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Anhang II.

1.

Pfahlbau der Eisenzeit von Vimfow * ),

von

Dr. Wiechmann Kadow.

1.

Als ich im October des verflossenen Jahres erfuhr, es sei ganz kürzlich auf dem 1 1/4 Meile von Goldberg entfernt, an der Goldberg=Crivitzer Landstraße belegenen Gute Vimfow, Eigenthum des Klosters Dobbertin und Pachtung des Herrn R. Jürgens, beim Moderausfahren in bedeutender Tiefe ein altes Grab mit vielen Urnen und eichenen Pfählen aufgedeckt worden, kam ich sofort auf den Gedanken, ob es sich hier nicht eher um die Ueberreste menschlicher Wohnungen als um ein Begräbniß handele, und diese Vermuthung haben die angestellten Forschungen völlig bestätigt. Der Pfahlbau von Vimfow ist von nicht geringem Interesse für die Alterthumskunde und verdient eine eingehende Betrachtung.

Der die Pfahlwohnungen tragende kleine See oder Teich, der im Sommer 1865 ausgetrocknet war und sich deshalb als eine Wiesenniederung darstellte, befindet sich


*) Diese Abhandlung ist in der Mecklenburgischen Zeitung vom 9. Febr. 1866, Nr. 34, zuerst veröffentlicht und wird hier mit Erlaubniß des Herrn Verfassers wieder abgedruckt. Ich begleite dieselbe mit einigen antiquarischen Bemerkungen, welche für eine Zeitung zu ausführlich gewesen sein würden, da der Herr Verfasser während der Aufgrabung mit mir in ununterbrochenem Verkehr darüber gestanden und die von ihm gefundenen Alterthümer dem Vereine geschenkt hat. Die größeren Gefäße hat der Verein noch nicht erhalten können, sondern befinden sich zur Zeit noch in Vimfow.     G. C. F. Lisch.
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hinter dem Hofe Vimfow, nicht weit von der Augziner Grenze, zwischen einst bewaldeten Hügeln versteckt. Der Flächeninhalt der jetzigen Modergrube beträgt einige 80 Quadrat=Ruthen, doch ist die Größe des Teiches in alter Zeit weit beträchtlicher gewesen, indem durch das fortdauernde Beackern allmälig eine Verkleinerung eintreten mußte, so daß die südliche Wand der Grube eine ehemalige Wohnung zur Hälfte bedeckt.

Die Tiefe der geleerten Modergrube betrug in der Mitte 16 Fuß; die Tiefe nimmt jedoch nach den Ufern hin nach und nach ab und schwankt dort zwischen 6 und 8 Fuß. Was die Lagerverhältnisse der Niederung anbelangt, so bestand der Inhalt zunächst aus einer 1 bis 1 1/2 Fuß dicken Schicht Dammerde; unter dieser folgte theils dunkelbrauner, kurzer Torf, theils gelblichbrauner, faseriger Pflanzenmoder von meist blätteriger Beschaffenheit, welche Masse auf einem Untergrunde von blaugrauem Thon (Schindel) ruht. Unter diesem Schindelgrunde, auf den die schweren Hausgeräthe hinabgesunken sind, findet sich eine dünne Sandschicht und unter derselben abermals ein Torflager.

In dem kleinen Weiher haben wenigstens drei Pfahlbauwohnungen gestanden, während eine vierte Wohnung sich am Ufer befand, und jetzt, wie schon bemerkt, zum Theil noch von der einen Wand der Modergrube bedeckt ist. Wenigstens sind an drei verschiedenen Orten Pfahlfundamente gefunden, die wahrscheinlich mit einander in Zusammenhang standen. Leider ist von diesen Bauten nur der eine, fast in der Mitte des Teiches gelegene, zur Untersuchung gekommen, während die anderen bereits vernichtet waren, so daß ihre Stelle nur durch die auf dem Grunde liegenden Steine des Herdes bestimmt ist. Die Pfähle des beobachteten Hauses standen in einem Kreise von etwa zwölf Fuß Durchmesser, und zwar so, daß der obere Theil derselben sich etwas nach innen hinübergebogen hatte. Die Pfähle 1 ), deren Länge ich leider nicht zu bestimmen vermag, sind von verschiedener Stärke, einzelne 4 Zoll stark, andere schwächer; sie sind aus Eichenholz gefertigt und weit besser erhalten, als die der Wismarschen Pfahlbauten, welche von so weicher Beschaffenheit sind, daß sie vielfach mit zu Torf verarbeitet werden. Einige erhaltene Stücke zeigen lehrreich, wie die


