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Kirche zu Teterow.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


Nachdem die allerdings nothwendige Restauration der Kirche zu Teterow im Jahre 1870 beschlossen ist 1 ), habe ich Veranlassung genommen, die Kunstwerke derselben wiederholt genauer zu untersuchen und theile ich in Fortsetzung meines Berichts in Jahrb. XII, S. 464 im Folgenden meine Forschungen mit.

1.
Der Hochaltar.

Der Altar der Kirche zu Teterow ist eines der schönsten, edelsten und ältesten kirchlichen Kunstwerke in seiner Art und überhaupt im Lande und noch recht gut erhalten. Alle Figuren und sonstiges Schnitzwerk ist edel und einfach und im reinen gothischen Style gehalten. Das Kunstwerk wird in der frühen Zeit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, wahrscheinlich unter dem Pfarrer Gerhard Vogelsang, 1360 -1380 (vgl. unten) ausgeführt sein, und darnach ist der Altar zugleich auch einer der ältesten im Lande. Der Teterower Altar gleicht außerordentlich dem ungewöhnlich großartigen Hochaltar, welcher im vorigen Jahrhundert aus der Jacobi=Kirche zu Lübek an die ausgebrannte Kirche zu Neustadt geschenkt, hier verworfen und schon seit vielen Jahren im großherzoglichen Antiquarium zu Schwerin aufgestellt ist; dieser Altar gehört ebenfalls der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an. Möglich ist es, daß beide Altäre Werke desselben Künstlers sind, nur daß der Teterower Altar nach den Verhältnissen der Kirche kleiner ist.

Der Altar von Teterow ist ein Doppelflügelaltar, in der vordem Ansicht mit geschnitzten und vergoldeten und bemalten Figuren, auf den Rückwänden mit Gemälden geschmückt.

In der Vorderansicht enthält die Mitteltafel in der Mitte Christus und Maria, beide Figuren sitzend (die


1) Die Restauration und theilweise Erweiterung und Veränderung der Kirche soll jetzt, 1877, in Angriff genommen werden.
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"Krönung Mariä"). Zu jeder Seite stehen unter Baldachinen 3 Apostel in ganzen Figuren. Jeder Flügel enthält auch 3 Apostel und an jedem Ende eine Heiligenfigur, zur Rechten eine apostelähnliche Figur (vielleicht Paulus) mit einem geschlossenen Buche im Arme, zur Linken die Figur eines Diakons (vielleicht Stephanus) mit einem offenen Buche in der Hand, beide ohne weitere Attribute. Die ganze Darstellung ist also eine durchaus würdige und altkirchliche. Die Apostelfiguren sind gegen 3 Fuß hoch.

Unter dieser großen Darstellung ist eine Reihe von kleinen Heiligenbildern, in Brustbildern oder halben Figuren von 1 Fuß Höhe, welche theils mit der Geschichte Christi, theils mit der Geschichte der christlichen Kirche, auch mit den besonderen Heiligen der Teterower Kirche zusammenhangen. Die Reihe dieser Figuren, welche keine Baldachine über sich haben, tritt in der Erscheinung als untergeordnet gegen die große obere Reihe zurück.

Unter der Mitteltafel stehen 9, unter jedem Flügel 4 Figuren.

Diese Figuren sind in der Ansicht von links nach rechts folgende:

im Flügel zur Rechten:

1) der H. Nicolaus, Bischof mit dem Bischofsstabe in der linken Hand und einem Brot im rechten Arm;

2) der H. Otto 1 ), Bischof mit dem Bischofsstabe in der linken Hand und segnend mit der rechten Hand, sonst ohne Attribut;

3) der H. Erasmus (?), Nothhelfer mit dem Bischofsstabe in der rechten Hand, über dem linken Arme die Manipel;

4) der H. Mauritius in schwarzer Hautfarbe, mit einer Fahnenlanze in der Hand und Schild und Schwert zur Seite;

in der Mitteltafel:

5) der H. Georg, Nothhelfer, ein Jüngling in Rittertracht, der einem Drachen ein Schwert in den Rachen stößt;


1) Die Bestätigung einer Teterow'schen Vikarienstiftung durch den Caminer Bischof Friedrich ist zu Demmin 1331 an der Octave des Heiligen Otto Bischofs datirt. Der Heilige Otto von Bamberg, der Apostel Pommerns, ist zwar ein besonderer Heiliger Pommerns: aber Teterow gehörte zum Bisthume Camin und daher mag der Tag des Heil. Otto mit besonderer Rücksicht auf Teterow gewählt sein.
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6) der H. Laurentius 1 ), ein Diakon mit einem Rost in der Hand;

7) der H. Johannes der Täufer, mit dem Lamm auf einem Buche;

