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5.
Der Schwerin bei Krakow.

Auch die Feldmark der Stadt Krakow hat ganz dieselben charakteristischen Eigenthümlichkeiten, wie die beiden so eben besprochenen Schwerine, namentlich die Feldmark des Dorfs Schwerin. der Name Schwerin haftet hier zur Zeit jedoch nicht an der ganzen Feldmark, sondern an einer kleinen Insel in dem Krakower See, welcher die Feldmark Krakow mit den südlich daran stoßenden Dörfern Mölln und Bossow auf der Ostseite in ihrer ganzen Ausdehnung begrenzt. Gegen Norden wird die Grenze durch den kleinen Charlottenthaler, früher Carower See gebildet, welcher mit einer weit nach Westen vorspringenden Bucht des Krakower Sees in Verbindung steht. Im Westen zieht sich von dem gedachten Carower See zwischen ziemlich hohen und steilen Hügeln ein tiefes Torfmoor in grader Richtung gegen Süden bis zu einer doppelten Kette andrer kleiner Seen herab, nämlich dem Oldendorper, Schmortzer und einem dritten ungenannten, mit welchem auf der Westseite der Dellin= oder Derliner= und der Lange See, nur durch einen schmalen Landstrich davon getrennt, völlig parallel laufen. Im Süden endlich schließt der kleine Bossower See, welcher gleichfalls mit dem Krakower in Verbindung steht, und das an seinem Westufer gelegene Barenmoor den hier sehr beengten Raum fast völlig ab, während sich hinter demselben weithin große Waldungen ausbreiten.

Das weitaus bedeutendste dieser Gewässer ist für uns der Karower See, welcher mit seinem außerordentlichen Fischreichthum, seinen mannigfaltigen Naturschönheiten und seinen historischen Erinnerungen überhaupt zu den interessantesten Gewässern Meklenburgs gehört. Er mißt in der Länge von Südwest nach Nordost ungefähr 900 Lüb. Ruthen, und in der größten Breite am Nordende, wo er sich östlich nach Serrahn und westlich nach Krakow hin in breiten Busen ausdehnt,

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fast 500 Ruthen. Ungefähr in der Mitte verengt er sich bis auf 50 Ruthen, und hier, auf der sogenannten Wading 1 ), wo sich noch jetzt eine Fähre befindet, zu welcher von Krakow aus ein eigener Weg führt, scheint eine alte Verbindung mit dem jenseitigen Dobbiner Ufer stattgefunden zu haben. Von hieraus erweitert der See sich wiederum fast beutelförmig bis zum Südende.

Diese ausgedehnte, von theilweise sehr hohen, bald mit Tannen, bald mit Laubholz bewachsenen, und überall durch Buchten und Landspitzen zerrissenen Ufern eingefaßte, mit zahlreichen größern und kleinern Inseln bestreute Seefläche zerfiel im Alterthum in mehrere Abtheilungen mit besonderen Namen. Unter dem Krakower See verstand man nämlich nur die nördliche Hälfte, welche wieder in den Binnen=See oder den westlichen Busen, an welchem die Stadt Krakow liegt, und den Außensee, welcher sich östlich nach Serrahn erstreckt, und dessen äußerste östliche Spitze noch wieder den besondern Namen des Serrahner Sees führte, abgetheilt wird. Auf die Südgrenze dieses Außensees (Buten=See) muß ich noch zurückkommen. Die südliche Hälfte unterhalb des Wadings zerfiel dann wieder in den Möllner See, nach dem zum Amte Goldberg gehörigen Domanialdorf Mölln, und den Glaver See, das äußerste südliche Ende, nach dem an dem südöstlichen Ufer gelegenen Lehngute Glave genannt. In jeder dieser Abtheilungen liegen mehrere, früher sämmtlich und meistentheils auch noch jetzt mit Eichen und Buchen bestandene Inseln, namentlich in dem Krakower Binnen=See der Levenwerder, wie er urkundlich im 14. Jahrhunderte heißt und noch jetzt vom Volke genannt wird, während man auf allen neuern Karten Lehmwerder findet, und eine nur durch eine Moorfläche mit dem Festlande zusammenhängende Halbinsel, nördlich von Krakow, auf welcher sich der fast kreisrunde, völlig isolirte Jörenberg, d. h. Judenberg, wie ein vulkanischer Kegel bis zu einer Höhe von mindestens 100 Fuß erhebt. Dieser merkwürdige Kegel, welcher noch bis vor kurzem mit alten Fichten bestanden war, ist augenscheinlich ein Werk der Natur, oben aber anscheinend künstlich abgeplattet, und ohne Zweifel die Stätte, wo zu Anfang des 14. Jahrhunderts die sämmtlichen Juden der Stadt als Opfer eines finstern Religionshasses fielen. Am Fuße desselben, zwischen ihm und dem Levenwerder, liegt endlich der kleinere Ehmken=Werder (Ameisen=Werder?), auf welchem sich eine halbmondförmige, gegen den


1) Vielleicht von dem niederdeutschen waden: waten, also Furth?
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Jörnberg geschlossene Umwallung befindet, deren Zweck und Alter schwer zu bestimmen ist. Diese 3 Inseln werden seit Gründung der Stadt in deren Besitz gewesen sein, da derselben schon in der später zu besprechenden Urkunde von 1298 über den Verkauf des Krakower Sees an das Kloster Doberan einige Inseln reservirt werden, so weit sie deren Verleihung urkundlich zu beweisen vermögte, in den spätern Privilegien aber, namentlich 1366 und 1414, der Levenwerder ausdrücklich bestätigt wird. Der Ehmkenwerder scheint dabei als bloße Pertinenz des Levenwerders, der Jörenberg aber überhaupt nicht als Insel betrachtet zu sein. - In dem Außensee dagegen liegt zunächst fast im Mittelpunkt die zur Pfarre Serrahn gehörige Insel Lieps, oder Lübz, ferner eine gleichfalls zu der Pfarre gehörige Halbinsel, der Hopfenwerder, später Serrahner Werder genannt. Beide Werder hatte die Pfarre nach den Kirchenvisitations=Protokollen des 16. und 17. Jahrhunderts vom Kloster Doberan erworben, und benutzte den größern als Acker, die Lieps aber als Weide, namentlich für die Füllen des Dorfes. Weiter nach Süden aber liegt dann der schon erwähnte Schwerin, eine dreieckige, etwa 40000 []Ruthen umfassende, noch im 17. Jahrhundert mit schöner Buchwaldung bestandene Insel, welche mit dem einen nach Westen gekehrten Winkel das Festland fast berührt, und mit der breiten Basis den südlich liegenden, gegen den Wadding hin spitz zulaufenden Theil des Außenwassers fast abschließt. Mitten in dem kleinen auf diese Weise abgesonderten Becken, jedoch gleichfalls in der Nähe des Westufers, liegt eine bedeutend kleinere, fast quadratische Insel, auf welcher ein künstlicher Ringwall aufgeführt ist, weßhalb die ganze Insel den Namen Burgwall führt. Ein noch kleineres, ganz unbedeutendes Inselchen zwischen dem Burgwall und dem Schwerin heißt de Kök, d. i. die Küche. Diese merkwürdigen Alterthümer bilden natürlich den Mittelpunkt unsrer ganzen Untersuchung dieser Oertlichkeit, weßhalb ich sogleich zu denselben zurückehren werde. - In der Mitte des südlichen Beutels unsers Sees endlich befindet sich eine längliche, fast viereckige Insel, ungefähr von demselben Flächeninhalt, wie der Schwerin, welche in Acten vom Jahre 1619 und einem daselbst anliegenden Abriß dieses Sees der Barenwerder, d. i. Bärenwerder, genannt wird 1 ). Das nördliche Ufer dieser Insel


