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IV.

Das bäuerliche Hufenwesen in Meklenburg

zur Zeit des Mittelalters.

Vom

Landsyndicus Ahlers

zu Neubrandenburg.


J e weiter das Meklenburgische Urkundenbuch in der Veröffentlichung unseres Urkundenschatzes fortschreitet, um so lebhafter regt sich der Wunsch, daß das vorliegende reiche Material einer systematischen Bearbeitung unterzogen, und auf diesem Wege für die Cultur= und Rechtsgeschichte des Landes nutzbar gemacht werde. In den Urkunden bewegt sich das Verkehrsleben jener entlegenen Zeit; die Verfasser derselben, anfänglich Geistliche, später juristisch gebildete Laien, meist in amtlichen Stellungen, hatten dem Umstande Rechnung zu tragen, daß ein codificirtes Recht auf keinem Gebiete des Rechtslebens vorhanden war, und daß die gewohnheitsrechtlichen Normen, welche für die einzelnen Gesellschaftsclassen und deren Verhältnisse zur Anwendung kamen, noch den ursprünglich flüssigen und biegsamen Charakter bewahrten; daher das individuelle und mannigfache Gepräge der Urkunden, welche oft überraschende Einblicke in die zum Grunde liegenden ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse und in den Wechsel derselben gestatten. Eine systematische Bearbeitung dieses Materials ist daher im Stande, die Farben zu dem allgemeinen Geschichtsbilde zu liefern, einzelne Lücken desselben auszufüllen, herkömmliche Anschauungen zu berichtigen, und diejenigen Punkte zu bezeichnen, wo unsere Kenntniß noch mangelhaft ist und wir einstweilen noch auf Vermuthungen uns angewiesen finden.

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Die vortrefflichen Register, welche wir für die ersten zehn Bände des Urkundenbuches besitzen, ermöglichen erst eine solche Bearbeitung; sie sind jedoch ihrem Zwecke nach weit davon entfernt, dieselbe ersetzen zu können. Es wird die Aufgabe darin bestehen müssen, den relevanten Inhalt der Urkunden nach leitenden Gesichtspunkten, welche die Entwickelung einer Geschichtsepoche beherrschen, zu ordnen und in die zukommende Beleuchtung zu stellen; erst dann wird sich ein Bild gewinnen lassen, welches für die allgemeine Landesgeschichte verwerthet werden kann, und welches zugleich den Vorzug einer quellenmäßigen Begründung in Anspruch nehmen darf.

Es ist der Zweck der nachfolgenden Blätter, auf einem Gebiete, welches im Urkundenbuche einen besonders breiten Raum einnimmt, und welches zugleich für die Landesgeschichte bis tief in die Neuzeit hinein von hervorragendem Interesse ist - von der bäuerlichen Hufen=Verfassung und den dadurch bedingten Verhättnissen des Bauernstandes bei uns zur Zeit des Mittelalters - eine Darstellung in dem eben besprochenen Sinne zu versuchen. Es wird sich hierbei empfehlen, die Lage und Verhältnisse, wie sie um die Mitte des 14. Jahrhunderts, auf dem Höhepunkte der Entwickelung, entgegentreten, in allgemeinen Umrissen voranzustellen, um die Bedeutung des Gegenstandes und den Umfang der Aufgabe vorweg erkennen zu lassen. Die Einzelheiten, soweit sie für das Ganze von Bedeutung sind, werden durch Bezugnahme auf das Urkundenbuch und die sonst zu Gebote stehenden Hülfsmittel zu erhärten, besondere Punkte in einem speciellen Theil weiter auszuführen sein.

Jede geschichtliche Betrachtung der bäuerlichen Verhältnisse des Landes muß von der deutschen Besiedelung desselben ihren Ausgang nehmen. Eine nachhaltige und ununterbrochen fortschreitende Germanisirung beginnt für Meklenburg und Pommern erst in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts, nach den entscheidenden Siegen Heinrichs des Löwen und seiner Sachsen über die meklenburgischen und pommerschen Fürsten. 1 ) Schon mit dem Beginn dieser Periode tritt uns die Eintheilung des gesammten für den Feldbau bestimmten Bodens in bäuerliche Hufen (mansi) entgegen, deren eine bestimmte Zahl zu einer Dorfschaft (villa) gehörte. Die territorialen Bezirke, welche die Dorfschaft mit ihren Aeckern, Weiden, Wiesen, Holzungen und Gewässern in sich begreifen, also die einzelnen Ortschaften, sind zum größten Theil aus der wen=


1) Vergl. Lisch, in Jahrbuch VII, 158; Wigger in Jahrb. XXVIII.
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dischen Zeit schon überliefert. Neue Dörfer - die Hagendörfer (indagines) - entstehen auf ausgerodetem Waldland und auf wüsten, mit Rusch und Busch bedeckten Flächen; die bei weitem größte Zahl der Ortschaftsnamen läßt jedoch die wendische Herkunft der Bezeichnung, und damit die wendische Herkunft der Ortschaft in ihren früheren und späteren Grenzen erkennen.

Nachdem nun die deutsche Besiedelung sich befestigt, und auch der zahlreich zurückgebliebenen wendischen Bevölkerung ihren Stempel aufgedrückt hatte, nahmen alle privatrechtlichen und öffentlich rechtlichen Verhältnisse, welche den für die ländliche Bewirthschaftung bestimmten Boden betreffen, ihren Ausgangspunkt von der bäuerlichen Hufe. Fast die gesammte landwirthschaftliche Production ruhte bei uns auf den Schultern des Kleinbauern, der regelmäßig noch mit eigner Hofwehr die Hufe bestellt, oft auch Eigenthümer der Gebäude ist. Aus dem Ertrage der Hufe hat er zunächst den jährlich wiederkehrenden Anforderungen der öffentlichen Gewalt, welche als Reallast auf der Hufe ruhen, zu entsprechen; er hat an den Landesherrn die ordentliche Bede, precaria sive petitio solita, auch erbliche Bede in den späteren Urkunden genannt 1 ), in zwei Terminen, zu Martini und Walpurgis, zu entrichten; die Bede wird von den landesherrlichen Unterbeamten eingefordert und besteht zum größeren Theil in Geld, zum kleineren Theil in dem dreifachen Korn, der annona triplex. Die ordentliche Bede, welche schon in früher Zeit den Charakter eines feststehenden und bevorzugten Canons angenommen hat, erreicht ihrem Betrage nach den Werth von 30 Scheffeln Hartkorn (Roggen und Gerste) für jede Hufe, wenn - für die Mitte des 14. Jahrhunderts - der Scheffel Hartkorn zu 1 Schilling Lübisch oder 1 1/2 Schilling wendisch, und zwei Scheffel Hafer gleich einem Scheffel Hartkorn angenommen werden (U.= B.VIII, p. 177, Nr.1331); je nach Ertragsfähigkeit der Hufe kann sie darunter bleiben, aber auch in einzelnen Fällen diesen Werthbetrag übersteigen. Ihrem Rechtsgrunde nach ist sie aufzufassen als eine für die Aufgabe des unbeschränkten Herrenrechtes der wendischen Landesherren, für die Befreiung vom Kriegsdienst und für die Gewährung des Schutzes, der tuitio, gezahlte Abgabe 2 ). Die alt hergebrachten Befugnisse des wendischen Landesherrn, der Zuwachs, welchen dieselben durch die


1) Boll, Geschichte des Landes Stargard II, p. 394.
2) Vgl. U.=B. IX, p. 518: ea defensione fovere volumus, sicut alios nostre terre incolas, nobis justiciam et annuam pensionem dantes, pacifice tueri tenebimur et servare.
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deutsche Vogteigewalt erhielten, und die veränderte Kriegs=Verfassung, wonach der Kriegsdienst von den Lehnsleuten geleistet werden mußte, haben ohne Zweifel in ihrer Vereinigung zu einer so hohen Belastung der bäuerlichen Hufe geführt. Die ordentliche Bede kann für jene Zeit als der feststehende Beitrag des Grundbesitzes zu den ordentlichen Kosten des Landes=Regiments und zum Unterhalt des fürstlichen Hauses angesehen werden; aber nicht lange Zeit währte es, bis diese bedeutende Einnahmequelle den Händen der Landesherren mehr und mehr entschwand. Zunächst wurde aller landesherrliche und Privatbesitz, der zur Dotirung der Klöster und geistlichen Stiftungen zur Verwendung kam, regelmäßig von der ordentlichen Bede befreit; der Betrag derselben konnte alsdann der Pachtleistung der Bauern zugeschlagen werden. Sodann verleitete der rentenartige Characker derselben dazu, bei eintretenden Geldverlegenheiten, die sich in steigender Progression für die landesherrlichen Cassen wiederholten, über die Bedeleistung ganzer Ortschaften, oft ganzer Vogteien, durch Verkauf oder Verpfändung zu verfügen. So ist allmählich die alte Geldbede (precaria denariorum) wohl ganz verloren gegangen; von der Kornbede, der annona triplex, gewöhnlich 2 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Gerste, 2 Scheffel Hafer von jeder bäuerlichen Hufe, haben sich nicht unerhebliche Reste bis auf die Gegenwart erhalten. In dem Gutachten von Wigger vom Jahre 1875, in Band 29 der baltischen Studien, ist überzeugend nachgewiesen, daß die unter dem Namen Hundekorn vielfach vorkommende Kornabgabe in Pommern, sowie die Kornabgabe von einer Anzahl ritterschaftlicher Güter in Meklenburg an den landesherrlichen Kornboden, welche bei uns den Namen Pacht angenommen hat, derjenige Theil der alten Bede ist, welchen die Fürsten zum Behufe ihrer Hofwirthschaft in dreierlei Korn erhoben.

Eine weitere feste Belastung ergab sich für die bäuerlichen Hufen aus dem Zehntrecht der Bischöfe. Herzog Heinrich von Sachsen bestimmte in der Dotationsurkunde für das Bisthum Ratzeburg, 1158, daß die Slaven im ganzen Bereiche der von ihm gestifteten Bisthümer einen Bischofszins in der Höhe von 3 Maß (kuriz) Roggen, 1 Schilling, 1 Topp Flachs und 1 Huhn von jedem Haken erlegen sollten; davon sollte der Pfarrer 2 Pfennige und 1 Maß Korn beziehen; wenn aber erst nach Austreibung der Slaven das ganze Land zehntpflichtig gemacht worden, so sollte der ganze Zehnte dem Bischof gehören, und dieser sich mit dem Grundherrn über die Dotirung der Parochialkirchen dahin vereinbaren, daß eine jede mit 4 mansi cum censu et decima ausge=

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stattet werde. Der Zehntpflicht waren außer den deutschen Colonen auch diejenigen wendischen Bauern, welche zu deutschem Rechte (jure Teutonico) angesetzt wurden, unterworfen. Es wurde unterschieden zwischen dem großen Zehnten, der decima in campo, und der decima minuta, welche von dem Zuwachs des Viehs und vom ländlichen Nebenerwerb zu erlegen war. Im Anschluß an die obige Werthangabe wegen der ordentlichen Bede darf schon hier bemerkt werden, daß nach der Heberolle von Neu=Kloster (Urk.=Buch VI, S. 403, Ao. 1319) sich der durchschnittliche Werth der decima in campo cum minuta, quando redimitur, berechnete auf 25 Scheffel Hartkorn; die Mehrzahl der Hufen in den Klosterdörfern, welchen Ablösung zugestanden ist, zahlt 24 bis 28 Scheffel Hartkorn für den vollen Zehnten. Diese Angaben gestatten einen wichtigen Rückschluß auf den Bruttokörnerertrag der Hufen, wobei freilich der in einem Procentsatz schwer zu bestimmende Werth der decima minuta - eine Berechnung derselben finden wir bei Woldenhagen (a. a. O. S. 407) angegeben - allemal zurückzurechnen ist. - Der geistliche Zehnte theilte insofern das Schicksal der ordentlichen Bede, als er sehr bald in andere Hände überging, in die Hand der Landesherren und der Grundeigenthümer durch Belehnung und sonstige Vereinbarung, in die Hand der Klöster und sonstigen geistlichen Stiftungen durch die Dotationsurkunden. Er konnte sich dann mit der Bede und mit dem restirenden Pachtnutzungs=Aequivalent zu einer einheitlichen Leistung der Bauern an den Grundherrn vereinigen, die dem vollen Nutzungswerthe entsprach; nur die klösterlichen Verwaltungen hielten noch lange den Unterschied zwischen dem Zehnten und den sonstigen bäuerlichen Leistungen aufrecht.

Was nun nach Abzug der ordentlichen Bede und des Zehnten vom Ertragswerth der Hufe noch übrig blieb, bildete den Gegenstand der Behandlung und Vereinbarung mit dem Grundherrn zur Feststellung des bäuerlichen Pachtzinses, des census, Zins, auch pactus und pensio genannt. Waren ordentliche Bede und Zehnten abglöst, so konnte der census, welcher bald in Korn, bald in Geld bestimmt wurde, den gesammten Pachtnutzwerth der Hufe zum Ausdruck bringen. Aus den zum Gute gehörigen Forsten und Torfstichen mußte das nöthige Feuerungsmaterial, aus den Forsten außerdem das zu Reparaturen und Neubauten erforderliche Bauholz dem Bauern verabfolgt werden; gutsherrliche Anweisung war allemal nachzusuchen, wie in der schon angezogenen Heberolle von Neu=Kloster verschiedentlich bemerkt wird. Daß die Wiesennutzung nach Maßgabe ihres Hufenbesitzes den Dorfbewohnern zustand,

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war selbstverständlich; Jagd und Fischerei (mit Ausnahme etwa der kleinen Uferfischerei) blieben dem Grundherrn vorbehalten, welcher aus der Fischereipacht oft erhebliche Einnahmen zog.

Es ist oben für die Bauerdörfer von Neu=Kloster - 30 und einige an der Zahl - der durchschnittliche Werthbetrag des Zehnten auf 25 Scheffel Hartkorn angegeben; die Zusammenstellung der Dörfer, in welchen pro censu et decima eine einheitliche Abgabe erhoben wird - wenn wir die dazu gehörigen Hagendörfer und die wenigen Dörfer, welche in Geld zahlen, nicht mit zum Ansatz bringen - ergiebt nun das überraschende Resultat; einer durchschnittlichen Leistung von 50 Scheffeln Hartkorn für jede Hufe, also das Doppelte des Zehnten; die Mehrzahl der Dörfer bewegt sich mit dem Hufenzins zwischen 45 bis 55 Scheffeln Hartkorn; in einem Falle (Warin) werden nur 24 Scheffel, in einem Falle (Klein=Schwaß bei Rostock) werden 72 Scheffel für die Hufe gegeben.

Deutlich treten in dem mehrgedachten Heberegister die Hagendörfer des Klosters - Techentinerhagen, Arnesse (Arenssee), Brunshaupten - hervor. Hier wird von der Hufe nur ein solidus, offensichtlich in signum recognitionis, pro censu gezahlt; dagegen sind sie dem Zehntzuge unterworfen; die zu Techentinerhagen gaben pro decima, quando redimitur, für jede Hufe 24 Scheffel Hartkorn. Eine Anzahl dieser Hägerbauern hat dem Kloster speciales redditus de mansis eorum - verkauft, bis zu 3 Mark 4 Schilling pro Hufe. Wir haben es hier also mit deutschen Colonisten zu thun, welche den Boden erst urbar gemacht, größtentheils wohl dem Wald abgewonnen haben; sie haben die Dörfer erbaut und mit Hofwehren besetzt; von ihnen erhebt das Kloster nur den vollen geistlichen Zehnten neben einer kleinen Recognitionsabgabe. In der Rentenzahlung, welche das Kloster von einigen derselben gekauft; hat, dürfen wir das Aequivalent einer Capitalzuwendung, welche den Pflichtigen für die Zwecke der ersten Einrichtung gemacht ist, und zugleich die Anerkennung eines dinglichen Rechtes derselben an ihren Hufen erkennen.

Zur Vervolständigung des Bildes, welches aus jener Heberolle bezüglich der klösterlichen Bauerstellen entgegentritt, ist nun noch anzuführen, daß das Kloster außer einigen 30 Bauerdörfern auch mehrere Gutshöfe - in Pinnow, Brunshaupten, Dessyn (Groß=Tessin), Knipafh (bei Warin), Warin und Neuhof - besaß, welche es mit eigenem Gesinde bewirthschaftete. Diese Höfe sind zum Theil in derselben Ortschaft, zu welcher eine Bauerschaft gehört, gelegen (Brunshaupten, Gr.=Tessin, Warin); die Bauern sind zu

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diesen Höfen nicht dienstpflichtig; nur einzelnen kleinen Hausbesitzern und Käthnern liegt neben der Lieferung von Hühnern und einer Zahlung de agro adjacente auch ein biduanum servicium de qualibet domo ob. Aus dem Lohnregister des Klosters etwa vom Jahre 1320 (Urk.=Buch VI, Nr. 4242) entnehmen wir, daß auf den Gutshöfen durchschnittlich 12 bis 16 Knechte, Jungen (juvenes), Schäfer (opiliones), Hirten, und außerdem 2 bis 4 Mägde gehalten wurden; die Sommerlöhnung (pretium estivale) beträgt für dies Personal pro Hof 12 bis 20 Mark wendisch, der Lohn für die Großknechte 26 Schilling wend. Münze bis herunter zu 2 1/2 Schilling für die Pflegerin der Kälber (ancilla vitulorum). Das Speckregister des Klosters vom J. 1320 (Urk.=Buch VI, Nr. 4229) berichtet, daß beim Beginn der Erntezeit (dominica die ante festum beati Jacobi) aus den Vorräthen des Klosters an jeden dieser Höfe 5 bis 7 Seiten Speck (latera lardi) für die Leute geliefert wurden.

