[ Seite 1 ] |
|
:
Schwerin, im October 1874.
I. Wissenschaftliche Tätigkeit.
Die Arbeiten für das Meklenburgische Urkunden=Buch haben auch in dem abgelaufenen Quartale ununterbrochen und stetig fortgeführt werden können, so daß der bis zum Jahre 1342 reichende 50. Bogen des IX. Bandes bereits die Presse verlassen hat. Die Zeichnung der zu dem Reste dieses Bandes gehörigen Siegel hat freilich eine kurze Unterbrechung erlitten, da der ausgezeichnete Maler Herr Milde in Lübek leider in Folge seines vorgerückten Alters genöthigt war, diese bisher so musterhaft ausgeführte Arbeit für die Zukunft abzulehnen. Indeß ist es gelungen, statt seiner den bewährten Heraldiker und Zeichner, Herrn Hildebrandt zu Mieste in der Altmark, wieder zu gewinnen, so daß auch von dieser Seite keine weitere Störung zu besorgen ist. Die Kosten zur Zeichnung und zum Holzschnitt der ältesten Stadtsiegel von Malchin und Waren sind von den Magistraten dieser Städte bewilligt worden. Nach nunmehr vollständig geschehener Vertheilung der bewilligten Freiexemplare der ersten 8 Bände
Seite 2 |
des Werkes an die Behörden des Landes ist der größere Theil des Restes der Auflage, früheren Beschlüssen des Vorstandes gemäß, nunmehr zur größern Sicherheit und zur Erleichterung des überfüllten Antiquariums in das großherzogliche Archiv versetzt worden.
Der Druck des 39. Bandes unserer Jahrbücher, dessen erster Theil bereits in der General= Versammlung am 11. Juni d. J. vorgelegt werden konnte, ist gegenwärtig fast vollendet, so daß seiner Versendung in den nächsten Wochen hoffentlich nichts im Wege stehen wird.
Auch von dem durch unsern verstorbenen Freund Dr. Schiller begonnenen, und dessen Mitarbeiter, Herrn Dr. Lübben, fortgeführten Mittelniederdeutschen Wörterbuche in kürzlich das 6. Heft erschienen, und damit der I. Band von A - E dieses hochverdienstlichen Werkes vollendet. Die Vorrede des Herausgebers beginnt mit einem kurzen Nekrologe seines frühern Mitarbeiters, und berichtet dann über den Plan und die bisherige Ausführung der Arbeit. Möge es ihm vergönnt sein, dieselbe glücklich zu Ende zu führen.
II. Die Sammlungen des Vereins.
A. Die Alterthümersammlung.
Durch den Erwerb einer Privatsammlung von Alterthümern aus allen Perioden, welche der Herr Pastor Voß zu Neustadt dem Vereine gegen Erstattung der für den Ankauf der einzelnen Gegenstände ausgewendeten unerheblichen Kosten gefälligst überlassen hat, hat die Vereinssammlung in dem letzten Quartale einen nicht unbedeutenden außerordentlichen Zuwachs erhalten, wie aus dem folgenden Verzeichnisse der gesammten neuen Erwerbungen hervorgeht:1) Aus der Steinzeit.
1 Dolch aus hellbraunem Feuerstein, sehr kunstreich gearbeitet, 19 Centim. lang; - der Griff und die halbe Klinge eines sehr großen Dolches aus hellgrauem Feuerstein, 15 Centim. lang und gleichfalls von kunstreicher Arbeit; - 1 Lanzenspitze aus dunkelgrauem Feuerstein, 1 Centim. lang; - 1 halbe Säge oder Sichel aus hellgrauem Feuerstein, 8 Centim. lang; - 1 Keil aus grauem Feuerstein 10 Centim. lang; alles gesunden zu Neu=Käterhagen bei Neukloster.
Seite 3 |
1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, 15 Centim. lang, und 1 Streitaxt aus Diorit, nicht polirt und mit kaum angefangenem Schaftloche, gefunden bei Dassow.
1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, stark beschädigt, gefunden zu Bockup bei Dömitz.
1 Hammer aus Hornblende, 11 Centim. lang, 6 Centim. breit, und nur etwa 2 Centim. dick, auf der Oberfläche ganz roh und verwittert, jedoch mit einem regelmäßigen Schaftloch, gefunden in einer Wiese zu Alt=Lüblow. 2 Dolchspitzen aus dunkelbraunem Feuerstein, 14 und 9 Centim. lang, sehr dick und stark.