1) Das niederdeutsche Bär oder Behr bedeutet Eber, auch wildes Schwein überhaupt, und kömmt häufig in den Namen bestimmter Waldflächen (  ...  )
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scheint die Grenze zwischen dem Möllner und dem Glaver See gebildet zu haben, jedoch so, daß der zwischen der Insel und dem Ostufer liegende Theil des Sees vor der Einmündung der Nebel in denselben zu Dobbin gehörte. Die nordwestliche Grenze des Dobbiner Fischerei=Gebietes ward nämlich durch eine Linie gebildet, welche man von der nordöstlichen Ecke der Insel nach eine Landspitze zog, auf welcher ein zweiter, als Alt=Dobbin bezeichneter Burgwall liegt; die Südgrenze dagegen durch eine Linie von der südöstlichen Inselecke rechtwinklich auf den Punkt, wo die Feldscheide zwischen Dobbin und Glave den See berührt. Innerhalb dieses Dobbiner Wassers liegen wiederum drei kleine Inseln: der Lohkwerder, der Ruge= (Rauhe) Werder und der Hökenwerder. Endlich finden wir längs des Südufers abermals 3 kleine, länglichrunde Seen: die Siewes, der größere von ihnen, zunächst am Ufer, und zu beiden Seiten derselben, etwas tiefer nach dem See hinein, östlich der Harde (harte) Ort, und westlich der Steinwerder, welche anscheinend gleich dem Barenwerder zu Glawe gehörten, wenigstens wird in den Acten aus dem 16. Jahrh. dieser Theil des Sees mit "der darin liegenden Insel", worunter doch wohl nur der größere Barenwerder verstanden werden kann, ausdrücklich dahin gerechnet. Sicher gehörte er nicht zu Dobbin, ward aber später allerdings von dem Kloster Doberan in Anspruch genommen. - Diese Eintheilung des Sees ist für unsre Untersuchung nicht ohne Bedeutung, weßhalb ich mich ihrer genauern Feststellung nicht entziehen konnte. Ich wende mich nun zu der Burginsel und ihrer Umgebung zurück.

Der Schwerin war seit alter Zeit Eigenthum der Stadt Krakow, und wird derselben neben dem Levenwerder schon in dem Privilegium der Stadt vom Jahre 1366 durch den Herrn Johann d. A. bestätigt. Ebenso durch die Herren Balthasar und Wilhelm zwischen 1414 und 1418. Im Jahre 1630 verpfändete die Stadt "den mittelsten Schwerin zusammt dem darauf vorhandenen Holze" an den Küchenmeister David Schütte zu Güstrow für 200 Fl. Dieser Ausdruck ist merkwürdig, und scheint zu beweisen, daß man damals alle, oder wenigstens die drei größern Inseln den


(  ...  ) vor. Bar dagegen, mit dem tiefen, zwischen a und o liegende Vokal ist das hochdeutsche Bär. Unsre Insel wird nun stets Barenwerder genannt, wie das ihr gegenüber auf dem Festlande am Ufer des Rossower Sees liegende Moor das Barenmoor, nicht Bärenmoor heißt.
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Leven=Werder, den eigentlichen Schwerin und den Barenwerder des Sees mit dem allgemeinen Namen Schwerin belegte. Unsre Insel ward übrigens dem Pfandinhaber, da die Stadt keine Zinsen bezahlte, im Jahre 1644 für das Capital und die rückständigen Zinsen, im Ganzen 480 Fl. betragend, gerichtlich adjudicirt. Sein Sohn, der Kammerrath Schütze, suchte seine Besitzung durch Fällung des Holzes auszubeuten, und ließ z. B. im Jahre 1675 130 Faden Buchenholz für eine benachbarte fürstliche Kalkbrennerei schlagen, und trat 1693 mit dem Herzog Gustav Adolph über den Verkauf desselben in Unterhandlung, wobei wir erfahren, daß immer noch 400 Buchen, welche zu 500 Faden taxirt wurden, auf demselben standen. Die Unterhandlung zerschlug sich aber, und so gelang es der Stadt, ihre alte Besitzung im Jahre 1710 mit 300 Fl. wieder einzulösen. Auf der Wiebekingschen Karte aus der Mitte des 18. Jahrhunderts wird die Insel ohne besondern Namen als Hütung bezeichnet. Dagegen heißt ein von Krakow direct an das Ufer vor der Insel führender Weg auf dieser Karte der Schweinbrückenweg, vermuthlich statt Schwerin=Brücken, woraus hervorgehen würde, daß die Insel damals durch eine Brücke mit dem Festlande verbunden war, an deren Stelle man in neuester Zeit einen Damm durch das schmale Wasser gelegt hat. - Der benachbarten kleinen Inseln, welche in wirthschaftlicher Beziehung fast werthlos sind, wird erst im 17. Jahrhundert gedacht. Der sogenannte Burgwall ist aber durch Lisch wissenschaftlich untersucht, und stammt nach dessen Bericht 1 ) sicher aus dem Heidenthum. Er ist ein Ringwall mit einer kesselförmigen Vertiefung im Innern und hat einen Umfang von 240 Schritt, ist aber nur etwa 20 Fuß hoch. Die ganze Erdmasse desselben ist künstlich aufgeschüttet und besteht anscheinend aus schwarzer Wiesenerde mit Sand vermischt. Auf der ganzen Oberfläche, namentlich am innern Rande des Ringwalles, fand Lisch ohne Mühe neben Thierknochen zahlreiche Gefäßscherben von der eigenthümlichen Mischung und mit den bekannten Verzierungen der Urnen aus der wendischen Zeit, wogegen sich keine Spur einer Bewohnung der Insel nach der christlich=deutschen Einwanderung gefunden hat. Der ganze Wall gleicht also vollkommen den Ringwällen von Bisdede im Gutower See bei Bölkow, und von Gaarz bei Plau 2 ), und trug gleich diesen im Alterthume


1) Jahrb. XXIV, S. 303.
2) Jahrb. XVII, S. 22.
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ohne allen Zweifel eine heidnische Tempelburg, so daß meine Ansicht über die Bedeutung der Schwerine auch in diesem Falle vollkommen Bestätigung findet. Ueber die Bedeutung der zwischen diesen beiden Inseln liegenden kleinen Kök= oder Kücheninsel wage ich keine Vermuthung, obgleich auch ihre gottesdienstliche Bestimmung kaum zweifelhaft sein kann. Wahrscheinlich wird eine jetzt verschollene alte Volkssage den auffallenden deutschen Namen derselben noch im christlichen Mittelalter dem neugierigen Fremdling erläutert haben, aber niemand hat sich die Mühe gegeben, sie für die Nachwelt niederzuschreiben.

