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Würfel von Wessentin.

Zu Wessentin bei Lübz ward im Frühling 1862 beim Graben eines Gartens ein seltener Würfel gefunden, welcher in den Besitz des Herrn Erbpächters Haupt zu Tressow gelangt und von demselben dem Vereine geschenkt ist. Der Würfel, von Serpentinstein, ist ein Cubus von 1 Zoll hamburg. Maaß, mit abgestumpften Kanten und Ecken, also mit 6 quadratischen Hauptflächen, 12 oblongen Kantenflächen und 8 triangulairen Eckenflächen, also mit 26 Flächen. Die 6 quadratischen Hauptflächen sind jede mit zwei großen lateinischen Buchstaben, die 12 oblongen Kantenflächen mit kleinen "Augen" (Kreisen) auf etwas vertieftem Grunde bezeichnet, die 8 kleinen triangulairen Eckenflächen sind leer. Legt man den Würfel so, daß von den Buchstabenpaaren 4 Paare in der Mitte umherlaufend aufrecht stehend und lesbar erscheinen, so bleiben oben und unten 2 Paare übrig, welche von 4 Feldern mit Augen umgeben sind, welche oben mit 1 Auge anfangen. In der Mitte umher wechseln Buchstaben= und Augenfelder. Es steht also, wenn man oben mit 1 Auge anfängt:

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oben:      Würfel oben      unten:      Würfel unten
in der Mitte: Würfel in der Mitte

Der Würfel geht also bis zu 12 Augen. Wahrscheinlich sind diese Würfel neuern Ursprungs. (Geschrieben zu Schwerin im April 1862.)

Genau dieselben Würfel aus Serpentin sind oft auch im Nassauischen gefunden und wiederholt beschrieben, auch abgebildet; vgl. Inscriptiones ducatus Nassoviensis latinae, 1855, und Annalen des Nassauischen Geschichtsvereins, 1850, S. 565 und 566. Diese Würfel sollen hier in "römischen Ruinen" gefunden sein. Im Museum zu Wiesbaden werden dergleichen von "unbekanntem Fundorte" und aus einem "tumulus bei Mainz" aufbewahrt. Im Nassauischen hat man sie daher lange für römisch gehalten. Sie haben aber ein ganz neues Ansehen und die Buchstaben sind sicher nicht römisch, namentlich A und Z nicht. Die Buchstaben T A haben die Formen des 13. oder 14. Jahrhunderts, namentlich das A , dessen mittlerer Querbalken nach unten hin zugespitzt ist. Ich halte dies aber für Nachahmung älterer Schrift. Die Würfel werden ganz jungen Ursprunges sein, da sie alle wie neu erscheinen. Zu dem angeführten Bande der Nassauischen Annalen in der Stadtbibliothek zu Homburg v. d. H. sind dieselben Würfel, "gefunden im Burggarten "des Mylius", welche "nicht römisch, sondern Producte neuerer "Zeit sind", handschriftlich abgebildet und die Buchstaben nach der "Conjectur des Herrn C. Bernbeck zu Gießen" in den "Periodischen Blättern", 1855, S. 230, folgendermaßen gedeutet:

N G  =  Nimm Ganz
N H  =  Nimm Halb
N D  =  Nimm Drittel
L S  =  Laß Sitzen
S Z  =  Setze Zu
T A  =  Todt Alles

Wenn diese Bedeutung der Buchstaben vielleicht auch nicht ganz zutreffend ist, so mag sie doch annähernd richtig sein. (Geschrieben zu Homburg v. d. H. im Mai 1869.)

G. C. F. Lisch.