7 messerförmige Feuersteinsspäne, wovon einer bei Ludwigslust gefunden.
1 eiförmiger Granitstein, 25 und 30 Centim. im Umfange, völlig regelmäßig gestaltet und geschliffen, vielleicht ein Reibstein, vielleicht auch natürliche Diluvialbildung.
Die sämmtlichen vorstehend verzeichneten Geräthe stammen aus der Sammlung des Herrn Pastors Voß.
1 Streitaxt aus Diorit, deren Schaftloch mit einem Ringbohrer erst angebohrt ist, so daß der Zapfen oder Dorn im Bohrloche steht. Gefunden 1867 im Holze bei Zippendorf, geschenkt von Fräulein Buchheim, Custodin der schweriner Sammlungen. (Vgl. Jahrb. XXXIX, S. 122.)
1 Streitaxt aus Hornblende, 2 Pfund schwer, am Beilende vielfach abgenutzt und abgesplittert, gefunden auf dem vielbesprochenen Pfahlbauboden bei Wismar, auf dem Torfmoore im Müggenburger Reservat, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull in Wismar.
1 Keil aus Feuerstein, 15 Centim. lang und schön polirt, gefunden in einem Hünengrabe bei Kronskamp, geschenkt von dem Herrn Pächter Witt daselbst. (Vgl. Jahrb. XXXIX, S. 115.)
1 Keil aus Feuerstein, gefunden bei Neukloster beim Stämmenroden in den Neumühlschen Tannen, geschenkt von dem Herrn Förster Albrecht zu Neukloster.
1 Keil aus Feuerstein, an der Schneide beschädigt, gefunden auf Fischland tief im Dünensande, geschenkt von dem Herrn Studiosus Westphal aus Schwerin.
1 zungenförmiger Feuerstein, 8 Centim. lang und 4 Centim. breit, an beiden flachen Seiten von Menschenhand durch Absplitterung geebnet, und zum Stoßgeräth tauglich, gefunden auf dem Kaninchenwerder bei Schwerin, wo früher schon wiederholt Steingeräthe gefunden sind, geschenkt von dem Herrn Oberzolldirector Oldenburg in Schwerin.
Seite 4 |
An fremden Alterthümern dieser Periode endlich schenkte der Herr Oberauditeur Kundt zu Schwerin folgende 1874 bei Saßnitz auf Rügen gefundene Steingeräthe:
1 beilförmiges Werkzeug aus Granit, ganz von der Gestalt und Größe der jetzigen eisernen Beile, jedoch ohne Schaftloch, gefunden am Meeresstrande, und durch die Wellen glatt gerieben, vielleicht Naturbildung;
1 dreiseitig geschlagene Pfeilspitze aus Feuerstein;
4 messerförmige Feuersteinspäne, mit der Schlagmarke und abgenutzten Schneiden.
2) Aus der Bronzezeit.
2 Armringe aus Bronze, der eine massiv und rundlich, mit Querstreifen verziert, der andere flach und breit, blechartig, mit schrägen Strichen verziert, gefunden zu Moraas bei Hagenow. Aus der Sammlung des Herrn Pastors Voß.
1 Armring aus Bronze, blechartig, ganz dem 2. der eben beschriebenen Ringe gleich, und ebenfalls bei Moraas gefunden, wahrscheinlich dazu gehörig, geschenkt von dem Herrn Lehrer Lübstorf zu Parchim, früher zu Raddenfort bei Dömitz.
1 Lanzenspitze aus Bronze ohne Rost, mit Schaftloch und auf der mit 2 Nagellöchern versehenen Schaftröhre mit Dreiecken und abwechselnd wagerechten und senkrechten Strichen verziert, gefunden in der Gegend von Malchow und geschenkt von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.
1 Urne von hellbraunem Thon, 12 Centim. hoch, mit großem Henkel und concentrischen Ringen um den Bauchrand, gefunden zu Krusenhagen bei Wismar. Aus der Sammlung des Herrn Pastors Voß.
