch im Gebrauch war, dagegen auf dem Lande auch noch erhalten werden sollte. Aber die Verfasser bringt Gründe bei, warum die verba consecrationis in deutscher Sprache

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gesungen werden sollen. Indem er dies in besonderer Ausführung thut, ist ersichtlich, daß er nicht überall Einverständnis vorgefunden haben wird. Die Visitation endlich hat stattgefunden, als das Papstthum in gewissen Kreisen noch in Blüte stand. Denn so heißt es: "De almechtyge geue unde vorlene, dat de Domheren, Mönnicke unde ander umher, de de Prelaten Landes genömet werden, van ehrem svnne unde rnysbruke afftreden". Alle diese Umstände weisen auf die Visitation von 1541 hin Die Commissare waren laut Visitationsprotocoll Riebling, Kückenbieter, der Secretair Leupold und der Rath Court Pentz, auch Parum von Dannenbarch. Wenn nicht auf Riebling allein, so ist die Urheberschaft auf Riebling und Kückenbieter zurückzuführen. Für letzteren spräche wohl, daß er seit 1534 in Schwerin, an der Schelfkirche gewaltig wirkte. Für Riebling spricht dagegen der Umstand, daß er der Generalsuperintendent des Landes war. Auch Ehyträus in seinem Bericht von der Kirchenordnung 1599 1 ) nennt Riebling, wenn es heißt: "Man soll verbleiben bei de Ordnung der Missen, so wenig Jahr zuvor Herr Riebling hatte drucken lassen". Ebenso erklärt das Rostocker Ministerium 1603 in der Schutzschrift gegen den Rath, 2 ) "verfaßt erstlich auf Befehl Herzog Heinrichs durch Superintendent Riebling".

Manches ist aus der Ordnung in diejenige von 1552 herübergenommen worden: Die Anordnnng der Vesper an den Sonnabenden, die allgemeine Beichte vor dem eigentlichen Gottesdienste; die Feste finden sich 1552 wieder vor mit Weglassung desjenigen der Mariä Himmelfahrt; von den Collecten sind vorhanden, die erste Adventscollecte, jedoch verkürzt; diejenige aus Weihnacht, aus Purisicationis, vom Leiden Christi, aus Ostern, aus Pfingsten, die erste auf Trinitatis; manche, die meisten, kehren nicht wieder.

Schwierigkeit macht noch die Angabe der Jahreszahl: Aus dem Titel 1540, hernach am Schluß "Tho Rostock by Ludowic Duetts gedruckt. Anno 1545. Am 16. Junij. Schon Masch (S. 128) macht die Beobachtung, daß sich in der letzten Hälfte eine andere Art Papier findet - vom Bogen M an --, und muthmaßt, daß Riebling diese Ordnung vor 1540 entworfen - aber Riebling kam erst 1540! - und in Druck gegeben habe, den Druck aber einstellen ließ bei Bogen M, da man die


1) Im Haupt=Archiv zu Schwerin, auszugsweise im M. Jahrb. 18, S 187.
2) Im Archiv des geistl. Ministeriums zu Rostock, im Hause des Herrn Superintendent Ritter, Tomus I, S. 127.
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Nürnberger Ordnung drucken wollte, und erst hernach, da in der Kirchenordnung die Cerermonien zu wenig ausführlich enthalten waren,. die Ordnung der Misse zu vollenden befahl. In den Jahrbüchern 4, S. 185, wird vermuthet, daß man nach begonnenem Drucke erst die Resultate der Visitation abwarten wollte; und man stützt diese Vermuthung darauf, daß in der Meßordnung Andeutungen von amtlichen Erfahrungen sich finden. Letzteres ist, wie wir sahen, allerdings der Fall; und die Vermuthung in dieser Form ist richtig. Denn die Ordnung der Misse hat die Elevation der Hostie beseitigt, während sie in der Kirchenordnung noch beibehalten wird; also ist die Ordnung der Misse später als 1540 vollendet.

So hatte nun Meklenburg seine Gottesdienst= und Kirchenordnung. Und es bleibt das Verdienst des edlen Fürsten bei Vestand, das Chyträus in seiner Leichenrede also rühmt: 1 ) Cum seiret deum a gubernatoribus hoe officium praecipue flagitare, nec se populis suae curae ac fidei commissis, ullum aliud posse beneficium amplias impertiri quam verae pietatis doctrinam ... , omni diligentia, studio et labore curavit recte constitui ecclesias, tolli blasphemos et idololatricos cultus, proponi piam doctrinam, erudiri populum de veris vitae offiecis, euravitque ut una vera et consentiens docentium vox esset in ecclesiis et ne locus fanatica opiniones tune passim spargentibus concederetur.


Anmerkung. In der meklenburgischen Litteratur sind beide Odnungen nicht immer gleich und recht bekannt gewesen. Grape (Das ev. Rostock, 1707), S. 313, läßt die Kirchenordnung 1545 von Riebling verfaßt sein; er verwechselt sie also mit der Meßordnung. Thomas (Lutherus bisecl. 1717), S. 26, kennt beide, aber führt sie auf Riebling zurück. Mantzel (De Sup. Parch. 1717), S. 13, bringt den Irrthum Grapes anfs Neue. Dagegen F. N. Aepin (Disput. de constitutionum ecclesiarum necessitate, 1726) hält die beiden auseinander und weiß, baß erstere mit der Magdeburgischen von 1534 übereinstimmt; ebenso in seinem begründeten Bericht, 1738, D. 8. Aber Klüver in seiner


1) Chytraei orationes, S. 107. Aehnlich auch Seb. Vacmeister in der Continuatio annal. Herul et Vand. bei Westphalen I, S. 342: Ordinem ... libro certo comprehensum edi et servari in ecclesiis iussit, ut una vox esset. -
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Beschreibung des Herzogthums Meklenburg, I, S. 407, kennt die Kirchenordnung nicht M.= U. L. Unpartheiische Prüfung 1739, S. 152, weiß die Herkunft der Kirchenordnung richtig anzugeben, während Nettelbladt (Succincta notitia 1745), S. 126, die Kirchenordnung von Riebling nach der Magbeburger komponirt sein läßt. Schomer (de libris seu matriculis ecclesiae, 1747) giebt ben Ursprung wieder richtig an. Allein David Frank (Altes und Neues Meklenburg, 1754), S. 208, kennt sie wiederum nicht. Den "Bützowschen Ruhestunden", 1761, ist sie ebenfalls unbekannt, aber 1766, Theil 23, S. 12, ist sie inzwischen bekannt geworden. Masch (Geschichte merkwürdiger Bücher, 1769), S. 112, kennt und beschreibt sie. Das "Handbuch Ehren Geistlichkeit", 1780, S. 13, verwechselt sie, wie Grape, mit der Meßordnung, ebenso wie F. J: Aepin in der "Geschichte Meklenburgs", 1793, S. 137. Santen in seiner Reformationsgeschichte, 1817, sind beide Ordnungen nicht erwiesen. Dietrich Schröder in seiner Kirchenhistorie, 1788, I, S. 359, beruft sich bloß auf Thomas u. s w. Krey "Erinnerungen an Heinrich V. und Johann Albrecht I.", 1817 S. 5, kennt wohl die Kirchenordnung, giebt aber ihren Jnhalt verkehrt an: "nur Agenda enthaltend", eine Angabe, die schon Mank "Einleitung in die Schwerinsche Kirchengeschichte", 1765, S. 24, getadelt hatte.

(Fortsetzung folgt im nächsten Jahrbuch.)

 

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