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Gießstätte und Gußform von Holzendorf,

von

G. C. F. Lisch.

Im J. 1858 wurden in dem Torfmoore des Domanial=Pachthofes Holzendorf bei Sternberg beim Torfstechen auf einer Stelle zusammen 31 Stück alte Bronzesachen gefunden und von dem zuständigen Herrn Förster Studemund zu Forsthof Turloff in Empfang genommen, welcher sie im Sommer 1868 an die großherzoglichen Sammlungen auslieferte.

Diese Sachen haben nun einen außerordentlich großen wissenschaftlichen Werth, da alle offenbar zusammen gehörenden Stücke die Reste einer Gießstätte aus der Bronzezeit bilden, welche vielleicht in einem Pfahlbau war, bei dessen Untergange die Sachen in das Moor fielen. So viel bekannt geworden ist, ist dieser Fund eine der vorzüglichsten Gießstätten in den deutschen Ostseeländern und giebt den Beweis, daß zu einer gewissen Zeit, welche unten zur Betrachtung kommen wird, die Bronzegeräthe an Ort und Stelle im Lande verfertigt wurden.

Die Sachen bestehen theils aus zum Gießen nothwendigen Geräthen und aus Abfall vom Guß, theils aus fertigen oder noch nicht ganz vollendeten Geräthen, theils aus verunglückten Stücken, theils aus Bruchstücken von zerbrochenen Geräthen, welche ohne Zweifel zum Einschmelzen bestimmt waren.

Um zunächst eine klare Uebersicht über den Fund zu geben, mögen zuerst die einzelnen Stücke hier verzeichnet werden.

1) 2 zusammen gehörende Hälften einer bronzenen Gußform zum Gießen von Frameen oder Celten (Streitmeißel) mit Schaftloch und Oehr;

2) 4 Gußzapfen , welche von fertigen Frameen oder Celten abgeschlagen sind;

3) 1 Meißel, aus einem runden, gewundenen Kopfringe viereckig gehämmert;

4) 2 Doppelknöpfe, fertig;

5) 2 kleine röhrenartige, verzierte Cylinder, 1 3/4 Zoll lang, nicht zusammen gehörend, unbestimmten Gebrauches;

6) 2 Oesen auf einem halben Cylinder, 1 1/2 Zoll lang, nicht zusammen gehörend, unbestimmten Gebrauches;

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7) 1 dünner Armring, von dem der Gußzapfen noch nicht abgefeilt ist;

8) 2 zerbrochene und verbogene Dräthe, vielleicht von dünnen Armringen, an denen noch Reste von Gußzapfen und übergeflossenem Metall sitzen;

9) 1 angeschmolzenes und verbogenes Ende von einem gewundenen Kopfringe, gegen 3 Zoll lang;

zerbrochene Sachen:

10) 1 Stück von einem dünnen, gewundenen Hals= oder Kopfringe, 2 1/2 Zoll lang;

11) 1 Haken, wahrscheinlich von einem Kopfringe, 1 3/4 Zoll lang;

12) 1 Endstück von einem breiten, verzierten Armringe, mit einer aufgesetzten Oese und einem dreieckigen Loche vor dem Ende, 2 1/4 Zoll lang;

13) 1 an beiden Enden verstümmelter und verbogener glatter Armring, 4 1/2 Zoll lang;

14) 1 Stück von einem ähnlichen, aber schmalern glatten Armringe, 2 3/4 Zoll lang;

15) 1 ähnliches Bruchstück, 1 Zoll lang;

16) 1 Stück von einem viereckigen Drath, 2 1/4 Zoll lang;

17) 1 am Ende gebogene Messerspitze, 3 Zoll lang;

18) 1 Nähnadel mit ausgebrochenem Oehr;

19) 1 platt gehämmertes Randstück, vielleicht von einem Armringe, 1 Zoll lang;

20) 1 Stück von der Schneide von einer Framea (Celt), 1 Zoll lang und breit;

21) 2 Gewand=Nadeln mit flachem, scheibenförmigem, mit concentrischen Ringen verziertem Knopfe, unterhalb des Knopfes gebogen, beide mit abgebrochener Spitze, 4 Zoll und 3 1/4 Zoll lang;

22) 1 runder, hohler Nadelknopf, 1 1/4 Zoll im Durchmesser; die Nadel ist dicht unter dem Knopfe abgebrochen; 31 Stücke.

