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1.

Joh. Friedr. Schönemanns Andachtsbuch.

In den verschiedenen Berichten über das Leben des berühmten Theaterdirektors spielt ein diesem zugeschriebenes Andachtsbuch eine gewisse Rolle. Selbst der sonst trefflich unterrichtete H. W. Bärensprung ist (Jahrb. I, S. 116. - Versuch einer Gesch. des Theaters in M.=Schw., S. 64) nicht im Stande, mehr darüber zu sagen, als daß "ein Communionbuch von ihm erschienen sein soll". Die zur Charakterisierung Schönemanns nicht unwichtige Nachricht ist vollkommen begründet, freilich nicht in dem Sinne, als wenn er ein solches Buch selbständig verfaßt hätte. Er hat vielmehr nur, wie auch schon im Lexikon der hamburgischen Schriftsteller, Bd. 6 (1873), S. 639 an sehr versteckter Stelle, als Anmerkung zu einem ganz anderen Schönemann, bemerkt worden ist, eine neue vermehrte Auflage eines zuerst 1704 bei Helwing in Hannover erschienenen Andachtsbuches des Hannöverschen Rechtsgelehrten Conrad Christian Leopoldi besorgt und im Selbstverlag erscheinen lassen, von der sich Exemplare u. a. in der Hamburgischen Stadtbibliothek und in der Universitäts=Bibliothek zu Rostock befinden. Der volle Titel des 30 und 488 Seiten starken Oktavbandes lautet:

Der Bußfertigen gläubigen Seelen Heiliges Gnaden=Paradis und Ehren=Tag. Auf der Seelen stets währenden geistlichen Wandel und heiligen Lebens=Schmuck gerichtet. Nebst einem vollständigen Buß= Beicht= und Communionschatz, In einer besonders erbaulichen Art und Ordnung aus dem Kern göttlicher heiliger Schrift verfasset und mit angenehmen biblischen Kupfer=Sinnbildern gezieret, ehedem zum Druck gelassen von Conrad Christian Leopoldi. Jetzo aufs neue mit großen FIeiß nachgesehen, verbessert und mit einer Nachsammlung, auch allerley sich hierher schickenden geistlichen Liedern vermehret und itzo zum vierten Male dem Druck übergeben von Johann Friedrich Schönemann. - Hamburg, gedruckt mit Stromerischen Schriften. 1756.

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In dem "Schwerin den 1. Januar 1756" datierten Vorbericht verwahrt sich Schönemann dagegen, wegen dieses in den Augen der Welt mit seinem Berufe in Widerspruch stehenden Unternehmens für ruhmredig, gleißnerisch, heuchlerisch, gewinnsüchtig oder wohl gar für einen Spötter gehalten zu werden ("es sind auch öfters meine Umstände boshaft verlästert, und mein Stand von manchem Heuchler mit empfindlichen und allen Christenpflichten entgegenlaufenden Ausdrücken beleget worden, ohne daß man so billig zu seyn sichs im Sinne kommen lassen, mein Herz zu erforschen, zu prüfen und zu erkennen oder an das: Richtet nicht, und verdammet nicht, zu gedenken. Dahero ich nicht ohne Grund besorge, daß sich einige finden sollten, welche da heimlich, wo nicht öffentlich sagen dürften: Wie, sollt uns dieser weisen, was gut ist?") und erklärt, er habe diesen Vorsatz schon vor einigen Jahren gefaßt, da ihm durch dies Buch, das er vor 27 Jahren von einer nahen, durch Krankheit und Dürftigkeit aufs schwerste heimgesuchten Verwandten geerbt habe, in den Stunden der Anfechtung viel Trost und Beruhigung geworden sei. Ueber sich selbst schreibt er, daß er für seine eigene Person von Kindheit an sehr vieles Ungemach habe ausstehen müssen, weil erstlich seine Eltern im zweiten Jahre seines Alters durch eine unvermuthete und harte Feuersbrunst, welche in wenigen Stunden seine ganze Geburtsstadt [Crossen an der Oder, nicht Hannover, wie z. B. bei Heitmüller, Hamburgische Dramatiker zur Zeit Gottscheds, Wandsbek 1890, S. 65 steht] in einen Aschehaufen verwandelte, alles Ihrige verloren, zweitens er in wenig Jahren darauf zu einer vater= und mutterlosen Waise wurde, und drittens Mißgunst, Undank und Bosheit ihn von Jugend auf verfolgten, wozu sich noch manch vergälltes und liebloses Vorurtheil gesellt habe.

Die ziemlich zahlreichen eigenen Zuthaten des Herausgebers, meist in eingeschobenen geistlichen Liedern und Liederversen bestehend, sind durch besondere Zeichen kenntlich gemacht. Dem Buche sind 15 allegorische Kupfer in ziemlich handwerksmäßiger Ausführung beigegeben. Da sie sich eng dem Texte anschließen, sind sie offenbar nur Nachstiche der Kupfer der Originalausgabe (die mir nicht vorgelegen hat), der Stecher also wenigstens für die Wahl des Gegenstandes nicht verantwortlich zu machen. Als Stecher nennt sich auf dem zweiten Titelkupfer F. Schönemann sc. Hamb. 1756, und man könnte sich wohl versucht fühlen, dem Herausgeber und Verleger auch den Stich der Kupfer zuzuschreiben, was bei dessen sonstiger Vielseitigkeit und bei der Beliebtheit, deren sich Radirnadel und Grabstichel in damaliger Zeit auch bei Dilettanten erfreuten, durchaus nicht unmöglich wäre, allein in Naglers Künstler=Lexikon

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Bd. 15, S. 468 steht ein Friedrich Schönemann als "Kupferstecher von Leipzig, arbeitete um 1745-1760; in der letzteren Zeit seines Lebens in Hamburg. Er gehört zu den ganz mittelmäßigen Arbeitern" verzeichnet, und so dürfte es doch gewagt sein, auf die bloße Namensübereinstimmung und daraufhin, daß auch J. F. Schönemann sich um 1740 in Leipzig aufhielt, beide für eine Person zu halten. - Das Exemplar der Rostocker Universitäts=Bibliothek giebt sich durch das eingeklebte Ex-libris als frühern Besitz der Herzogin Louise Friederike, der Gönnerin Schönemanns, zu erkennen und ist demnach wohl Widmungsexemplar.

Dr. Hofmeister=Rostock.