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Die Kirche zu Kavelsdorf.

Nachtrag zu Jahrb. XXXI, 1866, S. 73-81.

Die alte Kirche zu Kavelsdorf bei Rostock, welche in Jahrb. a. a. O. ausführlich beschrieben und untersucht ist, ist seit dem Jahre 1875 umfangreich restaurirt worden. Bei Gelegenheit dieser Restauration sind durch die einsichtige Teilnahme und Bemühung des Herrn Cantors Hill noch einige Entdeckungen gemacht, welche hier zur Ergänzung nachträglich mitgetheilt werden.

Der Altar

ist eine der größten Merkwürdigkeiten der Kirche und im Lande. Der aus Ziegeln ausgemauerte Altartisch war mit einem alten großen

Leichenstein

von dem Grabe des Knappen Werner Rütze († 1342) und seiner Ehefrau Bertha († 1390) bedeckt. Die Inschrift war im J. 1866 nicht ganz zu lesen, da ein Theil derselben von dem Fuße des Altaraufsatzes mit einem schlechten Gemälde aus dem 18. Jahrh. bedeckt war. Nachdem dieser Altaraufsatz abgebrochen und der alte Leichenstein gehoben war, um hinter dem Altar aufgestellt zu werden, konnte Herr Cantor Hill die Inschrift in gothischer Majuskelschrift vollständig lesen, wie folgt:

Inschrift

d. i.    Anno domini MCCCXLII - [feria] V post Martini (Nov. 14) obiit Wernerus Ruze arminger. - Anno domini MCCXC - v Lucie (dec. 15.) obiit Berta uxor eius. Orate pro eis.

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Das Merkwürdigste in der Kirche ist

das Antependium

auf der Vorderseite des gemauerten Altartisches, eine Bretterbekleidung, welche mit den großen Brustbildern von S. Erasmus, Maria, Christus, Johannes Ev. und Maria Magdalena auf Goldgrund im 15. Jahrhundert bemalt ist, ein außerordentlich seltenes Werk in Meklenburg und Norddeutschland. Vgl. Jahrb. a. a. S. 76.

Als beim Abbruch des massiv aufgemauerten Altartisches das Antependium sorgfältig entfernt war, fand sich

die Reliquiengruft

in der Vorderseite des Altartisches, während eine solche sonst gewöhnlich sich unter der Oberfläche findet. Die Reliquiengruft war eine viereckige Maueröffnung, welche mit einem Stück Ziegel und Kalkmörtel verschlossen war. In der Gruft lag ein Glasfläschchen, welches in viele Stücke zerbrochen war, in einer Umhüllung von fast vermodertem Flachs. Zwischen den Glasscherben lagen zwei kleine Knochen, die Reliquien, und ein Stück eines fast ganz zerfallenen Gewebes (zum Einwickeln der Reliquien, wie gewöhnlich). Trotz des sorgfältigsten Suchens fand sich keine Urkunde und sonstige Inschrift. Ueberhaupt ward in dem ganzen Altar kein altes urkundliches Zeichen irgend einer Art gefunden.

Die ungewöhnliche Anlegung der Reliquiengruft in der Vorderseite des Altartisches mag die Anwendung des Antependiums erklären, welches also vor den Reliquien angebracht war, also gewissermaßen das Altarbild bildete, - während beides sonst gewöhnlich in der Höhe angebracht war. Man könnte hieraus vielleicht schließen, daß nur diejenigen Altäre Antependien hatten, in denen die Reliquiengruft in der Vorderseite lag. Vielleicht beruhen solche Antependien auf uralten Erinnerungen, während die zahlreichen hohen Altarschreine auf den Altartischen verhältnißmäßig jüngern Alters sind. Reste von einem Flügelaltar mit geschnitzten Figuren haben sich in Kavelsdorf nicht gefunden.

Grabgewölbe.

Um für den neuen Fußboden einen festen Untergrund zu gewinnen, ward der Boden genau untersucht. Beim Durchgraben desselben fanden sich mehrere Grabstätten mit Knochenüberresten.

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Vor dem Altare stieß man hiebei auf zwei große, sehr feste Grabgewölbe, mit gemauerten Eingangstreppen und Vorplätzen. Beide Gewölbe wurden erbrochen, um ihre Dauerhaftigkeit zu prüfen, und nachdem sie als außerordentlich fest befunden waren, wurden beide wieder durch eine Mauer geschlossen und die Eingänge mit Mauerschutt ausgefüllt, ohne die Leichenreste zu berühren.

