zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche von Hohen=Sprenz,

von

Dr. G. C. F. Lisch.


Die Kirche zu Hohen=Sprenz ist ein Gebäude im Uebergangs=Style, bestehend aus einem quadratischen Chor und einem quadratischen Schiffe, jedes ein Gewölbe lang, und einem Thurmgebäude, dessen unterer Raum zur Kirche gezogen ist.

Der quadratische Chor ist von Feldsteinen erbauet und hat eine Südpforte von behauenen Granitblöcken. Die Fenster=Einfassungen und der Ostgiebel sind von Ziegeln aufgeführt. Der Chor hat in jeder Seitenwand 2 Fenster im einfachen Uebergangs=Styl. Im Innern ist der Chor mit einem Gewölbe bedeckt, das 8 Rippen von quadratischem Durchschnitt hat, welche sich im Scheitel an einen großen Kreis von gleicher Construction lehnen. Der Chor gehört also zu der Gruppe der alten Kirchen zwischen Sternberg und Schwaan, deren übereinstimmender Bau schon in den Jahrb. II, B, S. 87 flgd. nachgewiesen ist; namentlich ist der Chor in mehreren Eigenthümlichkeiten ganz dem Chor der angrenzenden Kirche zu Lüssow gleich (vgl. oben S. 202)und hat ohne Zweifel denselben Baumeister: der Bau wird in das erste Viertheil des 13. Jahrb., vor der Zeit der Erbauung der Domkirche zu Güstrow, fallen.

Das Schiff ist ganz von Ziegeln aufgeführt, jedoch auch noch im Uebergangs=Styl. Es ist ein Gewölbe groß und hat an jeder Seite 3 Fenster im Uebergangs=Styl, von denen das mittlere höher ist, als die beiden Fenster zu den Seiten. Die 3 Fenster an der Nordseite sind ganz einfach. Die 3 Fenster an der Südseite, welche die Hauptseite der Kirche bildet, sind von einem Rundstabe eingefaßt. Unter diesen Südfenstern steht eine gut construirte und gearbeitete

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hauptpforte. Im Innern ist das Schiff von einem Gewölbe bedeckt, welches schon sehr künstlich construirt ist; von jedem Winkel des Vierecks laufen 3 auseinandergehende Rippen in die Höhe, welche sich im Scheitel netzartig verschlingen und vereinen. Das Schiff ist jedenfalls etwas jünger, als der Chor, und wird in die Zeit bald nach der Erbauung des ältesten Mitteltheiles des Domes zu Güstrow (1226) fallen, da es mit diesem viel Aehnlichkeit hat.

Der Thurm ist ein großes, altes Gebäude, welches an jeder Seite eine große Fensternische hat, in welcher 2 Fenster im Uebergangs=Styl stehen. Oben sind an jeder Seite 2 Fenster=Oeffnungen als Luken. Unter dem Dache hat der Thurm ein treppenförmiges Gesims. Ohne Zweifel ist der Thurm alt.

Die Chorpforte hat noch guten, alten eisernen Thürbeschlag.

An Alterthümern besitzt die Kirche nur noch einige Leichensteine.

Der älteste Leichenstein enthält das Andenken an drei Personen. Auf dem großen Steine sind unter drei gothischen Baldachinen 3 Personen stehend dargestellt: in der Mitte eine betende Frau und zu jeder Seite ein den Kelch weihender Priester. Auf den 4 Ecken des Steines stehen die 4 Evangelisten=Symbole. Die Inschrift ist in mehrere Theile zerlegt. Auf dem äußern, großen Inschriftrande steht:

Inschrift

In einer zweiten Reihe unten rechts neben dem rechten Fuße des Priesters zur Rechten steht:

Inschrift

Unten links neben dieser Figur am linken Fuße, also auch zugleich neben dem rechten Fuße der Frau steht:

Inschrift

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In einer zweiten Reihe am Fußende steht:

Inschrift

Neben dem linken Fuße der Frau steht:

Inschrift

Das Ganze lautet also im Zusammenhange:

   Anno domini MCCCXCIII ipso die Bartholomaei (24 Aug.) obiit Ava, vxor Gerhardi Leuwentkoper, civi[s] in Güstrowe.
   Anno domini MCCC (Lücke) obiit dominus Gerhardus Leuwentkoper, rector hujus ecclesiae, filius Aven.
   Hic jacet dominus Nicolaus Rasoris (Scherer), quondam rector hujus ecclesiae.
   Orate pro eis.