Der Einblick, welchen wir aus dem Vorstehenden in die ökonomische Lage des Bauernstandes, zunächst in den ausgedehnten klösterlichen Besitzungen, gewinnen, wird weiterhin zu vervollständigen sein, insbesondere durch Vergleichung mit andern Gebieten des Landes und durch eine nähere Betrachtung der bäuerlichen Hufe nach Größe und Bewirthschaftungsweise. Für die Zwecke dieser einleitenden Darstellung haben wir jetzt noch einen Blick auf die Rechtsverhältnisse des Bauernstandes und auf die Beschaffenheit seines Besitzrechtes zu werfen. Dabei scheiden wir zunächst aus die Hägerdörfer und die Bauerschaften im Bisthum Ratzeburg.

In keinem Theil des Landes wurde die deutsche Besiedelung in so kurzer Zeit und so planmäßig zur Ausführung gebracht, als im Stiftstande der Bischöfe von Ratzeburg (terra Boitin). Es fehlt zwar an näheren Angaben über den Hergang bei der Besiedelung und über die den ersten Hauswirthen (gleichfalls coloni in den Urkunden genannt) bewilligten Bedingungen; die ununterbrochene Continuität, welche für die Ratzeburger Verhältnisse bis in die Neuzeit hinein anzunehmen ist, gestattet jedoch uns hiervon ein deutliches Bild zu machen. Es gab schon im Beginne der Colonisation eine Anzahl von herrschaftlichen Höfen, zu welchen umliegende wendische Bauerschaften dienstpflichtig waren; diese Höfe mit zugehörigem Ackerwerk, 12 bis 15 an der Zahl, sind von nahezu 70 Bauerndörfern umgeben; die weitere Entfernung einzelner Bauerschaften von der curia war in damaliger Zeit kein Hinderniß, dieselben zu den Hofediensten - Spann= und Handdiensten - heranzuziehen. Durch die verheerenden Kriege, welche der nova plantatio

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in diesen Gegenden voraufgegangen, war ein großer Theil der Ortschaften wüst geworden; der Rest der slavischen Bewohner wurde ohne Schwierigkeit ausgetrieben, wie dies schon in der Stiftungsurkunde des Bisthums in Aussicht genommen war. Die Neubesetzung der Dorfschaften erfolgte nun durch massenhaften Zuzug aus Westfalen und den Wesergegenden, welche schon das Kriegsgefolge Heinrichs des Löwen gestellt hatten; ohne Zweifel waren hierbei im Auftrage der Bischöfe Unternehmer thätig, welchen die Anwerbung und die Bekanntgebung der Bedingungen oblag.

Wir begegnen diesen Unternehmern - possessores, magistri genannt, wenn sie durch Landzuweisung in den von ihnen besetzten Ortschaften entschädigt wurden - vielfach in Pommern zur Zeit der dortigen Colonisation (von Bilow, Abgabenverhältnisse in Pommern, 1843, S. 29); ohne die Thätigkeit solcher Werbeagenten ist die in so kurzer Zeit erfolgte Neubesetzung der Ratzeburger Dorfschaften nicht wohl denkbar. In Westfalen und den Wesergegenden gehörte die große Masse der Bauern dem Stande der Hörigen - litones - der älteren Form der Leibeigenschaft -, an (Wiegand, Provinzialrecht von Minden, S. 1834, II., S. 111 seqq.); unausgesetzt lieferte diese in damaliger Zeit reichlich fließende Quelle das Material für die Besiedelung der Ostseeländer. Die Bedingungen, welche die Unternehmer bieten konnten, waren für besitzlose, einem unfreien Stande angehörige Leute verlockend genug: Befreiung von der Hörigkeit, welche durch Verhandlung mit den Grundeigenthümern, meistens Klöstern und sonstigen geistlichen Besitzern, leicht zu erlangen war; Uebernahme einer schon vorhandenen Bauerstelle mit einer, wenn auch beschränkten, Erblichkeit 1 ) und mit gewöhnlichen bäuerlichen Leistungen; gleichzeitige Besetzung der ganzen Dorfschaft mit Genossen derselben Gegend und Herkunft. Ihre Verpflichtungen bestanden wesentlich, außer dem Zehnten von dem, was sie auf ihren Hufen bauten und gewannen, in den Hand= und Spanndiensten zur Bewirthschaftung der bischöflichen Höfe, in sonstigen Herren= und Capitelsdiensten, endlich in verschiedenen Geldabgaben von meist nicht erheblichem Betrage, welche bei der Neuregulirung der Bauerschaften zu Anfang dieses Jahrhunderts (conf. die Versicherungsurkunde bei Masch, Gesetz=Sammlung, S. 262) als Dienst=, Pacht=, Flachs=, Spinn=, Schneidel=, Schweine=, Monats= und Fuhrgeld bezeichnet werden. - Obgleich nun der Schwerpunkt der bäuerlichen Leistungen in den Frohnden und der Dienst=


1) Vgl. die Constitution wegen Wiederbesetzung der Bauerhöfe vm 30. Juli 1776 sub 1, bei Masch, Gesetz=Samml. S. 253.
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pflicht ruhte, welche anderwärts einer selbstständigen Entwickelung des Bauernstandes besonders hinderlich gewesen sind, so ist dennoch im Ratzeburgischen ein kräftiger Bauernstand sehr rasch emporgekommen; die Gleichartigkeit der Verhältnisse in 60 bis 70 Dorfschaften, welche das ganze Stiftsland bedeckten, das milde bischöfliche Regiment, die vorzügliche Bodenbeschaffenheit begünstigte nicht nur den Wohlstand der Bauern, sondern auch die Ausbildung der bäuerlichen Rechtsinstitute des Anerbenrechtes und was damit für das bäuerliche Familienleben in Verbindung steht, sowie die Ausbildung einer auf umfänglichen Gemeinschaftsbesitz gestützten Dorfverfassung. Eine erhebliche Milderung der nach den herrschaftlichen Höfen zu leistenden Frohnden wurde dadurch bewirkt, daß die einzelnen Dorfschaften in der Dienstpflicht alternirten, so daß jede Dorfschaft im zweiten oder dritten Jahre für ein ganzes Jahr dienstfrei wurde. Für das schon früh befestigte Recht der Ratzeburgischen Bauerschaften mag die Urkunde vom 2. Febr. 1320 (Urk.=B. VI, S. 508) als Beleg dienen; darnach verkaufte der Bischof Marquard seiner Dorfschaft Malzow - colonis nostris omnibus in dicta villa morantibus - eine angrenzende abgeholzte Fläche Landes für 400 Mark Lübisch, unter Auferlegung eines nicht zu erhöhenden Zinses (census) von 20 Mark jährlich und unter Befreiung dieser Fläche von Zehnten, Diensten und sonstigen Abgaben (exactiones seu tallias). Nach Masch, Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 222, wird die Urkunde noch jetzt wohl erhalten von der Dorfschaft Malzow aufbewahrt.

Das Gegenstück hierzu bildet die das Dorf Römnitz betreffende Urkunde vom Jahre 1285 (U.=B. III, S. 194). Der Bischof Isfried hatte sich mit dem Domcapitel durch Ueberlassung von Zehnten und ganzen Gütern im Jahre 1194 auseinandergesetzt (U.=B. I, Nr. 154; Masch a. a. O. S. 90, 97, 187); zu den dem Capitel überwiesenen Gütern gehörte Römnitz. Fast 100 Jahre später entschließt sich das Capitel zur Niederlegung des Dorfes und zur Aufrichtung einer Hofwirthschaft; den Bauern, 15 an der Zahl, wird zum Abzuge nach einem Jahr und 14 Wochen gekündigt, und sie nehmen die Kündigung an, weil sie, wenn sie auch seit langer Zeit (multo tempore) die Dorfländereien genutzt, doch kein Erbrecht an ihren Stellen hatten (in quibus hereditatem non habebant, de permissione et gratia Ratzeburgensis ecclesiae coluissent); sie bedingen nur, daß ihnen der Werth ihrer Gebäude und der Gartenbestellungsarbeiten nach einer Schätzung durch beiderseits zu erwählende Taxanten in baarem Gelde bezahlt werde; was zugestanden und nach dem vom Vogt und

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Rath von Ratzeburg ausgestellten Zeugniß ausgeführt wird; die gezahlten Entschädigungen betragen zusammen 60 Mark. - Diese Urkunde ist in mehrfacher Beziehung von Bedeutung. Zunächst haben wir es nicht mit zurückgebliebenen und etwa bisher übersehenen wendischen Bauern zu thun, wenn nicht die deutschen Namen der in der Urkunde einzeln aufgeführten Bauern (villani) täuschen; sie sitzen anscheinend schon seit Beginn der Colonisation (multo tempore) auf ihren Hufen. Jedenfalls haben sie die hereditas, das erbliche Recht, nicht erworben und müssen daher auf Kündigung weichen.

So werden in dem Präbenden=Verzeichniß des Domcapitels zu Lübeck aus dem Jahre 1263 und in dem Verzeichniß der zur Domkirche zu Lübeck gehörenden Vicareien vom Jahre 1264 (Mekl. Urk.=B. II, S. 222, 239) diejenigen mansi, deren hereditas den coloni oder rustici zusteht, einzeln hervorgehoben; ebenso der Rückkauf der mansi mit hereditas in einzelnen Fällen; es geschieht dies zu dem Zwecke, damit die Vicareien=Inhaber die Befugniß erlangen, hujusmodi hereditatem locandi, cum placuerit, pro ampliori.

Die Erblichkeit des Colonatbesitzes beruhte also auf besonderem Rechtstitel; wo sie nicht zugestanden war, war der Colon einer Erhöhung des census und der Kündigung ausgesetzt. - In gleicher Lage befanden sich die Zinsbauern des Sachsenspiegels, Landrecht II, 60, §. 1, wo es heißt: "Will ein Mann seinen Zinsmann, der zu dem Gute nicht geboren ist, von dem Gute weisen, so soll er ihm kündigen zu Lichtmeß. Dasselbe soll der Mann thun, wenn er es verlassen will." Das Recht des Zinsbauern ist nach dem Sachsenspiegel sogar beschränkt auf die Lebzeit des Herrn, der ihm das Gut verliehen hat auch wenn dies auf "beschiedene Jahre" geschehen ist, "soll man es dem Erben wiedererstatten, weil er (der Erblasser) es nicht länger geweren mochte, als, so lange er lebte" (III, Art. 77 ibid.); ferner: Erbzinszahlung mag der Herr des Dorfes an dem Gute gewähren, wo die Bauern ein neues Dorf von wilder Wurzel besetzen (III, Art. 80, §. 1 ibid.).

Die zuletzt angeführte Stelle des Sachsenspiegels führt uns zu einer zweiten Classe von bäuerlichen Besitzrechten, welche eine besondere Stellung zur Zeit des Mittelalters bei uns einnahmen, zu den Hagendörfern (indagines in den Urkunden genannt) und Hagenhufen. Zur Zeit der deutschen Besiedelung gab es, wie schon bemerkt, weite Strecken Landes, die, obwohl zum Ackerbau geeignet, bisher nicht angebaut und urbar gemacht waren, die solitudines und loci horroris der Urkunden, Land, welches noch in Rusch und Busch lag; außerdem überwog in einzelnen Gegenden

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der Wald derartig, daß der Boden erst stückweise durch Umwandlung in Acker nutzbar gemacht werden konnte. Die wendische Bevölkerung hatte den Anbau nur zu des Lebens Nothdurft betrieben; Jagd, Fischerei, Viehzucht waren ihr zusagender; es fehlte ihr ein Geschick und Unternehmungsgeist, vor allem aber an dem erforderlichen Vermögen, um einen noch uncultivirten Boden dem Anbau zu unterwerfen, die Wohn= und Wirthschaftsgebäude neu herzustellen und das Wirthschafts=Inventarium, die Hofwehr, aus eignen Mitteln zu beschaffen. Es war daher das Absehen der Grundbesitzer darauf gerichtet, deutsche Colonisten, welche der vorliegenden Aufgabe zu genügen im Stande waren, heranzuziehen. Selbstverständlich mußten die zu stehenden Bedingungen den von den Anziehenden zu bringenden Opfern entsprechen. Vor allem mußte dauerndes erbliches Besitzrecht, die hereditas an Grund und Boden, zugestanden werden, und Befreiung von allen Abgaben bis zu dem Zeitpunkt, wo die Höfe eingerichtet und zum Ertrage gebracht waren; die demnächst zu entrichtende Abgabe mußte erheblich geringer bemessen werden, als wie die von cultivirtem Boden und eingerichteten Wirthschaften zu erlegende. Wir haben bereits oben bei den Bauerschaften von Neu=Kloster gesehen, daß die Hagendörfer nur einen Recognitions= census von I solidus pro manso zu entrichten hatten, außer dem vollen geistlichen Zehnten; endlich war die Befreiung von bäuerlichen Diensten wesentlich und unerläßlich für ein dem Erbpachtbesitz nahekommendes Verhältniß.

Der Name Hagen, indago, gleichbedeutend mit Umzäunung, führt auf die mensura, qua metiri solent indagines, und auf die justitia, que vulgariter dicitur hagersche recht. (U.=B. III, S. 227, Ao. 1286; IV, S. 219, Ao. 1268). Es wurde die Hägerhufe mit dem Meßseil (per funiculum) in der Art zugemessen, daß zunächst die Begrenzung des dem Ackerbau zuzuführenden Bodens gesichert und festgestellt wurde, und zwar in einer zusammenhängenden Fläche. Selbstverständlich war auch der zu überweisende Flächeninhalt Gegenstand der Vereinbarung und Feststellung; dieser wurde nach Morgen (jugera) bestimmt.

Wir berühren hier ein für die mittelalterlichen Agrarverhältnisse ebenso wichtiges als schwieriges Gebiet, die Frage nach den Ackermaßen, welche man zur Anwendung brachte, und nach der Zahl der Morgen, welche einer bäuerlichen Hufe beigelegt wurde. Es mag an dieser Stelle schon bemerkt werden, daß der Morgen, dem Begriffe nach entsprechend der Arbeitsleistung eines Tages von zwei Zugthieren, in älterer Zeit kein geometrisch bestimmtes Flächenmaß bedeutete, sondern gleichbedeutend genommen

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wurde mit der Fläche, welche für die Aussaat einer bestimmten Quantität Hartkorns erforderlich war. Erst in neuerer Zeit, seit die Gesetzgebung begann sich mit den agrarischen Verhältnissen zu beschäftigen, ist es zu einer Umwandlung der alten, nach Einsaat bestimmten Flächenmaße in geometrisch bestimmte Maße gekommen. Eine solche Bestimmung hätte für Meklenburg bei der großen Verschiedenheit der thatsächlich bestehenden Verhältnisse ganz besondere Schwierigkeit gehabt; es hat sich daher auch der Erbvergleich von 1755 für die Zwecke der Besteuerung der städtischen Ländereien (§. 47, sub II) auf die Bestimmung beschränkt, daß ein Morgen Ackers zu 4 Scheffeln Rostocker Maße, worunter Hartkorn zu verstehen, angenommen werden solle. - Dazu kommt, daß man schon im Mittelalter an verschiedenen Orten in Meklenburg bald nach großen, bald nach kleinen Scheffeln rechnete; die Leistungen von den Hufen derselben Ortschaft sind sogar bald nach großen, bald nach kleinen Scheffeln berechnet. (U.=B. VIII, S. 549, Ao. 1335; VI, S. 456, Ao. 1319.) Und während es in dem Verzeichniß der "zugehörigen Dinge zum Gotteshause Givetzin" vom 26. Mai 1575 - welches noch jetzt im Original dem Gevetziner Kirchenrechnungsbuche anliegt - heißt: "7 Morgen Land im großen Felde, darin fallen 14 Schepel Korn; 3 Morgen Land im Mittelfelde, darin fallen 6 Schepel Korn", wird wegen der auf der Friedländer Feldmark belegenen 996 catastrirten Morgen in dem P. M. einer dortigen Magistratsperson vom 4. October 1861 berichtet, daß diese bisher nicht vermessenen Morgen durchschnittlich von 3 Scheffeln Aussaat seien, "aber auch von 1 bis 6 Scheffel in der Größe wachsend."

