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VIII.

Eikhof und Warnow.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


E ine der merkwürdigsten Stellen des Landes Meklenburg für die Natur= und Staatsgeschichte bildet der Punkt, auf welchem jetzt der Hof Eikhof steht.

Der Warnow=Fluß beschreibt in seinem obern Laufe im oft engen Thale mit hohen Ufern, z. B. bei Richenberg neben Kleefeld, einen großen Bogen mit vielen Krümmungen, bis er bei Groß=Görnow, unterhalb Sternberg, die letzte romantische Hügelkette durchbricht und unterhalb der Eisenbahnbrücke bei Eikhof den mittlern Lauf beginnt, welcher von hier durch ein sehr weites Wiesenthal bis an das Petri=Thor der Stadt Rostock geht, von wo der Fluß bis vor Warnemünde die Gestalt eines lang gestreckten Seebeckens annimmt.

Dieses mittlere Wiesenthal beginnt genau bei Eikhof, wo im Wiesenthale noch einige Horste Festland liegen, welche aber auch schon von Wiesen umgeben sind. Von Groß=Görnow bis Eikhof nimmt die Warnow, wahrscheinlich durch die Hügel Eikhofs gezwungen, eine nördliche Richtung an, bis sie sich dicht unter Warnow wieder gegen Osten und Nord=Osten wendet. Hier ist der Anfang des weiten Wiesenthales der mittlern Warnow. Hier umgeben ziemlich bedeutende Höhen, welche früher wohl bewaldet waren und auf denen großartige Kegelgräber der Vorzeit prangen, in einem weiten Bogen den Anfang des Wiesenthals. Innerhalb dieses Bogens steht auf Horsten mit festem Boden, jedoch rings umgeben von Wiesen, der Hof, die frühere Burg Eikhof.

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Sehr merkwürdig ist auf dieser gegen Norden gerichteten Strecke der Lauf der Warnow. Dicht unterhalb der Eisenbahnbrücke über die Warnow und oberhalb des Hofes Eikhof 1 ) theilt sich nämlich der Fluß in zwei Hauptarme, welche unterhalb Eikhof wieder zusammen fließen. Ob einer von ihnen durch Menschenhände gegraben ist, läßt sich wohl schwer entscheiden. Der eine Arm liegt westlich und ist wahrscheinlich der nach Norden gerichtete Hauptarm, der sich unterhalb Eikhof wieder gegen Osten wendet. Der andere Arm fließt östlich in einem großen Bogen, bis er sich unterhalb Eikhof wieder mit dem westlichen Arme verbindet. Innerhalb dieser Flußumarmungen, welche mit hellem, frischem Wasser strömen, liegen die alten Burgwälle. Im Anfange der Theilung im Winkel zwischen den beiden Flußarmen steht an dem westlichen Hauptarme ein ziemlich ausgedehnter, hoher, alter Burgwall von länglich viereckiger Gestalt, wie die alten wendischen Burgwälle, welcher jetzt als Acker= und Gartenland benutzt wird; an dieser Höhe führt links die alte Dorfstraße am linken Warnowufer von Rühn und Baumgarten her zur mittelalterlichen Burg hinauf. Dieser Burgwall ist von der Eisenbahnbrücke leicht an einem auf der Höhe stehenden einzelnen Birnbaum zu erkennen. In der Krümmung des östlichen Nebenarmes an demselben steht ein mächtiger mittelalterlicher Burgwall, auf welchem der jetzige Hof steht. Von diesem östlichen Warnowarme zweigt sich ein dritter Nebenarm des Flusses ab, welcher bei der Mühle beginnt, den mittelalterlichen Burgwall im Westen umfließt und unterhalb des Gartens wieder in den östlichen Arm mündet. Dieser Arm, welcher der kleinere ist, scheint künstlich gegraben zu sein und als Burggraben gedient zu haben, so daß die mittelalterliche Burg ganz von Wasser umflossen ist. Außerhalb dieses Burggrabens liegen im Halbkreise umher nach dem westlichen Arme hin neben dem alten Burgwalle noch mächtige Burg= oder Festungswälle, welche jetzt zu einem Park umgeschaffen sind. Von diesem mittelalterlichen Burgwalle führt die Hofstraße am rechten Warnow=Ufer nach dem Dorfe Warnow und der Stadt Bützow.

