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4.

Wendische Brandgruben bei Niendorf, Amts Schwaan.

Mitgetheilt von Ludwig Krause in Rostock.

Auf einer Fußtour von Schwaan nach Laage entdeckten mein jüngerer Bruder und ich im Juni 1891 gleich jenseits Niendorf in der an der linken Seite des Sprenzer Weges belegenen Niendorfer Gemeinde=Lehmgrube zwei Brandgruben mit Gefäßscherben, Kohlenerde und im Feuer gewesenen Steinen. Die eine Stelle war schon so weit abgegraben, daß sie nur noch an der etwas dunkleren Färbung der Lehmwand und den davor herumliegenden Gefäßscherben erkennbar war, während die andere noch zum größten Theile (wohl etwa 3/4) in der Wand saß, so daß ihre Größe festgestellt werden konnte. Sie war muldenförmig in den dort anstehenden festen Lehm hineingegraben, hatte an der Oberfläche einen Horizontaldurchmesser von 1,83 m und war an den beiden Seiten 0,61 m und an der tiefsten Stelle, in der Mitte, 0,86 m tief.

Etwa vierzehn Tage später nahmen wir eine eingehende Untersuchung dieser Brandgrube vor. Ihren Boden bildete eine Pflasterung aus einer Menge im Feuer gewesener und in Folge dessen stark in Verwitterung begriffener kleiner Feldsteine, deren Zwischenräume ebenso, wie die ganze übrige Grube, mit schwarzer, mit Holzkohlenresten vermischter Branderde ausgefüllt waren. Bei dem Aufgraben fanden wir einige kleine gebrannte Lehmstücke ohne Stroheindrücke, eine Anzahl kleiner Stückchen Holzkohle, zwei zerbrochene Thierzähne, zwei kleine Stücke von Thierknochen, sowie Scherben von mindestens 12 Gefäßen (11 verschiedene Randformen) von ganz offenbar wendischem Typus. Aus der ganzen Lage der Scherben in der Grube ging hervor, daß die Gefäße überhaupt nicht heil in dieselbe hinein gekommen sind, sondern daß mit der Branderde offenbar nur die Scherben in das Grab geworfen wurden. Denn die Rand= und Bodenstücke lagen derartig zerstreut durcheinander (die Bodenstücke zum Theil oben und die Randstücke zum Theil ganz unten), daß sie durch späteres Zerdrücktwerden der heil in die Grube gesetzten Gefäße niemals in diese Lage hätten kommen können. Durch das Beackern des Feldes aber konnten sie in diese Lage auch nicht gebracht sein, da sie meistens tiefer lagen, als die von den Ackergeräthen durchgearbeitete Schicht. Der beim

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Aufgraben zuschauende Niendorfer Schulze erklärte, die schwarze Stelle sei ihm in der Lehmwand auch schon aufgefallen. Er habe schon die Absicht gehabt, sie abgraben zu lassen, damit wieder ordentlich an den Lehm zu kommen sei. Er habe sonst noch nicht auf derartige Stellen geachtet. Daß dort bisher schon Alterthümer gefunden seien, davon habe er nie gehört.

Die gefundenen Gefäßscherben sind alle mit Steingrus durchsetzt, bald stärker, bald geringer, bald mit feinerem, bald mit gröberem. Sie haben sämmtlich eine röthliche oder bräunliche Färbung, nur wenige sind einseitig durch Feuer geschwärzt, theils an der Innen=, theils an der Außenseite. Fast sämmtliche Scherben bestehen aus einem grauen Thonkern, der außen und innen meist mit fein geschlemmtem Thon überzogen ist. Alle Scherben stammen von Gefäßen, die mittelst der Töpferscheibe gearbeitet sind. Alle sind gut gebrannt. Die Verzierung ist zum Theil sorgfältig, zum Theil ziemlich nachlässig gemacht. Ein Topf muß nach den von ihm vorhandenen zwei aneinander passenden Randstücken jedenfalls eine ziemliche Weite gehabt haben. Die 4 - 9 mm dicken Scherben sind ihrem ganzen Charakter nach, wie bereits bemerkt, offenbar wendischen Ursprungs. Von einigen ganz kleinen Stücken abgesehen sind ohne die unten besonders noch auszuführenden Rand= und Bodenstücke vorhanden: 11 unverzierte, 24 mit einfachen Horizontalrillen verzierte, 5 mit Horizontalrillen und Kerben, 1 mit Horizontalrillen und einem gekerbten horizontalen Wulst, 4 kleine Scherben mit Wellenlinien, 1 kleines Stück mit Horizontalrillen und einem Rest von Kerben oder einer Wellenlinie sowie 1 kleine Scherbe mit Horizontalrillen und scheinbar zwei unmittelbar über einander stehenden horizontalen Kerbenreihen, deren Kerben bei der einen Reihe von links oben nach rechts unten und bei der anderen entgegengesetzt von rechts oben nach links unten gerichtet sind. Zusammen 47 Stücke, zu denen dann noch 18 Rand= und 11 Bodenstücke hinzukommen.