Kehren wir nach dieser Abschweifung zu den Hägerhufen zurück, so ist für die Verhältnisse der Rostocker Hägerdörfer - Rövershagen, Wasmodeshagen, Porrikeshagen, das in U.=B. VII, S. 253 abgedruckte Kämmerei=Register vom Jahre 1325 von besonderem Interesse. Von den 22 Hufen in Rövershagen, 25 in Wasmodeshagen, 6 1/4 in Porrikeshagen waren zur Zeit der Landesvermessung um die Mitte des vorigen Jahrhunderts noch 12 Hufen mit Einschluß der Schulzenhufe und der Pfarrhufe in Rövershagen (nach Ausweis der Directorial=Karte) vorhanden; an Stelle der übrigen waren längst die Pachthöfe Oberhagen, Niederhagen, Purkshof eingerichtet. Jene 12 Hufen entsprechen genau der im Kämmerei=Register gegebenen Beschreibung. In unmittelbarer Folge neben einander erstrecken sie sich von der Grenze von Purkshof in Längsstreifen versus nemus, die Rostocker Heide; sie werden auf dieser Seite begrenzt durch die Dorfstraße und die an

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derselben belegenen Gehöfte, welche sich in der ganzen Ausdehnung quer vor die zugehörigen Hufen legen. Zwischen Dorf und Heide befindet sich ein mannigfaltig und unregelmäßig gestalteter Complex von Ackerfiguren, Wiesen, Brüchern, Buscagen, Brinken u. s. w., welcher seinem Flächeninhalte nach dem Hufencomplex etwa gleichkommt; es ist dies das Ueberland, der overslach des Registers, welcher den Colonen von Rövershagen zu dem sehr mäßigen Preise von 10 Mark jährlich aus dem Grunde überlassen war, weil sie die Dotation der Pfarre daselbst mit 1 1/2 Hufen aus eigenen Mitteln beschafft hatten; auch die Schulzenhufe enthielt 1 1/2 Hufen. Während nun die Aufmessung der Hufen ohne das Ueberland einen von 6700 □Ruthen bis 7300 □Ruthen wechselnden Flächeninhalt ergeben hat ist die Pfarrhufe ohne Ueberland zu 12,095 □Ruthen, die Schulzenhufe zu 10,646 □Ruthen vermessen worden. Ob bei diesen Ungleichheiten eine verschiedene Bonität der Ackerflächen bei der anfänglichen Zumessung zur Berücksichtigung gekommen, ob Gräben, Wege, Wasserlöcher abgerechnet worden, oder ob wir es nur mit den Unvollkommenheiten des Meßverfahrens zu thun haben, muß dahingestellt bleiben; jedenfalls entspricht das Bild, welches die Directorialkarte von Rövershagen gewährt, im Großen und Ganzen der im alten Rostocker Kämmerei=Register gegebenen Beschreibung der Hägerhufen. Wenn es nun in demselben weiter heißt: qui mansi longitudinem habebunt septem jugerum et dimidii versus nemus, so können wir im Beihalte der aus der Directorialkarte sich ergebenden Maße die Länge und Breite eines Morgens und den Flächeninhalt einer Hufe berechnen. Zunächst ergiebt der vermessene Gesammtflächeninhalt der fraglichen 10 Bauerhufen, 1 1/2 Pfarrhufen, 1 1/2 Schulzenhufen, zusammen also von 13 Hufen - ohne das Ueberland - 93,177 □Ruthen, wozu für kleinere, besonders vermessene Figuren innerhalb der Hufen noch ein Geringes hinzukommt. Wir können also den durchschnittlichen Flächeninhalt der Hägerhufe auf 7200 □Ruthen mit ziemlicher Genauigkeit annehmen. Die Breiten=Dimensionen der einzelnen ganzen Hufen variiren nach der Directorialkarte von 22 Ruthen bis 30 Ruthen, die Längen=Dimensionen entsprechend von 240 Ruthen bis 330 Ruthen; als mittlere Zahl nach welcher das Kämmereiregister gerechnet haben wird, ergeben sich für die Breite 24 Ruthen, für die Länge 300 Ruthen, also für jede Hufe wiederum 7200 □Ruthen. Haben daher in der Längsrichtung 7 1/2 Morgen hinter einander gelegen, so erhalten wir für den Morgen eine Länge von 40 Ruthen, eine Breite von 6 Ruthen, einen Flächeninhalt von 240 □Ruthen für den Morgen,

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gleich 4 Scheffeln Rostocker Maß Aussaat, und 30 Morgen für die Hägerhufe. - Dies also scheint die mensura, qua metiri solent indagines, wenigstens für die Rostocker Hägerhufen gewesen zu sein; die Ruthe ist die 16füßige meklenburgische (virga, que vulgariter dicitur metrode, habens in longitudine XVI pedes, U.=B. VIII, S. 431). - Die per funiculum zugemessene Hägerhufe war größer als eine gewöhnliche Bauerhufe; wir werden später sehen, daß die letztere im Lande Stargard, und wohl auch in anderen Theilen unseres Landes, nur etwa zwei Drittel einer Rostocker Hägerhufe befaßte, und daß die Frage, wie viel Morgen Ackers man auf eine gewöhnliche Bauerhufe zu rechnen habe, wesentlich davon abhängt, wie man den Morgen bestimmt, also ob man, wie das Geveziner Kirchenrechnungsbuch 2 Scheffel großes Maßes, oder wie in Rostock 4 Scheffel kleines Maßes an Einsaat auf den Morgen rechnete. Eine praktische Bedeutung hat diese Frage, wie schon aus Obigem erhellt, zunächst nur für die Hägerhufen.

Die Besitzer derselben standen den übrigen bäuerlichen Besitzern insofern gleich, als sie der Gerichtsbarkeit des Grundherrn, von welchem sie ihr Recht ableiteten, unterstanden (U.=B. IV, S. 219, Ao. 1268); ferner gleich in Bezug auf die Benutzung von Wiese, Weide, Wald und Torfstich. Ihre Leistung konnte erhöht werden, wenn sie im Laufe der Zeit mehr Land für den Ackerbau oder sonstige private Nutzung in Besitz genommen hatten, als ihnen zugemessen war, was gerade bei den Hägerhufen häufig vorkommen konnte.

Wurden Hägerhufen auf geistlichem fundus errichtet, so bestand die Leistung, wie wir gesehen haben, wesentlich in der Zehntpflicht; grundbesitzende Laien, selbst der Landesherr, konnte Hägerhufen und Dörfer nach der Natur der Sache nur auf zehntfreiem Boden errichten. Daß in unseren Gegenden der Zehnte im Laufe des Mittelalters durch Infeudation und sonstigen Vertrag in die Hand der grundbesitzenden Laien zum größten Theil übergegangen war, ist schon oben bemerkt worden.

Auf zehntfreiem Boden, der nicht zugleich bedefrei gemacht worden, handelte es sich zunächst um das Aequivalent der fürstlichen Rechte, die ordentliche Bede. In dieser Beziehung sind die Urkunden vom 30. März 1320 und vom 22. Mai 1328 im U.=B. VI, S. 519; VII, S. 551, besonders lehrreich.

Die Pöler Dörfer und Hufen nebst sieben Dörfern auf dem benachbarten Festlande waren im Jahre 1318 vom Fürsten Heinrich II. von Meklenburg den Rittern von Plessen, von Preen,

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von Stralendorf mit allen fürstlichen Rechten für Schuld zu vollem Eigenthum übertragen (appropriata et dimissa cum mero et vero domimo, U.=B. VI, S. 387). Im Jahre 1320 verkaufen die genannten domini an Lübische Bürger 5 Hufen in Timmendorf, worunter sich 2 Hainhufen oder Hägerhufen befanden, für 164 Mark Lübisch. Die Leistungen der Hufen werden aufgeführt und betragen für jede Hägerhufe 11 1/4 Scheffel Hartkorn und 4 1/2 Schilling Lübisch, für jede der übrigen 3 Hufen 23 3/4. Scheffel Hartkorn und 4 1/2 Schilling Lübisch. Außerdem wird den Käufern verkauft die ordentliche Bede (precaria) für 120 Mark Lübisch, "in qua precaria pro suo libito voluntatis perfruendo posse plenum habebunt, sicut hactenus nos et ante nos nobilis dominus noster Magnopolensis dinoscitur habuisse"; gegen diese Zahlung, also 24 Mark Lübisch pro Hufe, werden die Käufer und deren Colonen befreit erklärt von allen "onera serviciorum, laborum seu vectigalium, nec ad aliqua violentarum exactionum, prestationum seu precariarum gravamina in perpetuum adstringentur"; nur den Käufern gegenüber sollen den Colonen diese Verpflichtungen in Zukunft nach obliegen. - Im Jahre 1328 verkaufen dieselben Verkäufer an einen der früheren Käufer wiederum 7 Hufen in Timmendorf, worunter gleichfalls 2 Hainhufen; der Kaufpreis beträgt 270 Mark Lübisch; außerdem werden verkauft für 200 Mark Lübisch die vorgedachten fürstlichen Rechte, und wird mit den Colonen selbst ein Ablösungs=Vertrag geschlossen. Werden hierbei nun die Pachtleistungen der erstgenannten 5 Colonen zum Grunde gelegt, wie nach Inhalt der Urkunde undedenklich geschehen kann, so beträgt die jährlich von den Colonen, mit Einschluß der Hagenbauern, zu zahlende Ablösungssumme für die ordentliche Bede 30 Schilling Lübisch pro manso, dem Werthe nach gleich ebenso viel Scheffeln Hartkorn.

Wir ersehen hieraus, daß es außer den Hagendörfern auch vereinzelte Hagenhufen in anderen Dörfern gab, und daß, wenn der Landesherr der Grundbesitzer war, an die Stelle des geistlichen Zehnten in den Kloster=Dörfern die ordentliche Bede oder deren Geldwerth trat. Und wenn oben der Betrag des Zehnten für die Klosterhufen bei Neukloster auf 24 Scheffel Hartkorn angegeben worden sind, so erhellt, daß die landesherrliche ordentliche Bede diesen Werthbetrag noch überstieg und die volle Hälfte von dem Pachtwerth der Hufe für sich in Anspruch nahm. -

Bevor wir nun zu den Rechtsverhältnissen der übrigen bäuerlichen Besitzer, welche der landesherrlichen oder einer ritterschaftlichen Grundherrschaft unterworfen waren, übergehen, ist im An=

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schluß an das über die Hägerhufen Beigebrachte noch einer damit verwandten Erscheinung zu gedenken.

Einzelne Bauerhofsbesitzer oder ganze Bauerschaften erwerben durch Kauf oder sonstigen onerosen Titel das erbliche Besitzrecht, die hereditas, an ihren Hufen von ihren Grundherren; sie erkaufen für sich und ihre Nachkommen die Befreiung von der Nachmessung und die Unveränderlichkeit ihrer derzeitigen Leistungen; sie schließen wegen einzelner Leistungen Fixirungs=Verträge mit ihren Grundherren, welche perpetuis temporibus gelten sollen; sie erwerben Berechtigungen in Bezug auf Holz= und Torfnutzung durch förmlichen Vertrag, in einzelnen Fällen auch die Befugniß zu Eigenthums=Dispositionen durch Verkauf; die Befugniß, den Bauerhof selbst zu verkaufen, wird in der in den Jahrbüchern VII, S. 306 abgedruckten Urkunde vom Jahre 1507 als Einräumung des Bauerkaufes im Gegensatz zu dem rechten Landkauf (U=B. XIII, S. 470) bezeichnet. In allen diesen Fällen werden die bäuerlichen Leistungen, welche unabänderlich auf der Hufe ruhen sollen, genau bestimmt.

Man kann nicht sagen, daß durch die Zugestehung des erblichen Besitzrechtes oder der Unabänderlichkeit der Leistungen die Besitzer schon das volle dingliche Recht der Hägerhufen, wie solches aus dem Rostocker Stadtbuche (U.=B. V, S. 502) entgegentritt, erworben hätten. Denn wir sehen, daß die Befugniß zu Eigenthums=Dispositionen, insbesondere zum Verkauf der Hufen oder zugehöriger Gerechtsame, besonders erworben und zugestanden sein mußte. Da die Frage ob und in welchem Umfange ein erbliches Besitzrecht der Bauern an ihren Hufen anzunehmen sei, für die Folgezeit eine bedeutende Rolle spielt, so lassen wir einzelnes hierauf Bezügliche, was theilweise schon im Obigen berührt ist, aus dem Urkundenbuche folgen.

U=B. II, S. 222. In dem Verzeichniß der Präbenden des Domcapitels zu Lübeck vom Jahre 1263 heißt es bei Johannsdorf (bei Dassow) und Fährdorf (auf Pöl): hereditas est colonorum; bei Seedorf (unweit Benkendorf): hereditas dicitur esse colonorum.

U.=B. II, S. 239. In dem Verzeichniß der Vicarien in der Domkirche zu Lübeck vom Jahre 1264: bei 2 mansi auf Pöl hereditas est rusticorum. In Fährdorf haben die vicarii die hereditas von 4 3/4 Hufen; sie haben daher die Befugniß "hujusmodi hereditatem locandi, cum placuerit, pro ampliori." In Bleese, Amts Gadebusch: "hereditas est rusticorum"; dagegen haben die vicarii auf Pöl "prope ecclesiam" (Kirchdorf) "2 mansi, quorum hereditas libera est vicariorum."

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Urk.=Buch II, S. 419. Im Jahre 1271 bezeugen Abt und Convent in Dargun, daß mit den Bauern zu Polchow (cum civibus de Polchowe) dahin Vereinbarung getroffen sei, daß die Dorfschaft für alle Zeiten aus 10 zinspflichtigen und 2 zinsfreien Hufen bestehen, und die Hufen keinerlei Nachmessung unterworfen sein sollen (ipsi mansi sic sub numero tantummodo 12 mansorum ipsis [civibus] perpetuo perseverent). Der Census von jeder Hufe wird auf 48 Scheffel Hartkorn, 2 Schillinge pro porco (für die Mast) und für die decima minuta auf 1 Huhn und 1 ligatura lini bestimmt.

U.=B. III, S. 635. Die Herren von Büren zu Prebberede verkaufen im Jahre 1296 ihren civibus fidelissimis daselbst den zum Dorf gehörigen Acker mit dem Ueberschlag für 70 Mark, unter Auferlegung einer Hufen=Abgabe (pro pensione et censu) von 65 Scheffeln Hartkorns, 4 Schillingen de censu porcorum, quod vulgare suinscult dicitur, 1 top lini, von jedem Hause 1 Huhn. Ausgenommen vom Verkaufe sind die Mühle, die Fischerei, der Wald. Wer von den Verkäufern in Zukunft in Prebberede wohnen will, kann nihil mansionis ibidem obtinere, nisi quod propriis denariis emere sibi posset; wenn aber einer derselben oder deren Erben zufällig dort übernachten muß, so hat ihn der magister civium, auch burmester genannt, aufzunehmen, wogegen ihm ein Erlaß von 4 Scheffeln Roggen, 4 Scheffeln Gerste und 4 Scheffeln Hafer an dem Zins (census) zugestanden wird. - Im Jahre 1311 (U.=B. V, S. 573) erwerben die Bauern daselbst von denselben Verkäufern auch die in dem privilegio primo von 1296 noch vorbehaltenen Gegenstände durch Kauf, pro se et suis successoribus jure hereditario libere perpetuo possidendum. Doch wird die den Bauern eingeräumte Befugniß, unum juger cespitum vendere, cui volunt, besonders erwähnt.

U.=B. VI, S. 261. Das Kloster Dargun verkauft im Jahre 1317 seinen Bauern in Walkendorf den ususfructus der Walkendorfer Waldung, begiebt sich der Befugniß, zum Verkauf Holz fällen zu lassen, oder anderweitig über die Substanz zu verfügen, sichert Befreiung von der Nachmessung für alle Zeiten zu, sowie die Unveränderlichkeit der census vel pensiones; prout nunc distincti sunt agri ipsorum et mansorum distinctiones, sic eos ipsi et ipsorum posteri tempore possideant sempiterno. Der Kellermeister (cellerarius) des Klosters mit Zuziehung von vier Bauern, welche die Dorfschaft aus sich erwählt, hat die ordnungsmäßige Ausübung des ususfructus an der Waldung zu über=

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wachen. Für diese Gerechtsame hat die Dorfschaft 200 Mark gewöhnlicher Münze bezahlt.

U.=B. VII, S. 232. Die Fürsten von Werle geben im Jahre 1325 der Stadt Waren das Eigenthum des Dorfes Glewest, mit der näheren Bestimmung: "wenn sie - Rathmannen und Stadtgemeinde - ausgekauft haben die Erblichkeit der Einwohner dieses Dorfes, dann mögen sie die Erblichkeit zerbrechen und gründlich zerstören, so daß das Dorf und das dabei Gelegene ewig wüst bleiben soll."

U.=B. X, S. 126. Die Herren von Gubkow verkaufen im Jahre 1347 den viris discretis universis et singulis villanis seu colonis in villa Pranghendorp commorantibus, Unterthanen des Klosters Doberan, dimidium mansum cespitum, qui vulgariter dicitur torfmur, für 38 Mark Sundisch zum Ausstechen, mit der näheren Bestimmung, daß die verkaufte Fläche 20 jugera enthalten solle, und daß die vorgenannten villani suique heredes et successores possidere et exfodere debent et debebunt ad tanti temporis duracionem, quousque dictus dimidius mansus sespitum funditus - fuerit exfossus. Wenn dies geschehen, dann soll der fundus an die Verkäufer und deren Erben zurückfallen. Auf die Zusicherung, daß der dimidus mansus sespitum 20 Morgen enthalten solle, wird später zurückzukommen sein.