Am Ufer des Sees vor dieser merkwürdigen Inselgruppe lag nach meiner Ansicht in älterer Zeit ein Dorf, welches noch am Ende des 13. Jahrhunderts stand, und damals den Namen Oldenburg führte, aber wahrscheinlich bald darauf untergegangen sein wird. Am 21. Mai 1298 verkaufte nämlich Herr Nicolaus zu Werle dem Kloster Doberan zwei Seen, einen größern und einen kleinern, die stets mit einander verbunden und bis hieher ungetheilt geblieben waren, und von welchen jener zunächst bei der Stadt Krakow lag, und daher der Krakower genannt ward, der kleinere aber das Dorf Oldendorf bespülte, mit allem Eigenthum an den beiden Seen und den darin belegenen Inseln 1 ). Nun liegt es allerdings nahe, dies Dorf an dem Ufer des kleinen Sees an der westlichen Grenze der heutigen Feldmark der Stadt Krakow zu suchen, welcher noch heute der Oldendorfer genannt wird, und diesen Namen schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts geführt hat. Nach einem undatirten, jedoch nach 1561 geschriebenen Actenstücke hatten nämlich die Weltzin auf Sammit den aus ihren See Dellin in den Oldendorper See fließenden sogenannten Werderbach, welcher weiterhin die Krakower Mühlen trieb, zum Zwecke des Aalfanges vor seiner Mündung in den Oldendorper See aufgestauet, worüber es mit dem fürstlichen Vogte zu Streitigkeiten gekommen war. Die Lage dieses Sees ist also nicht zweifelhaft, und ebensowenig kann man daran zweifeln, daß derselbe seinen Namen dem gleichnamigen Dorfe verdankt. Gleichwohl kann ich die, na=


1) - duo stagna nostra, vnum quod est majus et oppido Cracowe adiacet, vnde eciam traxit vocabulum, ut stagnum in Cracowe appelletur, alterum quod est minus et ville, que Oldedhorp vocatur, est contiguum, que duo stagna semper fuerunt coniuncta et manserunt hactenus indiuisa, cum fundo et proprietate ipsorum duorum stagnorum et insularum, que in eis sunt.
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mentlich auch von Lisch ausgesprochene Ansicht 1 ) nicht theilen, daß das Dorf an dem Ufer dieses Sees gelegen habe, und letzterer also eben derjenige sei, welcher 1298 dem Kloster Doberan verliehen ward. Von zwei Gewässern, welche etwa 1/8 Meile auseinander liegen, und nur durch einen kleinen Bach mit einander in Verbindung stehen, kann man, scheint mir, unmöglich sagen, daß sie mit einander verbunden und stets ungetheilt gewesen seien, wie unsre Urkunde sich ausdrückt. Dieser Ausdruck bezieht sich vielmehr augenscheinlich auf verschiedene Theile eines und desselben Gewässers. Ueberdies sucht man in dem kleinen Oldendorper See vergebens nach den Inseln, welche nach unsrer Urkunde in beiden Seen lagen. Kurz, ich bin überzeugt, daß der dort genannte kleinere See bei dem Dorfe Oldendorf kein anderer ist, als die oben hervorgehobene, zwischen dem Schwerin und dem Wading liegende abgesonderte Fläche des großen Sees, den wir jetzt in seiner ganzen Ausdehnung den Krakower zu nennen gewohnt sind. Demnach lag das Dorf Oldendorf am Ufer dieses großen Sees, der Burginsel grade gegenüber, wo man es auch gewiß zuerst zu suchen geneigt sein wird.

Aus dieser Erklärung der Urkunde folgt aber allerdings, daß dem Kloster 1298 nicht der ganze Krakower See nach heutigem Sprachgebrauch verliehen ward, sondern nur die nördliche Hälfte bis zum Wading, und das scheint auch nach den spätern Nachrichten vollkommen richtig zu sein. Freilich besaß das Kloster eine noch vorhandene Urkunde, welche vom 12. Jan. 1341 datirt ist, und worin "Johannes Herzog zu Meklenburg und Herr zu Werle" demselben den freien Gebrauch der beiden, von dem Herrn Nicolaus von Werle gekauften, übrigens nicht genannten Seen dergestalt bestätigt, daß niemand Gerechtigkeit daran haben solle, mit Ausnahme der Fischerei der Stadt Krakow mit dem Schmalthau, so wie der Barlde (Barolde) zwischen dem Barenwerder und dem Dobbiner Ufer in näher angegebenen Grenzen, wogegen dieser Werder selbst und alle kleineren Inseln daselbst dem Kloster zugesprochen werden. Allein diese Urkunde ist eine grobe Fälschung, wie auf den ersten Blick klar ist. Im Jahre 1341 gab es bekanntlich überall noch keine Herzoge von Meklenburg, noch weniger einen Herzog von Meklenburg und Herrn zu Werle in einer Person, da das Fürstenthum Werle erst 100 Jahre später an die Meklenburger Linie zurückfiel; das an der Urkunde hangende Siegel aber ist das


1) Jahrb. XXVII., S. 120 ff.
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des 1264 gestorbenen Herrn Johann von Meklenburg mit dem Beinamen des Theologen. Die Mönche benutzten also eine alte Urkunde dieses Fürsten, die für sie keinen Werth mehr hatte, vertilgten die alte Schrift, indem sie das Pergament mit Bimstein abrieben, wovon bei näherer Besichtigung deutliche Spuren erkennbar sind, und schrieben ihre neue Privilegienbestätigung darauf. Dies geschah sicher längere Zeit nach 1437, wo das Haus Werle erlosch, dessen abgesonderte Existenz dem Fälscher kaum noch bekannt gewesen zu sein scheint, womit der Charakter der Schrift übereinstimmt, der auf das Ende des 15. oder des 16. Jahrhunderts hinweist. Die Urkunde beweiset also im Gegentheil, daß das Kloster damals die behaupteten Rechte nicht besaß, die es eben erst jetzt durch die Fälschung zu erschwindeln suchte, und damit stimmen die folgenden Ereignisse vollkommen überein. In dem Jahre 1526-1528 hatte nämlich das Kloster nach Ausweisung der im Archive aufbewahrten, leider unvollständigen Acten, den Feldzug zur Eroberung der südlichen Hälfte des Sees gegen die v. Linstow auf Glave durch Wegnahme einer Wade der Glaver Fischer eröffnet, indem es den ganzen "Krakower See" für sich in Anspruch nahm, worauf die von Linstow erwiderten, daß ihre Fischer auch nicht auf dem Krakower, sondern auf den "Glaver See" gefischt hätten, welcher letztere mit Einschluß der darin liegenden Insel zu ihrem Gute Glave gehöre, wobei sie sich auf unvordenklichen Besitz beriefen. Offenbar hatten die Mönche eben bei dieser Gelegenheit oder einige Jahre früher zur Vorbereitung auf den zu beginnenden Streit ihre falsche Urkunde fabricirt, deren Production das noch vorhandene Decret zur Folge gehabt haben wird, wodurch den Gegnern der Beweis des behaupteten Besitzes aufgelegt wird. Der Ausgang des Streites ist uns nicht bekannt, doch scheint das Kloster seinen Zweck wenigstens nicht vollständig erreicht zu haben, da das Gut Glave auch nach dieser Zeit eine Fischereigerechtigkeit auf dem See hatte, deren Umfang ich freilich nicht nachzuweisen weiß. Auch Dobbin nahm noch im Anfang des 17. Jahrhunderts ein größeres Fischereigebiet in Anspruch, als die gefälschte Urkunde ihm zugesteht. Die in letztrer gezogenen Grenzen liegen aber offenbar dem oben erwähnten, im Jahre 1619 durch eine herzogliche Commission aufgenommenen Abrisse zum Grunde, und dabei scheint es auch geblieben zu sein. Aehnlich wird das Kloster endlich, und zwar wahrscheinlich vor dem Streite mit Glave, wegen des Möllner Sees operirt haben, denn die dortigen Fischer waren zwar