Es ist jetzt nicht meine Absicht, eine vollständige Geschichte der mittelalterlichen Burg Eikhof, welche außerordentlich merkwürdig und reichhaltig ist, zu schreiben. Es liegt eine ungewöhnlich reiche Urkundenmenge vor und daher würde


1) Leider reichen Kräfte und Mittel nicht hin, eine genaue Karte von dem Hofe und der Feldmark Eikhof zu geben, so wünschenswerth eine solche auch sein dürfte.
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jetzt eine vollständige geschichtliche Untersuchung zu weit führen. Es ist augenblicklich nur mein Zweck, einige Beobachtungen zu Papier zu bringen, da sie mir sehr weit zurückzugreifen scheinen und vielleicht zu anderen wichtigen Forschungen Veranlassung geben können, welche auch Andere unternehmen können. Ich will hier nur einen Anstoß geben, da ich nicht möchte, daß meine Beobachtung und Arbeiten ganz verloren gingen. Zur genaueren Ansicht und Untersuchung war ich am 2. Julii 1870 in Eikhof, wo mir der Herr Pächter Seeler mit seinen vieljährigen Erfahrungen freundlichst zur Hand ging.

Die mittelalterliche Burg Eikhof war um das Jahr 1284 von dem mit vielen Gütern in der Gegend ansässigen Ritter Johann von Zernin, einem Vasallen des Bischofs von Schwerin und der Fürsten von Meklenburg (1280 - 1302, † vor 1318), gegründet. Aber schon am 25. April 1285 mußte ein Streit zwischen den Fürsten von Meklenburg und dem Bischofe von Schwerin über die Erbauung der "neuen Burg" ("super edificationem noui castri in Ekhuoue") also geschlichtet werden, daß der Ritter von Zernin sich verpflichten mußte, die aufgeführte Feste abzubrechen ("propugnaculum ibi constructum destruat") und mit der Schleifung nicht eher aufzuhören, bis auch der ganze Graben der Erde gleich gemacht sei ("nisi prius totum fossatum humo fuerit adequatum") (Vgl. Meklb. Urk.=Buch, III., Nr. 1794). Dieser Graben ist höchst wahrscheinlich der noch fließende oben so genannte Burggraben und Mühlgraben, welcher sich von dem östlichen Warnowarme abzweigt.

Zu der Schleifung der Burg wird es aber nicht gekommen sein, da das ganze 14. Jahrhundert die Burg als ein mächtiges Schloß und der Sitz einer Vogtei vorkommt, um das sich zahlreiche wichtige Verhandlungen drehen, welche tief in das Staatsleben eingreifen.

Der Grund der langen Streitigkeiten zwischen den Fürsten und den Bischöfen war, daß nach einem Zeugenverhöre vom J. 1355 die Burg Eikhof auf der Grenze des Fürstenthums Meklenburg und des Bisthums Schwerin erbauet war und daß ein Theil des Grundes und Bodens den Fürsten von Meklenburg, der andere den Bischöfen von Schwerin gehörte, daß also der jedesmalige Inhaber der Burg Vasall zugleich dieser beiden Herren war:

"castrum dictum Echof in confinibus terrarum dominii Hinrici (domini Magnopolensis) et episcopi Zwerinensis in quodam fundo pro parte in do-

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minio (domini Hinrici) et pro parte in dominio episcopi Zwerinensis sito."

Zu diesem getheilten Grund und Boden rechne ich den ganzen Raum zwischen den beiden Hauptarmen der Warnow, den alten und den neuen Burgwall. Die Grenze zwischen dem Fürstenthum Meklenburg und dem Bisthum Schwerin (von wegen des Landes Bützow) ging also mitten durch den jetzigen Ort Eikhof.

Es würde zu weit führen, alle die zahlreichen Streitigkeiten, Verhandlungen, Verkäufe, Verpfändungen u. f. w. aufzuführen, welche sich das ganze 14. Jahrhundert um die Burg Eikhof drehen.