Lisch, Jahrbücher VII, S. 306. Hermann von der Lühe überläßt im Jahre 1507 den Bauern Martin und Heinrich Ilow den Burgwall zu Ilow für sich, ihre Erben und Nachkommen, zu brauchen, zu besitzen und besitzen zu lassen, gegen einen jährlichen Zins und 13 Tage Dienst im ganzen Jahr, mit der Nebenbestimmung, daß die Käufer auch den "Bauerkauf davon haben sollen", und daß der Zins und die Dienste niemals erhöht werden dürfen.

U.=B. XIII, S. 9. Busse von der Dolle auf Badresch verkauft im Jahre 1351 an die Söhne des früheren Schulzen zu Badresch, Gerke und Nanne Evert und deren rechte Erbnehmer, den daselbst belegenen bomgarden nebst anstoßendem Werder, 4 Hufen enthaltend, mit Antheil an der Hölzung, und wird von Seiten des Verkäufers außer dem Vorkaufsrecht bedungen eine Recognitionszahlung (to ener urkunde) von 8 wendischen Schillingen jährlich. - Unter den Nachkommen der Käufer entstehen Streitigkeiten über ihre Antheile am Baumgarten, welche von den Nachkommen der Verkäufer im Jahre 1514 dahin geschlichtet werden, daß der eine Theil für sich und seine leiblichen Erben 2 Hufen und die Hälfte des Holzes in Besitz und Gebrauch behalten soll;

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wenn sein Geschlecht ausgestorben, soll das vorbenannte Gut ungetheilt und unverkauft dem Geschlechte der Hanneken Evert zufallen.

U.=B. IX, S. 607. Bei dem Verkaufe der Dörfer Seedorf, Brandenhusen und Weitendorf und von 3 Hufen zu Wangern auf Pöl Seitens der Ritter von Stralendorf an das Heil. Geist=Hospital zu Lübek im Jahre 1344 ist mit den coloni dictarum villarum et mansorum vereinbart (bona et libera voluntate arbitrati sunt), daß sie außer ihrem gewöhnlichen census jährlich von jeder Hufe loco precarie duas marcas den. Lub. - perpetuis temporibus dare debeant expedite.

U.= B. XIII, S. 696. Im Jahre 1355 überläßt Herzog Johann von Meklenburg=Stargard an Vicke Mund ein Drittel der Bedehebungen aus dessen 29 Hufen in Beseritz; die Bede wird von 30 Schillingen Brandenburgisch auf 20 für die Hufe gemindert: die geminderten 10 Schillinge soll Vicke Mund jährlich von den Bauern, die zu den Hufen gehören, erheben, also lange, bis sie ihm oder seinen Erben diese 10 Schilling Bede abgelöst haben. - 1 Schilling Brandenb. wird für jene Zeit gleich 2 Schilling wendisch und gleich 1 Scheffel Hartkorn großen Maßes zu rechnen sein.

Diese Beispiele werden sich durch eine Nachlese aus dem Urkundenbuche leicht vermehren lassen; wir ersehen daraus, daß sich im Laufe des Mittelalters in einem weiten Umfange erbliches Recht und dingliche Berechtigungen an den Bauerhufen ausgebildet hatten, daß jedoch diese Berechtigungen nur durch Verträge mit der Grundherrschaft erworben werden konnten. -

Wir haben jetzt noch einen Blick zu werfen auf die Rechtsverhältnisse der großen Masse der übrigen bäuerlichen Besitzer, welche im Bereiche der landesherrlichen Vogteien und der ritterschaftlichen Güter angesessen waren und weder Hägerhufenrecht, noch erbliche Berechtigung erworben hatten.

Hier ist vor Allem Gewicht darauf zu legen, daß bei der deutschen Colonisation eine starke, in einzelnen Gegenden (außerhalb der Grafschaft Schwerin) wohl überwiegende wendische Bevölkerung auf dem platten Lande zurückblieb, welche, abgeschnitten von ihren Stammesgenossen und rings umgeben von deutschen Städten und deutschen Colonisten, sehr bald deutsche Sprache, Sitte und Familiennamen annahm und mit der deutschen Bevölkerung im Laufe der nächsten Jahrhunderte völlig verschmolz. Nur in den Städten machte sich der Unterschied beider Nationalitäten noch lange Zeit hindurch, bis in die Neuzeit hinein, geltend, für die ländliche Bevölkerung bestanden ähnliche Hindernisse, wie sie sie

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z. B. das Zunftwesen der Städte mit sich brachte, nicht; wurden wendische Bauern zu deutschem Rechte, jure Teutonico, angesetzt, also zehnt= und zinspflichtig gemacht, so kamen sie in eine den deutschen Colonen völig gleiche Rechtslage.

Helmold in seiner Slaven=Chronik II, Cap. 14 berichtet, daß, nachdem Heinrich der Löwe seinen Frieden mit Pribislav gemacht, das ganze Slavenland bis nach Schwerin, olim insidiis horrida et pene deserta, jetzt mit Gottes Hülfe fast in eine einzige sächsische Colonie verwandelt sei: Pribislav habe die Burgen Meklenburg, Ilow und Rostock erbaut, beziehungsweise wieder aufgerichtet, und habe in deren Bereich die slavischen Völker angesiedelt (in terminis eorum collocavit). Für den den wendischen Landesherrn verbliebenen Machtbereich ist nach Wiederherstellung des Friedens an eine weitere Rückwanderung der durch langjährige Kriege schon stark gelichteten wendischen Bevölkerung nicht zu denken; deutsche Colonisten schoben sich überall ein, wo es galt, ertragsfähiges Land dem Boden abzugewinnen und urbar zu machen, oder wo die wendische Bevölkerung zur Besetzung der Dörfer nicht ausreichte und nicht hinreichend leistungsfähig sich auswies. Die letztere wurde dann oft auf einem besonderen Theil der Dorffeldmark angesiedelt, und entstanden alsdann zwei besondere Ortschaften desselben Namens neben einander, welche nach Größe oder Nationalität ihrer Bewohner unterschieden wurden. Man sieht, wie sehr hierdurch einerseits eine Verschmelzung beider Nationalitäten durch Umwandelung der wendischen Elemente gefördert wurde; andererseits ist klar, daß sich der deutschen Colonisation von Anfang an ein Element zugesellte, welches der weiteren Entwickelung deutsch=rechtlicher Institutionen im Bauernstande nicht förderlich war.

Wir geben auch hier einige Belegstücke aus dem Urkundenbuche.

Der Bischof Dietrich von Lübek, zu dessen Sprengel die Insel Pöl gehörte, beurkundet im Jahre 1210 (U.=B. I, S. 187), daß diese Insel bisher noch von Slaven bewohnt gewesen, daß aber propter penuriam et paucitatem hominum gentis illius eam (insulam Poele) excolere non valentium der Fürst Heinrich von Meklenburg (Borwin) deutsche Colonen auf derselben angesammelt habe; der Fürst habe für diese Colonen beharrlich der Unterwerfung derselben unter die Zehntpflicht sich widersetzt. In Erwägung nun, tutum non esse cum eo, qui haberet sociam multitudinem, contendere, habe sich der Bischof auf Vergleich eingelassen: ut aliqua in pace obtineremus, aliqua contemnenda putavimus. Es sei daher, nach Berathschlagung mit dem Schweriner

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Bischof, dem Doberaner Abt und dem eigenen Capitel, die eine Hälfte der von den deutschen Colonen zu erhebenden Zehnten dem Fürsten zu Lehn gegeben, außerdem für 12 Hufen die Zehntpflicht duch lehnsweise Uebertragung ganz aufgegeben.

Das Dorf Brüsewitz, Amts Schwerin, ist noch im Jahre 1220 von Slaven bewohnt. Als in diesem Jahre der Graf Gunzel von Schwerin dieses Gut seiner Gemahlin Oda schenkt, verleiht er den Slaven ipsam villam inhabitantibus et postmodum inhabitare volentibus das jus Teuthonicale; 3 mansi werden jure feodali ausgethan, damit die Inhaber - als Dorfschulzen - darüber wachen, ut ipsius ville Slavi de bonis suis diligencius responderent. (U.=B. I, S. 250.)

Fürst Heinrich von Meklenburg verleiht im Jahre 1315 dem Kloster Doberan die vollen Eigenthumsrechte mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit über die slavischen Dörfer Stülow und Hohenfelde und bestimmt in der Verleihungs=Urkunde, quod omnis ordinatio jurisdictionis in predictis villis debet esse et fieri jure Slavicali, prout antiquitus Slavi usi fuerunt. (U.=B. VI, S. 134.)

Eine Anzahl von Slaven zu Jatzke, Kreis Stargard, nehmen gegen das Kloster Broda im Jahre 1330 die curia Jazke nomine hereditario in Anspruch. Sie werden durch Zahlung von 45 Mark wegen dieser ihrer Ansprache abgefunden (U.=B. VIII, S. 145).

Noch ist Bezug zu nehmen auf die vielbesprochene Urkunde vom 14. Novbr. 1221 (U.=B. I, S. 261 und Codex Pomeran. dipl. I, S. 310), durch welche zwischen dem Fürsten von Rügen und dem Bischof von Schwerin die Zehntpflicht von Deutschen und Wenden im Lande Tribsees und die fürstlichen Antheile am Zehnten regulirt werden; es wird dabei unterschieden zwischen den Slaven, welche den Deutschen ihre Aecker abgetreten haben und weiter zurückgewichen sind, und denjenigen, welche adhuc cum Teuthonicis resident.

Das jus Teuthonicale, welches für die deutschen Colonen galt und in welches die Slaven durch Verleihung eintraten, äußerte sich nun hauptsächlich in den nachstehenden Beziehungen:

1. in der Rechtssprechung nach deutschem Rechte und deutschem Gerichts=Verfahren durch den landesherrlichen Vogt in dem öffentlichen Landding; von der Verpflichtung, im Landding (commune terrae placitum) zu erscheinen, werden die Bauern in den geistlichen und ritterschaftlichen Besitzungen im weitesten Umfang befreit, durch Uebertragung der Gerichtsbarkeit auf die Grundherren; die niedere Gerichts=

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barkeit gehört zum jus vasallicum; die höhere, das jus manus et colli, ist Gegenstand zahlreicher Special=Verleihungen. (U.=B. II, S. 553, 554, Privileg der Mannen und Geistlichen des Landes Gnoien und der Herrschaft Güstrow.) Das deutsche Compositionensystem gestaltete die Strafgerichtsbarkeit zu einer ergiebigen Einnahmequelle.

2. Hiermit im Zusammenhang steht, daß die bäuerlichen Besitzer alle unmittelbare Berührung mit der öffentlichen Gewalt verloren und Hintersassen (subditi) ihrer Grundherren wurden. Von der Grundherrschaft hat der Colon sein Besitzrecht abzuleiten, er untersteht ihrer Gerichtsbarkeit; sie bewilligt für ihn die außerordentliche Bede, welche in besonderen Fällen - zum Abtrag fürstlicher Schulden, zur Kehrung von Landesnoth, zur Aussteuer fürstlicher Töchter, endlich bei Ertheilung der Ritterwürde an einen fürstlichen Sohn - vom Landesherrn gefordert wird und ohne Bewilligung nicht erhoben werden darf. Zur Landes=Vertheidigung müssen sie sich allemal zur Verfügung stellen, wenn sie dazu aufgeboten werden, von sonstigen fürstlichen Diensten, welche auch nach der nova plantatio den bäuerlichen Besitzern noch obliegen, insbesondere von Burg= und Brückendienst, können sie durch ein besonderes Privileg entbunden werden.

3. Ihre Leistungen gegen den Grundherrn bestehen in einem festen Zins (census) und in gemessenen Diensten, wenn solche besonders vorbehalten waren, was nicht immer der Fall war. Der census wurde meistens in dem dreifachen Korn - Roggen, Gerste, Hafer - entrichtet; das Bestreben der Grundherrschaften war auf Umwandlung in Geld, wenigstens zu einem Theile, gerichtet, um die Versilberung und das Verfahren des Korns von sich abzuwälzen. Die Verpflichtung zu Diensten nimmt anfänglich, wie wir schon bei Neukloster gesehen haben, eine untergeordnete Stelle ein; sie war Gegenstand des Verkaufes und der Ablösung. So werden die dem v. Hagen zustehenden Dienste in Küssow von 4 mansi im Jahre 1322 mit Vorbehalt des Rückkaufes für 20 Mark an das St. Johannis=Kloster zu Lübeck verkauft, was nach damaligem Zinsfuß einem Werthbetrage von 8 Schillingen pro Jahr und Hufe entspricht (U.=B. VIII., S. 322). - Nebenabgaben werden entrichtet pro porcis, für Schweinemast in den Gutswaldungen, und pro dorland, terra arida, nicht umgebrochenes Land, was gewöhnlich Käthnern und sonstigen außerhalb der Hufen angesetzten Leuten zur Ausnutzung überlassen wird.

4. Ihr Besitzrecht an den Hufen kann nur als ein kündbares Nutzungsrecht, mit Zins- und Dienstpflicht, bezeichnet werden, so

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lange sie nicht von der Grundherrschaft die Erbzinsgerechtigkeit, die hereditas, in irgend einer Form erworben haben. Wir beziehen uns dieserhalb auf das oben wegen Verleihung erblicher und dinglicher Rechte schon Beigebrachte, und treten daher insoweit in Widerspruch zu den früheren Darstellungen, insbesondere bei Hegel Geschichte der Meklenb. Landstände (1856), S. 45, und Balck, Domaniale Verhältnisse (1864), S. 106, wonach als ursprüngliches Besitz=Verhältniß der Bauern an ihren Hufen die erbliche Leihe angenommen wurde. Nachdem das meklenburgische Urkundenbuch und die sonstigen neueren Publicationen von Urkunden=Material einen tieferen Einblick in die bezüglichen Verhältnisse gestattet haben, ist schon von Balck, Finanz=Verhältnisse u. s. w. (1877), Band I, S. 82 bis 90 das Richtige zur Darstellung gebracht. Es ist eben in Meklenburg aus verschiedenen (theilweise schon angedeuteten) Gründen nicht zu der Entwickelung gekommen, welche andere umliegende Länder, namentlich diejenigen, aus welchen die deutsche Colonisation der Ostseeprovinzen ihren Ursprung genommen, aufweisen, nämlich zu einer Fortbildung und Befestigung der Erblichkeits=Verhältnisse, für welche das Mittelalter in weitem Umfange die Anfänge geschaffen hatte; kein gesetzgeberischer Act nach dieser Richtung ist in Meklenburg bis zu den Reversalen von 1621 sub XVI erfolgt. Durch diese wurde die dem Landesrecht entsprechende Regel der Kündbarkeit nulla vel immemorialis temporis detentione obstante aufrecht erhalten und eingeschärft, und nur der Beweis einer Erbzinsgerechtigkeit, eines jus emphyteuticum und dergleichen dem Einzelnen freigelassen.

Es ist schon von Balck a. a. O. S. 90 mit Recht bemerkt, daß es zur Zeit der Reversalen wohl nur wenigen Bauern gelungen war, aus dem Elend der vergangenen Jahrhunderte ihre Besitzes=Urkunden zu retten.

5. Auch die Anfänge einer Gemeinde= Verfassung sind durch die gemeinschaftliche Nutzung von Wiese, Weide und Wald und durch die Einsetzung des Schulzenamtes gegeben; es sind jedoch diese Anfänge nicht zu einer nachhaltigen Entwickelung gelangt. Dem Schulzen stand überall eine niedere Gerichtsbarkeit zu, welche er ohne Zuziehung von Dorfgenossen nicht ausüben konnte; nach dem Privileg für die Mannen im Lande Gnoien und in der Herrschaft Güstrow vom Jahre 1276 (U.=B. II, S. 553) soll der Hintersasse der Ritterschaft und der Geistlichkeit allemal zuächst coram domino suo, sub quo residens est, vel suo villico, belangt werden; wir sehen aber, daß die Schulzen sehr bald in die Stellung herrschaftlicher Beamten, welche nur die Erhebung des

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Zinses und die Leistung der Dienste zu besorgen haben, zurücktreten. Andererseits findet sich seine Spur der dem bäuerlichen Familienrechte angehörigen Rechtsinstitute eines Anerben= und Altentheils=Rechtes, der Abfindung u. s. w., durch welche die Lebensfähigkeit des Bauernstandes bedingt wird, und welche bei den Ratzeburger Bauerschaften zur vollen Entwickelung gelangt sind.