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noch am Ende des 17. Jahrhunderts im Besitze der freien und unentgeltlichen Fischerei auf diesem Gewässer, aber sie gestanden der Stadt Krakow eine Mitfischerei zu, welche vor der Säcularisation vermuthlich von dem Kloster geübt sein wird.

Andererseits hat auch das Kloster Doberan den jetzigen kleinen Oldendorfer See niemals besessen. Am 2. Juni 1331 stiftete nämlich der Herr Johann zu Werle eine neue Präbende in dem Dome zu Güstrow, und datirte dieselbe mit 4 Mark Hebungen aus der Mühle zu Krakow, indem er ihr zugleich den oberhalb der Mühle liegenden, damit in Verbindung stehenden See überwies 1 ). Da nun die Krakowschen Mühlen durch den aus dem Oldendorfer See herabfließenden Werderbach getrieben werden, wie wir schon eben gesehen haben, so kann der jetzt von Seiten des Landesherrn dem Dome zu Güstrow verliehene See kein andrer sein, als eben der Oldendorfer, welcher also sicher niemals Eigenthum des Klosters Doberan gewesen ist, weßhalb er auch in der falschen Urkunde von angeblich 1341 nicht in Anspruch genommen wird.

Das untergegangene Dorf Oldendorp hat also zuverlässig am Krakower See der Burginsel gegenüber gelegen. Der besprochene, an der Sammiter Grenze liegende kleine See gehörte aber ohne Zweifel zu der Feldmark des Dorfes, von welchem er später den Namen erhielt, nachdem man sich gewöhnt hatte, den abgesonderten Burgsee ohne weitere Unterscheidung zu dem Krakower See zu rechnen. Dies konnte um so leichter geschehen, als das Dorf frühzeitig untergegangen ist, worauf die längere Zeit wüst liegende Feldmark getheilt ward, so daß die östliche Hälfte auf die Stadt Krakow, die westliche auf die Weltzine zu Sammit überging. Schon bei der Bestätigung der Privilegien der Stadt von 1366 ward derselben namentlich auch die "weyde in scheden vnde Velden des olden Dorpes myt Stadtrechte" bestätigt, und ebenso fast mit denselben Worten in dem Stadtprivilegium der Herren Balthasar und Wilhelm von 1414. Daß dies aber nur die Hälfte der wüsten Feldmark war, geht aus zweien, freilich etwas jüngern Urkunden der Weltzine


1) - - ipsamque - sc. prebendam - redditibus quatuor marcarum usualis monete in molendino Crakowe dotauerimus, dimittentes et assignantes eidem ecclesie cum proprietate et iure vasallorum nostrorum et cum stagno superiore adiacente sive annexo influente. Nach einem Original=Transsumte in der gleichzeitigen Bestätigung des Bischofs zu Camin.
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hervor. Am 23. Febr. 1478 verpfändete nämlich der Knappe Mathias Weltzin zu Tzammytte seinem Vetter Joachim Weltzin daselbst außer seinem Antheil an dem Acker und der Heide auf dem nicht mehr zu bestimmenden Verkwitzer Felde auch seine Hälfte von Oldendorp, Holz und Weide, mit der hohen und niedern Gerichtsbarkeit 1 ), und ebenso verpfändete Jacob Weltzin zu Zehna am 26. Febr. 1478 dem Bürger Hermann Pynnow zu Güstrow seinen Antheil an den Wassern und Bächen zu Tzammytte, und die Hälfte des Feldes Oldendorp mit allem Zubehör, mit allem Holze und Acker, Weiden und Wiesen, Brüchen, Mooren und Wassern, der hohen und niedern Gerichtsbarkeit, Fischereien und Wadenzügen und aller Herrlichkeit. Aus den Ausdrücken dieser letztern Urkunde ergiebt sich zugleich, daß die östliche der oben beschriebenen parallelen Seeketten, also der Oldendorper und der Schmortz=See, ursprünglich noch zur Feldmark Oldendorp gehörte, so daß der Dellin= und der Lange=See die Grenze bildeten. Dafür scheint auch der Name des Dellin, von dem Böhmischen deljin: theilen, delenj: Theilung zu sprechen. Auch scheint der schmale, zwischen beiden Seeketten liegende Landstrich später Gegenstand langen Streites gewesen zu sein, wie sein Name der vordern, mittlern und hintern Pfandstätte andeutet. Der Name des Schmorz=Sees ist dagegen vermuthlich von dem Wendischen smrjok, smrok, böhmisch smrk, smrek: Fichte, smrcj: Fichtenwald abzuleiten. Wann der östlich von diesen Seen liegende Sammiter Antheil an der Oldendorper Feldmark an die Stadt Krakow, wohin er jetzt gehört, gekommen sein mag, ist unbekannt.

Es ist noch übrig einen, wenn auch nur flüchtigen Blick auf die Geschichte der Stadt Krakow selbst zu werfen, so weit dieselbe nicht in dem Vorstehenden schon berührt werden mußte. Krakow heißt Rabenort, von dem Slavischen kraka, böhmisch krkawec: Rabe, Dohle, dem weisen Vogel Othins, dessen Erscheinung zugleich Tod und Krieg verkündet, und der auch in slavischen Mythen als weissagender Götterbote erscheint 2 ): gewiß ein bedeutungsvoller Name für eine Oertlichkeit in der unmittelbaren Nähe der heiligen Tempelburg des Kriegsgottes. Ebenso hatte aber auch die hier später gegründete deutsche Stadt in den ältern Zeiten eine vor


1) Ock an deme Oldendorpe, holt vnde weyde, hogest vnde sydest, myne helffte, de yck daran gehatt hebbe.
2) Hanusch a. a. O. p. 318. In Böhmen vertritt der Rabe die Stelle des Teufels, wenn man sich scheuet, den letztern zu nennen: aby te krokawec! Daß Dich der Gukuk, oder Geier! statt: daß Dich der Teufel!
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vielen anderen hervorragende Stellung, die ihrer Größe und politischen Wichtigkeit in keiner Weise entsprach, und sich nur durch die religiöse Bedeutung dieser Gegend im Heidenthume erklären lässt.