Schon diese bloße Aufzählung giebt den Beweis, daß hier eine Gießstätte oder Fabrik oder doch die Wohnung eines Bronzegießers war, der jedoch kein umfangreiches Geschäft betrieb.

Gießstätten für Bronze sind schon wiederholt in Norddeutschland und in den nordischen Reichen gefunden. In Dänemark sind sie nicht selten. Einige derselben sind sehr merkwürdig. Vor allen ist der merkwürdige, reiche und alte

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Fund hervorzuheben, der bei Smörumövre gemacht und in der großen Privatsammlung Sr. Majestät des hochseligen Königs Frederick VII. zu Fredericksborg aufbewahrt ward, den ich noch im Juni 1859 sah, den aber der große Brand von Fredericksborg im December 1859 vernichtete. Glücklicher Weise hat Worsaae denselben mit den andern Gießstätten Dänemarks beschrieben und durch viele schöne Abbildungen erläutert; vgl. Annaler for Nordisk Oldkyndighed, Kjöbenhavn, 1853, p. 121-140. Die meisten der sehr zahlreichen Gegenstände, welche ein ganzes Thurmzimmer schmücken konnten, waren oft schön verzierte Frameen (Paalstäbe und Celte) und Lanzenspitzen, jedoch waren dabei auch mehrere höchst merkwürdige, kunstreiche Sachen von altem Styl und Erzkuchen zum Gießen. - Im J. 1853 ward im Königreich Sachsen in der Gegend von Großenhain ein ähnlicher großer Fund gemacht, dessen Gewicht ungefähr 1/2 Centner betrug. Die Mehrzahl der Gegenstände bestand aus Sicheln und Celten und vielen Bruchstücken dieser Geräthe. Zu gleicher Zeit ward an einem andern Orte in der Gegend von Großenhain eine doppelte steinerne Gußform zu einer Sichel und einer Lanzenspitze gefunden. Vgl. Mittheilungen des Königl. Sächsischen Vereins für Erforschung vaterländischer Alterthümer, Heft 10, Dresden, 1857, S. 24 flgd. - Zu den Seltenheiten gehört der Fund, welcher 1865 bei Müncheberg in der Mittelmark, zwischen Cüstrin und Berlin, gemacht ist. Hier wurden 4 Fuß tief 1 ), auf einer Anhöhe am Schermützelsee, 5 vollständige Gießformen aus Thonschiefer gefunden: 2 für ein Messer, 1 für ein Messer und einen Meißel, 1 für ein Messer und einen Stift, 1 für eine Sichel. Vgl. Anzeige für Kunde der deutschen Vorzeit, Nürnberg, 1867, Nr. 2, S. 33 flgd., mit Abbildungen.

Die schärfere Betrachtung der einzelnen Stücke unseres Holzendorfer Fundes läßt nun einen genauern Zusammenhang mit andern Funden und annähernd vielleicht die Zeit, aus welcher er stammt, erkennen.


1) Der Berichterstatter meint, daß die Gegenstände "wahrscheinlich vergraben wurden". Da sie aber 4 Fuß tief unter der Erdoberfläche lagen, so läßt sich wohl annehmen, daß hier eine Höhlen= oder Grubenwohnung war, da Wohnstätten dieser Art gewöhnlich so tief liegen. Zum Verbergen war für die unvollkommenen Geräthe jener Zeit die Tiefe von 4 Fuß wohl zu groß und überhaupt wohl nicht nöthig.
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1) Die bronzene Gußform welche hier unten in einer Hälfte 1) von der Innern und 2) von der äußern Seite

bronzene Gußform

abgebildet ist, ist eine vollständige Form zu einer "Framea" mit Schaftloch und Oehr, oder einem "Celt" (Streitmeißel), wie solche in einer gewissen Zeit der Bronze=Periode häufig vorkommen und in einem sehr ähnlichen Exemplare auf der folgenden Seite abgebildet ist. Die Form ist aus Bronze gegossen, und besteht aus zwei genau auf einander passenden Hälften, deren jede auf der äußern Seite eine angegossene Oese hat, ohne Zweifel um die beiden Hälften beim Gebrauche sicher zusammen zu binden. Daß die Form von Bronze ist, setzt schon eine bedeutende Fertigkeit im Bronzeguß voraus. Diese Celt=Form ist die erste, welche, so viel bekannt, in den deutschen Ostseeländern gefunden ist. - Die Sammlung zu Kopenhagen besaß 1 ) bisher zwei


