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11. Alterthümer von Alt=Bartelsdorf.

1. Funde beim Bau der Rostock=Stralsunder Eisenbahn.

Unmittelbar nördlich des eben erwähnten Riekdahler Fundortes wurden beim Bau der Rostock=Stralsunder Eisenbahn auch auf der Alt=Bartelsdorfer Feldmark mehrfach Alterthümer zu Tage gefördert. Kurz nach Beginn der Durchsticharbeiten jenseit der Carbeckbrücke fand ich im Januar 1888 auf dem zwischen der Carbeck=Niederung und dem ersten Einschnitt aufgeschütteten Bahndamm verschiedene alte Gefäßscherben, welche, der angefahrenen Erde nach, zwischen der sie lagen, nur aus dem Anfange jenes Durchstiches stammen konnten. Es sind im Ganzen 29 Stücke, von denen jedoch 22 zu den hartgebrannten grauen, blaugrauen oder schwarzen Scherben des jüngeren Mittelalters gehören. Sicher prähistorisch sind nur vier. Dieselben haben den üblichen Steingruszusatz, sind 5-8 mm dick und unverziert, aber ganz gut gearbeitet und gebrannt. Der Farbe nach ist die eine außen roth, innen graubraun und die drei anderen durch und durch grau bezw. graubraun. Das einzige darunter befindliche Randstück hat eine oben abgeplattete, nach außen überstehende Kante. Drei Scherben scheinen zwischen diesen eben erwähnten beiden Arten zu stehen. Sie zeigen in der Zusammensetzung des Materials noch

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ziemlich viel Steingrus=Beimischung, sind durch und durch grau bezw. schwarzbraun und 4-5 mm dick. Dem harten Brande und der stellenweise außerordentlich feinen Glättung der Außenseite nach zu urtheiten, dürften sie jedoch schon einer jüngeren Periode, als die erwähnten vier prähistorischen Stücke angehören.

Etwas weiter nördlich auf dem Bahnterrain, unmittelbar neben dem Hofe und Dorfe Alt=Bartelsdorf, wurde an demselben Tage ebenfalls eine Anzahl alter Scherben, sowie die Hälfte eines Eberhauers gesammelt. Hier war die Erde damals erst etwa einen Spaten tief aus dem Acker ausgehoben und als Grenzlinie an beiden Seiten des Bahnstreifens zu einem niedrigen Walle aufgeworfen. In diesen beiden Wällen lagen die gefundenen Scherben, und zwar sechs prähistorische und acht aus dem jüngeren Mittelalter stammende. Erstere sind 1/2 bis 1 cm dick, mit Steingrus durchsetzt, gut gearbeitet und hart gebrannt. Ihre Färbung ist theils außen roth, innen graubraun, theils durch und durch graubraun oder schwarzgrau. Verziert ist nur ein hierbei befindliches Randstück, und zwar mit einer nur flach eingedrückten, unmittelbar unter dem Rande sich hinziehenden horizontalen Wellenlinie. Der Rand selbst, dessen obere Kante fehlt, ist nach außen umgebogen; ein Gefäßhals ist nicht vorhanden. Ihrem ganzen Typus nach haben diese Scherben viel Aehnlichkeit mit unseren hiesigen Burgbergfunden und dürften daher grade so, wie diese, als wendische in Anspruch zu nehmen sein.

Später, beim Fortschreiten des Bahnbaues, wurde ungefähr in derselben Gegend eine Sand= und Kiesgrube für die Eisenbahn angelegt. Dieselbe zieht sich in bedeutender Längen=Ausdehnung, neben dem Hofe Alt=Bartelsdorf beginnend und neben der eigentlichen "Bartelsdorfer Kiesgrube" endigend, an der Ostseite des Bahnplanums hin. In der Ostwand dieser Grube fand ich bei einer Besichtigung am 29. Juli 1889 nicht weniger als fünfzehn Brandstellen von ganz derselben Art, wie die oben bei dem Urnenfelde auf der Kassebohmer Feldmark beschriebenen, und zwar zwei derselben östlich von der eigentlichen "Bartelsdorfer Kiesgrube" und dreizehn östlich neben dem Hofe und Dorfe. Alle fünfzehn bestanden aus schwarzer, sandiger, mit Holzkohlenresten vermischter Branderde und einer wie ein Pflaster fest in einander gepackten Schicht von größeren und kleineren Feldsteinen. Letztere zeigten zum Theil deutliche Spuren einstiger Feuereinwirkung und waren infolge dessen stark im Verwittern. Das Steinpflaster lag überall so, daß sich über und unter ihm noch je eine dünne Schicht der schwarzen Kohlenerde befand, mit welcher natürlich auch die Lücken desselben ausgefüllt waren. Die einzelnen Brandstellen lagen 1/4 bis 1 m tief unter der Acker=Oberfläche