Das südlich vor dem Altare gelegene Gewölbe war das Reetzer Grabgewölbe. Das zu Kavelsdorf eingepfarrte Gut Reetz war in alten Zeiten, bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, ein Lehn der Familie von Bülow. Seit 1608 war es im Besitze der von Reventlow, von denen es im J. 1684 der Obrist und Brigadier von Vietinghof († 1702), der Stammvater der Meklenburgischen Linie dieser Familie, kaufte, welche es bis gegen 1750 befaß. Dies wird zum Theil auch durch das Grabgewölbe bezeugt, welches an den Seitenwänden und an der Decke mit vielen Inschriften bemalt war. An der dem Eingange gegenüber liegenden Ostwand stand unter den auf Kalkputz roh gemalten Wappen der v. Vietinghof und der v. Meerheimb

HERR OTTO VON VIETINGHOFF, DEHRO KÖNIGL.
   KÖNIGL. MAJESTÄT MAJESTÄT ZU GROSSBRIT-
   TANNIEN UND ZU DÄNEMARCK-NORWEG. HOCH-
   BETRAUTER BRIGADIRER BEI DER INFANTERIE
   AUF KUKEL UND KUKELMEISE IN OESEL UND AUF
            REETZ ERBHERR.

FRAU EVA SABINA; GEB. VON MEERHEIMB AUS
            DEM HAUSE GNEMER.

HABEN DIESE KAPELLE VON DEM HERREN PROBST
DETHLOFF REVENTLOWEN ANNO 1686 EIGEN-
THÜMLICH ERKAUFT UND ANNO 1693 REPARIREN
LASSEN, WORIN DIESELBE NEBST DERO 7 KINDERN
NACH DEREN ALLERSEIT SELIGEM ABSCHIEDEN
DEN LEICHNAM BIS ZU DER ALLGEMEINEN AUF-
ERSTEHUNG DER TODTEN WOLLEN BEISETZEN,
WELCHEN DER LIEBE GOTT HIER EINE SANFTE
UND SELIGE RUHE UND AN SEINEM GROSSEN
TAGE EINE FROEHLICHE AUFERSTEHUNG VER-
LEIHEN WOLLE.

Die übrigen zahlreichen Inschriften waren Gedichtverse und Bibelsprüche. Unter den wenigen menschlichen Gebeinen wurden nur zwei morsche Schädel bemerkt.

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Das nördlich vor dem Altare gelegene Gewölbe war das Dummerstorfer Grabgewölbe. Das zu Kavelstorf eingepfarrte Gut Dummerstorf war seit dem 14. Jahrhundert ein altes Lehn der Familie von Preen. Ueber dem Grabgewölbe lag ein Leichenstein mit den lebensgroßen Reliefbildern eines Ritters und einer Frau. Der Stein trägt die Umschrift:

IHM JAHR DER GEBURT CHRISTI 1589 DEN 4. TAG NOVEMBIRS IST --- ADAM KOTZEBADE ZU DUMMERSTORF IN DEM HERRN JESU SANFT ENTSCHLAFEN UND ALLHIER BEGRABEN, DES SEHLE GOTT GNADE UND DEM LEIBE AM JÜNGSTEN TAGE EINE FROEHLICHE AUFERSTEHUNG VERLEIHEN WOLLE.

Unter den beiden Bildern steht:

MIT THRAENEN VIEL UND SCHMERTZEN SCHWER LIESS BEGRABEN ELISABETH PREEN HIEHER ADAM KOSSEBADEN IHREN LIEBEN MANN, DEN SIE NIE MER VERGESSEN KANN, BEI DEM SIE AUCH LIGGT BEGRABEN. DER STEIN SOLL NIE MER WERDEN ERHABEN, BIS DAS ES GOTT IM HIMMEL GEFELLT UND SIE AUFERWECKE AM ENDE DER WELT.

Hier ward also Adam Kossebade (jetzt Kosboth) von Dummerstorf mit seiner Frau Elisabeth Preen, ohne Zweifel von Dummerstorf, begraben, welche dieses Begräbniß und den Leichenstein anfertigen ließ. Das Ehepaar wohnte also in Dummerstorf, wo auch noch später Kossebades wohnten. Im J. 1600 verpfändete Jürgen Preen zu Gubkow seine 2 Hufen mit den Hofe in Dummerstorf an Georg Kossebade zu Torgelow bei Waren, einem alten Kossebadischen Lehngute.

Inschriften waren in diesem Gewölbe weiter nicht vorhanden. Auf dem Boden lag ein ansehnlicher Trümmerhaufen von zusammengestürzten Särgen (anscheinend 4 bis 6), welche unberührt blieben.

G. C. F. Lisch.