Die Zeit der Gründung der Stadt kennen wir nicht; genannt wird sie zuerst in der oben besprochenen Urkunde von 1298. Das älteste Gebäude derselben ist die Kirche, deren Styl nach Lisch noch in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurückzuweisen scheint. Zu ihrem Pfarrsprengel gehörten im Alterthum Grube (Charlottenthal), Tessin, Möllen, Bossow und das weit entfernte Glave mit einer eignen Kapelle. Das Patronat ward schon früh an das Domcapitel zu Güstrow verliehen, welches seit 1331, wie wir gesehen haben, eine aus der Mühle zu Krakow dotirte Präbende besaß, und die Pfarre mit seinen Capitularen besetzte 1 ). In Folge dessen ward die Kirche zur Propstei Güstrow unter dem Bischof von Camin gerechnet, obwohl Krakow sicher niemals zu Circipanien gehört hat. Die Kirche war reich dotirt und besaß namentlich auf der Oldendorfer Feldmark an dem kleinen Glambeker See zwischen den Dörfern Mölln, Bossow, Sammit und der Stadtfeldmark 5 volle Hufen Landes, wovon nach der Reformation im 17. Jahrh. 2 Hufen zu der Pfarre gelegt waren. Letztere besaß außerdem noch mehrere einzelne Ackerstücke, z. B. bei der Kummerow und dem Barenmoor, ferner das Schlafhorn und ein Stück von 3 Schffl. Einsaat mit einer Wiese an der Wendstraße in der Nähe der Pfarrwohnung. Dazu erkaufte der Pfarrer im Jahre 1389 noch 7 1/2 Hufen auf dem Felde Gülzeke von dem v. Oldenburg zu Glave. - Außer dieser Hauptkirche stand früher vor der Stadt noch eine Kapelle zum Heiligen Blut, welche ihren Ursprung einer der im Mittelalter so häufigen Judenverfolgungen verdankte. Um das Jahr 1325 war nämlich ein gewaltsamer Einbruch in die Kirche geschehen, und vermißte man namentlich das Gefäß mit den geweiheten Hostien. Das Capitel zu Güstrow schrieb auf diese Nachricht einen allgemeinen Fasttag aus, an welchem Gott um die Enthüllung des Verbrechens gebeten ward, ob es aus Eigennutz, oder zur Schändung des Leibes und Blutes Christi verübt sei. Der Fürst Johann aber warf seinen Verdacht sofort auf die Juden, ließ dieselben sämmtlich verhaften und durch grausame Tortur zum Geständniß bringen, worauf dieselben sämmtlich nebst


1) Am 21. Novbr. 1335 kommt z. B. der Domherr Nicolaus als Pfarrer zu Krakow vor.
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zahlreichen Mitschuldigen außerhalb der Stadt - ohne Zweifel auf dem zum Eingang beschriebenen Judenberge - gerädert wurden. Aus dem Ertrage der bei dieser Gelegenheit von den zahlreich zusammengeströmten Gläubigen dargebrachten Opfer, und wohl auch der confiscirten Güter der Juden aber ließ der Fürst mit Consens des Bischofs von Camin zur Aufbewahrung und zur Ehre der wiederaufgefundenen Hostien eine Kapelle bauen, deren Einnahme aus den künftigen Opfern der Wallfahrer zu dem wunderthätigen heiligen Blute der Fürst und die Domherren theilten 1 ). Die Kapelle stand nach einer alten Angabe 2 ) so, daß die Mühle, aus welcher 1331, offenbar auf Veranlassung der erzählten Ereignisse, die neue Dompräbende dotirt ward, zwischen der Stadt und der Kapelle lag, d. h. vor dem Güstrower Thore, wo noch jetzt in einer Wiese, hinter der nördlichen Häuserreihe der auf Sumpfboden erbaueten Vorstadt, ein künstlich erhöheter, viereckiger Platz auffällt, welcher der Kirche gehört und ohne Zweifel die alte Kapellenstätte ist.

Die Stadt Krakow war im Alterthum Hauptort einer eignen Vogtei, welche das Gebiet von dem Krakower See bis zu den Goldberger und Damerower See umfaßte, deren Nordgrenze aber nicht genauer zu bestimmen ist. Bei den Landestheilungen der Fürsten von Werle wird Krakow wohl stets bei Güstrow geblieben sein. Ueber die erste Theilung von 1282 fehlen specielle Nachrichten. In der zweiten am 27. Decbr. 1316 aber wurden die Vogteien Plau und Krakow zu dem Güstrower Antheil gelegt, wogegen das benachbarte Goldberg an Parchim kam und seitdem die gewöhnliche Residenz dieser Linie war. In der Erbverbrüderung der Herren Albrecht und Johann von Meklenburg mit den Herren Nicolaus und Bernhard von Werle=Güstrow vom 20. Juli 1344 wurden daher unter den Schlössern, Städten und Ländern


1) Kirchberg, Chron. c. 178. Das Jahr wird nicht angegeben. Das Ereigniß ging aber der Verfolgung der Juden in Güstrow voraus, welche c. 179 ausdrücklich in das Jahr 1330 gesetzt wird - Schröder P. M. p. 972 gedenkt eines alten Manuscripts, wonach schon im J. 1313 eine Verfolgung der Juden aus dem Fürstenthum Wenden, namentlich in Krakow und Güstrow stattgefunden habe. Es ist aber ohne Zweifel 1331 zu lesen, und an die hier besprochenen Ereignisse zu denken.
2) Thiele, die Domkirche zu S. Cäcilien in Güstrow S. 7 und 8, anscheinend nach dem nicht mehr vorhandenen Originale der mehrerwähnten Urkunde von 1331. - Auf dem Charlottenthaler Felde an der Krakower Grenze liegt auch ein Judenmoor, welches seinen Namen gleichfalls diesen Ereignissen zu danken haben wird.
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der Letztern namentlich auch Plau und Krakow genannt. Ebenso blieben beide Vogteien in der weitern Theilung der Güstrower Linie am 14. Juli 1347 bei dem Hauptorte, während Waren Sitz einer jüngern Linie ward. Seitdem theilte Krakow ein halbes Jahrhundert hindurch das Schicksal von Plau. Im Jahre 1356 wurden beide Städte mit ihren Vogteien durch Herren Nicolaus und Bernhard von Werle=Güstrow an den Herzog Albrecht von Meklenburg verpfändet, wodurch beide Städte sofort in die Kriege Albrechts verwickelt wurden 1 ). Schon zwei Jahre darauf, am 24. August 1358, ward Plau von dem Herzog Erich von Sachsen=Lauenburg erobert, und ein gleiches aber noch härteres Schicksal wird auch Krakow getroffen haben, obwohl es in den gleichzeitigen Chroniken nicht mit genannt wird, denn in der nächsten Privilegien=Bestätigung von 1366 wird bemerkt, daß die ältern Privilegien der Stadt in den vorhergehenden Kriegen verbrannt seien 2 ) und in der folgenden Bestätigung von 1414 wird ausdrücklich hinzugesetzt, daß dies bei Gelegenheit einer Eroberung der Stadt geschehen sei. Die Stadt war also bei dieser Gelegenheit in Flammen aufgegangen; übrigens gab Erich seine Eroberungen nach dem Helsingborger Frieden am 18. Octbr. 1358 zurück. Am 2. Juni 1361 verafterpfändete Herzog Albrecht Plau und Krakow an verschiedene Ritter, und in dem am 31. Octbr. 1366 mit den beiden Linien der Herren von Werle abgeschlossenen Bündniß, wobei zugleich eine Nichte des Herzogs Albrecht mit Herrn Johann dem ältern von Parchim=Goldberg verlobt ward, wurden beide Städte und Vogteien, welche baldthunlichst eingelöset werden sollten, der Braut als Mitgift verschrieben. In Folge dessen ward dem Herrn Johann dem älteren sofort die Eventual=Huldigung geleistet, wogegen dieser die Privilegien beider Städte bestätigte 3 ). Johann IV. von Goldberg kam nicht in den wirklichen Besitz derselben, sondern starb 1375 unvermählt. Seine Vettern und Nachfolger, Lorenz und Johann V., Söhne des Nicolaus von Werle=Güstrow, löseten aber beide Städte 1377 wirklich von dem Herzoge Albrecht ein,