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und waren in einer Horizontal=Ausdehnung von 0,5-2,5 m in der Wandfläche sichtbar. Wie tief sie noch in die Wand hineinreichten, konnte leider nicht genauer untersucht werden. Gefäßscherben oder sonstige Alterthümer wurden nicht bemerkt.

Einen wohl erhaltenen Thierknochen fand ich 1888 in dem beim Bau der Eisenbahnbrücke über die Carbeck und der Verlegung des Carbeckbettes unter dieser Brücke hindurch ausgegrabenen blaugrauen Sande. Auch unter den Neuerwerbungen des meklenburgischen Geologischen Landesmuseums zu Rostock in Nr. 7 der "Rostocker Zeitung" von 1888 werden beim Bau der Stralsunder Eisenbahn gefundene "Knochen aus dem Moor des Warnow= und Carbeckthales" aufgeführt.

2. Funde aus der Alt=Bartelsdorfer Kiesgrube.
(Vergl. Jahrb. XXVIII-XXX, XLVIII, S. 311, und LVIII S. 218 ff.)

Auch hier wurde in den letzten Jahren wieder eine ganze Reihe neuer Entdeckungen gemacht, die zum Theil unzweifelhaft noch mit dem alten, früher hier aufgegrabenen Begräbnißplatze zusammenhängen. In der Südecke der Grube, der Gegend, welche in diesen Jahren hauptsächlich zum Abfahren von Sand und Kies benutzt wurde, beobachtete ich in der Südwest= sowohl wie in der Südostwand in dem Zeitraum vom 23. Mai 1883 bis zum 7. September 1890 im Ganzen 25 derartige Brandstellen, wie die soeben aus der Eisenbahnsandgrube erwähnten. Dieselben lagen mit ihrer oberen Kante 25-150 cm unter der Erdoberfläche, hatten einen Vertikaldurchmesser von 15-35 cm und einen in der Absturzwand zu Tage tretenden Horizontaldurchmesser von 45-180 cm. Die sich noch in die Wand hinein erstreckende Tiefen=Ausdehnung, welche je nach der Größe des bereits abgegrabenen Theiles der betreffenden Stelle ja übrigens sehr verschieden sein mußte, ließ sich bei den hohen steilen Wänden der Kiesgrube wegen der Ein= bezw. Absturzgefahr nur an einigen wenigen Punkten genauer untersuchen. Bei einer, mit ihrer Oberkante 90 cm unter der Oberfläche belegenen Brandschicht von 20-25 cm Vertikal= und 45 cm sichtbarem Horizontaldurchmesser betrug sie 10 cm, bei einer zweiten, deren Oberkante 1,10 m tief lag, bei 25 cm Vertikal= und 90 cm sichtbarer Horizontal=Ausdehnung 20 cm. Das bei dem Nachgraben herausgebrochene Steinpflaster dieser letzteren Stelle bestand aus ca. 20-30 Feldsteinen. Eine dritte, 75 cm unter der Oberfläche beginnende Schicht von 35 cm Vertikal= und 110 cm Horizontal=Durchmesser wurde bis zu 43 cm Tiefe in die Wand hinein verfolgt, ohne ihr Ende zu erreichen.

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In allen diesen 25 Brandschichten wurden außer den erwähnten Holzkohlenresten und Steinpflasterungen nur folgende Gegenstände, und zwar an drei verschiedenen Stellen, gefunden: eine kleine, 8-9 mm dicke, hart gebrannte, alte Gefäßscherbe (stark mit Steingrus durchsetzt, beiderseits, innen allerdings nur mangelhaft, geglättet, durch und durch dunkel graubraun), ein kleines gebranntes Lehmstückchen sowie drei kleine abgesprungene (nicht im Feuer gewesene) Stücke eines Thierzahnes.