1) Nach den Mittheilungen des Herrn Kammerraths Strunk zu Kopenhagen.
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Framea

Formen von Paalstäben oder Frameen mit Schaftrinne, beide auch aus Bronze, die eine auf Seeland bei Holbek, die andere in Jütland bei Veile gefunden; in den neuesten Zeiten ist bei Drainsarbeiten in der Nähe von Kopenhagen die Hälfte einer dritten Form zu einem Paalstab aus weichem Stein gefunden. In den Sammlungen zu Stockholm befinden sich auch mehrere Gußformen zu Celten. In den jüngsten Zeiten ist auch eine große Paalstabform in den Besitz des Herrn Wellenkamp zu Lüneburg gekommen. In den Sammlungen zu Darmstadt sollen sich zwei bronzene Formen zu großen Paalstäben befinden. Der Holzendorfer Celtform am ähnlichsten ist jedoch die bronzene Celtform, welche in den großen Pfahlbauten von Morges am Genfer See mit vielen Bronzen von Herrn Forel zu Morges gefunden und von Herrn Professor Keller im Dritten Bericht über die Schweizerischen Pfahlbauten, 1860, Taf. VII, Fig. 42-44, abgebildet und S. 109 flgd. beschrieben ist. Diese Form, deren beide Hälften nach einander aufgefunden wurden, ist der Holzendorfer fast ganz gleich, hat auch einen Ring auf der Außenseite zum Zusammenbinden, ist aber noch ein Mal so lang, 19 Centim., als die Holzendorfer, welche nur 8 1/2 Centim. lang ist.

2) Einen sichern Beweis für eine alte Gießstätte geben die 4 Gußzapfen oder Gußknollen, welche bei der Gußform gefunden sind und von denen ein Stück hieneben abgebildet ist. Thomsen entdeckte 1844 in einem Vortrage über die alten nordischen Metallarbeiten, daß diese rohen, zweibeinigen "Knollen" die abgeschlagenen Gußzapfen oder Gußknollen ("stöbeknolde") seien, welche von dem "Inguß"

Gußzapfen
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in die Kanäle der umhüllenden Lehmform bis zur Füllung der ganzen Form stehen blieben und nach dem Erkalten von den fertigen Geräthen abgebrochen und zum Wiedereinschmelzen bestimmt wurden. vgl. Antiquarisk Tidssckrift, Kjöbenhavn, 1845 p. 171-175, mit Abbildungen, und Worsaae Nordiske Oldsager, 1859, Taf. 46, Fig. 213 und 214.

Aehnliche Gußzapfen bilden sich bekanntlich bei allen Gußwerken. - Die 4 Gußzapfen des Holzendorfer Fundes sind alle "zweibeinig", d. h. aus Gußformen mit zwei Kanälen, aber alle von verschiedener Dicke und Richtung, also alle aus verschiedenen Gußformen.

Gußzapfen
Gußform

Der eine, hier abgebildete, paßt aber genau in beiden Kanälen der Celtform und gehört offenbar zu einem in dieser Form gegossenen Celt. Alle 4 Zapfen sind augenscheinlich von den gegossenen Geräthen, nach den Bruchenden zu urtheilen, kurz abgebrochen oder abgeschlagen, nicht abgefeilt oder sonstwie abgeschnitten.

3) Der sehr seltene Meißel, 5 Zoll lang, ist aus einem Bruchstück eines dicken gewundenen Kopfringes viereckig gehämmert und scharf zugeschliffen. Er ist sonst ganz dem in einem Kegelgrabe bei Vorbeck gefundenen, auf der folgenden Seite wieder abgebildeten bronzenen Arbeitsmeißel gleich (vgl. Jahrb. XXX, S. 148), hat jedoch keinen Griff von Horn, sondern zeigt dadurch, daß er am obern Ende breit gehämmert ist, daß er ohne Griff gebraucht ward. Er faßt beim Gebrauch durch

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Meißel

Schlagen zwar die Bronze, z. B. die Gußzapfen, an, wird aber leicht stumpf, so daß er wohl nicht zum Bearbeiten der Bronze hat gebraucht werden können. - Auch in dem obenerwähnten Bronzefunde von Großenhain wurden "viereckige Meißel" gefunden; vgl. Dresdener Mittheilungen, Heft 10 S. 27.