1) Das zahlreiche Pfahlholz ist unten zugespitzt und gelblich=grau von Farbe. Mehrere Pfähle sind oben verkohlt. Das Holz, welches noch ziemlich fest und faserig und hell von Farbe ist, ist offenbar viel jünger, als das Pfahlholz von Wismar, welches beim Aufgraben ganz schwarz und als Moder erscheint.       G. C. F. Lisch.
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Pfähle am unteren Ende geschickt zugespitzt sind; auch von anderen breiteren und stärkeren Hölzern, welche, da sie Spuren von Bearbeitung an sich tragen und in der Tiefe liegen, zu dem Pfahlbau gehören werden und vielleicht als Verbandholz gedient haben, kommen mehrfach Bruchstücke vor. Dagegen stammen die in den oberen Schichten des Moderlagers befindlichen Baumstämme aus jüngerer Zeit und sind vielleicht vom Ufer in das Wasser gestürzt. Außerdem lag überall und in großer Menge angebranntes und mehr oder weniger verkohltes Holz, so daß man wohl zu der Annahme berechtigt ist, auch die Pfahlbauten von Vimfow seien durch Feuer zerstört. Im Innern des eben bezeichneten Pfahlfundaments standen neben zerbrochenen Scherbstücken drei vollständige und ganz gerettete thönerne Gefäße, welche die Torfpflanze (Sphagnum) mit der Zeit gefüllt und so im Moderlager unversehrt erhalten hatte. Sie waren nicht bis auf den Thonboden durchgesunken, standen also höher als die Steine, von denen schon geredet ist. Diese Steine von mäßiger Größe - der größte etwa 1 Fuß lang und breit bei 6 bis 8 Zoll Dicke - werden einen kleinen Feuerherd gebildet haben, wie denn auch ein kalkhaltiges Gestein die Einwirkung des Feuers zeigt. Besonderes Interesse erregen die Reste einer am Ufer gelegenen Wohnung, welche nur theilweise bloß gelegt ist, theilweise noch durch die südliche Wand der Grube verdeckt wird. Hier fand man auf dem Schindelgrunde einen anscheinend runden, von kleinen platten Steinen sauber gelegten Damm, dessen Fugen mit Granitgrus und Lehm ausgefüllt sind. Neben diesem Damm, theils noch auf demselben, zeigte sich eine mitunter mehr als einen Fuß starke Schicht von feinem, grauweißem Sande, welche wohl den Fußboden gebildet hat, der Reinlichkeit wegen oft erneuert und dann als Kehricht hinter die Wohnung geschüttet ward. Eine solche Aussandung ist auch in einem Pfahlhause von Wismar beobachtet, während Herr Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock einen ähnlichen Steindamm in der Nähe eines Wasserloches, in dem sich gleichfalls Pfahlbauten befunden haben werden, an drei verschiedenen Stellen entdeckte. Ueberhaupt darf man wohl annehmen, daß die Pfahlbauern neben ihren Pfahlbauten auf dem Wasser Wohnungen am Ufer besaßen, in denen sie größere Thiere schlachteten und deren Fleisch bereiteten, in denen sie Brot backten, kochten u. s. w., während sie sich zur Nacht in ihre sicheren Pfahlbauten zurückzogen. Die schwereren Steingeräthe, als die Quetschmühle mit den Reibsteinen und

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die Schleifsteine, sind bei dem Damme am Ufer gefunden und ließen sich an diesem Orte auch viel verkohlte Holzstücke, sowie ausgebrannte Holzkohlen (von Eichen=, Ulmen= und Tannenholz) beobachten.

