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2.

Hausmarken im Fürstenthum Ratzeburg.

(Vorläufige Mittheilung
aus der Stadt Schönberg und einigen Nachbardörfern.)

Die anziehende Mittheilung meines lieben Kollegen und Freundes R. Beltz über die in dem Dorfe Upahl erkundeten Hausmarken brachte mich unmittelbar auf die Vermuthung, daß die an heimischer Sprache und Sitte treu hängende Bevölkerung des Fürstenthums Ratzeburg, in deren Mitte ich zur Zeit zu leben das Glück habe, noch manche Reste eben jenes Gebrauchs bewahren werde. Meine Erwartung hat mich nicht getäuscht. Nach einigen fruchtlosen Anfragen und Besuchen konnte ich binnen wenigen Tagen bereits gegen 30 Marken ermitteln, die noch in lebendigem Gebrauch sind. Ich erfülle eine liebe Pflicht gegen den Verein, dem ich bereits 35 Jahre ohne irgend eine Gegengabe angehöre, wenn ich die bisherigen Ergebnisse meiner Nachforschungen rasch an dieser Stelle veröffentliche.

Ich beginne mit dem Wichtigsten und Nächstliegenden. Die Bauleute (Ackerbürger) der Stadt Schönberg haben laut den vorhandenen Urkunden seit 1600 etwa, sicher fünf Generationen hindurch, mit "Burgermeister und gesammten Bürgern des Städtleins" über Weide= und Hütegerechtigkeit in Streit gelegen. In einem dieser wiederkehrenden Processe bestellen sie den Rechtskonsulenten Lemcke zu Ratzeburg zu ihrem Vertreter; die für unsern Zweck wichtige Urkunde schließt mit folgenden bedeutsamen Worten:

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"Uhrkundlich haben wir diß Procuratorium zum Theil eigenhändig unterschrieben, zum Theil wisentlich in unserer Gegenwart unterschreiben laßen, insgesamt aber mit unserm gewöhnlichen und geerbten Haus=Marck eigenhändig in vim sigillorum bezeichnet und bestärket. So geschehen zu Schönberg d.1. April 1738."

Johann Jochim Böckmann. 1 * )
Johann Jochim Friedag. 2
Jochim Pasche. 3
Hanß Mette. 4
Aßmus Boye. 5
Hanß Burmeister. 6
Hinrich Wiechmann. 7
Tietz Platt. 8

Von diesen acht Bauerstellen ist vor etwa 30 Jahren eine durch Kauf in den Besitz der Stadt übergegangen; in den jetzt vorhandenen sieben Stellen hat sich nur bei zweien noch der ursprüngliche Name des Besitzers erhalten, bei Böckmann und Burmeister. Der erstere hat noch einen ledernen Feuereimer mit der Marke im Besitz den ich selbst gesehen, und hat die alte Hausmarke auch bei der Erneuerung einer Wetterfahne auf seiner Scheune wieder anbringen lassen. Der Hauswirth Joh. Burmeister aber führt jetzt eine andere Hausmarke, nämlich Pîkdûs oder Spadenaß in der Form 9 auf Wagenketten, Pflugeisen und Kornsäcken.

Bei zwei anderen Hauswirthen läßt sich die Zusammengehörigkeit mit Besitzern des vorigen Jahrhunderts aus naher Verwandtschaft oder weiblicher Erbfolge nachweisen. Die Hufe von Aßmus Boye ist jetzt im Besitz des Hauswirths Wilh. Maack, dessen Schwiegervater, der noch rüstige Kirchenjurat Peter Burmeister, die Erbtochter des Hauswirths Matthias Freitag, eines Boyeschen Erben, geheirathet hatte. Herr Burmeister hat noch eine Leiter in der Form 10 als Hausmarke auf alten Geräthen, Pflugeisen und dergl. übernommen. Jetzt wird die Marke nicht mehr angewandt; sie hängt aber sichtlich mit der ursprünglich Boyeschen zusammen.

Die frühere Freitagsche Hufe (Friedag, Nr. 2) ist an eine Familie Boye durch nahe Verwandtschaft übergegangen; der jetzige Besitzer, Herr Joachim Boye, weiß nichts mehr von einer Hausmarke; ebensowenig die Besitzer der drei anderen Hufen, die Herren Holldorff, Fick und Oldörp.


*) Nur die mit * versehenen sind bisher ausreichend untersucht.
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Anders steht es mit den Nachbardörfern. Zwar versicherte mir Herr Hofschmied Draeger, daß ihm die Sitte in 40 jähriger Praxis nicht mehr begegnet sei; auch sein jüngerer gleichnamiger Vetter und Berufsgenosse in dem nahen Petersberg erinnerte sich zur Zeit nur aus seiner Lehrzeit daran. Von zwei jüngeren Meistern hiesiger Stadt aber wurde mir reichere und erfreuliche Belehrung zu Theil, von den Herren Bockwoldt und Bremer. Der Letztere hat ein etwa 30 Jahre altes Heft seines im vorigen Jahre verstorbenen Vaters im Besitz, das ihm noch beiden erhaltenen Aufträgen als Richtschnur dient, namentlich bei den beiden Eisen am Pfluge, dem Plôchsick (Voreisen) und dem Schareisen, und bei Wagenketten. Die Einzeichnungen, die dieses "Buch zu den Hausmarken der Pflugeisen" bietet, stelle ich billig voran; ich folge der Reihenfolge des Buches, gehe aber, um Wiederholungen zu vermeiden, von dem Namen der betreffenden Ortschaft aus und füge bei eingetretenem Besitzwechsel den Namen des jetzigen Stelleninhabers in Klammern bei.