Die 18 Randstücke stammen nach den verschiedenen Formen und Verzierungen von mindestens 12 Gefäßen. Mit einer oder zwei Ausnahmen sind sämmtliche Ränder mehr oder weniger nach außen hin umgebogen. Mit Horizontalrillen verziert sind 10 Randstücke, die in 6 verschiedene Randformen zerfallen. Von der einen Form sind 3 Scherben gefunden, darunter 2 an einander passende, von der zweiten Form 3, zu denen als vierte noch eine unverzierte hinzukommt, die augenscheinlich zu diesem Gefäße gehört, aber nur die obere Kante des Randes darstellt und nicht bis zum Beginn der Verzierung herunterreicht. Von der dritten bis sechsten Form fand sich je eine Scherbe.

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Mit gewöhnlichen Horizontalrillen und horizontalen Wellenlinien wurde nur eine Scherbe gefunden (Gefäß Nr. 7), mit den ersteren und je einer horizontalen Kerbenreihe dagegen drei Randformen und zwar von jeder Form eine Scheibe, wozu dann noch eine unverzierte, nicht bis zur Verzierung herunterreichende Scherbe von der oberen Randkante kommt, die mit der einen dieser Randformen übereinstimmt und also wohl von demselben Gefäße stammt (Gefäß Nr. 8 - 10). Bei zwei dieser Scherben gehen die einzelnen Kerben von links oben nach rechts unten, bei der dritten dagegen umgekehrt von rechts oben nach links unten.

Ein Randstück ist mit drei durcheinander laufenden horizontalen Wellenlinien (Gitterwerk) unmittelbar unter der etwas nach außen gebogenen Randkante, einem dann folgenden horizontalen Kerbenbande (Kerben von links oben nach rechts unten) und darunter sich anschließenden Horizontalrillen verziert (Gefäß Nr. 11). Endlich fand sich noch eine kleine Scherbe oben aus dem Gefäßrande ohne Verzierung (offenbar auch nur, weil die Scherbe nicht bis zum Beginn der Verzierung herunterreicht), deren Form mit keinem der übrigen Randstücke völlig übereinstimmt, und die daher wohl von einem anderen Gefäße (Gefäß Nr. 12) stammt.

Von Bodenstücken wurden, wie erwähnt, elf gefunden, und zwar zwei Scherben aus dem Boden selbst und neun von der Bodenkante, also mit dem Uebergange von der Seitenwand des Gefäßes zum Boden. Bei neun Scherben ist der Boden außen platt, während er bei zwei am Außenrande einen etwas erhöhten Rand gehabt zu haben scheint. Die beiden aus dem Boden selbst stammenden Scherben sind innen in der Mitte etwas gewölbt, hergestellt dadurch, daß der Boden hier dicker ist, als an der Peripherie. Bei neun Stücken geht die Gefäßwand innen allmählich in den Boden über, so daß die Scherben hier am stärksten sind. Nur bei einem der beiden außen mit einem etwas erhöhten Rande versehenen Bodenstücke setzt die Seitenwand innen ziemlich scharf gegen den Boden ab, und ist daher an der Uebergangsstelle nur unmerklich verdickt. Das elfte Bodenstück hat nichts von der Kante an sich, so daß sich die Art des Ueberganges von der Wand zum Boden hierbei nicht feststellen läßt. Außen setzt bei allen übrigen zehn Scherben die Gefäßwand scharf gegen den Boden ab. Das dickste Bodenstück ist an der Bodenperipherie 12 mm und an der Uebergangsstelle zur Seitenwand 2 cm dick. Die beiden Scherben aus dem Boden selbst haben eine Stärke von 5 - 7 resp. 10 - 13 mm. Erstere Scherbe ist schwarz und mit vielem feinen Steingrus durchsetzt, letztere bräunlich und enthält außen im Boden eine Menge grober Quarzstücke.

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Die aus der zweiten fast völlig abgegrabenen Brandgrube stammenden Scherben stimmen ihrem Charakter nach mit den bisher beschriebenen aus der ersten Brandstelle vollkommen überein und brauchen daher hier nicht genauer aufgeführt zu werden. Es sind im Ganzen fünf, sämmtlich mit den gewöhnlichen Horizontalrillen verzierte Stücke.