Ferner fremde Alterthümer:
Eine kleine (Kinder=) Urne aus Thon, 7 Centim. hoch, worin ein kleiner runder Buckel aus Bronze, 1 Centim. im Durchmesser, und 2 Spindelsteine oder durchbohrte Knöpfe aus dünnem Thonschiefer, 3 1/2 Centim. im Durchmesser, lagen, von welchen letztern einer verloren gegangen ist. Die Urne selbst stand, nebst einer zweiten, ähnlichen, aber nicht mehr vorhandenen, in einer großen, 24 Centim. hohen und 20 Centim. weiten, mit Sand und Knochenresten gefüllten, und 2 Fuß tief unter der Erde zwischen Steinen verpackten Urne aus gelbröthlichem Thon mit einem Henkel. Gefunden unweit Zerbst im Magdeburgischen, geschenkt von dem Herrn Pastor Ragotzky zu Triglitz, correspondirendem Mitgliede des Vereins.
Seite 5 |
Eine kleine Urne aus schwarzem Thon, unsern mittelalterlichen Gefäßen ähnlich, gefunden in Georgien in den Gräbern von Somthavro bei Mtzoheth, der alten Hauptstadt Georgiens, geschenkt von dem Herrn Reichsconsul Brüning zu Tiflis, aus Schwerin und Mitglied des Vereins.
3) Aus der Eisenzeit.
1 Spindelstein aus Thon, mit concentrischen Reifen verziert, gefunden zu Boldela bei Schwerin, und 1 Spindelstein aus Thon, glatt, gefunden zu Raddenfort bei Dömitz, aus der Sammlung des Herrn Pastors Voß.
4) Aus dem christlichen Mittelalter.
3 sehr starke und große, dunkelgrün glasurte, mit erhabenem, einen Greif, einen Löwen und ein Lilienornament darstellenden Bildwerk geschmückte Ziegel aus einem Fries von dem kleinen, im Sommer 1874 abgebrochenen Schnickmannsthor zu Rostock, welches wohl der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehört haben mag. Geschenk des Herrn Amtsverwalters Burchard zu Rostock, welchem das löbliche Bauamt daselbst diese Ziegel, die beim Abbruch des Thores am besten erhalten wurden, mit größter Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt hat.
1 schwarze Ofenkachel mit einem Bilde des Evangelisten Lucas auf einem liegenden Stiere sitzend und schreibend, gefunden zu Neustadt; sowie 1 Hufeisen, klein, breit und dünne, gefunden zu Drusewitz bei Tessin in der Recknitzwiese; aus der Sammlung des Herrn Pastors Voß.
1 Siegelstempel. S. Siegelsammlung.
B. Die Münzsammlung.
Die neuen Erwerbungen sind:
2 dänische Zwei=Schillingsstücke, 1617 und 1630; 1 Groschen des Herzogs Christian von Braunschweig=Lüneburg, Bischofs zu Minden, 1622; gefunden bei einem Hausbau zu Parchim. Geschenk des Geh. Justizraths Mencke zu Schwerin.
1 dänisches Zwei=Schillingsstück, 1600, gefunden in der Gegend von Schwerin. Geschenk des Herrn Advocaten Dr. Mantius in Schwerin.
1 Mark, 1 Zwanzig=, 1 Zehn= und 1 Fünf=Pfennigstück der neuen Reichsmünze. Geschenk des Fräulein Buchheim.
Seite 6 |
C. Die Siegelsammlung.
Herr Advocat Kahle zu Parchim schenkte einen alten aus Zinn gefertigten Siegelstempel mit der Inschrift Marquard Goldberg, gefunden bei der Vertiefung des Brunnens auf dem dortigen Kirchhofe, welcher bis vor 25 Jahren Acker war.
D. Die Bildersammlung.
Auch diese Sammlung erfreute sich mehrfacher Schenkungen:
1) Der Herr Brüning, Reichsconsul zu Tiflis, übersandte 3 Portraits der Gebrüder Siemens, Söhne des Domanialpächters Siemens zu Menzendorf bei Schönberg, theils Lithographie, theils Photographie, nämlich des Werner Siemens, Dr. phil., Königlich preußischen Hauptmanns a. D., Mitgliedes der Academie der Wissenschaften zu Berlin und Chef des Hauses Siemens & Halcke daselbst, geboren den 13. Decbr. 1816, sowie der Jüngern Brüder Wilhelm, Ingenieurs in London, und Walther, Consuls des Norddeutschen Bundes zu Tiflis, geboren den 11. Jun. 1833, gestorben in Tiflis, den 10. Octbr. 1871.