8) der H. Michael, ein Engel mit Flügeln, der ein Schwert schwingt gegen einen Teufel zu seinen Füßen;

9) die H. Anna mit Maria und dem Christkinde zur Seite ("Sanct Anna selbdritte"), in der Mitte der ganzen Reihe gerade unter Maria und Christus;

10) die H. Maria Magdalena 2 ), mit Lockenhaar und mit einer Salbenbüchse in der Hand;

11) die H. Katharina 3 ), Nothhelferin und Braut Christi, gekrönte Jungfrau, mit Schwert und Rad;

12) die H. Margaretha, Nothhelferin, gekrönte Jungfrau, mit einem Drachen auf dem linken Arm und einem Kreuz in der rechten Hand;

13) die H. Dorothea, gekrönte Jungfrau, mit einem Korbe mit Blumen und einem Rosenzweig in der Hand;

im Flügel zur Linken:

14) die H. Barbara, Nothhelferin, gekrönte Jungfrau, mit einem Thurm neben sich;

15) die H. Gertrud, Frau im Kopftuch, mit einem Hospitalmodell im Arme;

16) die H. Christine, gekrönte Jungfrau, mit einem Palmzweig in der rechten und einem offenen Buche in der linken Hand;

17) die H. Elisabeth, Frau im Kopftuche, mit einem Teller mit 2 Fischen in der rechten und einem Brot (?) in der linken Hand.

Die Rückseiten enthalten auf den Flügeln Gemälde aus dem Leben Christi. Jeder Flügel ist vierfach getheilt, so daß im Ganzen 16 Gemälde vorhanden sind. Nach der


1) In der Kirche zu Teterow war auch ein Altar des Heil. Laurentius, welcher im Jahre 1380 Von dem Pfarrer Gerhard Vogelsang gestiftet war.
2) Die Kirche hatte auch einen Altar Maria Magdalenä.
3) Auch ein Altar S. Katharinä war in der Kirche.
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Zeitfolge laufen die Gemälde durch die ganze Breite in zwei Reihen. Die Gemälde sind recht gut und ziemlich gut erhalten und noch zu restauriren. Die Gemälde sind in der Aufeinanderfolge folgende:

 1) Christi Einzug in Jerusalem;
 2) Christi Abendmahl;


 3) Christi Gebet am Oelberge;
 4) Christi Verrath (Judaskuß);


 5) Christi Verspottung;
 6) Christus vor Pilatus;


 7) Christi Geißelung;
 8) Christi Dornenkrönung;


 9) Christi Darstellung (Ecce homo);
10) Pilatus wäscht sich die Hände;


11) Christi Kreuztragung;
12) Christus wird ans Kreuz geschlagen;


13) Christi Kreuzigung;
14) Christi Grablegung;


15) Christi Auferstehung;
16) Christi Himmelfahrt.


Die Predelle ist jetzt ein dunkel angestrichenes Brett. Es ist aber möglich, daß unter diesem Brett noch der alte Predellenschmuck steckt, wie dies im Lande oft vorkommt, welcher auch zu erhalten wäre. Jedoch läßt sich dies erst nach Abnahme des Altars beurtheilen und untersuchen.

Ueber dem Altare steht jetzt ein großes Crucifix mit den Bildsäulen der Jungfrau Maria und des Evangelisten Johannes, welches früher ohne Zweifel im oder am Triumphbogen gestanden hat. Das Crucifix ist alt und gut; das Kreuz ist an den vier Enden mit den vier Evangelisten=Symbolen, die Ränder sind mit großen Blättern besetzt. Die Figuren der Maria und des Johannes sind von geringerem Werthe und vielleicht aus jüngeren Zeiten.

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Nebenaltäre
der Kirche zu Teterow.

Nach dem Visitations=Protocoll vom Jahre 1552 wurden "noch elf Altäre zu dem hohen Altare" in der Kirche gefunden:

 1) Altar des Heil. Kreuzes;
 2) Altar S. Petri mit S. Annä=Commende;
 3) Altar S. Katharina;
 4) Altar S. Laurentii;
 5) Altar S. Magdalenä;
 6) Altar S. Andreä und Johannis Ev.;
 7) Altar in der Marienkapelle im Thurm;
 8) Altar S. Bartholomäi;
 9) Altar S. Jacobi;
10) Altar S. Maria (Frühmessen=Altar);
11) Altar der H. Drei Könige.

Der Marien=Altar.

Von allen diesen Nebenaltären ist noch einer erhalten, welcher jetzt an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes angebracht ist. Er enthält Maria in der Sonne und vier Heilige. Dies ist ein kleiner Flügelaltar von unbedeutendem Werthe. Wahrscheinlich ist dies der "Altar aus der Marienkapelle im Thurm".

2.
Der Leichenstein

des
Pfarrers Gerhard Vogelsang.