Wir gehen jetzt zu den gefundenen Geräthen über und behandeln zunächst die

Geräthe aus Thon.

Der Fund von Vimfow spricht klar für die von Lisch vorgeschlagene Theilung der heidnischen Thongefäße in zwei Classen: in Töpfe und Krüge. Erstere, die Lisch Koch=, Aufbewahrungs=, Wirthschafts= und Wassertöpfe nennt, sind hier groß, roh gearbeitet, ohne Verzierung, meistens gehenkelt und sehr dickwandig; ein Bodenstück ist 1 Zoll stark. Das Material ist, wie immer in der Heidenzeit, Thon, den man mit zerstampftem Granit durchknetete, während zum Ueberzug fein geschlämmter Thon verwendet wurde. Von dieser Gattung thönerner Gefäße sind viele Bruchstücke, häufig mit dem starken Henkel, zu Tage gekommen 2 ), aber auch einen unversehrten Topf von bedeutender Größe hat uns der Pfahlbau geliefert, ein treffliches Stück Alterthum. Derselbe mißt 10 1/2 Zoll in der Höhe, 7 Zoll in der Oeffnung, 9 1/2 Zoll in der Bauchweite und 4 1/2 Zoll in der Basis; der Bauchrand liegt oben, auf seinem Obertheile befinden sich zwei starke Henkel; der schmale auswärts gebogene Rand ist 1 Zoll hoch.Die Farbe des Topfes ist braun; seine Gestalt ist ganz die der Vorrathstöpfe 3 ), welche heutigen Tages in den ländlichen Wirthschaften zur Aufbewahrung von Obstmuß und eingekochtem Fleisch benutzt werden. Daß solche gehenkelte Töpfe auch als Tragetopf oder (in plattdeutscher Mundart) sêlpot (d. i. ein Topf [pot], der an einem Seile [sêl] getragen wird), gebraucht wurden, hat uns gleichfalls der Vimfower Fund dargethan, indem derselbe eine gehenkelte Scherbe geliefert hat, in deren Henkel sich noch ein Fragment des umgeschlungenen

Henkel
Ganze Größe.

2) An die Sammlungen des Vereins sind geschenkt: 14 verschiedene starke Bodenstücke, 28 verschiedene Randstücke, 30 starke Henkel und Henkelstücke.
3) Diese Wirthschaftstöpfe werden in allen Perioden des heidnischen Alterthums ziemlich gleich gewesen sein, während die feinen "Krüge" und "Urnen" der verschiedenen Perioden sich scharf von einander unterscheiden.
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Bandes befand, an welchem der Topf getragen ward 4 ). Das Band von der Dicke eines starken Bindfadens ist aus gedrehtem Rindenbast gearbeitet und zwar, wie ein kundiger Forstmann behauptet, aus dem Bast der Ulme; das erhaltene Stück ist 1 1/2 Zoll lang.

Die Krüge und Näpfe des Pfahlbaues von Vimfow sind viel sorgfältiger gearbeitet, als die stärkeren Töpfe. Das Material ist auch hier der mit zerstampftem Granit oder Sand durchmengte Thon, aber die Masse ist weit feiner und durch Ruß schwarz gefärbt, namentlich der Ueberzug, so daß die Gefäße außen glänzend schwarz erscheinen. Von dieser Art Thongeräth sind zwei sehr schöne Exemplare, ein Krug und ein Trinkbecher, vorhanden. Der Krug, dessen Gestalt sich wohl als niedrige Vasenform bezeichnen ließe, hat eine Höhe von 7 Zoll, ist in dem Halse, der durch zwei Ränder, einen einwärts und einen auswärts gehenden, gebildet wird, 4 1/2 Zoll weit, im Bauche 7 Zoll, in der Basis 3 1/4 Zoll. Der Bauchrand liegt nach oben; Verzierungen fehlen. Der Trinkbecher 5 ) - so glaube ich das kleine, wie eine Obertasse geformte Gefäß nennen zu können, - hält bei einer Höhe von 3 Zoll in der Oeffnung

Trinkbecher
1/4 Größe.