Nur das will ich noch bemerken, daß noch im J. 1373 die Wichtigkeit der Burg Eikhof zur ernsten Verhandlung kam.

Der Herzog Albrecht von Meklenburg verlangte nämlich von dem Schweriner Bischofe Friedrich v. Bülow, das große Haus auf dem Schlosse Eikhof, welches der Fürst 1342 von dem Bischofe gekauft und zu Lehn genommen hatte, abzubrechen, um das Schloß besser befestigen zu können, jedoch den Thurm mit dem Moshause (Saalgebäude zum Speisen, Speisehaus) und den Thoren stehen zu lassen.

Dieses Schloß, welches auf des Bischofs Grund und Boden stand, ist also ohne Zweifel die mittelalterliche Burg, der jetzige Hof. Schon nach der Erbauung 1285 erhielt es der Ritter Johann v. Zernin von dem Bischofe zu Lehn.

Das Hauptgebäude dieses Schlosses stand ohne Zweifel auf der Stelle des jetzigen Herrenhauses, welches die höchste Stelle auf dem umflossenen Burgraum einnimmt. Die jetzige Vorderseite nach dem Hofe hin ist viel höher, als die Hinterseite, so daß man über eine hohe Freitreppe zur Hausthür hinaufsteigen muß. Darunter steht noch das alte Erdgeschoß mit den Küchen und Kellern, feste Gewölbe mit dicken Mauern und Pfeilern aus großen Backsteinen, von denen einige Gefängnisse zu sein scheinen, da nach der Versicherung des Herrn Pächters Seeler noch eiserne Ringe mit Ketten in den Wänden sitzen. Höchst wahrscheinlich stammt dieses Erdgeschoß noch aus der Zeit des ersten Baues.

Die Hinterseite des Herrenhauses erscheint jetzt nicht so hoch. Man tritt zunächst auf ebener Erde in den Garten, welcher sich in mehreren Terrassen zu dem tiefen Burggraben hinabsenkt. Nach der Versicherung des Herrn Seeler stecken diese Terrassen noch ganz voll Mauerwerk und Schutt, so viel auch nach und nach herausgenommen ist. Jenseit des Burggrabens ziehen sich die hohen Wälle umher.

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Wegen der Wichtigkeit der Burg sind noch heute die von Lützow auf Eikhof Erblandmarschälle des Herzogthums Meklenburg=Schwerin.

Wenn nun die Stelle dieses mittelalterlichen Burgwalles dem Bischofe von Schwerin gehörte, so ist die Frage, was von der Burg Eigenthum der Fürsten von Meklenburg war. Und hier kommen wir auf den eigentlichen Kern der gegenwärtigen Untersuchung. Der Besitz der Fürsten von Meklenburg war der oben geschilderte, jetzt zu Gartenland benutzte alte Burgwall in dem Winkel zwischen den beiden Hauptarmen der Warnow, welcher durch den Burggraben von der mittelalterlichen Burg getrennt und auch von Wasser und Wiesen umgeben ist.

Um das Hauptergebniß meiner Forschungen kurz vorweg zu nehmen, muß ich es aussprechen, daß ich diesen alten Burgwall neben der mittelalterlichen Burg für den viel gesuchten wendischen Burgwall Warnow des Landes Warnow halte.

Das wendische Land Warnow, in der Mitte des Landes, erstreckte sich von Parchim nördlich hinauf über Sternberg bis an die Warnow, bis zu dem Zusammenfluß der Warnow und der Mildenitz, so daß die nördliche Spitze zwischen den nachmaligen bischöflich=Schwerinschen Ländern Bützow und Warin lag. Die Grenze zwischen Land Parchim, d. i. Warnow, später Meklenburg, und Bisthum Schwerin, lag nach einer Grenzbestimmung vom Jahre 1261 auf der nördlichsten Spitze zwischen den Dörfern Klein=Raden (fürstlich) und Warnow (bischöflich) 1 ), also bei Eikhof. Früher wird die Grenze noch ein wenig weiter nach Osten gelegen und noch das Dorf Warnow eingeschlossen haben. Der Bischof von Schwerin war seit 1185 im Besitze eines viel gesuchten Dorfes im Lande Warnow ("una villa in Warnowe"). Für dieses "Dorf im Lande Warnow" halte ich das jetzige Dorf Warnow bei Eikhof. Dadurch kam die Grenze des Bisthums Schwerin oder vielmehr des Landes Bützow bis nach Eikhof hinein.

