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Wohnstätten der ersten Steinzeit

bei Neukloster.

Der frühere Seminarlehrer Herr Dr. Krüger zu Neukloster, jetzt Prediger zu Boddin bei Gnoien, machte im Jahre 1867, außer den unten bei den Bauwerken der heidnischen Vorzeit dargestellten Forschungen über die Lage von Kussin bei Neukloster, noch eine andere Entdeckung, welche sehr merkwürdig ist. Auf der Oberfläche einer nordöstlich vom Neuklosterschen See gelegenen Anhöhe, nicht weit von der Klâs=Bek, fand er mehrere feuersteinerne Geräthe, welche bisher außerordentlich selten in Meklenburg beobachtet sind, und sandte dieselben zum Geschenk an den Verein. Diese Geräthe sind:

   1) Ein spanförmiges Messer von weißgrauem Feuerstein, außerordentlich roh und plump, 4 Zoll lang und ungefähr 1 Zoll dick. Es ist künstlich geschlagen und hat, wie gewöhnlich, auf der einen Seite eine und auf der andere Seite drei Spaltflächen. Es ist an allen Kanten stark abgenutzt und ausgebrochen und offenbar viel gebraucht. Dieses ungewöhnliche Stück gleicht ganz den Feuersteinmessern aus dem Diluvium von Abbeville und würde für gleichzeitig mit diesen gehalten werden können, wenn es nicht auf der Erdoberfläche gefunden wäre und nicht noch die unveränderte Feuersteinfarbe und speckartigen Glanz hätte.

   2) Ein Messer aus dunkelgrauem Feuerstein. Dies ist ein abgeschlagener und an einem Ende durch Abschlagen zugespitzter, dreieckiger Span, 5 1/2 Zoll lang und 1 Zoll dick, wie ein roher Dolch, auf zwei Seiten mit den natürlichen gewölbten Oberflächen des Feuersteins, auf der dritten Seite mit einer glatten Spaltfläche. Es ist an den beiden scharfen Kanten an der Spaltfläche und an der künstlich zugehauenen Spitze stark abgenutzt und ist ein offenbar viel gebrauchtes Geräth (zum Stechen?) gewesen, dem oben aufgeführten Messer sehr ähnlich.

   3) Ein hammerförmiger Block von grauem Feuerstein, 4 1/2 Zoll lang und am dicken, viereckigen Ende überall 2 Zoll dick. Die hammerförmige Gestalt kommt aber wohl nicht von der Zubereitung zu einem Hammer, sondern die Hauptsache ist die hohl und spitz überall zugeschlagene Spitze, welche allerdings als Hammergriff erscheint, und der viereckige Hammer ist vielmehr der Griff des Werkzeuges. Die

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Spitze ist durch vielfaches Abschlagen künstlich geformt und an den Kanten auch vielfach abgenutzt.

   4) Vier natürliche Feuersteinspitzen oder Zapfen von 2 bis 2 1/2 Zoll Länge und ungefähr 1 Zoll Dicke, natürliche Bildungen, auf der runden und zugespitzten Oberfläche ganz mit der natürlichen Oberfläche des Steins, ohne alle künstliche Bearbeitung. Nur das dicke Ende ist von größern Blöcken an allen vier Stücken in einer graden Fläche abgeschlagen. Die Stücke sehen fast aus, wie Kuheuterzitzen oder kleine Kegel. Die Stücke sind sicher mit Vorbedacht gesammelt und gebraucht, da sich so viele Stücke dieser Art wohl nur selten nahe beisammen finden. Vielleicht haben sie zu Geschoßbolzen dienen oder auch Pfeilspitzen aus denselben verfertigt werden sollen.

Diese kleine Sammlung von Einer Stelle ist sicher sehr merkwürdig. Da keine Anzeichen vorhanden sind, daß diese Stücke dem Diluvium angehören, auch die Bearbeitung für die ausgebildete Steinzeit zu roh ist, so werden sie der "ersten Steinzeit" angehören, welche in Dänemark häufig vertreten, in Meklenburg aber bis jetzt fast noch gar nicht bemerkt ist.

Herr Dr. Krüger hat vor seinem Abgange von Neukloster nach Boddin die Fundstelle an der Klâs=Bek noch ein Mal forschend abgegangen und noch 17 Stücke feuersteinerne Geräthe gesammelt, welche den oben beschriebenen ganz gleich sind, und dieselben im Jahre 1869 dem Vereine übergeben. Diese Stücke sind:

   5) Ein spanförmiges Messer, an einer Seite dreiseitig, an der andern Seite eben, 3" lang und 1 1/2" breit, an der ebenen Seite mit einem stark ausgeprägten muschelförmigen Schlagansatz und an den Rändern abgenutzt, also gebraucht.

   6) Vier keilförmig roh zugehauene und stumpf zugespitzte Feuersteinknollen, 4 bis 5" lang, und an den Enden sichtbar abgenutzt.

   7) Vier dreieckige, zugespitzte Feuersteine, ungefähr 2 Zoll lang, an den Rändern abgenutzt, ohne Zweifel Stechwerkzeuge.

   8) Drei hammerförmige, lange Knollen, 2 bis 4" lang, zum Theil mit rauher, natürlicher Oberfläche, an den Enden abgenutzt, sicher Schlagwerkzeuge.

   9) Fünf von den merkwürdigen, oben beschriebenen runden Feuerstein=Spitzen oder Bolzen, mit natürlicher Oberfläche, an einem Ende aber abgeschlagen, 1 1/2 bis 3"

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lang und 1" dick, vielleicht Bohrer zum letzten Ausbohren oder Ausschleifen von Löchern, an dem abgeschlagenen Ende mit starken Spuren der Abnutzung.

Alle diese Steine haben deutliche und häufige Spuren der Abnutzung und des Gebrauchs durch Menschen, sind also sicher menschliche Geräthe der ersten Steinzeit. Spuren von geschliffenem Feuerstein haben sich an dieser Stelle nicht gefunden.

G. C. F. Lisch.