4) Die beiden runden und glatten Doppelknöpfe sind fertig und vollständig; sie sind verschieden an Form und Größe, in der obern Scheibe 1 1/4 und 1 1/8 Zoll im Durchmesser, und gehören nicht zusammen.

5) Die beiden röhrenartigen Cylinder, von denen einer hieneben abgebildet ist, sind ebenfalls ganz fertig und gehören nach Form und Verzierung ebenfalls nicht zusammen; ihre Bestimmung hat sich noch nicht ermitteln lassen.

Cylinder

6) Eben so ist die Anwendung der beiden auch nicht zusammengehörenden Oesen auf dem halben Cylinder ebenfalls nicht klar. Beide sind noch so, wie sie aus der Gußform gekommen sind. Man sieht auf der Höhe der Oesen noch die Stellen, wo der Gußzapfen abgebrochen ist, und die Gußnäthe, und das aus denselben durchgequollene Metall ist noch nicht abgenommen. (Abbildung siehe unten.)

Oesen auf Cylinder

7) Der dünne geöffnete Armring, 1/8 Zoll breit, gehört zu den wenigen Stücken, welche fertig sind und ist noch in dem Zustande, in welchem er aus der Form gekommen ist. Der Oeffnung gegenüber sitzt ein Rest des abgebrochenen Gußzapfens, der noch nicht abgenommen ist. Kurz vor dem einen Ende ist ein Stückchen Metall aus der Form geflossen.

8-11) sind gewöhnliche Dinge ohne besondere Eigenthümlichkeiten.

12) Das Endstück des breiten Armringes ist aber sehr bemerkenswerth. Das

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abgebrochene Endstück ist 2 Zoll lang. Der gegossene Ring ist 1 1/4 Zoll breit und mit erhabenen Parallellinien verziert. Kurz vor dem Ende ist ein dreieckiges Loch und auf dem Ringe ist eine Oese zum Einhängen von Ringen angegossen. Diese seltenen, ganz besondern Ringe sind bisher nur mit bronzenen Hängeurnen und Buckeln mit Drachenverzierungen, und zwar 6 und 7 Stück bei einander, mit einem Diadem mit Drachenverzierungen, mit mehreren gewundenen Kopfringen und mit spiralförmigen Fingerringen zusammen gefunden, namentlich zu Roga und bei Wesenberg in Meklenburg=Strelitz; vgl. Jahrb. VII, B, S. 36, und VI, B, S. 110, und dazu den ähnlichen Fund von Lübberstorf in Jahrb. XIV, S. 324 flgd. Unser Ringfragment von Holzendorf ist ganz dem einen hieneben abgebildeten Ringe von Roga gleich, nur daß auf dem Holzendorfer Ringe die Verzierungslinien Doppellinien sind und die eingehängten Ringelchen fehlen.

Armring

Auch in Dänemark sind ähnliche Ringe mit eingehängten Bronzeringelchen gefunden; vgl. Worsaae Nordiske Oldsager, 1859, Tat. 56, Fig. 258, und Taf. 58, Fig. 264. Das dreieckige Loch vor den Enden haben außerdem nur noch die vielen Ringe von Ludwigslust, welche aus einem ungewöhnlich hellen Metall bestehen und vielfach geflickt sind, und hiedurch und durch die sonst in der Nähe gefundenen Alterthümer auf eine jüngere Zeit hinweisen; vgl. Jahrb. II, B. S. 46.

13-16) sind gewöhnliche Dinge ohne besondere Eigenthümlichkeiten.

17) Die abgebrochene Messerspitze, 3 Zoll lang, ist sehr geschweift und an der Spitze sehr rückwärts gebogen, anscheinend aus jüngerer Zeit. Das Messer gleicht ganz den Messern der oben erwähnten Gußformen von Müncheberg und zahlreichen in den schweizerischen Pfahlbauten der Bronzezeit gefundenen Messern; vgl. Keller's Pfahlbauten, Dritter Bericht, Taf. V, und Sechster Bericht, Taf. IX (VI).

18) Die Nähnadel mit ausgebrochenem Oehr ist flach, nicht rund oder eckig.

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19) und 20) sind gewöhnliche Dinge.

21) Die beiden Gewandnadeln mit scheibenförmigem Knopfe und einer Biegung unter dem Knopfe sind genau so gestaltet, wie die in Worsaae Nordiske Oldsager Taf. 53 Fig. 239 abgebildete Nadel.

