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Mittelalterliche Topffabrik von Granzin.

Aus sicherer Quelle erfuhr ich, daß vor mehr als 10 Jahren eine "schwärzliche Urne" von Granzin bei Boizenburg durch Geschenk nach Hamburg gekommen, hier aber untergegangen sei, und daß sich in Granzin ein Ackerstück befinde, auf welchem zahllose Scherben zum Vorschein kämen. Da diese Stelle nun ein großer Begräbnißplatz der Eisenzeit sein konnte, so wandte ich mich an den damaligen Pastor Walzberg zu Granzin mit der Bitte, hierüber Nachforschungen anzustellen. Dieser berichtete nun Folgendes:

Das Ackerstück, auf welchem die erwähnte sogenannte "Urne" gefunden sein soll, liegt unmittelbar hinter dem Pfarracker und ist an manchen Stellen mit großen Massen Gefäßscherben wie besäet; jedoch sollen hier nie Alterthümer aus Bronze, Eisen oder Silber gefunden sein. Das Ackerstück heißt noch jetzt der "Töpferkamp" und nach der Ueberlieferung der Dorfeinwohner soll hier früher ein Töpfer gewohnt haben. Hieran schließt sich die Vermuthung, daß der Thon zu der Töpferei aus den großen Gruben geholt sei, welche früher vor dem Kirchhofe waren, auf welchem viel Thonerde steht, während diese Erde auf dem Töpferkamp nicht gefunden wird.

Pastor Walzberg hat die Güte gehabt, mehrere Scherben von dem Töpferberge einzusenden. Diese bestätigen allerdings vollkommen die Sage, da die Scherben, namentlich Gefäß=Henkel, Füße, Ränder, Beine (nach Art der Grapenbeine), alle von fest gebrannten blaugrauen Töpfen des Mittelalters, ungefähr aus dem 15. Jahrhundert, stammen. Wir haben hier also sicher keinen heidnischen Begräbnißplatz, sondern merkwürdiger Weise auf einem Dorfe eine Topffabrik des ausgebildeten christlichen Mittelalters, wenn die Scherben nicht Ueberreste aus ehemaligen Wohnungen sind und die Sage sich durch die Scherben erst in jüngeren Zeiten gebildet hat.

Pastor Walzberg bemerkt dabei, daß hinter der Küsterscheure früher große Massen von Glasscherben von 2 bis 3 Zoll Dicke gefunden seien und hier wohl auch eine Glasfabrik gestanden habe.

Ueber einen ehemaligen heidnischen Begräbnißplatz hat Pastor Walzberg Folgendes in Erfahrung bringen können, und es ist auch möglich, daß die nach Hamburg gekommene "Urne" aus diesem stammt. Hinter dem Töpferkamp auf

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dem südwestlichen Abhange des Berges, gegen 10 Minuten von dem Dorfe entfernt, auf dem Acker, der damals dem Schulzen Brokmöller zu Sternsruhe gehörte, an der Stelle des sogenannten "Hilgen Bökenbarg" (Heiliger Buchenberg) soll ein heidnischer Begräbnißplatz gewesen sein, welcher jetzt zum Theil mit Tannen bepflanzt ist, zum Theil aber noch Buchengestrüpp trägt. Nach der Erzählung des Schulzen haben hier in der Erde heidnische Begräbnisse folgender Art gestanden. Vier Steine haben eine kleine viereckige Kiste gebildet, in welcher eine Urne mit Kohlen und Asche gestanden hat; die Kiste ist mit einem größern Stein zugedeckt gewesen. Ein Grab hat in der Mitte gestanden und in einer Schneckenlinie haben sich mehrere Gräber umher angereihet. Alles dies ist aber bei der Urbarmachung des Ackers zerstört und entfernt worden.
Schwerin, 1866.

G. C. F. Lisch.