1) Vgl. über diese Verpfändung und die folgenden Ereignisse Lisch, Geschichte der Stadt Plau, Jahrb. XVII, S. 112 - 132.
2) Alse yn tyden des kryges dersuluen Stad breve, auer ere frigheiten gemaket, weren vorbrenth, vorlaren vnde to nichte kamen.
3) Die Plauer Urk. ist vom 22. Novbr. 1366. Die Krakower ist nur in einer unvollständigen Abschrift ohne Datum vorhanden. Die berichteten Ereignisse lassen aber über die gleichzeitige Abfassung dieser wichtigen, schon wiederholt citirten Urkunde keinen Zweifel.
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worauf Johann dieselben in eben diesem Jahre bei seiner Vermählung mit der Braut des verstorbenen Johann IV. dieser seiner Gemahlin der ältern Bestimmung von 1366 gemäß als Leibgeding überwies, obwohl sich dieselben noch in dem Pfandbesitze der v. Bülow befanden, und erst nach dem Tode beider Brüder Lorenz und Johann am 9. Octbr. 1403 und 27. März 1405 durch die Söhne des ersteren, Balthasar und Johann VII., völlig eingelöset wurden. Im Jahre 1414 starb auch Johann VII., worauf der jüngere Bruder Wilhelm aus dem geistlichen Stande, dem er angehörte, zurücktrat, und die Mitregierung übernahm, bei welcher Veranlassung die zweite auf uns gekommene Bestätigung der Privilegien der Stadt Krakow durch die Gebrüder Herren Balthasar und Wilhelm erlassen sein wird 1 ). Mit dem Fürsten Wilhelm starb bekanntlich das Haus Werle am 7. Septbr. 1436 im Mannesstamme aus, worauf mit den übrigen wendischen Provinzen auch Stadt und Land Krakow an die Herzoge von Meklenburg fiel, und mit dieser Veränderung, oder doch nicht lange darauf scheint auch die Vogtei Krakow aufgelöst zu sein, indem die Domanialdörfer dem Amte Goldberg, die Ritterschaft aber dem Amte Lübz einverleibt ward.

Diese Stellung der Stadt als Hauptort einer nach ihr genannten Vogtei setzt die Existenz einer fürstlichen Burg in derselben, als Sitz des Vogtes, voraus. Auch wird ihrer hin und wieder gedacht, aber selten, und nur im 14. Jahrhundert. Im Anfange des Jahrhunderts scheinen die Fürsten ihren Hof auch zuweilen in Krakow gehabt zu haben, da sie dort Urkunden ausstellten, z. B. am 10. März 1338. Nach höchster Wahrscheinlichkeit ward die Burg aber bereits bei der Eroberung und Einäscherung der Stadt im Jahre 1358 zerstört, wie aus dem Umstande zu folgern scheint, daß bei den vielfachen Verhandlungen über die Verpfändung und Einlösung der Städte Plau und Krakow in den folgenden Jahren stets nur der Stadt und des Landes, niemals der Burg oder des Hauses Krakow gedacht wird. So heißt es z. B. in der Urkunde vom 23. Juni 1362: "Plawe [vnde]


1) Auch diese Urkunde ist nur in hochdeutscher Uebersetzung und verstümmelt, namentlich ohne den Schluß vorhanden. Ihre Zeit bestimmt sich dadurch, daß sie nach Johanns Tode im Frühjahr 1414, und vor der Annahme des Titels Fürsten zu Wenden 1418 erlassen worden ist, also mit größter Wahrscheinlichkeit bei dem Regierungsantritte Wilhelms 1414.
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Krakowe, hus, stat vnde lande" 1 ), wo Haus und Stadt offenbar auf Plau allein zu beziehen sind, ohne Zweifel weil nicht nur das Haus, sondern auch die Stadt Krakow noch in Asche lagen. Ebenso 1366 Oct. 31: "Plawe hus, stad vnde land, - - vnde de voghdye Krakowe", wogegen weiterhin auch von "hus, stad vnde land to der Lawe (Lage)" die Rede ist 2 ). Ferner 1369, Juli 6: slod tu Plawe vnde land, vnde dat land tu Cracowe" 3 ). Aus diesen Worten erhellt deutlich, daß Krakow damals keine fürstliche Burg mehr hatte, sondern von dem Vogte zu Plau mit verwaltet ward. In einer Urkunde vom 30. Novbr. 1396 nahmen dagegen die Herzoge Johann und Ulrich von Stargard die Gevetter Vicke und Hartwig von Bülow mit ihren Schlössern Plau und Krakow und den dazu gehörigen Vogteien in ihren Dienst 4 ). Die v. Bülow scheinen also während ihres Pfandbesitzes der Stadt Krakow seit 1375 die Burg daselbst wiederhergestellt zu haben. Vielleicht blieb es auch bei der Absicht, oder das neue, schwache Werk ward bald wieder zerstört, da seit dieser Zeit niemals wieder die Rede davon ist. Uebrigens scheint dies eigenmächtige Bündniß der v. Bülow mit fremden Fürsten ohne Consens ihrer Herren von den letztern keines Wegs stillschweigend genehmigt zu sein, vielmehr ist es auffallend, daß bei der spätern Einlösung des Pfandes in den Jahren 1403 und 5 durch die Herren zu Werle nur der Städte und Länder gedacht wird, und die v. Bülow schon im Jahre 1399 selbst die Thore der Stadt Plau dem Rathe auslieferten. Sie hatten also anscheinend auch die Burg Plau an die Herren v. Werle zurückgeben müssen, weshalb es nicht unwahrscheinlich ist, daß auch die Befestigung von Krakow schon bei dieser Gelegenheit wieder aufgehoben ward. Seitdem scheinen die Herren zu Werle ihre Sommerresidenz mitunter am entgegengesetzten Ufer des reizenden Sees zu Serrahn aufgeschlagen zu haben 5 ).