Zu bemerken ist übrigens noch, daß sich in der Wand der ganzen Südwestseite sowie der Südecke der Kiesgrube eine ackerkrumenartige Erdmischung bis etwa 1 m Tiefe, also gerade bis zu der Tiefe, in der die Brandschichten liegen, hinab erstreckt, während sich in den übrigen Wänden dieser Grube nur eine dünne (nur so tief, wie der Haken hineingreift) Ackerkrume befindet, unter der dann sofort die verschiedenen Sand= und Kiesschichten beginnen.

In eben dieser Südwestwand entdeckte ich im October 1889 eine mit ihrer oberen Kante etwa 1/2-3/4 m unter der Oberfläche stehende, unverzierte, durch und durch braune Urne. Ihr Rand fehlte, er ist wohl beim Ackern vom Haken erfaßt und abgebrochen. Die Urne stand auf Feldsteinen und war auch von solchen umgeben, nur oben drüber lagen naturgemäß keine. Leider hatte das Gefäß schon in der Erde mehrere Bruchstellen und Risse und zerbrach dann beim Transport so vollständig, daß es sich nicht wieder zusammensetzen ließ. Seine Form war die folgende:

Urne

Die Dicke der Seitenwand beträgt 8-10 mm, die des Bodens 20-22 mm und die der Uebergangsstelle von der Wand zum Boden 25 mm. Die Urne besteht aus stark mit Steingrus durchknetetem Thon, ist ziemlich roh gearbeitet, beiderseits nur mangelhaft geglättet und nicht sehr hart gebrannt. Den Inhalt bildeten calcinirte Menschenknochen, Asche und Sand ohne irgendwelche Beigaben.

Sonst wurde von Urnen oder Urnenresten nur noch gleich links vom Eingange, also im nordwestlichen Theile der Kiesgrube, eine kleine, innen rothe, außen gelbbraune, gleichfalls mit Steingrus durchsetzte Scherbe gefunden. Dieselbe ist 6 mm dick, beiderseits gut geglättet und scheint auf der Außenseite mit sehr flachen Horizontalrillen verziert zu sein.

Ebenfalls im October 1889 wurden in der Kiesgrube, und zwar beim Abgraben der Südostwand, dem Eingange gerade gegenüber, von den dort beschäftigten Arbeitern einige menschliche Gerippe zu

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Tage gefördert. Leider war es mir nicht möglich, genauere Einzelheiten über diesen Fund zu erlangen. Als ich die betreffende Gegend kurz darauf in Augenschein nahm, fand ich nur noch einen zusammengeworfenen kleinen Haufen menschlicher Gebeine und Schädelreste. Die Knochen sind noch ziemlich fest, durch das Umherwerfen zwischen den Steinen und durch das Hindurchfahren eines Wagens durch den Haufen aber stark zertrümmert. Den Schädelstücken und der Menge der Zähne nach müssen sie jedenfalls von zwei oder drei Leichen stammen.

Auch einige einzelne Thier=Knochen und =Zähne wurden wieder in dieser Grube gefunden, und zwar in der Nordwestwand nicht weit vom Eingange in der Nähe der zuletzt erwähnten Urnenscherbe, darunter ein 1 1/2 m tief unter der Oberfläche aus einer Kiesschicht ausgegrabenes Unterkieferstück von einem Schaf oder dergl. Dabei sei hier noch bemerkt, daß der im Jahrb. XLVIII, S. 311 aufgeführte, 1882 gefundene Gelenkkopf eines großen Beinknochens nach freundlicher Bestimmung des Herrn Professors Dr. Nehring zu Berlin ein humerus, und zwar wahrscheinlich von einem jungen Pferde ist. Ebendaselbst muß es übrigens bei den beiden dort etwähnten Thierknochenfunden in der Ortsangabe bei dem Eberzahne Ost= statt Westseite und bei diesem Gelenkkopfe West= statt Südostseite heißen.