4) Der Verein hat dieses im getrockneten Zustande etwas aufgelöste Bastseil für die Jahrbücher hieneben in Holzschnitt abbilden lassen.
5) Dieser Becher ist in den Besitz des Vereins gekommen, während alle übrigen und größeren, erhaltenen Gefäße sich noch in Vimfow befinden.
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3 Zoll, im Bauche 4 Zoll und in der Basis knapp 1 3/4 Zoll; er hat einen leider abgebrochenen Henkel, dessen obere Hälfte mit dem glatten Rande verläuft. Das für seine Größe dickwandig zu nennende Gefäß hat eine leicht eingegrabene Verzierung von parallelen Schräglinien, welche in Zickzackform um den Becher laufen. Die Linien, je drei bis fünf zusammen, bilden auf diese Weise Dreiecke, die oben und unten durch eine Linie begrenzt sind; in jedem Dreiecke stehen drei Punkte in Kleeblattform und unter der unteren Grenzlinie sind gleichfalls drei Punkte neben einander an den Vereinigungsstellen der Schräglinien angebracht. Diese Verzierung ist ganz ähnlich wie bei den im Friderico-Francisceum, Taf. VI, Fig. 11 und 12, abgebildeten Urnen von Sparow oder wie bei der in den Jahrbüchern des Vereins für Meklenburg. Geschichte, XII, S. 429, Nr. 1, und auf vorhergehender Seite abgebildeten Urne von Pritzier. Fast dieselbe Verzierung zeigen Fragmente von mehreren vasenförmigen Krügen, während auf einem anderen Bruchstück ein Ornament aus Andreaskreuzen vorkommt. Was die schwarze Farbe der feineren Gefäße anbelangt, so ist dieselbe chemisch untersucht worden; es fehlte aber jede Spur von Blei, welches Metall v. Santen in dem Ueberzuge schwarzer Urnen aus der Eisenzeit gefunden hat; vielmehr stellte sich der färbende Stoff als ein sehr kohlenstoffhaltiger dar und wird man daher den Ruß wohl als Färbemittel festhalten müssen. Die Menge der in den Pfahlbauten zu Vimfow vorhandenen Thongefäße muß sehr groß gewesen sein, wie die Masse Scherben beweis't. Unter den nach Schwerin gesandten Bruchstücken fand Lisch 12 Bodenstücke, 12 verzierte schwarze Randstücke und 12 nicht verzierte schwarze Randstücke, theils mit Henkeln. Und wie viel Stücke sind mit dem Moder ausgefahren! Es bleibt noch zu bemerken, daß in den beiden größeren Gefäßen ein kleiner, einige Zoll großer Stein am Boden gelegen hat; vielleicht sollte der Stein ein leichteres Sinken des Topfes beim Wasserschöpfen bewirken.

Geräthe aus Stein.

Der Pfahlbau hat uns die eine Hälfte einer aus feinkörnigem Granit gearbeiteten Quetschmühle 6 ) geliefert,


6) Eine Quetschmühle, aus feinkörnigem grauen Granit, ist dem Anscheine nach nur in halber Länge vorhanden, erst wenig, aber in der ganzen Oberfläche und glatt ausgerieben, durchschnittlich 10" lang, 15" breit und 5" dick.
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wie solche in den Jahrbüchern des Vereins f. Meklenb. Geschichte mehrfach beschrieben und in Jahrb. XXX, S. 41, abgebildet ist. Ob die Quetschmühle, die nur flach ausgehöhlt ist, schon durchgebrochen war, oder ob dies durch die Arbeiter geschehen, kann ich nicht entscheiden: der Stein ist ungewöhnlich dünn. Auch zwei Reibsteine 7 ) sind gefunden, von denen der eine (aus Granit) noch seine natürlichen Bruchflächen zeigt. Ein solcher zum Quetschen des Getreides benutzter Reibstein ist in Jahrbüchern XXX, S. 41, dargestellt. Dann sind zwei große Schleifsteine 8 ) zu erwähnen, Platten aus hartem, rothem und grauem "alten Sandstein", die beide Spuren der Benutzung zeigen. Aehnliche Schleifsteine haben die Wismarschen Pfahlbauten geliefert, und werde ich auf deren Verwendung nochmals zurückkommen. Ganz eigenthümlich sind zwei fast ganz abgerundete kleine Steingeräthe von der Form eines Dambrettsteines 9 ). Der größere aus Thonschiefer mißt 1 3/4 Zoll im Durchmesser und ist fast 1/4