So sehen wir denn gegen Ende des Mittelalters mit dem Eintritt der entsprechenden großen Veränderungen in den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen die Bauerschaften in dem übrigen Meklenburg mehr und mehr in die Stellung gedrängt, welche die Glosse zum Sachsenspiegel III, 45 (bei Kraut, Grundriß, 5. Ausgabe, S. 452, unter 28) den Meiern und Hofleuten anweist, welchen man ein Gut austhut; sie sind "auf dem Gute gleich als Gäste, kommen darauf und ziehen wieder davon, nach der Erbherren Willen und Geheiß." Zwar bestand neben den zahlreichen Fällen eines erblichen Besitzrechtes an den Hufen eine factische Erblichkeit im weitesten Umfange; denn der zinspflichtige Colon war regelmäßig Eigenthümer der Hofwehr und hatte Eigenthumsrecht an den von ihm hergerichteten Gebäuden; er mußte also in Kündigungsfällen entschädigt werden, es mußte eine neue Hofwehr beschafft und ein leistungsfähiger neuer Colon gewonnen werden. Aber diese Erschwerungen hinderten die Kündigung nicht, wenn es sich darum handelte, die herrschaftliche curia durch Zulegung von bäuerlichen mansi zu vergrößern und wirthschaftlich selbständig zu machen.

Wir treten damit in die Periode der Bildung des Großgrundbesitzes, zu welchem der bäuerliche Hufenbesitz das Material hergeben mußte. Mit diesem Momente trat auch eine gänzliche Veränderung in der Stellung der übrigbleibenden bäuerlichen Besitzer ein; an die Stelle der Zinspflicht trat die Dienst= und Frohnpflicht zum herrschaftlichen Hofe, wenigstens zum größeren und überwiegenden Theile. Durch die Veränderung der Kriegs =Verfassung und des Hofdienstes fanden die Lehnsleute sich darauf angewiesen, festen Wohnsitz auf ihren Gütern zu nehmen und ökonomischer Beschäftigung sich zu widmen; zu Kriegsdiensten wurden sie im 16. Jahrhundert nur selten, und hernach bald überhaupt nicht mehr aufgeboten, und im Rathe der Fürsten nahmen die Rechtsgelehrten ihren Platz ein. Es wurde jetzt auf Grundlage des Kündigungsrechtes Alles den veränderten Verhältnissen entsprechend eingerichtet; mehrere Hufen, oft 3 bis 4, wurden in eine bäuerliche Hand gelegt, um die Leistungsfähigkeit für die Hofdienste herzustellen, und daneben einen, wenn auch abgeminderten census,

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zu conserviren. 1 ) Im Verlaufe dieses Processes wird allmählich etwa die Hälfte der Bauerhufen dem Hofacker beigelegt; das ist der Zustand, welchem wir zur Zeit der Landes=Vermessung auf einer großen Zahl von ritterschaftlichen Gütern begegnen.

In diese Entwickelung fällt nun ein anderes Moment, welches die letzten Reste der Selbständigkeit des Bauernstandes beseitigen mußte: die regelmäßig wiederkehrenden und steigenden steuerlichen Anforderungen der landesherrlichen und der Reichsstaatsgewalt. Ritterschaft, Klöster und Städte konnten sich in den meisten Fällen einer Bewilligung, wie sie der Landesherr forderte, nicht entziehen, da für die Reichserfordernisse und für die bereits oben bezeichneten Fälle das jus collectandi der Landesherren mehr und mehr zur Geltung kam: aber der modus der Aufbringung war durch die inzwischen eingetretenen Veränderungen in eine unheilbare Verwirrung gerathen. Die Ritterschaft machte geltend, daß der modus der alten Landbede, also die Realsteuer nach Bauerhufen und städtischen Erben, für alle Theile der allein verfassungsmäßige und gesetzliche sei; sie bezog sich auf ihre alten Privilegien, wonach für den Fall einer allgemeinen Landbede die sub cultura dominorum befindlichen Hufen steuerfrei sein sollten: sie hielt im Principe fest an dem Grundsatze der Abwälzung der Steuerlast auf die bäuerlichen Hintersassen, für welche sie die Steuer bewilligte. Aber es fehlte an einer gesetzlichen Bestimmung über das zulässige Maß der Umwandlung von Bauerhufen in Hofhufen, wie solche in andern Ländern getroffen war; der Landesherr wollte das Privileg nur für die Zahl der ursprünglich zum Rittersitz gehörigen Hufen zugestehen, welche in den meisten Fällen sich jeder sicheren Ermittelung entzog. Andererseits gerieth die Ritterschaft in Conflict mit den Städten, welche mit ihrem Erbenmodus der wachsenden Steuerlast nicht mehr genügen konnten und sich über Prägravation durch die für ritterschaftliche Hofhufen beanspruchte Steuerfreiheit zu beklagen hatten. Die von Fall zu Fall von den Städten bewilligten Consumtionssteuern riefen den Widerspruch der Ritterschaft hervor, da die Gutserzeugnisse indirect hierdurch mit ergriffen wurden. Und wenn auch von der Ritterschaft nicht bestritten werden konnte, daß von ihr ein besonderer steuerlicher Zutrag wegen der wegfallenden Kriegsdienste zu leisten sei, so hatte doch eine Feststellung der Ritterpferdgelder um so größere Schwierigkeiten, als einer beträchtlichen Zahl von ritterschaftlichen Gütern die Verpflichtung zum ser-


1) Vgl. das Amtsbuch der Comturei Nemerow vom Jahre 1572, Jahrbücher IX, S. 88.
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vitium dextrarii durch besonderen Vertrag vom Landesherrn erlassen war.

Die Darstellung dieser Streitigkeiten und der dadurch verursachten Wirren fällt außerhalb des Bereiches unserer Aufgabe und gehört der neueren Geschichte an. Zwei Jahrhunderte hindurch war man unausgesetzt bemüht, einen neuen modus für die Anlegung von Realsteuern, im Anschluß an die alte bäuerliche Hufen=Verfassung, welche in Trümmer zerfallen war, zu finden. Alle diese Versuche mißglückten. Es mag an dieser Stelle als besonders bezeichnend nur noch hervorgehoben werden, daß man schließlich dahin gelangte, auf das der alten wendischen Hakenhufe zum Grunde liegende Princip zurückzugreifen und die Realsteuern nach der Zahl der bespannten Haken, gleich gut ob Hofhaken oder Bauerhaken, anzulegen. Nach solchem Hakenmodus wurden im Stargardschen Kreise alle Landes= und Kreis=Anlagen, sowie der Zutrag zur ordentlichen Contribution bis zur Publication des neuen ritterschaftlichen Hufen=Catasters erhoben.

Ihren Abschluß fand diese Periode erst, nachdem man sich über völlig neue Grundlagen für das Steuerwesen geeinigt hatte; für die Ritterschaft im Wege einer allgemeinen Landes=Vermessung und Bonitirung, für die Städte durch Einführung einer Consumtions= und Handelssteuer, neben welcher der alte städtische Erbenmodus in eine untergeordnete Stellung zurücktrat.

Um das vorstehend gezeichnete Bild zum Abschluß zu bringen, ist nur noch hinzuzufügen, daß die Theorie von der Leibeigenschaft und der glebae adscriptio der Gutsunterthanen im engsten Zusammenhange stand mit der Bildung des Großgrundbesitzes in der Ritterschaft, der Pachthöfe in den landesherrlichen Domainen. Der Bauerstand war durch die Umwandlung der Zinspflicht in eine Dienst= und Frohnpflicht mehr und mehr in eine persönlich abhängige Stellung gerathen; er verarmte, und der Grundherr wurde Eigenthümer der Hofwehr und der Gebäude. Damit war das Band, welches den Bauern bisher an die Scholle gefesselt hatte, gelockert; es galt jetzt durch eine künstliche Interpretation seiner Eigenschaft als Gutsunterthan, subditus, ihn festzuhalten, und der Auswanderung in die Städte einen Riegel vorzuschieben. Die landesherrlichen Beamten und Pfandbesitzer in den Domainen hatten hierbei das gleiche Interesse wie die Ritterschaft. So kam die alte Hörigkeit, welche ein großer Theil der deutschen Colonen in der Heimath zurückgelassen hatte, wieder in neuer Form zur Geltung; der deutschen Colonisation fehlte von Anfang an der innere Zusammenhang und die Gemeindeorganisation, um sich dieser durch die Zeitverhältnisse

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herbeigeführten Umwandlung mit Erfolg widersetzen zu können. Wir haben weiter noch hinzuzufügen, daß durch die Verwüstungen des 30jährigen Krieges, welche in einzelnen Aemtern nicht den zehnten Theil des Bauerstandes übrig ließen 1 ), der historische Zusammenhang zwischen den neu entstehenden Verhältnissen und der alten bäuerlichen Hufenverfassung vollends zerrissen wurde, bis auf wenige Trümmerreste, welche sich bis in die Neuzeit hinein gerettet haben und Zeugniß von den früheren Zuständen ablegen.

Es bleibt zum Abschluß unserer Arbeit noch übrig, die eben gedachten Beziehungen, soweit sie in der Gegenwart noch erkennbar, vorzuführen und daran einige Bemerkungen über wirthschaftliche und Größenverhältnisse der alten Hufen, sowie über die Feldmaße, nach welchen man rechnete, zu knüpfen.

Als Reste der alten bäuerlichen Hufenverfassung sind zu bezeichnen:

1. die Vorschriften der Polizeiordnung vom 2. luli 1572 im Titel "von Jagen", betreffend die Ausübung der Jagd durch mehrere Mitbesitzer, das sogenannte Vier=Hufen=Recht;

2. die Kornabgabe, welche von einer Anzahl von ritterschaftlichen Gütern in Meklenburg alljährlich an den landesherrlichen Kornboden als sogenanntes Pacht= oder Hundekorn zu erlegen ist;

3. die Meßkornabgabe der Meklenb. Kirchenordnung fol. 141 an die Pfarren von Hufen und Katen;

4. der den Pfarren zu deren Dotation nach Hufen beigelegte Landbesitz;

5. die Antheile, welche einzelne Hauptgüter oder die Großherzogliche Kammer in ritterschaftlichen Gütern besitzen.

Wir bemerken hierzu:

ad 1. Die Polizeiordnung von 1572 enthält eine Reihe von werthvollen Zeugnissen über den früheren Rechtszustand. Aus dem Titel "von Jagen" entnehmen wir zunächst, daß vor den Reversalen von 1621, Art. XIX, ein Jagdfolgerecht in Meklenburg noch nicht zur Anerkennung gelangt war, und daß zur Zeit der Polizeiordnung noch galt, was die Entscheidung des Bischofs Rudolf von Schwerin - zur Schlichtung verschiedener Streitigkeiten zwischen den Grafen von Schwerin und von Danneberg im Jahre 1262 ergangen (U.=B. II, S. 203) - bezeugt: item de venatione taliter ordinamus, quod nullus prosequetur feram iaventam


1) Vgl. die Uebersichten von Groth, Jahrbücher VI, S. 132,
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in terra propria ultra disterminationem suam in terminis alterius.

Erwägt man, daß die ältesten Spuren des Jagdfolgerechtes bis in die Zeit der Volksrechte zurückreichen (Entscheidungen des Ober =Appell.=Gerichtes zu Rostock, Band VI, S. 114), und daß der Sachsenspiegel (II, Art. 61, §. 4) dasselbe schon in weiterem Umfange (den Bannforsten gegenüber) anerkennt ats die beinahe 400 Jahre späteren Reversalen, so dürfen wir hierin ein Zeugniß für die Abgeschlossenheit unserer Rechtsbildung im Mittelalter und für den geringen Einfluß der deutschrechtlichen Anschauungen auf unser Landrecht erblicken. Sebst für das Land Stargard, welches im 13. Jahrhundert die colonisirende Thätigkeit der Markgrafen von Brandenburg im reichen Maße erfahren hatte, gilt ein Gleiches. Mit Recht bemerkt Böhlau in seinem Landrecht I, S. 259: "Mit der territorialen Entwickelung des märkischen - auf dem Sachsenspiegel beruhenden - Landrechtes hat das meklenburgische Land Stargard keinen Zusammenhang."

Von größerem Interesse für den Gegenstand unserer Untersuchung ist die auf das Vierhufenrecht bezügliche Vorschrift der Polizeiordnung in demselben Titel.

Wenn auf demselben Gute sich verschiedene domini befinden, so wird wegen der Jagdberechtigung unterschieden, ob mehrere desselben Geschlechtes ein Dorf besitzen, oder verschiedene Geschlechter fast gleiche Antheile haben, oder endlich, ob bei einer Verschiedenheit der besitzenden Geschlechter ein Unterschied in der Art hervortritt, daß einzelne nur einen oder zwei Bauern im Dorfe und weniger als 4 Hufen auf der Feldmark besitzen; in diesem letzteren Falle findet Ausschluß von der Jagdberechtigung, in den beiden ersteren Fällen gemeinschaftliche Ausübung - die Koppeljagd - statt.

Das Bild der Besitzverhältnisse an Grund und Boden, welches aus diesen Bestimmungen entgegentritt, ist bezeichnend für jene Zeit. Man kann wohl sagen, daß, mit Ausnahme des landesherrlichen, des geistlichen und des städtischen Besitzes, die Zersplitterung der Besitzrechte an Grund und Boden in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters und zu Anfang der Neuzeit die Regel bildete. Es werden unausgesetzt aus demselben Gutscomplexe einzelne Bauerhöfe mit allen herrschaftlichen Rechten verkauft, verpfändet, durch Erbtheilung erworben; es sitzen mehrere ritterschaftliche Familien auf verschiedenen Höfen in demselben Gute; jeder Besitzer hat Hufen auf der Feldmark und Bauern im Dorfe; die Zahl der in propria cultura dominorum befindlichen mansi ist noch eine ge=

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ringe, 4 bis 6, so viel als zur Aufrechterhaltung eines eigenen Haushaltes erforderlich schien; auch giebt es viele domini ohne herrschaftliche curia; zu diesen gehören vielfach städtische Bürger und geistliche Herren und Stiftungen. Das Creditbedürfniß wurde durch Verkauf oder antichretische Verpfändung einzelner Bauerhufen, oder auch der davon zu erlegenden Abgaben an precaria und census befriedigt; auch die bäuerlichen Dienste wurden verkauft und verpfändet. Zweierlei Momente waren es nun, welche ein Auseinanderfallen des Gutes in einzelne Parcelen verhinderten. Zunächst richtete sich der Anspruch des Lehnsherrn auf die gebührenden Lehnsdienste, insbesondere die Stellung des Lehnspferdes, dextrarius, gegen das ganze Gut; bei Theilungen und Abverkäufen mußte dieser Punkt besonders regulirt werden. Sodann - und dies war die Hauptsache - mußte Wald, Wiese, Weide, Torfstich, überhaupt Alles, was außerhalb des Hufenschlages der Dorfschaft lag, gemeinschaftlich bleiben, die gemeinschaftliche Nutzung nach Maßgabe der Hufenzahl wird allemal reservirt und zugestanden (U.=B. XIII, S. 56); also ein eigenthümliches Gemisch von condominium pro diviso und pro indiviso.

Die Beantwortung der Frage, wie in vorkommenden Fällen noch heute die Vorschrift der Polizeiordnung zur Anwendung zu bringen sein möchte, liegt außerhalb unserer Aufgabe; über die historischen Gesichtspunkte, welche sich hierbei geltend machen, glauben wir jedoch Einiges bemerken zu dürfen.

Für die heutige Anwendung tritt die Schwierigkeit entgegen, daß die alten Bauerhufen nirgends mehr vorhanden sind; sie sind mit den wirthschaftlichen Veränderungen, welche mit dem Aufkommen des Großgrundbesitzes Hand in Hand gingen, zu Grunde gegangen, und ist nur von einer geringen Zahl von Gütern der frühere Bestand an bäuerlichen Hufen sicher bekannt. Aber auch wenn diese Zahl bekannt ist, so ist damit noch nichts über Größe und Flächeninhalt entschieden, weil die Hufe nur das Ackerland befaßte, und das Verhältniß zwischen Acker, Wiese, Wald im Laufe der Jahrhunderte hier und da große Veränderungen erlitten hat. Es fragt sich daher, ob für die alten Bauerhufen ein durchschnittliches Größenmaß anzunehmen sei, und ob hiernach Bezeichnungen wie: una quarta mansi usualis - ein Viertel Landes einer gewöhnlichen Hufe (Lisch, Urkunden des Geschlechtes von Oertzen, II, S. 158 und 162, Ao. 1455) zu deuten seien. Wir werden hierauf weiterhin zurückkommen.

In dem von einer deutschen Juristenfacultät unter dem 11. Febr. 1878 in einer meklenburgischen Proceßsache wegen Tur=

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bation der Jagdgerechtigkeit abgegebenen Erkenntniß heißt es, unter Bezugnahme auf die Miscell. histor. jurid. Mecklenb. IV, 1749, pag. 86: "Daß die 4 Hufen (der Polizeiordnung von 1572) nicht als Haken= oder Bauerhufen, sondern als Ritter=Hof= oder Landhufen im Sinne der damaligen Bezeichnungen zu nehmen seien, war längst nicht mehr zweifelhaft." Die in den Miscellanea 1. c. abgedruckte Proceßschrift will den Nachweis führen, daß derjenige, welcher nicht 4 Landhufen, die Hufe zu 100 Scheffeln gerechnet, auf einer Feldmark besitzet, keine separirte Schafhütung und Hürdenschlag halten könne.

