[ Seite 1 ] |
|
:
XXXVII. 2.
des
I. Wissenschaftliche Thätigkeit.
D er Druck des 7. Bandes des meklenburgischen Urkundenbuches ist bis zum 66. Bogen (Jahr 1318) vorgeschritten und das Manuscript für die folgenden Bände der 2. Abtheilung des Werkes liegt zum Drucke bereit. Auch die Vorbereitungen für die 3. Abtheilung, welche die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts umfassen wird, werden eifrig betrieben. Die Abschrift der Urkunden dieses Zeitraums in dem großherzoglichen Archiv ist nahezu vollendet, und die Abschrift der Urkunden der Städte Rostock und Parchim, deren Originale durch die Magistrate dieser Städte und die Vorsteher der geistlichen Stiftungen zu Rostock bereitwilligst an das großherzogliche Archive ingesandt worden sind, wird demnächst beginnen. Endlich sind auch durch den Herrn Dr. Crull in Wismar und die Vorsteher auswärtiger Archive bereits zahlreiche Urkundenabschriften eingesandt worden.
Se. K. H. der Großherzog Friedrich Franz hat der Committe gnädigst 100 Thlr. für die Kosten der Holz=
Seite 2 |
schnitte von fürstlichen Siegeln anzuweisen geruhet. Auch auf Kosten der Casse sind viele Siegel in Holz geschnitten, und noch mehre in Vorrath gezeichnet, da gute Originale an den erwähnten, an das Archiv eingesandten Urkunden gerade jetzt zu Gebote standen.
Für den nächsten Band der Jahrbücher sind folgende Arbeiten eingesandt: 1) Ueber Wallensteins Kirchen= und Schulregiment in Meklenburg, von dem Geh. Archivrath Dr. Lisch. - 2) Ueber die Landwehren und Grenzbefestigungen des Landes der Redarier, von dem Unterzeichneten. - 3) Ueber echte Wendische Götzen, von dem Staatsminister, Freiherrn v. Hammerstein zu Neu=Strelitz. - 4) Ueber den Wendischen Götzen Zuarasici, von demselben. - 5) Kleine Funde in Meklenburg aus wendischer und vorwendischer Zeit, von demselben. -6) Ueber die Römergräber in Meklenburg, von dem Geh. Archivrath Dr. Lisch. - 7) Bericht über die Aufdeckung von Grabhügeln der Bronzezeit und eines Pfahlbaues aus der letzten Wendenzeit bei Ruchow, von dem Canzlei=Director a. D. v. Bülow in Schwerin. - 8) Mehre kleine Beriete über Alterthumsfunde in Meklenburg, von dem Geh. Archivrath Dr. Lisch und Pastor a. D. Ritter in Friedrichshöhe.
II. Die Sammlungen des Vereins.
Das Antiquarium ward auch in diesem Quartale mehrfach von namhaften auswärtigen Gelehrten besucht, insbesondere von dem Herrn Dr. Hostmann aus Celle, unserm ordentlichen Mitgliede und einem sehr eifrigen, umsichtigen und glücklichen Alterthumsforscher, 13. - 20. Octbr.; dem Herrn Baron v. Rosen aus Stralsund, Kunstforscher, correspondirendem Mitgliede unsers Vereines, 17. - 19. Octbr.; und Herrn Dr. Montelius aus Stockholm, Museums=Beamten daselbst, auf der Rückreise von dem internationalen Congresse zu Bologna, 10. - 12. Novbr.
Die neuen Erwerbungen der verschiedenen Sammlungen weist das folgende Verzeichniß nach:
A. Alterthümersammlung.
1) Steinzeit.
Eine Streitaxt aus Glimmerschiefer, eine halbmondförmige Säge oder Sichel, eine Lanzenspitze, Bruchstück
Seite 3 |
eines Dolches, zwei spanförmige Messer aus Feuerstein und ein Feuersteinblock, von welchem Späne abgeschlagen sind, gefunden in der Gegend von Bützow, geschenkt von dem Herrn Kammeringenieur v. Hafften zu Bützow.