7) Die Reibsteine sind:
1 Reibstein aus altem grauen Sandstein, oval und flach, wie die Schweizerischen Reibsteine, 4" lang, 3 1/2 " breit und 2" dick.
1 Reibstein aus altem grauen Sandstein, mehr kugelförmig, durchschnittlich 3" im Durchmesser, mit mehrern natürlichen, noch nicht angeriebenen Bruchflächen.
1 Sandstein, den Reibsteinen ähnlich, jedoch noch nicht gebraucht.
8) Zwei Schleifsteine zum Schleifen von Feuersteingeräthen, beide von "altem rothen Sandstein" und nur an einer breiten Seite glatt geschliffen, nämlich:
1 Schleifstein von hellrother Farbe, vollständig, durchschnittlich 16" lang, 10" breit und 3 1/2" dick;
1 Schleifstein von dunkelgrauer Farbe, dem Anscheine nach nur in halber Länge vorhanden, durchschnittlich 8" lang, 10" breit und 4 1/2" dick.
Die schweren Schleifsteine u. s. w. lagen bei einander auf dem Sandfußboden auf dem Grunde. Die Töpfe standen höher im Moder.
9) Spielsteine oder Knöpfe? Es sind in dem Moor von Vimfow mehrere kleine Steine gefunden, welche entweder zum Spielen (für ein Brettspiel oder für Kinder) oder auch zu eingenäheten Knöpfen gedient haben, nämlich:
1 glatte Platte von feinem, silbergrauem Glimmerschiefer, rund, am ganzen Rande umher künstlich abgerundet, 1 1/4" im Durchmesser, 3/16" dick; die Platte ward in einem der erhaltenen Töpfe gefunden;
1 glatte Platte von grauem Thonschiefer, rund, am ganzen Rande umher künstlich abgerundet, 1 3/4" im Durchmesser;
1 dünnes viereckiges Stück von grauem Glimmerschiefer, 1 1/2" groß, noch nicht bearbeitet;
1 fast halbkugeliger, auf der untern Fläche glatter, anscheinend geschliffener Feuerstein, 1 3/4" im Durchmesser, ungefähr 1" hoch.
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Zoll stark, während der kleinere aus Glimmerschiefer etwas über einen Zoll im Durchmesser hat und ein wenig dünner ist. Ob diese Steine zu einem Spiele für Erwachsene gehören, ob sie Kinderspielzeug sind, läßt sich nicht entscheiden, und will ich nur darauf hinweisen, daß Brettsteine von ähnlicher Form aus Elfenbein in einem römischen Funde von Gr. Kelle bei Röbel gefunden sind.

Knochen.

Leider sind mir bis dahin nur zwei Knochen aus dem Pfahlbau von Vimfow zu Gesicht gekommen, und zwar vom Schaf (ovis aries), nämlich ein Schulterblatt und eine Fußwurzel, letztere von einem jungen, aber starken Thiere. Die Bestimmung rührt vom Herrn Professor Blasius in Braunschweig her. Die Knochen sind lichtbraun 10 )) gefärbt und ohne Zweifel alt. Hoffentlich werden sich in dem bereits gestreuten Moder noch Knochenstücke auffinden lassen.

Haselnüsse.