Sülstorf: P. Blumenberg. 2
Zarnewenz: H. Krohn. 11
Schwanbeck: H. Siebenmark. 12  
       " P. Meier. 13
Kleinfeld: H. Burmeister. 14
       " H. Krellenberg. 15
       " T. Grevsmühl (Lohse). 16
       " H.Olrogge (Boye). 17
Malzow: A. Bohnhof (P. Meier). 18
       " H. Meier (Kleinfeld). 19
       " A. Olrogge. 20
Rodenberg:  H. Burmeister. 21
       " H. Busch. 22
Groß=Bünstorf:  P. Meier (Schulze Lenschow). 23
       " J. Wigger. 24
       " H. Wigger. 25
Klein=Bünstorf: H. Grevsmühl. 26
       " H. Freitag (Westphal). 27
       " F. Bohnhof. 28
Retelsdorf: Grevsmühl. 29
       " F. Bohnhof. 30
Rabensdorf: H. Kramp (Renzow). 31
Sabow: H. Grevsmühl. 32
       " T. Maas. 33
       " A. Grevsmühl. 34
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Sabow: A. Lenschow. 35
Klein=Siems:          Hundt (hernach durch Erbgang Maack und jetzt Busch). 36

Es leuchtet unmittelbar ein, daß die Buchstaben als Marken jüngeren Ursprunges sind, ebenso die den Marken zugesetzten Buchstaben; wichtig jedoch ist, daß die Zeichen bei Besitzwechsel geblieben sind.

Ich selber habe inzwischen nur folgendes erkundet, hoffe aber im Sommer bei fleißigem Herumstreifen in dem gesegneten Ländchen noch reicheres Material zu gewinnen.

Aus dem Dorfe Rodenberg, das nach allgemeiner Annahme die reichsten vier Hufenbesitzer des Fürstenthums hat, bietet das Bremersche Verzeichniß nur zwei Hausmarken; eine dritte, die des Schulzen Busch, bildet ein sogen. Krähenfuß (Kreienpôt) in der Form 37 . Beide Familien Busch leiten ihr Geschlecht seit 300 Jahren von einem gemeinsamen schlesischen Ahnherrn her. Der vierte Hufenbesitzer Renzow kann sein Geschlecht noch weiter zurück im Fürstenthum selber verfolgen; seitdem 23. Januar 1379 (Masch, Geschichte des Fürstenthums Ratzeburg, S. 281) besitzt seine Familie eine Hufe in Rodenberg; ihre Marke besteht nach den alten Pflugeisen aus drei aneinander gelegten Quadraten Hausmarke , auf einem Eisen ist ein viertes Quadrat hinzugefügt. Eine oder zwei Hausmarken wurden mir noch aus den Dörfern Gr.=Siems, Sabow, Falkenhagen, Lübseerhagen und einige mehr, unter Hülfe des Herrn Schmiedemeisters Draeger in Petersberg, aus Lockwisch bekannt; in dem etwa eine Meile südlich von hier liegenden Niendorf weiß man von keiner einzigen Hausmarke mehr.

Gr.=Siems: Hans Lohse: ein doppelter Feuerhaken ( 38 ), noch auf Feuerhaken (Bôshaken) und Wagenketten vorhanden.

Gabow: Arndt führt einen Stern als Hausmarke.

Lübseerhagen: Schulze Simon Egert, im Besitz zweier Stellen, hat bald Dunggabel (Meßfork), bald einen sechs= oder siebenzinkigen Rechen (Harke) im Gebrauch.

Falkenhagen: Die jüngeren Hauswirthe erinnern sich der Sitte kaum noch aus Brotzeichen und dergl.; der Senior des Ortes, Herr Siebenmark, Inhaber dreier Stellen, weiß noch, daß seine väterliche Hufe einen Tannenbaum ( 39 ), die zweite, Voßsche, Stelle einen Krähenfuß ( 40 ) als Marke führte; von der seiner Frau gehörigen dritten Spehrschen Hufe war ihm die ,Marke nicht mehr in Erinnerung.

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Lockwisch: Der Schulze Oldörp eine Dunggabel mit ganzer ( 41 ) der Hauswirth Heinrich Maack mit halber Dülle ( 42 ); Hans Schleuß einen ganzen ( 40 ), Heinrich Schleuß einen halben Krähenfuß ( 43 ); (einen Krähenfuß auch Käthner Lenschow in Rupensdorf); Wigger einen Lenkhaken ( 44 ), Kleinfeld eine Dachleiter oder Klebeleiter ( 45 ) Noch findet oder fand sich in Lockwisch eine Pflugschlöpe ( 46 ).

Schönberg.

Friedrich Latendorf.