2) An meklenburgischen Ansichten schenkte der Herr Amtmann v. Koppelow zu Gadebusch zwei Photographien, nämlich der Stadt Gadebusch nach einem alten, wahrscheinlich Meran'schen Blatt 1572-1618, und des Schlosses oder Amtes zu Gadebusch, 1867.
3) Der Herr Hauptmann Kundt in Schwerin schenkte Umrisse der Kirchen in Meklenburg zum Gebrauche der Landesvermessung. Lithogr. fol.
4) Von dem hohen Ministerium des Innern endlich ward dem Vereine zu dessen großer Freude ein Exemplar der von der großherzoglichen Landesvermessungs=Commission bearbeiteten ausgezeichneten Karte der Umgegend von Schwerin übermittelt.
E. Die Büchersammlung.
Das folgende Verzeichniß der neu erworbenen Bücher weis't wiederum eine Vermehrung der Bibliothek um 45 Bände nach, größten Theils im Tauschverkehr mit verwandten Vereinen, oder durch Geschenk der Herren Verfasser erworben.
Seite 7 |
I. Amerika.
II. Russische Ostsee=Provinzen.
III. Dänemark.
V. Oesterreich= Ungarn.
Seite 8 |
VI. Schweiz.
VII. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
VIII. Bayern, Würtemberg, Hohenzollern und Baden.
Seite 9 |
IX. Sachsen und Thüringen.
X. Preußen.
Seite 10 |
kunde, bearbeitet von C. v. Schmidt=Phiseldeck. Halle 1874. Gr. 8°. (Mit Nr. 37 Tauschexemplar des gen. Vereins.)
XI. Meklenburg.
Unter den auswärtigen Gelehrten und Freunden der nationalen Alterthumskunde, welche im Laufe dieses Sommers unsere Sammlungen besuchten, sind hervorzuheben der Herr Dr. W. Mannhardt aus Danzig, Jul. 16, und die Italiener Dr. Pigorini, Director des National=Museums zu Parma und Prof. Bellucci an der Universität zu Perugia, 15. September.
III. Die Matrikel des Vereins.
Gleich zu Anfang des nun abgelaufenen Quartals verlor der Verein eins seiner ältesten ordentlichen Mitglieder und bewährtesten Freunde und Beförderer seiner Arbeiten, den ehemaligen Präsidenten des großherzoglichen Staats=Ministeriums zu Schwerin, Jasper v. Oertzen, Excell., auf Leppin bei Stargard. Der Verstorbene trat dem Vereine
Seite 11 |
schon am 3. Mai 1835, gleich nach seiner Stiftung, bei und ward nach seinem Eintritt in das Ministerium nach dem Abgange des verstorbenen Minister=Präsidenten v. Bülow im Jahre 1858 in der General=Versammlung des Vereins am 11. Jul. d. J. einstimmig zu dessen Präsidenten ernannt, welches Amt er bis zu seinem Wegzuge aus Schwerin in Folge seines Rücktrittes aus dem Staatsdienste im Jahre 1869 mit stets gleicher Liebe und Treue verwaltete. Die hohen Verdienste, welche er sich in dieser Stellung um das Gedeihen des Vereins überhaupt und namentlich um das Zustandekommen eines der bedeutendsten Unternehmungen desselben, der Herausgabe des Meklenburgischen Urkunden=Buches nach der Jubelfeier am 24. April 1860 erwarb, sind schon nach seinem Rücktritte in der General=Versammlung vom 11. Juli 1869 von dem Vorsitzenden unter allgemeiner Theilnahme der Anwesenden, sowie in dem Quartal= und Schlußberichte XXX, 4 dankbar anerkannt, und werden bei der Nachricht von seinem Tode doppelt lebhaft in das Gedächtniß aller Mitglieder, die ihn kannten, zurückgerufen sein. Er starb nach langen Leiden am 20. Jul. 1874 zu Grandchamp bei Neuchatel in der Schweiz, 72 Jahre alt.
Als neue ordentliche Mitglieder sind zu melden:die Herren Organist Meier in Schönberg, Lieutenant Bahrfeld in Bremen, Amtmann Schlettwein zu Dömitz und Vicko v. d. Lühe auf Stormsdorf.
Von den correspondirenden Mitgliedern starb am 12. Septbr. d. J. Dr. Theodor Petranovich, Landesgerichtsrath zu Zara in Dalmatien, Mitglied seit dem 6. Jun. 1851.
W. G. Beyer,
Dr. Archivrath,
als zweiter Secretair des Vereins.