Obschon ein großer Theil der in der Modergrube zu Vimfow gefundenen Haselnüsse der neueren Zeit angehört, so wurden doch auch mehrere Nüsse in der Tiefe beobachtet und unter diesen einige sorgfältig aufgeschnittene und mit Moder gefüllte Schalen 11 )). Sie sind dem Pfahlbau zuzuweisen.

Schluß.

Das ist meines Wissens Alles, was aus dem Pfahlbau von Vimfow bis heute ans Licht gefördert worden, und ist namentlich zu beklagen, daß man nicht ein einziges schneidendes Werkzeug 12 )) aufgefunden hat. Das gänzliche


10) Die hier gefundenen Knochen sind sehr hellbraun gefärbt, während die Knochen aus den Pfahlbauten der Steinperiode wenn auch sehr verschieden, doch immer viel dunkler von Farbe sind.
11) Haselnüsse sind auch gefunden.
Merkwürdig ist eine Nuß, welche 1 1/2 Fuß über dem Boden zwischen Kohlen in einer Moderwand steckte. Aus der Schale ist an der einen Seite sehr regelmäßig ein längliches Loch herausgeschnitten, wozu ein scharfes Messer gehört haben muß. Die Nuß gleicht daher einem kleinen Kahn und kann wohl nur ein Kinderspielzeug gewesen sein. Das Innere ist noch mit Moder gefüllt.
12) Es ward jedoch in dem Pfahlbau von Vimfow ein abgespaltenes Stück Feuerstein gefunden, einem Feuersteinspan ähnlich, jedoch etwas dicker und nicht scharf, mit 2 glatten Spaltflächen, 4" lang.
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Fehlen solcher Werkzeuge erschwert sehr die Bestimmung der Zeit, welcher unser Pfahlbau angehört, jedoch bieten die Thongefäße glücklicherweise hinlänglich Anhaltspunkte für eine solche Bestimmung dar. Die schwarz gefärbten Krüge und Näpfe mit ihrer geringen Basis, dem hochliegenden Bauchrande, den Verzierungen in Zickzackform, mit ihrem ganzen Charakter gleichen den in Jahrbuch XII, S. 429, besprochenen Urnen der ältesten Eisenperiode 13 ), welche Lisch nach den neuesten Entdeckungen (Jahrb. XXVI, S. 161 flgd.) bis zur Geburt Christi zurückzudatiren geneigt ist. Nach den Thongefäßen zu urtheilen gehört also der Pfahlbau von Vimfow der ältern Zeit der Eisenperiode an; Pfahlbauten aus diesem Zeitalter sind bisher in Deutschland nicht aufgedeckt. Mit dieser Annahme stehen auch die gute Erhaltung des Pfahlwerkes und die lichtere Färbung der Knochen im Einklang, und nur die beiden oben besprochenen Schleifsteine scheinen auf eine frühere Periode hinzudeuten. Jene Schleifsteine aus Sandstein sind nämlich, wie schon die dänischen Alterthumsforscher vor Jahren nachgewiesen, zum Schleifen der Steingeräthe (Aexte, Beile, Keile u. s. w.) benutzt worden; sie sind, wie ich selbst versucht, viel zu hart, um Werkzeugen aus Eisen eine Schärfe zu geben. Es ist aber wahrscheinlich, daß die Steingeräthe, vielleicht einzelne Arten, noch in der Wendenzeit gebraucht wurden, wenn auch selbstverständlich das Eisen vorherrschte, und will ich hier darauf hindeuten, daß in dem im J. 1138 zerstörten Alt=Lübeck neben den verschiedensten Gegenständen auch einige Feuerstein=Waffen gefunden sind. Indessen ist es auch möglich, daß die Schleifsteine einer älteren Periode angehören. Die Quetschmühle kann der obigen Zeitbestimmung nicht hindernd in den Weg treten, denn solche war bei uns bis zur Zeit des Christenthums in Gebrauch, wie sie noch jetzt in der Wallachei und von den Creolen in Venezuela benutzt wird.