Ein Blick in jene Proceßschrift und in die dort angezogene Anlage A sub c ergiebt die völlige Werthlosigkeit derselben für die meklenburgischen Verhältnisse, wie solche zur Zeit der Polizeiordnung noch bestanden, und als Grundlage für eine gesetzliche Bestimmung in Bezug genommen werden durften; die sogenannte Landhufe zu 100 Scheffeln 1 ) gehört einer viel späteren Zeit willkürlicher administrativer Regulirungen an und hat nur für das Domanium vorübergehende Geltung gehabt. Sodann ergiebt die angezogene Anlage A sub c (Miscell. 1. c. pag. 93), daß im Jahre 1681 zu Geifswald erkannt worden, daß Kläger wohl berechtigt auf seinen - 8 wüsten Bauerhufen eine Schäferei anzulegen.

Hieraus wird gefolgert, daß in Meklenburg "8 Bauerhufen, so 4 Landhufen ausmachen", gleichfalls erfordert werden - weil die pommersche Landesgewohnheit mit der Meklenburgischen fast einerlei sei." - Es ist hierbei übersehen, daß in Pommern durch einen Act der Gesetzgebung, zur Beseitigung von Ungewißheiten bei den Steueranlagen, im Jahre 1616 bestimmt wurde, daß 15 Morgen für eine Hakenhufe, 30 Morgen für eine Landhufe, 60 Morgen für eine Hägerhufe gerechnet werden sollen (von Bilow, Abgabenverhältnisse in Pommern, 1843, S. 122), während für die Kurmark Brandenburg um die Mitte des vorigen Jahrhunderts festgesetzt wurde, daß in allen königlichen Aemtern und Domainen nur einerlei Art von Hufengröße zu 30 Morgen à 180 □Ruthen Magdeburgisch (gegen den pommerschen Morgen à 300 □Ruthen, der 16füßigen Ruthe!) angenommen werden solle. (Scholz, Provinzialrecht der Kurmark Brandenburg, 1854, Band I, S. 52. 53). Es dürfte hieraus zur Genüge erhellen, daß von den oben ge=


1) Vgl. die Landmesser=Instruction des Herzogs Friedrich Wilhelm vom 16. Novbr. 1703 bei von Gloeden, politisch prakt. Wochenbl. II, 1847, S. 348,
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dachten Bestimmungen des pommerschen oder des märkischen Rechtes für Meklenburg kein Gebrauch zu machen; ein Unterschied zwischen Hakenhufen und Landhufen tritt bei uns seit der deutschen Besiedelung nirgends hervor; eine Veränderung in den Größenverhältnissen trat nicht ein, wenn Bauerhufen eingezogen wurden zur cultara propria dominorum; die Unterscheidung zwischen Hofhufen und Bauerhufen ist dader insoweit als eine fehlsame zu bezeichnen. Endlich spricht die Polizeiordnung nur von Bauern im Dorfe und von Hufen auf der Feldmark.

ad 2. Es ist schon oben bemerkt, daß ein Theil der ordentlichen Bede in Korn zu erlegen war, und daß diese Kornabgabe im Laufe des Mittelalters, sowohl in Pommern als in Meklenburg, den Namen Hundekorn, annona canina, frumentum canum, angenommen hat. 1 ) Die Untersuchung darüber, wie diese Bezeichnung, welche bei uns später wieder durch den Namen Pachtkorn verdrängt wurde, entstanden sei, darf als völlig geschlossen noch nicht angesehen werden; wir verweisen dieserhalb auf die in Separat=Abdruck erschienenen Gutachten des weiland Staatsarchivars Dr. Klempin in Stettin und des Geheimen Archivraths Dr. Wigger, sowie auf die Einleitung und den Anhang vom Appellationsgerichts=Präsidenten Dr. Kühne, 1879. Uns interessirt nur, daß diese Abgabe sich nach Hufenzahl bestimmte, und daß gewöhnlich von jeder Hufe 6 Scheffel des dreifachen Korns - 2 Roggen, 2 Gerste, 2 Hafer - zu erlegen waren. (U.=B. X, S. 104, Ao. 1347; Schröder, Pap. Meklenburg II, S. 1363, Ao. 1357.)

Dies ist der Betrag der precaria major, welche zu Martini fällig war; daneben wurde in früherer Zeit noch eine precaria minor, in dem halben Betrage der ersteren, zu Walpurgis erhoben. Im Jahre 1303 schenkt Fürst Heinrich von Meklenburg der Johannitercomturei zu Nemerow 8 Hufen zu Staven, oder vielmehr die libertas und proprietas dieser Hufen - was mit der Aufgabe der fürstlichen Rechte gleichbedeutend war -, insbesondere cum precaria majori et minori. (U.=B. V, S. 115.) Die erstere beträgt nach der Urkunde 24 solidi slav. und 6 Scheffel des dreifachen Korns, die letztere die Hälfte, also eine Gesammtabgabe von 2 Mark 4 Solidi und 9 Scheffeln Korn von jeder Hufe. Wenige Jahre später werden die redditus in proventu seu pachto von 8 mansi in Staven, pro Hufe ein brandenburgisch talentum betragend, verkauft. Da für jene Zeit (U. =B. VII, S. 29, Ao. 1322)


1) U.=B. X, S. 243, Ao. 1349.
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1 Schilling brandenburgisch gleich gerechnet wird mit 28 slav. denar., so blieben neben der precaria für Pachtnutzung noch 46 2/3 solid. slav., nahezu 3 Mark; auch hier erreichte die ordentliche Bede in ihrem ursprünglichen Betrage die volle Hälfte des Pachtwerthes.

Bei den ritterschaftlichen Gütern, welche noch heute mit dieser Abgabe belastet sind, werden wir, wenn der Betrag der precaria major für die spätere Zeit zum Grunde gelegt wird, aus der Höhe der Abgabe auf die Zahl der Hufen, welche das Gut enthielt, schließen können, mit Sicherheit jedoch nur dann, wenn das Ergebniß anderweitig durch die Meßkornabgabe und durch den nachweisbaren Bestand des Gutes an Ackerfläche controlirt werden lann.

Das Gut Sadelkow, ritterschaftl. Amts Stargard, hat alljährlich an den landesherrlichen Kornboden zu Stargard zu liefern 6 Drömt 6 Scheffel Roggen, ebenso viel Gerste und ebenso viel Hafer, im Ganzen 234 Scheffel des dreifachen Korns, jetzt Berliner Maße. Außerdem muß, laut des alten bis auf das Jahr 1691 zurückreichenden Qittungsbuches, eine Geldabgabe von 9 fl. 18 ß., also 234 Schillinge, ebenso viel Schillinge als Scheffel Korn, an das Amt Stargard gezahlt werden. Die Kornlieferung führt auf 39 Hufen; hiermit stimmt auch die Meßkornabgabe an die Pfarre zu Rühlow überein. Wir haben es hier also anscheinend mit völlig normalen Verhältnissen zu thun, und werden weiterhin sehen, daß hiermit auch der Ackerbestand zur Zeit der Directorial=Vermessung übereinstimmt. Noch im Jahre 1408 konnten die Herzoge Johann und Ulrich von Meklenburg einer Vicarei zu Friedland überweisen (Boll, Geschichte des Landes Stargard, II, S. 351): "sexaginta marcarum redditus in villa Zadelcow de precariis nostris in pecuniis et frumentis ibidem - antequam nos seu aliquis nostrorum nomine quicquam percipiet de nostris precariis ville prenarrate."

Die Kornabgabe von Leppin - 6 Drömt Roggen, ebenso viel Gerste und Hafer, führt auf 36 Hufen; als Meßkorn an die Pfarre werden 38 1/2 Scheffel Roggen entrichtet.

Die Kornabgabe von Gantzkow beträgt 3 Drömt 6 Scheffel Roggen, ebenso viel Gerste und Hafer, was auf 21 noch bedepflichtige Hufen schließen läßt. Die Meßkornabgabe von Gantzkow an die Pfarre zu Brunn beträgt dagegen 42 Scheffel Roggen. - Die an das Großh. Amt Stargard von Gantzkow zu zahlende Orbede beträgt 2 Thlr. 30 ß. - jährlich, also, wie bei Sadelkow, ebenso viel Schillinge als Scheffel Korn.

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Vom Gute Möllenbeck werden alljährlich an den Kornboden zu Stargard geliefert 15 3/4 Scheffel Roggen, ebenso viel Gerste und Hafer; außerdem 47 Schillinge, der Scheffelzahl entsprechend. Hier ist also die Abgabe nur noch für 7 7/8 Hufen von Bestand geblieben.

Wir haben nur noch hinzuzufügen, daß die Kornbede erlegt wird von dem auf der Hufe gewachsenen Korn. Die annona canina wird in deutschen Urkunden bezeichnet als die "Jahrfrucht von den Hufen" (Schroeder, Papistisches Meklenb. II, S. 1363, 1366); der Pflichtige konnte nicht angehalten werden, wenn ohne sein Verschulden mangelhaftes Korn auf der Hufe gewachsen war, besseres Korn zu kaufen. Ob hierin durch den Uebergang der bäuerlichen Reallasten auf die Gutsherrschaften sich etwas geändert habe, müssen wir dahin gestellt sein lassen; zu vergleichen ist Band VI, S. 293, der Entscheidungen des Ober=Appellationsgerichts zu Rostock.

ad 3. Die Meßkornabgabe tritt uns schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts als eine regelmäßige Leistung der coloni parochiales entgegen; sie war neben dem Zehnten, welcher dem Bischof gebührte, zu erlegen; sie wird als ecclesiastica annona ad sustentationem sacerdotis bezeichnet und ergänzt die Ausstattung mit Pfarrland.

Im Jahre 1305 (U.=B. V, S. 217) wird die neu errichtete Pfarre zu Schlakendorf bei Neukalen mit 2 Pfarrhufen dotirt; die villa Karniz wird ihrem Sprengel beigelegt; von jeder Hufe sollen 1 Scheffel Roggen und 1 Scheffel Hafer ad sustentationem sacerdotis, 1 Scheffel Hafer außerdem ad sustentationem custodis gegeben werden.

Im Jahre 1309 (U.=B. V, S. 450) wird die Capella in Brodersdorf, bisher Filial von Rökwitz, zu einer Pfarrkirche erhoben, mit 2 Pfarrhufen dotirt; ihrem Sprengel werden die villae Dargbent und Bralyn beigelegt. Pro ecclesiastica annona soll jede Hufe in Brodersdorf, sicut antea facere consueverunt, 1 Scheffel Roggen geben, die beiden eingepfarrten Ortschaften 1/2 Scheffel Roggen von jeder Hufe.

Der neu errichteten Pfarre in Kulrade werden die villae Buckhorst und Emekenhagen im Jahre 1310 (U.=B. V, S. 506) beigelegt, und hierbei wird bestimmt, daß die coloni parochiales dieser Dörfer, soweit sie bisher nur 1/2 Scheffel Korn gegeben, in Zukunft einen ganzen Scheffel, und soweit sie bisher nur 1 denarium praebendalem gegeben, in Zukunft 2 Denare geben sollen.

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Es konnte daher die meklenburgische Kirchenordnung fol. 141 bestimmen, daß das "gebührliche Meßkorn, als von der Hufen einen Scheffel und von dem Katen einen halben Scheffel", überall gegeben werden solle.

Die Geltendmachung dieses Anspruches gegen die zum Hoffelde eingezogenen Hufen stieß jedoch vielfach auf Widerspruch. Ein Gleiches war in Pommern der Fall; auch dort wurde, meist mit Erfolg, behauptet, daß das Meßkorn "nur an den contribuablen, aber nicht an den Ritterhufen hafte." (Padberg, die ländliche Verfassung der Provinz Pommern, 1861, S. 223.) Wir können daher aus der Meßkornabgabe einen sicheren Rückschluß auf die Zahl der alten Bauerhufen eines Gutes nicht machen, auch wenn davon abgesehen wird, daß auch die Katen derselben unterworfen waren.

ad 4. Die von Herzog Heinrich dem Löwen im Jahre 1158 in der Stiftungsurkunde für das Bisthum Ratzeburg getroffene Anordnung: postquam autem Slavis ejectis terra decimalis facta fuerit, decima tota vacabit episcopo, qui cum domino fundi de dotibus aget ecclesiarum parochialium, scilicet ut - quatuor mansis dotentur cum censu et decima" - ist wegen der Parochial=Kirchen nicht in dem vorgeschriebenen Umfang zur Ausführung gekommen. Im Jahre 1319 wurde den sämmtlichen zur Diöcese Ratzeburg gehörigen Pfarrern und Vicarien aufgegeben, eine Taxe ihrer Pfarreinkünfte aufzustellen; aus den (im U.=B. VI, S. 453 flgd. abgedruckten) Taxen sehen wir, daß die Mehrzahl der Pfarren nur 2 bis 3 Hufen besaß und daneben auf anderweitige, mehr oder weniger feststehende Einkünfte angewiesen war. Eine Zusammenstellung der Taxen vom Jahre 1335, mit welcher der Pfarrer Petrus zu Schönberg beauftragt wurde, findet sich U.=B. VIII, S. 540 flgd. abgedruckt. Danach waren abgeschätzt:

Abschätzung der Hufen

Die Hufen sollen abgeschätzt werden, prout locari possunt aliis cultoribus ad colendum; die freiwilligen Hebungen, oblaciones, secundum quod communiter obveniunt. Es sollte angenommen werden

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Abschätzung der Hufen

Die Kirchen=Visitations=Protocolle aus dem 16. und 17. Jahrhundert ergeben vielfach einen Besitz der Pfarren von 2 bis 4, oft bis 6 Hufen; bei großen Pfarren sind gewöhnlich Vicarienäcker der dos zugeschlagen. Ein großer Theil dieses Besitzes ist aber durch die Wirren während und nach der Reformation, mehr noch durch die Verwüstungen des 30jährigen Krieges verloren gegangen, oder doch in Streit und Ungewißheit gerathen; die Rubrik der nicht mehr nachweisbaren geistlichen Ländereien, für welche an Kirche und Pfarre seit unvordenklicher Zeit eine bestimmte jährliche Entschädigung von den Gutsherren gezahlt wird, ist in unsern Gutsbeschreibungen (§. 5 sub 2 der revidirten Hypothekenordnung für Landgüter vom 18. October 1848) noch immer ziemlich stark vertreten.

Ein Zeugniß dafür, daß die Pfarrhufen ebenso wie alle Bauerhufen an den gemeinschaftlichen Nutzungen der Dorfgenossen nach Hufenzahl participirten, findet sich noch im landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755, §. 13; es sollen bei den Pfarrhufen für jede 175 Scheffel an saatbarem Lande oder an urbaren Wiesengründen, 125 Scheffel an Außenweide, oder in Rusch und Busch gerechnet werden; mit anderen Worten: es sollen 175 Scheffel Pfarrland wegen der zuständigen Nutzungen an den außerhalb des Hufenschlages der Dorfschaft belegenen Objecten für eine volle Hufe von 300 Scheffeln gerechnet, beziehungsweise zum Abzuge gebracht werden.

ad 5. Die Antheile, welche das eine ritterschaftliche Gut in dem andern, und welche die Großherzogliche Kammer in einzelnen ritterschaftlichen Gütern besitzt, sind in vielen Fällen darauf zurückzuführen, daß einzelne bäuerliche Hufen sich in der Hand benachbarter Gutsbesitzer befanden und wegen eines besonderen Nutzens dieser Verbindung mit dem benachbarten Gute sich der allmählich fortschreitenden Consolidation des Hufenbesitzes in der Hand dessen, welcher die Lehnspflichten zu erfüllen hatte, entzogen haben. Eine wichtige Rolle bei dieser Consolidation spielt in früherer Zeit, als noch die Particularadjudicationen einzelner Gutstheile in täglicher Uebung standen, das Reluitionsrecht, worüber das Nähere bei Tornow, de feudis Meckl. 1708, p. 652, nachgesehen werden kann.

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Wir kehren zu der anfänglichen Aufgabe, ein Bild der bäuerlichen Hufen=Verfassung in Meklenburg zur Zeit des Mittelalters zu geben, zurück, und vervollständigen die obige Darstellung durch einige Bemerkungen über wirthschaftliche Verhältnisse, über Größe der Hufen und über Flächenmaße, soweit wir aus den Urkunden Aufschlüsse hierüber entnehmen können.

