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Die Kirche zu Picher bei Ludwigslust ist ohne Zweifel in derselben Landschaft und unter denselben Verhältnissen entstanden, wie die Kirche zu Leussow. Die Kirche, ein schlichter Ziegelbau, bildet ein Oblongum, welches ebenfalls schmal und sehr niedrig ist und eine Balkendecke hat.
Die Kirche besteht offenbar aus zwei verschiedenen Theilen, deren Zusammenfügung sich klar erkennen läßt.
Die westliche Hälfte ist die ältere und hat ohne Zweifel allein die älteste Kirche gebildet. Die Ziegel sind sehr groß. In jeder Seitenwand dieser Hälfte sind 5 sehr kleine Fenster, welche mit rechteckig modellirten Laibungen eingehen und im spitzbogigen Uebergangsstyl leise gewölbt sind. Wie in Leussow steht zwischen je zwei Fenstern eine kreisrunde Scheibe von etwa 1 Fuß Durchmesser vertieft eingemauert und mit Kalk geputzt und getüncht, offenbar aus derselben Bauschule, wie an der Kirche zu Leussow. Unter jedem Fenster ist ein kleines viereckiges Fensterloch, welches ursprünglich ist und allem Anscheine nach den kleinen durchgebrochenen Fenstern der Kirche zu Leussow zum Vorbilde gedient hat.
Dieser westliche Theil der Kirche ist offenbar der ältere, die alte Kirche, und flammt nach dem Uebergangsstyl wohl aus dem Ende des 13. Jahrhunderts.
An diese Kirche ist in jüngern Zeiten in gleicher Richtung gegen Osten hin ein Chor angebauet, dessen Ziegel kleiner und schlechter sind. Diese östliche Hälfte hat in jeder Seitenwand 3 und in der Chorwand 2 weite, große Fenster im junggothischen Baustyle, jedes mit einem starken Pfeiler in
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der Mitte. Nach dem ganzen Baustyle ist dieser Theil der jüngere und stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Die Pforten sind aus jüngerer neugothischer Zeit.
Im Innern hat die Kirche gar keine Kunstarbeit und kein Mobiliar, das irgend der Rede werth wäre. Alles Mobiliar ist aus schlechter, junger Zeit.
Nur in den Fenstern sitzen noch einige Reste von Glasmalereien aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Wappen mit Namen, jedoch fehlen die Wappen schon zum größern Theile. Die Malereien sind folgende.
Wappen: Eine rothe Burg mit einer Kette davor. Christoph von der Kettenburg lebte um das Jahr 1640.
Wappen: Gespaltener Schild, rechts mit einem halben goldenen Stern, links mit 3 goldenen Eicheln in schwarzer Hülse.
Wappen fehlt. Moritz von der Marwitz war 1622-1634 Meklenburgischer Hofmarschall.
Zuname und Wappen fehlen.
Wappen: Drei gepanzerte und gespornte Ritterbeine, mit den Oberschenkeln zusammenstoßend.
Wappen: Ein silberner geasteter Zweig mit drei grünen Blättern. Hans von Grävenitz kommt 1633-1637 vor.
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pen: Ein rother gekrönter Löwe mit goldenen Pfennigen belegt. Jacob Ernst v. Pentz saß um 1620 auf Raguth und Scharbow.
Da alle diese rittermäßigen Personen nicht in Picher eingepfarrt waren, so werden sie Wohlthäter zur neuen innern Ausrüstung der Kirche zur Zeit des dreißigjährigen Krieges gewesen sein.
Nach dem Kirchen=Visitations=Protocoll vom Januar 1706 hatte damals die Kirche noch einen alten geschnitzten und vergoldeten Altar mit Doppelflügeln:
"Der Altar ist mit einem geschnitzten Marien=Bilde und andern vergüldeten Snitzwerck geziehret, doch schon alt. Vor demselben sind 4 Flügell von seinem Mahlwerck, deren von jeder Seite zwey zuschlagen, daß also selbiger dreymahl verendert werden kann."
Vor dem Altare liegt ein großer Leichenstein mit folgender Inschrift 1 ):
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Der Ostgiebel der Kirche ist von Fachwerk. In die Ostwand ist eine große rothbraune Kachel eingemauert, welche den Bethlehemitischen Kindermord darstellt, im Style des 16. Jahrhunderts.
Der schon baufällige Thurm ward im Jahre 1868 vom Blitze beschädigt und mußte deshalb abgetragen werden.
Da die alte Kirche für die große Gemeinde zu klein und zu niedrig, auch baufällig ist, so ist der Abbruch derselben und der Bau einer neuen Kirche beschlossen, welcher demnächst bald beginnen soll. Am 17. Octbr. 1873 habe ich die alte Kirche noch untersucht.
Schwerin, im October 1873.
G. C. F. Lisch.