Ueberblicken wir nun noch einmal alle diese in den letzten Jahren in der Alt=Bartelsdorfer Kiesgrube gemachten Funde, so dürfte bezüglich der Urne, der Urnenscherbe und der Brandschichten kaum etwas Anderes anzunehmen sein, als daß sie noch zu dem 1862 hier entdeckten alten Begräbnißplatze gehören. Zweifelhaft ist dies dagegen bezüglich der Gerippe, da hier jeder genauere Fundbericht und somit einstweilen auch jeder feste Anhalt für eine Einordnung derselben fehlt. Für ihre Zugehörigkeit zu den übrigen Funden könnte allerdings der Umstand sprechen, daß die Gegend, in der sie aufgedeckt wurden, ebenso, wie der Fundort der Urne, noch innerhalb des Verbreitungsgebiets der dortigen Brandstellen liegt. Als was endlich diese Brandschichten zu deuten sind, ob vielleicht auch als Gräber, sog. Brandgruben, oder als die Stellen, auf denen die Leichname, deren Reste sich in den Urnen fanden, dem Feuer überliefert wurden, oder als was sonst etwa, darüber kann, wenn überhaupt, wohl nur eine größere planmäßige Aufgrabung Klarheit schaffen.

Zum Schluß mögen hier noch einige Gegenstände aufgeführt werden, welche in den sechziger Jahren in dem Bartelsdorfer Gräber=

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felde gefunden sind und nunmehr im Rostocker Alterthums=Museum aufbewahrt werden. Es sind dies:

1. Eine kleine, mit 3-4 flachen Horizontalrillen verzierte, 5 cm hohe Urne aus hart gebranntem Thon, hellgelblich, außen stellenweise von glasurartiger Glätte. Die weiteste, 4 cm im Durchmesser haltende Ausbauchung befindet sich 2 cm über dem auf der Unterseite abgerundeten Boden. Oben am Rande beträgt der Durchmesser 36 mm (im Lichten: 26 mm). Der grade aufrechte Hals hat oben eine abgerundete Kante. Mein verstorbener Vater, Gymnasial=Director Dr. K. E. H. Krause, erklärte das kleine Gefäß für einen römischen Thränenkrug. Leider fehlt hier ebenso, wie bei sämmtlichen folgenden Stücken, ein ordentlicher Fundbericht. Ein in dem Gefäße steckender Zettel besagt nur: "kleines irdenes Gefäß vom Wendenkirchhof auf dem Bartelsdorfer Felde (Gnittgrube)."

2. Ein Stück (etwa 2/3) eines Hals= oder Schläfenringes von Bronze, beiderseits abgebrochen. Der Reif ist in der Mitte rund (1/2 cm dick) und wird nach beiden Enden zu flacher und dünner bis zu 2 X 3, bezw. 3 X 4 mm Dicke. Die Verzierung besteht aus einem einfachen, eingravirten Strichmuster: Strichmuster .Von Ende zu Ende beträgt der Durchmesser 14 cm, der größte dagegen ist 16 cm.

3. Ein etwa 5 cm langer und 3 mm dicker, runder Haken von Bronze mit einer Bruchfläche am einen Ende. Scheinbar ein in der einen Biegung abgebrochener Doppelhaken.

4. Zwei an einander passende Stücke eines stark verrosteten eisernen Messers, zusammen 7 cm lang, wovon 37 mm auf die Klinge kommen. Die Breite der letzteren beträgt bis zu 1 1/2 cm, die des Stieles 7-8 mm. Uebrigens sind weder Stiel noch Klinge vollständig erhalten, sondern von beiden fehlen die äußeren Enden. Die Form des ganzen Messers scheint dieselbe gewesen zu sein, wie Jahrb. LVIII, S. 219, Fig. 37.

5. Einige calcinirte Knochenstücke, ein kleines angekohltes Holzstückchen sowie ein kleiner Eisensplitter, der Etikette nach "gefunden in einer Urne in der Sandgrube bei Bartelsdorf. 1862."

6. Ein kleines, eigenthümlich geformtes Feuersteinmesserchen oder Schaber (?) (vielleicht nur Naturspiel), 52 mm lang, wovon 3 1/2 cm auf die Klinge kommen. Die Breite der letzteren beträgt bis zu 2 cm, die des Griffes am Ende 13 mm und sonst 8-9 mm.