1. Als Ausgangspunkt für die hierauf bezügliche Untersuchung ist die Frage anzusehen, ob die Hufeneintheilung, wie sie im Beginne der deutschen Besiedelung überall bei uns entgegentritt, als eine aus früherer Zeit überkommene Einrichtung aufzufassen, oder ob neue Auftheilung und Vermessung des dem Ackerbau dienenden Bodens dabei stattgefunden habe. Wir sehen hierbei natürlich ab von den Hägerhufen und Hägerdörfern, über welche schon oben gehandelt ist; die Frage kann nur für die große Masse der Dörfer und Ortschaften, welche schon zur wendischen Zeit bestanden haben, gestellt werden. Wird dieselbe im Sinne der ersteren Alternative beantwortet, so würde sich zunächst in Bezug auf die Zahl der Hufen (mansi) und der wendischen Haken (unci), welche zu einer Ortschaft gehören, eine Uebereinstimmung, also ein unveränderter Uebergang der alten in die neue Einrichtung ergeben müssen; daß sich daneben die Ackerfläche der Hufen durch Heranziehung von bisher unbebauten, zu den Haken gehörigen Flächen vergrößert haben könne, würde mit dieser Annahme vereinbarlich sein. -

Wir neigen zu der Annahme, daß die Zahl der Hufen in den einzelnen Ortschaften als eine von alter Zeit her überkommene anzusehen sei. Zunächst ist außer Zweifel, daß einem wendischen Hufen ein bestimmtes Ackermaß mit Antheil an der gemeinschaftlichen Nutzung von Wald, Wiese, Weide und Wasser entsprach. Im Jahre 1297 verkauft Fürst Witzlav von Rügen an die Unterthanen im Dorfe Patzig das Erbe des Dorfes und das Erbe von 20 1/2 Haken, die zu dem Dorfe liegen. Von jedem Haken sollen die Käufer und ihre rechten Erben jährlich entrichten 24 Schillinge gewöhnlicher Münze, 4 Hühner, 20 Eier, 1 Maß (coretz) Roggen, 1 Maß Hafer; damit sollen sie los und frei sein von aller ringen Rechtigkeit (minori justicia in der lateinischen Uebersetzung) wegen Dienste und gastynge. Diese Pacht soll niemals erhöht werden; die Haken sollen niemals beritten oder gemessen werden (predicti unci nunquam debent amplius equitari vel metiri. (Fabricius, Urkunden des Fürstenthums Rügen III, S. 129.)

Von demselben Fürsten wird im Jahre 1300 die hereditas von 16 1/2 Haken, welche zu den Dörfern Cyrosewitz und Dunecitz gehören, den villarum civibus et eorum heredibus mit allen

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Nutzungen, prout habuerant ab antiquo, verkauft, mit der Befugniß zur Veräußerung. Item nupcias liberas habebunt, equos et canes dominorum non tenebunt, a vecturis et procurationibus advocatorum et subadvocatorum erunt liberi et exempti. (Das. S. 616.)

Dem Kloster Hiddensee wird im Jahre 1302 das Eigenthum des Dorfes Lehsten und eines Hakens in Rentzize geschenkt. (Das. S. 124.)

Für 8 Mark gewöhnlicher Münze wurde die hereditas von 2 Haken in Moyselkowe im Jahre 1285 erworben. (Das. S. 54.)

Wir sehen, daß im Fürstenthum Rügen auf die Haken dieselben Verkehrsformen angewandt werden, wie zu gleicher Zeit in Meklenburg auf die Hufen (mansi); die Besitzer der Haken kennzeichnen sich als Wenden, denen das jus Teuthonicum nicht verliehen ist; sie geben geringere Abgaben als die Hufenbesitzer, weil sie einen Theil ihres privaten Besitzes nur als Weide nutzen, und werden bei solcher Nutzung von ihren wendischen Landesherren belassen.

2. Für die Annahme, daß die Zahl der Hufen in den einzelnen Ortschaften eine von Alters her, aus der Zeit vor der deutschen Besiedelung überkommene sei, spricht ferner der Umstand, daß unsere Urkunden von einer neuen Auftheilung oder Vermessung der Aecker nicht die leiseste Spur enthalten. Bei der Nachmessung, welcher zahlreiche Ortschaften im ersten Jahrhundert der deutschen Besiedelung unterworfen werden, handelt es sich zunächst immer um die Ermittelung des numerus mansorum quem habebant (villae) ex antiquo (U.=B. III, S. 308, A.o. 1288); aus den überschießenden Aeckern, de excrescenti residuo et superfluo mensurationis, quod vulgo overslach dicitur, werden neue Hufen und neue Ortschaften gebildet. Im Jahre 1270 (U.=B. II, S. 390) bestätigt der Fürst Nicolaus von Werle der Johanniter=Comturei Mirow die Schenkungen, welche derselben von ihm, seinem Vater und seinen Brüdern zugewendet worden; es sei zwischen dem fürstlichen Vogt und der Comturei questio seu controversia super dicta donatione suborta, quod plures agr[i] seu mans[i] extra donationem predictam fuissent inventi; gegen Zahlung von 100 Mark Silbers verzichtet der Fürst auf das Recht der Nachmessung und bestimmt die Grenzen der Dorfschaften. - Der Corveyer Annalist bei Wigger, Meklenburg. Annalen, S. 145, erzählt, daß die Circipaner nach Corvey eine Abgabe de uniuscujusque - unci cultura, quem nostrates aratrum vocitant, entrichtet hätten;

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aratrum ist aber der technische Ausdruck für das zur Hufe (mansus) gehörige Ackerland. (Waitz, Altdeutsche Hufe, 1854, S. 22.)

Der Bischof Albert von Lübeck bestimmt im Jahre 1249 nach Vereinbarung mit den Grafen von Holstein und Stormarn über Zehnten im Lande Oldenburg und Dassow (U.=B. I, S. 587), daß de sex villis Theutonicis, in quibus prius pro decima soluebantur sex modii ordei de aratro, nunc - quatuor modii siliginis de manso quolibet - exsolvantur. 1 ) - Die Königin Margarete von Dänemark schenkt im Jahre 1272 dem Nonnenkloster zum heil. Kreuz in Rostock - Schmarl villam - culturam quatuor continentem aratrorum. (M. U.=B. II, S. 430, vgl. S. 359.)

Aus allem diesem folgt freilich zunächst nur, daß uncus das zu einer slavischen Hufe, aratrum das zu einer deutschen Hufe gehörige Ackerland bedeutete; nirgends finden wir aber einen Größenunterschied angedeutet. Der Unterschied lag in der persönlichen Stellung der Besitzer und in der dadurch bedingten Verschiedenheit der Leistungen an Korn und Geld; der Wende war dem jus commune servitutis unterworfen, so lange er nicht in das deutsche Recht durch Verleihung desselben eingetreten war. (U=B. IV, B, S. 470, servitus.)

Wenn ferner die brandenburgischen Markgrafen wenige Jahre nach dem Erwerbe einer bis dahin wendischen Landschaft, des Landes Stargard, zur Gründung der Städte Neu=Brandenburg, Friedland, Lychen eine Anzahl von mansi bestimmen und überweisen, so wird dabei der Bestand der alten Ortschaften, deren Namen wir zum Theil noch kennen, an wendischen Hufen zum Grunde gelegt sein; an eine voraufgegangene Regulirung der Feldmarken und dabei erfolgte Umwandlung der Hakenhufen in mansi ist doch nicht wohl zu denken.

Endlich entspricht die Größe der Hufen im Lande Stargard, so weit sie durch Nachrechnung noch ermittelt werden kann, durchweg der altpommerschen und rügenschen Hakenhufe, welche, wie schon bemerkt, im Jahre 1616 zu 15 Morgen à 300 □Ruthen der 16füßigen Ruthe, also zu 4500 □Ruthen meklenbg. angenommen wurde; worüber weiter unten das Nähere.

3. Die Nachmessung der Hufen, das equitare vel metiri der rügianisch=pommerschen Urkunden, geschieht ea mensura, quae in vulgari hofslach dicitur (U.=B. V, S. 151, 227, 241), und be=


1) Vgl. wegen der 4 Scheffel Roggen pro decima, der pessima consuetudo Sadelbandiae, das Zehntregister des Bisth. Ratzeburg, U.=B. I, 6. 377.
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zieht sich zunächst auf die Abgrenzung des im privaten Besitz der Dorfbewohner befindlichen Ackerlandes, des Hufenschlages der Dorfschaft, von den der gemeinen Nutzung der Hufenbesitzer unterworfenen Gutstheilen; die Feststellung der Gutsgrenzen ist dabei Voraussetzung, und diese gehört, wo sie erforderlich wird, einem andern Verfahren an. Eine Nachmessung zu veranstalten, gehörte zu den Prärogativen des Landesherrn; von dem sich ergebenden Ueberland mußten ihm die precariae und die servitia nach Hufenzahl geleistet werden, welche er de jure et consuetudine, wie es in den Urkunden heißt von jeder Hufe in Anspruch nahm. Es wurde daher dieses Mittel zu finanziellen Zwecken vielfach in Anwendung gesetzt. Außer der Abgrenzung des privaten von dem der gemeinen Nutzung unterworfenen Lande hatte man hierbei jedoch selbstverständlich auch einen mehr oder weniger bestimmten Flächen=Inhalt der Hufen an saatbarem Lande vor Augen; auf eine solche Messung mußte recurrirt werden, wenn die Abgrenzung des Hufenlandes ein sicheres Resultat nicht ergab, oder wenn eine bestimmte Hufenzahl nicht mehr bekannt war. Die Unvollkommenheit des Meßverfahrens zeigt sich besonders in dem pommerschen equitare, bei welchem wohl an ein Abreiten des Grenzzuges der Hufen oder der Feldmark zu denken ist. - Wir führen einiges hierauf Bezügliche aus unseren Urkunden an.

Im Jahre 1309 (U.=B. V, S. 518) verkauft Fürst Nicolaus von Werle dem Kloster Doberan das Gut Niex - die villa cum proprietate et omni prorsus utilitate - für 2000 Mark wend. absque certo numero mansorum.

1342 (U=B. IX, S. 365) verkaufen die Fürsten Nicolaus und Bernhard von Werle den Johanniterrittern zu Mirow die proprietas - also nur die fürstlichen Rechte - universorum mansorum adjacentes ville Cakeldutten für 45 Mark Lübisch - sine agrorum mensura.

Dagegen verkaufen die Gebrüder Thun im Jahre 1338 (U.=B. IX, S. 133) dem Kloster Ribnitz mansos et agros, qui spectabant ad curiam Dalvitz - ita tamen, quod prius agri mensurentur, ad sciendum mansorum numerum et pecunie certam summam. Für jede aus der Messung sich ergebende Hufe sollen 150 Mark Sundisch gezahlt werden.

Die Fürsten von Werle verleihen im Jahre 1273 (U.=B. II, S. 453) der Johanniter=Comturei Mirow die Dörfer Zirtow und Lenz mit 36 und 12 Hufen, mit dem Hinzufügen: que ville si mensurarentur et tres mansi invenirentur, predictis fratribus

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sunt collati, si vero super predictum numerum excresceret, de nobis emere debent fratres.

Johann, Herzog von Meklenburg=Stargard, verkauft 1355 (U.=B.XIII, S. 663) an die Johanniter=Comturei Nemerow ein Stück Wald mit Grund und Boden ("dat holt unde dy stede des sulven holtes"), angenommen zu einer Hufe, für 5 Mark und 100 wendische Pfennige; würde aber mehr gefunden, wenn man das Holz messen würde, so soll für jeglichen Morgen so viel bezahlt werden, "als er ghulde an der Huve."

4. Bevor wir nun in eine nähere Erörterung über Größe von Hufen und Morgen eintreten, ist noch die Frage zu beantworten, ob eine Gemengelage des Hufenlandes, oder ob die Lage in einem Stück, die Einzelhufe, als Regel anzunehmen.

Bekannt ist, daß schon im Beginn der Neuzeit, im 16. Jahrhundert, sich ein großer Theil der Hufen in Gemengelage in Folge der Dreifelderwirthschaft befand; wir beziehen uns einstweilen auf das Amtsbuch der Comturei zu Nemerow von 1572 in den Jahrbüchern, Band IX. S. 88 u. 89.

Wie weit dieser Zustand für den ritterschaftlichen Besitz zgurückreicht, ob er schon während des Mittelalters die Regel bildete, ob und in welchem Umfange daneben Einzelhufen in zusammenhängenden Stücken vorkommen, und wie sich hierzu die einer herrschaftlichen curia anfänglich zugelegten mansi sub cultura dominorum verhielten, muß einer näheren Erforschung vorbehalten bleiben, und steht zu hoffen, daß die folgenden Bände des Urkundenbuches das dürftige Material, welches zur Zeit für diese Frage uns vorliegt, vervollständigen werden. Jedenfalls sind die Städte auf ihrem zu Stadtrecht liegenden Gebiete schon sehr früh mit der Einführung der Drei=Felder=Wirthschaft und Flurzwang für die ganze Feldmark vorgegangen. Wir lassen Einiges, was auf Einzelhufen gedeutet werden kann, aus den Urkunden folgen.

Heinrich von Meklenburg verkauft im Jahre 1309 (U.=B. V, S. 451) der Stadt Gadebusch das Dorf Zwemin zur Stadtfeldmark zu Lübischem Rechte. Possunt etiam predicti cives quinque vel sex mansos ab eorum civitate nimium distantes, si ipsis placuerit, sub eadem proprietate et libertate locare quibusdam colonis et rusticis ad colendum -.

Von Lübbersdorf werden in den Jahren 1327 bis 1332 (U=B. VII, S. 475, 524; VIII, S. 243, 272) nach und nach eine Anzahl Hufen, anscheinend zehn, welche zu den Höfen in Lübbersdorf liegen (jacentes ad ipsorum - der Verkäufer - curias) an die Stadt Friedland verkauft und zu Stadtrecht gelegt.

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Diese Hufen bilden noch heute einen deutlich erkennbaren besonderen Abschnitt der Friedländer Feldmark, welcher sich wie eine Landzunge in die angrenzende Lübbersdorfer Feldmark hinein erstreckt.

Die Johanniter=Comturei Nemerow erwirbt im Jahre 1303 (U.=B. V, S. 116) das Eigenthum von 8 Hufen in Staven, quos habent fratres - dicti de Stoven in isto latere, sicut advenitur de opido dicto Vredeland in Stoven, villam predictam. -

Die Polizeiordnung von 1572 verbietet im Titel von Roden und Verwüstung der Holzungen den Bauern "ihre Aecker mit überschwenklichen großen Zeunen zu befrieden"; dagegen soll ein jeder binnen Jahresfrist "um seine Felder und Aecker Feldsteine setzen oder Graben aufwerfen, und allenthalben nach Gelegenheit, Weiden, Mast =, Obst= und andere fruchtbare und nützliche Bäume setzen und pflanzen."

In welchem Zusammenhange die Drei=Felder=Wirthschaft mit der Bildung des Großgrundbesitzes sich befinde, wird erst durch weitere Localforschungen aufgehellt werden können. Jedenfalls war diese Bewirthschaftungsweise schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts allgemein verbreitet. Die einzelnen Schläge zerfielen gewöhnlich wieder in eine Anzahl von Ackerblöcken, in Gewanne, in welchen sowohl die Bauerhufen als die Hofhufen einzelne Stücke haben, so daß eine jede Hufe in jedem Schlage zum dritten Theil ihres Bestandes vertreten ist, in den einzelnen Gewannen aber verschieden, je nach der Größe derselben und nach ökonomischen Rücksichten.

Auf den Stadtfeldern ist die Drei=Felder=Wirthschaft wahrscheinlich schon bald nach der Gründung der Städte eingeführt. Die Neubrandenburger Feldmark hatte vor der Separation an Acker

im Stargarder Schlage 311,006 □Ruthen,
im Trollenhäger Schlage 320,367 □Ruthen,
im Küssower Schlage 298,842 □Ruthen,
---------- --------
Summe der Hufen an Acker = 930,215 □Ruthen.

Nur in den beiden ersteren Schlägen war die Feldmark in Gewanne eingetheilt, und zwar, abgesehen von den sogenannten Füllungen, der Trollenhäger Schlag in 5 Gewanne von sehr ungleicher Größe, der Stargarder Schlag in 7 Gewanne; der Küssower Schlag von durchweg gleicher Bodenbeschaffenheit enthielt keine Gewanne; jeder Hufe, beziehungsweise jedem Hufenpaar war

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sein Antheil in dem Küssower Schlage in einem zusammenhängenden Stücke zugewiesen.

Der Artikel 6 der zuletzt unter dem 25. April 1818 landesherrlich confirmirten Bauzunfts=Artikel für die Vorderstadt Neubranbenburg lautet: "Es soll keinem Bürger, er sei in oder außerhalb der Zunft, gestattet werden, mehr Vieh zu halten, als ihm nach Verhältniß seines Ackerwerkes unentbehrlich ist, nämlich einem jeden Baumann, so er nur eine Hufe hat, 2 Pferde und 10 Schafe; so er ein Paar Hufen, 4 Pferde, 2 Ochsen, 20 Schafe: dem, der 3 Hufen hat, 4 Pferde, 2 Ochsen, 30 Schafe: und dem, der 4 oder mehr Hufen hat, 6 Pferde, 4 Ochsen, und nicht darüber, nebst den Schafen nach voriger Proportion."

Die Feldmark der Stadt Friedland zerfällt in 3 Schläge, das Steinfeld, das Treptowsche Feld, das Burgfeld; jeder Schlag enthält ein Binnenfeld und ein Draußenfeld. Es sind im Ganzen 11 Gewanne in dem Hufenlande, in welchem jede Hufe ihr Stück hat, im Burgfeld 4, im Steinfeld 4, im Treptowschen Feld 3 Gewanne. Nach Scheffeln à 100 □Ruthen sind

vorhanden an Acker im Ganzen 14,200 Scheffel;
davon lagen in Morgen u. Kämpen 3100 "
----- ------------ -----------
und in Hufen 11,100 Scheffel.

