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Bronzefund von Karbow.

Zu Dorf Karbow, Amts Lübz, südlich bei der Stadt Lübz, fand am 28. Juli 1881 der Büdner Döscher beim Pflügen seines Ackers ungefähr 6 Zoll unter der Erdoberfläche viele Alterthümer aus Bronze, welche von demselben vorschriftsmäßig an das Amt Lübz abgeliefert und von diesem an die großherzoglichen Sammlungen eingesandt wurden. Die Bronzen, im Gesammtgewicht 4 Pfund schwer, welche überhaupt selten sind und in den Schweriner Sammlungen noch nicht vertreten waren, sind folgende:

I. Vier bronzene Stangen von Pferdezäumen oder "Stangengebissen". Die Stangen, 6 Zoll lang, sind massiv gegossen, an den massiven Stellen auf der Oberfläche gereifelt verziert, die Enden etwas gebogen. An einem Ende ist ein rundes Loch; in der Mitte, im dicksten Theile, sind in verschiedenen Richtungen zwei ovale Löcher zum Durchziehen von Schnüren und Riemen um die Pferdeschnauze.

Stangen dieser Art waren schon früher bekannt. Auf dem internationalen Congreß zu Brüssel 18 72 wurden zwei Exemplare aus den Schweizer Pfahlbauten des Bieler Sees vorgelegt, welche beschrieben und abgebildet sind in der Abhandlung: "Deux mors de cheval en bronze, Moeringen et Voudrevanges par M. Alexandre Bertrand", Separat=Abdruck aus der Revue archéologique, Paris 1872. Diese

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Stangen sind den zu Karbow gefundenen ganz ähnlich, nur fehlen bei den letzteren die Gebisse, d. h. die Querstangen oder Querketten.

Eine ganz ähnliche Stange, den Karbowschen mehr ähnlich, ist in Schonen gefunden und abgebildet im "Führer durch das Museum Vaterländischer Alterthümer in Stockholm von Oscar Montelius, übersetzt von J. Mestorf 1876", S. 31, Nr. 38.

Vom Grafen Gozzadini zu Bologna besitze ich Handzeichnungen von alten bronzenen Pferdegebissen, welche in Italien gefunden sein sollen.

Ueberall werden Stangen dieser Art von den Forschern für Theile von Pferdegebissen gehalten und für wichtig zur Geschichte der Thierzähmung.

II. Vierzehn Buckeln oder Becken von starkem gegossenen Bronzeblech, flach glockenförmige Schalen in Form eines Kugelabschnittes. Der Rand ist nach außen umgebogen. In der flachen Spitze ist ein Loch, durch welches von innen her eine Schleife oder Oese von 1 Zoll Durchmesser aus starkem Bronzedraht gezogen ist, welche auf der Oberfläche zu einem runden Knopf verarbeitet ist. Ohne Zweifel dienten diese Schleifen zum Aufheften der Buckeln. In Schonen sind ähnliche Buckeln gefunden. Vgl. Montelius a. a. O. - Wahrscheinlich dienten dieselben zum Pferde= oder Reiterschmuck. In Schweden hält man sie mit den Gebissen für Theile vom "Pferdegeschirr". Die Höhe ist bei allen Buckeln gleich, 1 1/2 Zoll oder 3 Centimeter.

Die Breite ist verschieden. Es sind 3 Größen vorhanden: 5 Stück erster Größe = 5 Zoll (12 Centim.) Durchmesser; 4 Stück mittlerer Größe = 4 Zoll (9 Centim.) Durchmesser; 3 Stück geringster Größe = 3 1/2 Zoll (8 Centim.) Durchmesser.

III. Eine bronzene Gußform zu einer Framea mit Schaftloch ("Hohlcelt"). Die Form, welche aus zwei Längshälften besteht, ist ungewöhnlich groß und schwer, 5 1/2 Zoll oder 13 Centim. lang und gegen 1 Pfund (28 Loth) schwer. Auf der Außenseite jeder Hälfte ist ein Ring angegossen, wahrscheinlich zum Zusammenbinden beim Gebrauch.


Der Fund bildete wahrscheinlich den Waaren=Vorrath eines Bronzehändlers. Mit den Bronzen sind keine Knochen und Thongefäße oder Scherben, überhaupt nichts eingeliefert,

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was auf ein Begräbniß schließen ließe. Im Amte Lübz scheint ein großer Bronze=Verkehr gewesen zu sein. Unser früheres thätiges Vereinsmitglied, weiland Pastor Ritter zu Vietlübbe (das an Karbow grenzt), hat in seiner Gegend im Amte Lübz zahlreiche Kegelgräber aufgedeckt und in denselben sehr viele Bronzen gefunden, welche in den Jahrbüchern beschrieben und in den Sammlungen des Vereins aufbewahrt sind. In Ruthen, nördlich bei Lübz, nicht weit von Karbow, ward vor mehreren Jahren eine Bronzegießerei der Bronzezeit entdeckt. Vgl. Jahrb. XXXIX, 1874, S. 127 flgd.


Die großherzoglichen Sammlungen besitzen seit langer Zeit noch zwei Pferdegebisse, eines von Bronze und eines von Eisen, welche in der Gegend von Marnitz bei Lübz gefunden sind. Diese sind aber nur einfache "Trensen", wie sie noch heute im Gebrauche sind, mit einer Querstange mit Gelenk und einem großen Ringe an jedem Ende.

Schwerin, im August 1881.

Dr. G. C. F. Lisch.