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6) Das vetus cimeterium von Schwerin.
(Katalog=Nummer E 513 - 518.)

Bei Gelegenheit der Kanalisationsarbeiten der Stadt Schwerin ist man hinter dem altstädtischen Rathhause im October 1892 auf ein Leichenfeld gestoßen. Die Anlage desselben entsprach durchaus der jetzigen christlichen Sitte: die Leichen lagen, nach Osten blickend, zwei Meter unter dem jetzigen Straßenniveau, welches dort in der Höhe von etwa 80 cm aufgetragen ist, also ursprünglich etwa 1,20 Meter tief, in Reihen, etwa zwei Meter von einander entfernt. Der Boden ist schwerer Lehm; Theile von Särgen waren nicht erhalten, doch zeigen Holzspuren und einige starke Nägel, daß solche gebraucht waren. Die einzige eigenthümliche Erscheinung war, daß über einem Skelett in ganzer Länge eine starke eichene Bohle von 10 cm Dicke lag; ähnliches ist bei wendischen und germanischen Reihengräbern oft beobachtet; speciell war das lignum impositum eine bajuvarische Sitte (vergl. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Alterthumskunde, 1, S. 126).

Vier gut erhaltene Schädel und einige Gebeine sind von der städtischen Bauverwaltung freundlichst dem Großherzoglichen Museum übergeben worden.

Wenn das Grabfeld in archäologischer Beziehung nichts Besonderes bietet, so ist seine Aufdeckung bedeutungsvoll für die Topographie des alten Schwerin. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß wir

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hier das vetus cimeterium vor uns haben, welches zur Grenzbestimmung des bischöflichen Gebietes nach der Bestätigungs=Urkunde des Bisthums Schwerin durch Papst Urban III. 1186 schon bei der Bewidmung des Bisthums durch Heinrich den Löwen gebraucht sein soll (vergl. Fr. W. Lisch, Jahrb. 42, S. 71).

Partem civitatis Sverinensis a domo piscatoris cujusdam cui nomen erat Suk ad vetus cimeterium directe tendentem etc. (Meklenburgisches Urkundenbuch 1, Nr. 141).

Die Vermuthung von Fr. W. Lisch (a. a. O., S. 76), daß dasselbe auf dem Raum zwischen der Scharfrichterstraße (heute Burgstraße), der grünen Straße, dem Marktplatz und dem Dom gelegen habe, hat somit ihre Bestätigung gefunden.

Lisch nahm nach dem Vorgange von Wigger (Jahrb. 28, S. 107, Note 2) an, daß mit dem vetus cimeterium der frühere heidnische Begräbnißort gemeint sei. Dagegen spricht aber der Ausdruck cimeterium, mit dem unmöglich in einer geistlichen Urkunde ein ungeweihter heidnischer Begräbnißplatz bezeichnet sein kann und ferner die Anlage, die sich von den nun hinlänglich bekannten vorchristlichen wendischen Grabstätten durch das gänzliche Fehlen von Beigaben, auch durch die Bestattung in schwerem Boden unterscheidet. Anderseits ist Wigger unzweifelhaft zuzugeben, daß der Kirchhof der neuen deutschen christlichen Stadt nicht angehören kann, da "bei der geringen Einwohnerzahl in der kurzen Zeit von 1161 - 1186 unmöglich ein christlicher Kirchhof gefüllt gewesen sein kann." Demnach bleibt nur übrig, in dem Leichenfelde die Begräbnißstätte der christlichen Wenden vor der deutschen Invasion zu sehen. Nach dem Kreuzzuge von 1147 hatten die Obotriten die Annahme des Christenthums versprochen; 1149 wurde das Bisthum in Meklenburg wieder errichtet (s. Wigger, a. a. O., S. 65 f.); in dieser Zeit wird auch der besprochene Kirchhof geweiht sein. Verfasser hat an einer anderen Stelle (Zur ältesten Geschichte Meklenburgs, 1893, S. 26) die Vermuthung ausgesprochen, daß das wendische Schwerin vom alten Garten bis zu den jetzigen Marstallwiesen sich ausgedehnt habe. Dazu würde diese Lage des Leichenfeldes vortrefflich stimmen.