1) Jahrb XVII, Urk. Nr. 37.
2) Lisch, Maltz. Urk. II, Nr. 279.
3) Jahrb. XVII, Nr. 39.
4) - myt eren sloten, alzo mit Plawe vnde mit Crakowe, vnde myt den landen vnde voghedygen, de to den sloten horen. Jahrb. XII, Urk. Nr. 45.
5) Am 17. März 1427 verpfändeten z. B. die v. Buke einige Güter im Dorfe Bresen bei Stavenhagen und verhießen die Auflassung des Lehns "vor den heren tome Sarane" und am 15. August desselben Jahres stellte der Fürst Wilhelm seinen Willbrief wirklich "to deme Tzarane" aus.
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Die Lage dieser Burg ist nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen, sehr wahrscheinlich lag sie aber an der Südseite der Stadt am Ufer des Sees. Die Stadt liegt nämlich auf einer flachen Höhe mitten in einer Wiese und wird überdies gegen Westen und Norden von dem mehrgenannten Werderbache, welcher aus Südwesten kommend durch das gedachte Wiesenthal um die Stadt herum fließt und im Nordosten in den See mündet, im Süden aber durch einen, aus diesem Bache abgeleiteten Graben eingeschlossen. Bei dieser von Natur ziemlich festen Lage hat man die Anlegung von Wällen nicht für nöthig erachtet. Nur an der bezeichneten Stelle liegt ein kurzer Wall von nicht unbedeutender Höhe, welcher durch den hier in den See mündenden Graben von der Stadt getrennt ist, und an welcher sich außerhalb zunächst ein länglicher Ackerkamp anschließt, welcher theils der Geistlichkeit, theils dem Stadtrichter gehört. Von hier aus zieht sich ein durch die Wiese aufgeschütteter Weg längs des Seeufers nach dem Schwerine hin. Dieser Weg wird im 17. Jahrhunderte die Wendenstraße genannt, ein Name, welcher auch auf den Ackerkamp vor dem Walle übertragen worden ist. Auf diesem, in jeder Beziehung dazu geeigneten Platze ist nach meiner Ueberzeugung die alte Fürstenburg zu suchen. Ob sich außer dem Walle selbst noch irgend welche Spuren derselben finden, habe ich nicht in Erfahrung bringen können.

Wichtiger und bedeutsamer noch, als diese Stellung des Städtchens als Hauptort einer Vogtei und Sitz eines Vogtes auf der fürstlichen Burg, ist der Umstand, daß die Huldigung der Mannen und Städte des ganzen Fürstenthums Werle, mindestens Güstrowschen Antheiles, nach alter Gewohnheit vor Krakow stattfand, wie die der Meklenburgischen Stände zu Beidendorf vor Meklenburg und der Stargardschen zu Colpin bei Stargard. Freilich ist diese Gewohnheit urkundlich nicht sehr hoch hinauf nachzuweisen, aber nur, weil es überhaupt an ältern Nachrichten über die Huldigungsstätten, namentlich für die östlichen, später zu dem Fürstenthum Wenden gehörigen Provinzen, fehlt. Der erste Fall einer Huldigung vor Krakow, den ich nachzuweisen vermag, ist vom Jahre 1338. Am 27. Aug. 1337 war Johann II. zu Werle=Güstrow gestorben, worauf sein Sohn und Nachfolger Nicolaus V., nachdem er sich am 6. Januar 1338 vermählt hatte, mit dem Rathe seiner treuen Vasallen am 10. März d. J. zu Krakow ein ewiges Schutz= und Trutzbündniß mit seinem Vetter Johann III. zu Werle=Gold=

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berg schloß 1 ). Offenbar geschah dies, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt wird, auf Veranlassung der dort vollzogenen Huldigung, welche für den eventuellen Successionsfall auch dem Herrn Johann geleistet sein mogte. Der nächste Successionsfall in dieser Linie nach dem Tode des Nicolaus fiel in das Jahr 1360, aus welchem wir keine Nachricht über die Huldigung haben. Die Eventual=Huldigung für Herrn Johann IV. von Werle=Goldberg im Jahre 1366 betraf nur die beiden verpfändeten Städte und Vogteien Plau und Krakow, und auch in Betreff dieser ist die Huldigungsstätte nicht bekannt. Dasselbe gilt in Betreff der Succession der Herren Balthasar und Johann VII. im Jahre 1400 und ihres Bruders Wilhelm im Jahre 1414, da namentlich auch das Datum der damals ertheilten Privilegienbestätigung der Stadt Krakow unbekannt ist. Die in Folge der Meklenburgisch=Werleschen Erbverbrüderung vom Jahre 1418 den Herzogen von Meklenburg im Fürstenthum Wenden am 11. Febr. 1421 geleistete Eventualhuldigung geschah dagegen zu Güstrow, und ebenso nahmen die Herzoge Johann und Heinrich d. A. von Stargard, und Heinrich d. J. und Johann von Schwerin nach dem Erlöschen des ganzen Hauses Werle mit dem Tode des Fürsten Wilhelm am 7. Septbr. 1436 die Huldigung der Werleschen Stände am 22. Novbr. d. J. zu Güstrow ein. Allein diese Huldigungen wurden nicht bloß von den Ständen des Güstrower Antheils, sondern des ganzen vereinigten Fürstenthums Wenden geleistet, und überdies wurden gleichzeitig mit den Ständen sehr umfängliche und wichtige politische Verhandlungen gepflogen, zu welchen sich die gewöhnliche Mahlstätte unter freiem Himmel nicht eignete. Auch nach dem Tode Herzogs Heinrich d. J. am 9. März 1477 scheint die Huldigung seiner Söhne wiederum zu Güstrow geschehen zu sein, wenigstens ward die allgemeine Privilegienbestätigung für die Mannen und Städte des Landes Wenden nach geschehener Huldigung am 12. Mai d. zu Güstrow ausgefertigt 2 ), was freilich die Möglichkeit nicht ausschließt, daß die voraufgegangene Huldigung selbst zu Krakow geleistet sei. Wie es nach dem Tode der Herzoge Magnus und Balthasar, Heinrichs Söhne, 1503 und 1507, gehalten sei, ist wiederum unbekannt. Gewiß ist dagegen, daß nach dem Tode des Herzogs Albrecht VII. dessen älteste Söhne Johann Albrecht, Ulrich und Georg im Jahre 1548 die Huldigung