Es sind 164 Hufen vorhanden, so daß auf jede Hufe etwa 64 Scheffel entfallen. Daß zu den 150 Ackerhufen, mit welchen Friedland bei seiner Gründung dotirt worden, schon im Jahre 1270 an Ueberland durch landesherrliche Verleihung 44 Hufen (U.=B. II, S. 385: Boll Gesch. des Landes Stargard I, 293), in den Jahren 1327 bis 1332 fernere 10 Hufen durch Kauf von Lübbersdorf hinzukamen, ist schon oben bemerkt.

5. Die Frage nach der durchschnittlichen Größe der alten Bauerhufen kann nur auf Grund localer Ermittlungen und Berechnungen beantwortet werden, und haben daher die Ergebnisse solcher Ermittlungen zunächst nur einen localen Werth in Anspruch zu nehmen. Es führen jedoch schon die vielfachen Nachmessungen der Hufen darauf hin, daß man für einen größeren Bereich ein bestimmtes Ackermaß vor Augen hatte; Ungleichheiten zwischen den nachgemessenen und den von der Nachmessung befreiten Hufen werden sich vielfach auch innerhalb desselben Bereiches ergeben müssen, da die letzteren das Ueberland mit dem Hufenland zu vereinigen pflegten.

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Einen bestimmten Anhalt gewähren zunächst die Stadtfeldmarken, deren ursprünglicher Hufenbestand bekannt ist; Veränderungen der Ackerfläche durch veränderte Benutzungsweise, sowie durch Zuwachs oder Abgang, können jedoch auch hier eingetreten sein.

Die Neubrandenburger Feldmark hat sich, soweit die Nachrichten reichen, in ihrem ursprünglichen Bestande bis auf die Jetztzeit erhalten: sie enthielt bis zur Separation noch die ihr zugewiesene Zahl von 200 Ackerhufen

Neubrandenburger Feldmark

1) Nach dem vorliegenden Hufenregister; aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts.
2) Aus dem P. M. vom 1.August 1862 bei den Acten des Friedländer Magistrats, betr. Separation.

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Auf die Hufe würden also entfallen von dem gesammten Ackerfelde 7000 □Ruthen, von dem in Hufen liegenden Lande 5440 □Ruthen. Es leidet jedoch keinen Zweifel, daß bei der Friedländer Feldmark weitere Veränderungen von Erheblichkeit eingetreten sind, welche eine Zurückführung der gegenwärtig vorhandenen Ackerfläche auf einen ursprünglichen Hufenstand nicht nur erschweren, sondern wohl unmöglich machen. Im Jahre 1288 (U.=B. III, S. 320) verkaufte der Markgraf Albrecht von Brandenburg an die Stadt Friedland das gesammte Uebermaß in den Dörfern Schwichtenberg. Klokow und Hagen (Sandhagen) an Acker, Wiesen, Wald: wahrscheinlich ist dieses Uebermaß, dessen Größe wir nicht kennen, im Wege einer neuen Regulirung der Stadtfeldmark, welche in großer Ausdehnung mit Sandhagen grenzt, zu jener zugeschlagen und hat zu einer Vergrößerung der Hufen geführt, sowie zu einer neuen Bestimmung der Hufenzahl, welche jetzt 164 zu etwa 6400 □Ruthen beträgt. Außerdem wird durch Umwandelung Ackerland gewonnen sein: Wald und Wiese durchsetzen noch heute die ausgedehnte Feldmark an vielen Stellen, und werden in früherer Zeit einen noch größeren Umfang gehabt haben.

Wir lassen einige ritterschaftliche Güter im Stargardschen Kreise, deren Hufenzahl oben aus dem Betrage der Kornbede und des Meßkorns ermittelt worden oder sonst bekannt ist, mit ihrem Ackerbestand zur Zeit der Landesvermessung folgen, um vergleichbare Zahlen für die Größe der Hufen zu gewinnen. Die aus Bede und Meßkorn ermittelte Hufenzahl ist allemal nur als Minimalzahl anzusehen, weil die von Alters her zur herrschaftlichen curia gehörigen Hofhufen sich diesen Abgaben vielfach entzogen haben, wie schon oben bemerkt worden. Außerdem waren die Pfarrhufen abgabenfrei.

Das Gut Sadelkow hatte zur Zeit der Landes=Vermessung unter dem Pflug 177,960 Ruthen an Hof= und Bauerländereien; für 39 oben nachgewiesene Hufen ergeben sich pro Hufe 4565 □Ruthen, also annähernd die gleiche Zahl, wie für die Neubrandenburger Hufen.

Das Gut Gantzkow hatte zur gedachten Zeit an Hof= und Baueracker 209,707 □Ruthen: für 42 Hufen, für welche Meßforn erlegt wird, ergeben sich pro Hufe 4970 □Ruthen.

Das Gut Staven, früher dem Domanium angehörig, ist nicht vermessen und bonitirt; nach gütiger Mittheilung des Herrn Gutsbesitzers Schlaeger beträgt die gesammte Ackerfläche unter dem Pflug gegenwärtig etwa

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Abschätzung der Hufen

Der alte Hufenstand von Leppin konnte aus Bede und Meßkorn nicht sicher berechnet werden, erstere führte auf 36, letztere auf 38 1/2 Hufen. Unzweifelhaft hat Leppin, wie der Vergleich seines Areals mit den voraufgehend genannten Gütern, namentlich mit Staven, ergiebt, einen höheren Hufenstand gehabt, und werden hier die der Zahl nach unbekannten Hofhufen sich der Bede= und Meßkorn =Abgabe entzogen haben; für 38 Hufen würden sich 6554 □Ruthen pro Hufe ergeben.

Die geringeren Zahlen, welche sich zwischen 4500 bis 5000 □Ruthen pro Hufe bewegen, werden die richtigen Durchschnittszahlen sein; schon wegen ihrer Uebereinstimmung mit der Zahl, welche für den intact gebliebenen Bestand der Neubrandenburger Hufen gefunden ist, und, fügen wir hinzu, wegen ihrer Uebereinstimmung mit dem für die pommersche und rügensche Hakenhufe durch die pommersche Gesetzgebung im 17. Jahrhunderte angenommenen Normalmaß von 15 Morgen à 300 □Ruthen der 16füßigen Ruthe. Die sogen. Landhufe von 30 Morgen à 300 □Ruth. der 16füßigen Ruthe ist nichts weiter als zwei in eine Hand gelegte alte bäuerliche Hufen, ein Verhältniß, welches schon in der Polizei=Ordnung von 1572, Titel "von Jagen": "1 oder 2 Bauern im Dorfe und weniger denn 4 Hufen auf der Feldmark" zum Ausdruck gebracht ist. - Nach dem "wendisch=rügianer Landgebrauch" aus der ersten

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Hälfte des 16. Jahrhunderts von Mathäus v. Normann (Ausgabe von Gadebusch 1777, Tit. 104 "Von den Höfen, Erben und Cathen der Bauern") wurde auf Rügen unterschieden zwischen Höfen nnd Erben; zu ersteren gehörten 2 oder 3 Hufen; das Erbe ist halb so groß und hat eine Haken=Hufe "und 2 oder 3 Haken "up das üterste"; Kotzen aber sind, die 8 Morgen, ringer oder "wenig mehr", an Acker zu bauen haben." - Die Rostocker Hägerhufe enthielt, wie oben ausgeführt ist, nach der anfänglichen Zumessung 7200 □Ruthen mekl. oder 30 Morgen à 240 □Ruthen; daß sie mit dem Ueberland, welches den Hufen später beigelegt wurde, nahezu die doppelte Größe erreichte, ist gleichfalls schon bemerkt worden.

6. Es ist jetzt noch Einiges über das alte Morgenmaß, über die jugera, denen wir so oft in den Urkunden begegnen, beizubringen.

Unzweifelhaft hat den letzteren ein bestimmtes Größen=Verhältniß der Hufe, und daß dieselbe eine bestimmte Zahl von Morgen in sich begreife, vorgeschwebt; es soll ein Stück Land nachgemessen werden, um zu erfahren, wie viel es an Hufen befasse; ein Stück Waldland wird zu einer Hufe angenommen und verkauft, mit Vorbehalt der Ausmessung; wenn sich mehr findet als eine Hufe, so soll das Uebrige nach Morgenzahl bezahlt werden. Aber nirgends wird die Verhältnißzahl von Morgen zu Hufe. oder der Flächeninhalt eines Morgens genannt; erst die späteren Urkunden aus dem Beginne der Neuzeit geben hierüber Aufschluß.

Uns scheint der Grund hiervon darin zu liegen, daß man unter Hufe und Morgen noch kein bestimmtes Flächenmaß verstand, sondern ein nach localer Gewohnheit, nach der Bodenbeschaffenheit und nach den üblichen Getreidemaßen wechselndes Maß, welches daher erst nach örtlichen Verhältnissen seine nähere Bestimmung erhielt. Daß der Morgen sich überall nach Scheffeln Aussaat bestimmte, ist bereits oben bemerkt.

Wir haben schon angeführt, daß nach dem Geveziner Kirchenrechnungsbuch 2 Scheffel großes Maßes Aussaat auf den Morgen gerechnet werden, und daß auf dem Friedländer Stadtfelde die Morgen durchschnittlich 3 Scheffel großes Maßes Aussaat enthalten, "aber auch von 1 bis 6 Scheffel in der Größe wachsend." Wir lassen noch einiges Bezügliche folgen:

Nach dem Amtsbuche der Comturei Nemerow vom Jahre 1572 (Jahrb. IX, S. 90) liegt der Acker des Dorfes Rowa in 3 Feldern, "sind nicht alle gleich groß, seyen in einen jeden Morgen gemistet Land 2 Scheffel."

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Der Entwurf zu einem modus contribuendi für die Städte, welcher aus den Verhandlungen zwischen ritterschaftlichen und städtischen Bevollmächtigten am 18. September 1748 hervorging, lautete sub 2 von Ländereien: "Von einem Morgen besäeten Acker durch die Bank 4 Schilling." Der von den Städten des Stargardschen Kreises im Mai 1754 vorgelegte "Contributionsplan derer Städte Stargardschen Kreises" schlug vor:

"2. von Aeckern, Wiesen und Gärten ein Scheffel Aussat nach der Landesmessung an bonitirtem Acker, sowohl im Winter= als Sommerschlage, exclusive der Brachfelder 2 Schilling." Der hierauf von den Städten bei den Verhandlungen mit der Ritterschaft vorgelegte, von letzterer am 11. Mai 1754 genehmigte modus lautete:

"Städtischer modus contribuendi.
"II. Von Ländereien.

"Von einem Morgen Acker, der nicht in Schlägen liegt, und alle Jahre besäet werden kann, à 4 Scheffel Rostocker Maße, wenn er besäet ist, jährlich 4 Schilling." Diese Fassung ist unverändert in den landesgrundgesetzlichen Erbvergleich §. 47 übergegangen.

Man hat sich also schließlich für den Rostocker Scheffel Aussaat als Flächenmaß entschieden, nachdem dieser Scheffel als Bonitirungsmaß für die ritterschaftlichen Hufen grundleglich gemacht war. Der Rostoder Morgen beträgt darnach 240 □Ruthen mekl. oder Lübisch; wir haben oben gesehen, daß man schon bei der Abmessung der Hägerhufen dieses Maß in Anwendung brachte.

Auf die Frage, wie viel Morgen man auf die gewöhnliche Bauerhufe gerechnet habe, erhalten wir eine Antwort aus der Nr. 77 der Beilagen zur Streitschrift (von Freiherrn von Ditmar, herzoglichem Vicecanzler): "Das letzte Wort zur Behauptung der Auseinandersetzungs=Convention" (1751). Der Pastor Gutzmer zu Sternberg hat sich zum Visitations=Protocoll von 1623 beschwert, daß von den - damals wüsten - Hufen zu Schönfeld, welche der Kirchenökonomie zu Sternberg eigenthümlich gehörten, die Bauern zu Kobrow "ein gar geringes Heuergeld, nemlich von jeder Hufe 12 Schillinge, seit langen Jahren zahlten." Er bittet den Bauern aufzuerlegen, daß sie in Zukunft 4 Gulden von jeder Hufe geben; bei 12 Schillingen entfielen auf jeden Morgen nur 4 Pfennige, bei 4 Florenen auf jeden Morgen 4 Schillinge. Beide Rechnungen führen auf 24 Morgen pro Hufe, wenn berücksichtigt wird, daß damals auf den Gulden 24 ßl. und auf den Groschen 16 Pfennige, auf den Schilling also 8 Pfennige

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gerechnet wurden. (Rudloff, Neuere Geschichte v. Mekl. 1821, I, S. 332.)

Wenn eine Hufe sich durch einen Zuwachs, insbesondere an Ueberland, vergrößert hatte, so enthielt sie folgeweise mehr jugera als eine gewöhnliche Hufe; dies wurde in den Urkunden zum Ausdruck gebracht, wenn dazu besondere Veranlassung vorlag, z. B. dann, wenn Zehntberechtigungen verkauft wurden, welche von Rechts wegen und ohne Weiteres auch das Ueberland ergriffen und deshalb einen höheren Werth hatten, wenn die Zahl der jugera größer war, als die gewöhnliche. In der Urkunde bei Schröder, P. M. II, S. 1590 wird von Seiten der Herren von dem Berge der Zehnte von 3 1/2 Hufen in Alten - Gamme - im Bergedorfschen - an den Bischof zu Ratzeburg verkauft, im Jahre 1389. Es sind 5 Hufenbesitzer vorhanden, welche mit ihrem Besitz genannt werden. Drei halbe Hufen sind im Besitze von ebenso viel Colonen, der vierte hat 30 Morgen, der fünfte 25 Morgen, also je 6 und 1 Morgen mehr als eine Hufe.

Wird das Wort mansus nur in der Bedeutung eines Flächenmaßes gebraucht, so kam es weniger auf diese immerhin etwas unbestimmte Bezeichnung, als auf die Zahl der jugera an, welche die in Frage stehende Fläche enthalten sollte. In der bereits oben angeführten Urkunde vom Jahre 1347 (U.=B. X, S. 126) wird ein dimidius mansus cespitum (Torf) mit der näheren Bestimmung verkauft, daß diese Fläche 20 jugera enthalten sollte. - Die vom Herzog Johann von Meklenburg=Stargard im Jahre 1355 (U.=B. XIII, S. 663) an die Johanniter=Comturei Nemerow verkaufte Holzfläche ist zu 1 mansus angenommen und bezahlt, jedoch mit Vorbehalt der Nachmessung und der Nachzahlung für jeden mehr gefundenen Morgen.

Mit den 24 Morgen pro Hufe stimmt auch ungefähr die Hufe auf dem Neubrandenburger Stadtfelde überein, welche zu 45 Scheffeln Aussaat großes Maßes, also auf etwas weniger, vor der Separation beständig angenommen wurde. Nach Haubold, Sächsisches Privatrecht (1820) §. 175, werden in Sachsen gewöhnlich 24 Aecker auf eine Hufe gerechnet, obwohl die Anzahl der Aecker nach der Verschiedenheit des Bodens und der Gegenden verschieden sei. Nach Pufendorf, Observat. II, obs. 185, pag. 422, wurden im Braunschweigischen und Lüneburgischen gewöhnlich 30 Morgen, an manchen Orten aber auch 24 und 20 Morgen auf eine Hufe gerechnet, und zwar der Morgen zu 120 □Ruthen der 16füßigen Ruthe, womit der Magdeburgische Morgen=180 □Ruthen der 12füßigen Ruthe nahezu übereinstimmt.

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Wir erkennen in allem diesem den vorwiegend localen Charakter des Morgen=Maßes; der calenbergische Morgen ist nicht halb so groß als wie der pommersche von 300 □Ruthen; durch Meklenburg selbst geht die Verschiedenheit des nach großem Scheffel und nach Rostocker Scheffel bestimmten Maßes. Der Wismarsche, Güstrower und Schweriner Scheffel unterscheiden sich nur wenig von dem Rostocker. Der Grabower, Parchimsche, Warensche Scheffel stimmten ungefähr mit dem großen Scheffel der Mark Brandenburg, dem späteren Berliner Scheffel, überein (vgl. Vaterlandskunde von Raabe, Bd. II, S. 194). - Für die Eintheilung der gewöhnlichen Bauerhufe in 24 Morgen als allgemein üblich spricht übrigens noch der Umstand, daß oft nach Achtel=Hufen gerechnet wird, dimidium quartale (U.=B. VIII, S. 28, und das Register sub voce quartale), was eine durch 8 theilbare Zahl voraussetzt.

Wir schließen unsere Arbeit mit dem Wunsche, daß sie zu weiteren Ermittelungen auf diesem Gebiete und damit zur Bestätigung oder Berichtigung der von uns gefundenen Ergebnisse veranlassen möge.

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