Den Stein hat also Gerhard Leuwentkoper 1 ), Pfarrer zu Hohen=Sprenz, legen lassen, da sein Sterbetag nicht ausgefüllt und nachzutragen versäumt ist 2 ). Er ließ den Stein nach der Bestattung seiner hier begrabenen Mutter Ave, Ehefrau des güstrowschen Bürgers Gerhard Leuwentkoper, legen. Zugleich erhielt er auf dem Steine das Andenken eines frühern Sprenzer Pfarrers Nicolaus


1) Die Sprachform Leuwentkoper, d. h. Leinwandhändler, ist sicher. Die Form lowent oder leuwent für Leinwand ist altniederdeutsch nachzuweisen. Ein Rostocker Gewerk=Privilegienbuch enthält mit der Handschrift des 15. Jahrh. auch eine Zunftrolle des "ampts der lowentsnidere ", welche z. B. "lowent bi elen verkopen", dagegen "nye lynnen cledere bleket edder vngebleket verkopen" können. Dagegen heißt die Zunft der Weber: "lynnenwever". Dasselbe Buch enthält auch einen Eid der "lowentstriker (Leinsamenmesser ?) vnde hoppenmeter ofte mekeler", nach welchem diese "eneme iewelken rechtuerdigen strîkken vnde meten" wollen. J. L. Frisch kennt in seinem Wörterbuch die Form Lawend für Leinewand. In einer Klage der Rostocker vom J. 1342 ist von "pannis et telis, que in vulge loywent dicuntur", die Rede, und die Stralsunder führen auch "lewend" auf; vgl. Lübecker Urk.=B. II, S. 710 und 1014. Um das J. 1290 kaufte Meynekin Lewentsnidere zu Rostock eine Präbende im Heil.=Geist.
2) Schröder P.=M. I, S. 1609 nennt ihn Gerhard Levenkow und giebt nach dem "Leichensteine" irrthümlich das Jahr 1393 als sein Sterbejahr an; dies ist aber das Sterbejahr seiner Mutter.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Scherer, welcher an derselben Stelle begraben lag und ihm vielleicht verwandt war, von welchem aber nichts weiter bekannt ist.

Ein anderer alter Leichenstein ist in zwei Stücke zerbrochen, von denen der eine rechts neben dem Altare, zum Theil unter einem Kirchenstuhle, der andere in der Kirche vor der Chorpforte liegt. Es ist nur noch etwas von der Inschrift, jedoch nichts Vollständiges, zu erkennen:

Inschrift

— Anno domini MCCCCCXVII, in profesto sanctae Ag[netis], [obiit] venerabilis vir dominus — — — — — [cujus anim]a in perpetua pace requiescat. Amen.

Ohne Zweifel stammt der Leichenstein von dem Grabe eines Pfarrers von Hohen=Sprenz, dessen Name leider nicht erhalten ist.

Ein großer Leichenstein enthält die Gestalt eines stehenden betenden Ritters in eingegrabenen Umrissen, mit der Umschrift:

ANNO 1588 │ DEN 24 IANVARY IS DER EDLE VND ERNVES │ CRISTOFER │ DRIBARCH SELICH IN GODT ENTSLAEEEN

An den Ecken stehen die Ahnen=Wappen:

v. Driberg. v. Bülow.
v. Schmeker. v. Linstow.

Ein großer Leichenstein zeigt einen Ritter und eine Frau stehend mit gefallenen Händen, mit der Umschrift:

ANNO 1672 DEN 12 IANVA │ ILSCHE RANTZOW SELICH IN GODT ENTSLAEEEN . │ ANNO 1652 12 AVGVSTI │ CHRISTOFFER DRIEBERCH SEHLICH IN GODT ENTSLAEEEN.

Unter dem Bilde des Ritters steht das Wappen der v. Fineke mit einem gestürzten, kopflosen Adler und der Umschrift VRSEL FVNEKEN, unter dem Bilde der Frau

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

das Wappen der v. Blome mit einem laufenden Windspiel und der Umschrift ANNA BLVMEN.

Ein ziemlich großer Leichenstein enthält viele Schnörkeleien und Sprüche und die Wappen der v. Drieberg und v. Vieregge. Unter dem Wappen der v. Drieberg steht in 13 Zeilen:

HIER RUHET DER WEYL. WOLGEB. HERR HERR RUDOLPH FRIEDERICH VON DRIBERG HOCHF. MECHELNB. COMMISSARIUS ERBHERR AUF SPRENTZ, GOLDENITZ, SCWETS UND DOLGEN GEB. GOTTHUN AO. 1655 DEN 30 MARTH GEST. SPENTZ 1706 DEN 24 JAN.

Unter dem Wappen der von Vieregge steht in 12 Zeilen:

IN GOTT DIE AUCH WOLGEB. FRAW FRAW ADELHEIT CHRISTINA VIEREGGE AUS DEM HAUSE ROSSEWITZ GEBOHR. SUBZIEN AO. 1666 DEN 6 FEB. GESTORB. AO. 1747 DEN 26 APRIL ZU SCHWEETZ.

 

Vignette