Vor dem Altare liegt ein alter Leichenstein auf dem Grabe des Pfarrers Gerhard Vogelsang, † 1380, welcher an und für sich gut und dadurch von Werth ist, daß er das Andenken einer der wenigen geschichtlichen Persönlichkeiten aufbewahrt, welche Teterow überhaupt aufzuweisen hat.

1) Der Leichenstein (vgl. Jahrb. XII, S. 464) enthält das Bild eines den Kelch weihenden Priesters unter einem gotischen Baldachin. In den vier Ecken des Steines stehen die vier Evangelisten=Symbole, zu den Füßen der Figur lehnt ein Schild mit einem Vogel. Die Inschrift lautet:

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Inschrift

Der Pfarrer Gerhard Vogelsang starb also entweder im Jahre 1380 oder nicht lange darauf. Hinter der Jahreszahl ist eine Lücke zur Eintragung der nähern Zeitbestimmung frei gelassen. Wahrscheinlich hat Vogelsang in der Erkenntniß seines nahen Todes sich selbst sein Grab erwählt und selbst den Stein legen lassen; es ist aber nach seinem Tode versäumt worden, den Tag einzumeißeln.

Der Pfarrer Gerhard Vogelsang war in vielfacher Hinsicht ein Wohlthäter der Kirche.

2) In der Erwartung seines nahen Todes stiftete er nach der Original Urkunde im Geheimen und Haupt=Archive einen Altar zu Ehren Gottes, der Jungfrau Maria, des H. Laurentius und der H. Katharina ("hujus altaris primus fundator"), welchen der Caminer Weihbischof am S. Georgentage (23. April) 1380 weihete. Es ist möglich, daß die Kirche noch heute Hebungen aus dieser Stiftung besitzt.

3) Noch heute besitzt die Kirche als ein Geschenk von Gerhard Vogelsang einen schönen Kelch (vgl. Jahrb. XXI, S. 287), mit der Inschrift:

Inschrift

und auf den sechs Knäufen des Griffes mit den Buchstaben:

Inschrift

4) Höchst wahrscheinlich ist es, daß, wenn Gerhard Vogelsang lange im Amte war, durch ihn auch der schöne Hochaltar geschenkt oder besorgt ist, weshalb er denn auch wohl vor diesem Altare begraben ist. Er wird 1360-1380 Pfarrer gewesen sein und diese Zeit stimmt ganz zu dem Kunststyle des Altars. Vogelsangs wahrscheinlicher Vorgänger war Johann Sternberg, welcher 1359 sein Testament machte (vgl. Jahrb. XXIV, S. 46). Dieser war zugleich Domherr zu Güstrow, wo er auch gewohnt zu haben scheint, und hielt in Teterow wahrscheinlich einen Vikar. Die Pfarre zu Teterow war später der Pfarre zu Malchin und einer Domherrnstelle zu Güstrow incorporirt (vgl. Jahrb. XIL, S. 16 flgd.

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5) Der Leichenstein hat außerdem einen besondern, wenn auch nur negativ geschichtlichen Werth, indem er seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts in der Stadt Teterow die Veranlassung zu einer Sage geworden ist, welche man erst in den allerneuesten Zeiten aufzugeben angefangen hat. Die Stadt Teterow führte früher und jetzt wieder im Siegel den Helm des Wappens ihrer ehemaligen Landesherren und Gründer, der Fürsten von Werte: einen vorwärts gekehrten Stülphelm und auf demselben zwei gekreuzte Pfauenfedern. Im 16. und 17. Jahrhundert erkannte man aber den Helm nicht mehr als solchen und stellte nach Verlust der alten Siegelstempel statt des Helmes ein einem Blumentopf ähnliches Geräth dar und statt der zwei Pfauenfedern drei Rosenzweige (vgl. Jahrb. XXI, S. 65). Hierauf ward, wahrscheinlich erst von einem Stadtschreiber im Anfange des 17. Jahrhunderts folgende Sage gemacht. Ein Ritter von Vogelsang sei General des Herzogs Heinrich des Löwen von Braunschweig gewesen und habe für diesen die Schlacht bei Demmin (Verchen 1164) gewonnen. Zum belohnenden Zeichen habe der Herzog ihm drei Rosen an den Helm gesteckt, worauf dieser dann die Stadt Teterow gegründet und derselben die Rosen im Siegel verliehen habe. - Der Pfarrer Gerhard Vogelsang hatte seinen Namen wohl von dem nahen Landgute Vogelsang und gehörte nicht zu der vorpommerschen adeligen Familie von Vogelsang, welche ein ganz anderes Wappen führt. Das Wappen Gerhard's ist sicher ein redendes Wappen einer bürgerlichen Familie. In Meklenburg lebte keine einheimische adelige Familie v. Vogelsang.