Die Alterthümer von Vimfow sind von Herrn Jürgens=Vimfow in anerkennenswerther Weise der Sammlung des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde


13) Ich muß ausdrücklich hinzufügen, daß diese dünnen Krüge und Urnen von einer gewissen, feinen Thon= und Sandmischung, von gleichmäßig dunkelschwarzer, glänzender Farbe und schräge liegenden, graden Verzierungslinien nach sehr zahlreichen Beobachtungen in Meklenburg bestimmt und ausschließlich der ältern Eisenzeit angehören. - Die Schleifsteine aus altem rothen "Sandstein" sind dagegen nur in den Gräbern und Pfahlbauten der Steinzeit beobachtet.     G. C. F. Lisch.
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zu Schwerin überlassen, und richte ich an alle meine Standesgenossen die Bitte, den Modergruben und Torfmooren auch in Bezug auf die Pfahlbauten ihre Aufmerksamkeit schenken zu wollen. Denn die Pfahlbauten und Gräber allein sind es, die uns sichere Kunde geben können von den Völkerschaften, die in grauer Vorzeit unser schönes Meklenburg bewohnten.


2.

Nachträge.

Im Jahre 1866 sind auf der Feldmark Vimfow gleichfalls beim Moderausfahren in einer anderen Niederung, in der Nähe der früher ausgebeuteten, Reste menschlicher Wohnungen, oder wenigstens Pfahlbaureste, beobachtet worden. Herr R. Jürgens berichtet darüber, daß die zum Theil starken Holzstücke hier wie auf einander geschichtet gelegen haben, auch sind zahlreiche Scherben von Thongefäßen der gröberen Art gefunden, und unter diesen einige, welche auf einen außergewöhnlichen Umfang (bei entsprechender Stärke) schließen lassen.


Bei dieser Gelegenheit will ich noch Folgendes über den 1. Fund von Vimfow bemerken. Daß diese Gegend von Mestlin und Vimfow im Alterthum eine gut bevölkerte gewesen ist, läßt sich aus den zahlreichen Gräbern und alten Geräthen urtheilen, welche hier vorkommen, und hat Herr Förster Kobow zu Mestlin in seinem nahe der Lenschower Grenze gelegenen Pflanzgarten einen "Wendenkirchhof" von nicht geringer Ausdehnung entdeckt. Auch auf den an Vimfow grenzenden Ackerstücken des Gutes Kadow werden vielfach wendische Urnenscherben ausgepflügt. Die nächste Nachbarschaft der Vimfower Fundstätten war also auch in der Wendenzeit bewohnt, und man dürfte in ihnen wohl Pfahlbauten vermuthen. Dagegen sind das Fehlen aller schneidenden Werkzeuge und Waffen, wie das sparsame Vorkommen von

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Thierknochen sehr bedenklich, und bin ich deshalb häufig auf die von meinem verehrten Freunde Lisch aufgestellte Vermuthung zurückgekommen, ob es sich in Vimfow vielleicht um einen Wasserplatz handelt, d. h. also um einen Teich, der mit Brücken versehen, wahrscheinlich auch etwas befestigt war, und aus dem die Bewohner ihren Wasserbedarf entnahmen. Freilich weiß ich alsdann die in einem Kreise von gut 12 Fuß Durchmesser stehenden Pfähle, die sauber geschichteten Steinmassen, die ich für den Feuerherd halte, den runden Damm mit der Masse grauweißen Sandes nicht genügend zu erklären, aber unsere Kenntnisse von solchen Wasserplätzen sind noch sehr schwach. Es ist zu bedauern, daß die Modergrube zu Friedrichshöhe bei Rostock, von der in Jahrb. XXIII, S. 276 und XXIV, S. 265 gehandelt, nicht näher untersucht ist, denn es scheint, als ob dort ähnliche Verhältnisse wie in Vimfow obgewaltet haben.

Schließlich noch die Erklärung, daß die vollständig erhaltenen Töpfe von Vimfow bis dahin nicht an die Vereins=Sammlung abgeliefert werden konnten.

Wiechmann.