22) Der hohle Nadelknopf ist außerordentlich merkwürdig, da er äußerst selten und in Norddeutschland und Skandinavien bis jetzt nicht vorgekommen zu sein scheint. Der Nadelknopf ist aus einem Stück hohl gegossen und hat die Gestalt einer etwas platt gedrückten Kugel von 1 Zoll Höhe und 1 1/4 Zoll Breite; die Nadel, welche durch den Knopf geht, ist oben vernietet und unten dicht unter dem Knopfe abgebrochen. An jeder der vier Seiten ist ein kleines rundes Loch, welches jedoch bei zweien an dem Rande etwas ausgebrochen ist. Die Löcher dienten ursprünglich wohl dazu, um den thönernen Gußkern herauszuholen, wurden aber (nach Keller's Zweitem Bericht S. 150) dazu benutzt, um farbige Steinchen oder Zinnkügelchen einzusetzen. Um die Nadelenden ist eine Verzierung von 3 vertieften concentrischen Kreisen. Von der Spitze nach den 4 Löchern laufen 4 Bänder hinab, welche aus 4 vertieften parallelen Linien bestehen. Diese Nadelknöpfe sind bisher nur in den Schweizer Pfahlbauten aus der Bronzezeit beobachtet, namentlich aus den Pfahlbauten des Bieler und Neuenburger Sees in der großen Sammlung des Obersten Schwab zu Biel (vgl. Keller Zweiter Bericht, Taf. II, Fig. 51-55, und S. 150) und aus dem Pfahlbau der Bronzezeit von Estavayer im Neuenburger See (vgl. Keller Dritter Bericht, Taf. V, Fig. 4, und S. 91). Größere Nadelknöpfe dieser Art in der Schweiz bestehen auch aus zwei zusammengesetzten Halbkugeln aus getriebenem Blech. Im Norden sind diese Nadelknöpfe in der Bronzezeit bisher noch nicht beobachtet. Jedoch finden sich in der ältesten Eisenzeit ähnliche, welche aus zwei Halbkugeln aus Bronzeblech bestehen, durch welche eine eiserne Nadel geht. Jedenfalls beweiset dieser Nadelknopf, daß zu einer gewissen Zeit eine bestimmte Mode sehr weit reichte. - Zu betrachten ist, daß an dem Holzendorfer Nadelknopfe neben einem der 4 Löcher ein Stück von 5/8 Zoll Länge und 3/16 Zoll Breite ausgebrochen oder nicht gekommen und die Lücke durch Nachgießen so geschickt ausgefüllt und polirt ist, daß man die Ausflickung nur bei scharfem Beobachtung finden kann; im Innern sieht man einen kleinen Metallklumpen vor der ausgebesserten Stelle liegen.

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Betrachtet man nun diesen merkwürdigen Fund im Ganzen und im Einzelnen, so beweiset er wohl ohne Zweifel, daß zu einer gewissen Zeit der Bronzeperiode die Bronzegeräthe der verschiedensten Art im Lande modellirt und gegossen wurden. Man kann diese Zeit wohl in den Ausgang der Bronzeperiode setzen, wie die hohl gegossenen Celte, die Sicheln, die Messer mit den geschwungenen Klingen anzudeuten scheinen. Manches spricht gradezu für diese Ansicht, wie die Ringe mit dem eingehängten Ringelchen, welche zu den Drachenverzierungen gehören. Von Bedeutung ist dabei die Uebereinstimmung aller bisher in Deutschland gefundenen Gießstätten und die Uebereinstimmung dieser und der verschiedensten Geräthe mit den Geräthen aus den Schweizer Pfahlbauten der Bronzezeit. Es sind in Deutschland bisher noch keine Gießstätten für die alten, prachtvollen Bronzegeräthe mit den Spiralverzierungen und dem tiefen edlen Rost, z. B. Schwerter und Diademe, gefunden, und man könnte versucht sein anzunehmen, daß diese aus dem Süden (Phönizien, Klein=Asien oder Griechenland) eingeführt seien. Jedoch erregt der oben angeführte große Fund von Smörumovre in Fredericksborg, welcher offenbar viele alte Stücke und zahlreiche Spiralverzierungen enthielt, einiges Bedenken.

Das aber scheint sicher zu sein, daß die Gießstätte von Holzendorf der jüngsten Zeit der Bronzeperiode angehört und für diese einen Maaßstab abgeben kann.