Die obere Hälfte eines zerbrochenen Keils aus Diorit, ganz geschliffen, gefunden zu Woosten bei Goldberg, geschenkt von dem Herrn Präpositus Zander daselbst.
Ein Keil aus weißlichem Feuerstein, gefunden zu Klüssendorf bei Wismar, geschenkt von dem Herrn Dimpfel daselbst.
Ein Dolch oder Lanzenspitze aus bräunlichem Feuerstein, nur 5 Zoll lang, gefunden zu Garvensdorf bei Neubuckow, geschenkt von dem Gerichtsdiener Dahlstein zu Wismar.
Eine Säge oder Sichel aus Feuerstein, 8 Centimeter lang, gefunden zu Weitendorf bei Brüel, geschenkt von dem Herrn Burgwedel auf Weitendorf.
Ein Schleifstein aus Granit, 2 Fuß lang, 1/2 Fuß breit, 1/2 Fuß dick und 84 Pfund schwer, gefunden zu Reinstorf bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Schnapauff daselbst.
Eine bronzene Schmuckdose von ungewöhnlicher Größe (21 Centimeter Durchmesser, 4 1/2 Centimeter hoch) und mit sehr reicher Verzierung, worin 2 hohlgegossene Armringe lagen, gefunden in einem kleinen Torfmoore zu Kritzemow bei Rostock und für den Verein erworben durch den Herrn Pastor a. D. Ritter zu Friedrichshöhe bei Rostock.
(Auch für die großherzogliche Sammlung sind in diesem Quartale sehr werthvolle Bronzesachen erworben, welche in dem nächsten Jahrbuche zur Sprache kommen werden.)
Verschiedene Scherben von irdenen Gefäßen zu häuslichem Gebrauche, rothgebrannte Lehmklumpen, Schlacken und mürbegebrannte Steine, viele zum Theil bearbeitete Thierknochen, gefunden zu Neu=Dietenhofen bei Gotha, anscheinend in einer Grubenwohnung ungefähr aus dem 2. oder 3. Jahrh. n. Chr., Geschenk des Herrn Kaufmanns Liliendahl zu Neu=Dietenhofen.
Eine gedrehete Nadel mit Oehr aus Bronze, 5 1/2 Centimeter lang, gefunden zu Weitendorf bei Brüel, geschenkt von dem Gutsbesitzer Herrn Burgwedel daselbst.
Seite 4 |
Eine kleine gemalte Glasscheibe von 4 Centimetern Durchmesser, gefunden in Schwerin beim Neubau eines Hauses am alten Markte, geschenkt von dem Herrn Architecten Stern zu Schwerin.
B. Münzsammlung.
Eine römische Bronzemünze des Kaisers Antoninus Pius vom Jahre 161, gefunden zu Farpen, Geschenk des Herrn Försters Petersen daselbst.
11 römische Kupfermünzen, gefunden in Italien, Geschenk des Herrn Dr. Bärensprung in Florenz.
Eine kleine viereckige Silber=Medaille auf die Krönung des Königs Friedrich III. von Dänemark (1648), Geschenk des Herrn Kammer=Ingenieurs v. Hafften zu Bützow.
1 Achtschillingsstück des Königs Hieronymus Napoleon von Westfalen 1809.
C. Siegelsammlung.
Gypsabgüsse von 30 seltenen Siegeln, worunter auch 8 Meklenburgische, Geschenk unseres correspondirenden Mitgliedes Herrn Pastors Ragotzky zu Triglitz.
D. Bildersammlung.
Ein Situationsplan der in dem jetzigen Seminargarten zu Neukloster entdeckten wendischen Wohnungen und Alterthümer, Geschenk des Herrn Pastors Dr. Krüger zu Boddin, ehemaligen Seminarlehrers.