Eikhof aber ist die ehemalige wendische Burg Warnow an dem Flusse Warnow bei dem Dorfe Warnow. Nachdem der wendische Burgwall über ein Jahrhundert verlassen war, bauete 1284 der Ritter Johann von Zernin, welcher wohl von dem nahen Dorfe Zernin (bei Warnow) seinen Namen trug, neben dem wendischen Burgwall, welcher nicht geräumig


1) Vgl. Wigger Meklb. Annalen, I. S. 108 flgd. und 125.
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genug war, eine deutsche Ritterburg, welcher er den deutschen Namen Eikhof gab, und ließ das Dorf Warnow stehen.

Ebenso verbesserte er 1287 die Pfarre in dem Dorfe Eikelberg, welches ihm auch gehörte und durch ihn auch wohl den deutschen Namen erhalten hatte. Das Dorf Warnow, welches nur eine Viertelstunde von der Burg Eikhof entfernt liegt, war aber immer eng mit Eikhof verbunden. So z. B. hatte Heinrich von Bülow, welcher damals im Pfandbesitze von Eikhof war, vor dem Jahre 1346 4 Hufen von Warnow gekauft und zu Eikhof gelegt, welches als bloße Burg wohl keine große Feldmark hatte.

In unmittelbarer Nähe des Dorfes Warnow kann aber weder eine wendische, noch eine mittelalterliche Ritterburg gestanden haben, da das Feld und das Dorf auf hohem, trockenem Boden liegen.

Ich halte nun dafür und bin fest überzeugt, daß der alte Burgwall neben dem Schlosse Eikhof der viel gesuchte wendische Burgwall Warnow des Landes Warnow ist.

1) Der alte Burgwall, etwa 30 Fuß hoch und höher, hat ganz den Bau, die Gestalt und die Lage aller andern wendischen Landes= und Gauburg=Wälle. Ich habe freilich noch keine Topfscherben oder andere Alterthümer auf demselben gefunden, da die Oberfläche mit Feldfrüchten bestanden war, bin aber überzeugt, daß sich alte Ueberreste finden werden. Gebrannte Ziegel und Ziegelschutt habe ich auf der Oberfläche nicht bemerkt.

2) Dieser alte Burgwall lag sicher noch im Lande Warnow.

3) Dieser alte Burgwall liegt in sehr fester Gegend an dem Flusse Warnow, und

4) in nächster Nähe des Dorfes Warnow, welches immer eng mit der Stelle von Eikhof verbunden war.

5) Wenn dieser alte Burgwall auch auf der äußersten Nordspitze und Grenze des ehemaligen Landes Warnow liegt, so kann dies doch die Annahme nicht schwächen, da bekanntlich viele wendische Gauburgen an den Grenzen der "Länder" oder Gaue lagen und zugleich Grenzburgen waren.

6) Der alte Burgwall zu Eikhof hat hier seine rechte Stelle, da er in der Mitte mehrerer Völkerschaften und des Landes, an der Grenze mehrerer Länder und in einer äußerst wichtigen und festen Gegend liegt.

Der "alte Burgwall" zu Eikhof ist also der wendische Burgwall Warnow, welcher zur Zeit der Erbauung in der christlichen Zeit einen deutschen Namen erhalten hat.

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So war Warnow (Eikhof) ein wichtiges Glied in der Kette der großen Landesburgen, welche das Land in fast grader Linie mitten durchzieht: Ratzeburg, Gadebusch, Meklenburg, Dobin, Warnow (Eikhof), Bützow, Güstrow (und Bisdede), Werle, Kessin, Rostock, welche jetzt alle entdeckt und festgestellt sind.

Es sollte mich freuen, wenn durch weitere Forschungen meine Vermuthung bestätigt oder etwas Besseres an die Stelle meiner Ansichten gesetzt werden könnte.

 

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