E. Büchersammlung.
I. Die Niederlande.
Seite 5 |
II. Schweiz.
III. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
IV. Oesterreich.
V. Bayern.
Seite 6 |
VI. Sachsen.
VII. Hessen.
VIII. Nassau.
IX. Hohenzollern.
X. Preußen. Brandenburg. Sachsen. Schlesien.
Seite 7 |
XI. Bremen.
XII. Meklenburg.
Seite 8 |
F. Naturaliensammlung.
4 sehr große Backenknochen und 1 Wirbelknochen vom Pferde, schwarz von Farbe, gefunden in einem Torfmoor zu Klein=Tessin bei Güstrow, geschenkt von dem Herrn Hauptmann v. Weltzin zu Schwerin.
III. Die Matrikel des Vereins.
Die in der Ausschußversammlung vom 2. Octbr. v. J. zu correspondirenden Mitgliedern ernannten Herren Professoren Dr. Virchow in Berlin, Dr. Semper in Würzburg, Dr. Schaaffhausen in Bonn und Dr. Ecker in Freiburg haben diese Ernennung mittelst sehr freundlicher Schreiben angenommen, indem sie gelegentlich zugleich ihre volle Befriedigung über den Verlauf der Generalversammlung des anthropologischen Vereines und ihre Aufnahme in Schwerin aussprachen. Zu ihnen ist inzwischen der in der Versammlung vom 8. d. M. gleichfalls zum correspondirenden Mitgliede ernannte Herr Hans Hildebrand, Adjunct am Museum zu Stockholm, hinzugekommen.
Als ordentliche Mitglieder sind in dem laufenden Quartale die Herren v. Behr=Negendank auf Lübchin, v. Kardorff auf Böhlendorf, v. Blücher zu Tangrim, Ministerial=Secretär Kundt, Kammer=Secretär Meyer und Stabsarzt Dr. Busch zu Schwerin aufgenommen worden. Unter den durch den Tod ausgeschiedenen älteren Mitgliedern sind zunächst nachträglich die schon im vorigen Quartale verstorbenen Senator Advocat Gaedke zu Lübz, Mitglied seit dem 27. April 1845, gestorben am 16. Aug. 1871, und Justizrath v. Oertzen zu Schönberg, Mitglied seit dem 31. März 1863, gestorben am 24. Septbr. 1871, zu nennen. Ihnen folgte in dem nun abgelaufenen Quartale der Pastor Vortisch zu Satow, Mitglied seit dem 17. April 1844, gestorben am 9. Decbr. 1871, 68 Jahre alt. Letzterer, der Sohn eines Chirurgen Vortisch zu Rostock, war in früheren Jahren ein reger Mitarbeiter des Vereins, und erwarb sich namentlich durch Vermehrung unserer Sammlungen große Verdienste, weshalb sein Name in den Quartalberichten jener Zeit selten fehlt. Noch größere Verdienste erwarb er sich durch seine naturhistorischen Arbeiten, welche theils in dem Archive des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg und der zu Dresden erscheinenden Isis, theils in selbstständigen Schriften veröffentlicht worden sind. Unter den letzteren fand vorzüglich die 1852 bei Vieweg in Braun=
Seite 9 |
schweig unter dem Titel: "Die jüngste Katastrophe der Erde" erschienene Abhandlung große Anerkennung, die namentlich in eigenhändigen Schreiben Alexanders v. Humbold und Leopolds v. Buch mit Wärme ausgesprochen ward, und seine Ernennung zum Mitgliede der Kaiserlich Leopoldinisch=Karolinischen deutschen Akademie, sowie des freien deutschen Hochstiftes in Frankfurt zur Folge hatte. Weniger glücklich war er mit seiner 1865 herausgegebenen Kritik der Newtonschen Gravitations=Theorie, worüber er zu seinem Kummer von den "Astronomen von Profession" scharf angegriffen ward. Eine auf den Wunsch Hofmanns v. Fallersleben von dem Verstorbenen hinterlassene, sehr bescheidene Selbstbiographie wird hoffentlich bald in den "Zeitgenossen" erscheinen.
W. G. Beyer,
Dr. Archivrath,
als
zweiter Secretair des Vereins.