1) Lisch, Urk. des Geschlechtes Hahn Nr. 98.
2) Pölker, Sammlung V, S. 42.
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der gesammten Stände des Landes Wenden wiederum zu Krakow einnahmen. Das betreffende Protokoll ist freilich nicht mehr vorhanden, aber in dem Protokolle über die zu Cölpin geschehene Huldigung der Stände des Landes Stargard vom 10. April 1548 wird ausdrücklich auf die voraufgegangene Huldigung zu Krakow Bezug genommen, und in der ohne Zweifel für alle drei Kreise gleichlautenden Ladung der Ritterschaft heißt es, daß sie nach althergebrachtem Gebrauch und Gewohnheit des Orts zu erscheinen, und die gebürliche Erbhuldigung zu leisten habe. Auf diese Krakower Huldigung nahmen auch die Stände noch auf dem Landtage vom 4. April 1555 Bezug. Ganz ebenso ward die Ritterschaft der drei Kreise nach dem Tode des Herzogs Johann Albrecht von dessen Sohne, Herzog Johann, im Jahre 1588 "nach altem Herkommen und Gebrauch" beziehungsweise auf den 14. Mai nach Beidendorf und den 7. Juni nach Cölpin verschrieben, und die Stände hielten so fest an diesem Gebrauche, daß diejenigen der wendischen Vasallen, welche versehentlich nach Cölpin citirt waren, sofort protestirten, und die Versicherung erhielten, daß ihnen der Irrthum für die Zukunft ohne Nachtheil sein solle. Dasselbe Verfahren fand ferner bei der Huldigung des Herzogs Carl 1605 und der Herzoge Adolph Friedrich und Johann Albrecht II. 1609 statt, und zwar stets mit ausdrücklichem Bezuge auf altes Herkommen und Gewohnheit 1 ).

Diese Gewohnheit erklärt sich rücksichtlich Beidendorfs und Cölpins sehr einfach durch die Lage dieser Orte in der unmittelbaren Nähe der uralten Hauptburgen Meklenburg und Stargard, welcher Umstand aber umgekehrt auch wieder auf das hohe Alterthum der Sitte zurückweiset, da wenigstens Meklenburg seine ehemalige Wichtigkeit sehr früh verlor. Rücksichtlich Krakows aber ist für die ganze historische Zeit kein Grund aufzufinden, welcher diese alte Sitte genügend erklärte, weßhalb man vollkommen berechtigt ist, aus dem Bestehen der Sitte selbst auch hier auf eine höhere Bedeutung des Ortes in der vorhistorischen Zeit zurückzuschließen. Diese alte Bedeutung des Ortes ist aber nach der geographischen Lage desselben und dem, im Vergleiche zu andern ähnlichen Anlagen, nur geringen Umfange der Burginsel und ihrer


1) S. über diesen Gegenstand überhaupt: Auszug aus den Meklenburgischen Landtagsacten von 1621 - 1642, Titel: Von Huldigung. - Wehnert, Meklenb. gemeinnützige Blätter I. S. 97 ff. und 247 ff. (Etwas von den geleisteten Huldigungen) Vgl. auch Rudloff Geschichte III. 1. S. 308, III. 2. S 55. 95 und 101.
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Umwallung gewiß nicht in politischen, sondern in religiösen Verhältnissen zu suchen. Die eigentliche alte Malstätte der Huldigungsfeier ist zwar gleichfalls nicht mehr nachzuweisen, doch liegt die Vermuthung nahe, daß die Feier ursprünglich auf dem Oldendorfer Felde, der Tempelburg des Gottes gegenüber stattgefunden habe. Später mogte dieselbe dann vor der neuen Stadtburg an der erwähnten Wendstraße gefeiert werden, welche eben daher ihren Namen erhalten haben könnte. Möglich ist aber freilich auch, daß die Malstätte in der Nähe des Judenberges lag, wofür die Analogie der Landtage seit dem Ende des 15. Jahrhunderts auf dem Judenberge bei Sternberg einigermaßen sprechen mögte; nur wäre es sicher ein Fehlschluß, aus dieser Wahl des Ortes, wenn sie nachgewiesen werden könnte, den jüngern Ursprung des ganzen Gebrauches nach der Judenverfolgung um 1325 zu folgern. Auch die Landtage bei Sternberg sind urkundlich über 200 Jahre älter, als die dortige Judenverfolgung, welche nur die Verlegung derselben aus der Ebene vor der Sagsdorfer Brücke auf den Judenberg zur Folge hatte und dieser Berg selbst war höchst wahrscheinlich lange vor der Verbrennung der Juden auf demselben die gewöhnliche Gerichts= und Dingstätte der Stadt und des Landes Sternberg 1 ). Die Judenverfolgung zu Krakow konnte aber um so weniger die Veranlassung werden, die Huldigungstage nach diesem unbedeutenden Städtchen zu legen, als fast gleichzeitig ein ähnliches, aber viel bedeutenderes und entscheidenderes Ereigniß auch in der Residenz Güstrow selbst stattgefunden und hier wie dort die Gründung einer Wallfahrtsstätte zur Verehrung des heiligen Blutes zur Folge gehabt hatte.

Außer der Stadt Krakow liegen in dem hier beschriebenen Gebiete noch zwei andere kleine Ortschaften, auf welche wir zum Schlusse noch einen Blick werfen müssen, nämlich die Dörfer Möln und Bossow. Die unbedeutende Feldmark des Dörfchens Möln liegt zwischen dem Krakower und dem kleinen Glambecker See und dessen Zuflüssen. Die Namen sind vermuthlich wendisch; melne heißt Sand, Untiefe, und glambike tief. In dem Dorfe selbst wohnten ursprünglich nur Fischer, welche namentlich die Fischerei auf dem Teile des Krakower Sees übten, der den besondern Namen des Mölner Sees führte, wofür sie noch Anfangs des 17. Jahrhunderts keine Geldpacht, sondern nur eine Fischlieferung nach


1) Vgl. Lisch, Jahrbücher XII, S. 172 ff.
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Güstrow zu entrichten gehabt haben werden. Im Jahre 1637 betrug nämlich die Seepacht 250 Fl., 30 Brachsen, 80 Schock Mürenen und 400 Hechte vom großen See, und außerdem noch eben so viel Hechte vom "Mohlenschen See". Nach dem Goldberger Amtsbuch von 1657 wohnten in Möln 8 Bauern mit 9 1/2 Hufen Landes, von denen es im allgemeinen heißt, sie hätten ihre Fischerei auf dem großen Krakower See, und gäben dafür dem Amte Güstrow gebührliche Pächte. Am 23. Septbr. 1682 beschwerten sich dagegen die 5 Einwohner zu Möln, daß das Amt Güstrow sie in ihrer uralten Fischereigerechtigkeit kränke, die sie gegen eine geringe, nach und nach aber erhöhete Pacht auf dem ganzen Krakower See mit Staknetzen und Reusen ausgeübt, und davon ihre Nahrung gehabt hätten, "so lange das Dorf Möhln stehe", da ihr geringer Acker eitel Sand sei, worauf sie nicht mehr als 10 Schffl. Roggen aussäen könnten. Jetzt aber habe das Amt ihnen die Fischrei gar verboten und ihre Kähne nach dem Markte zu Krakow gebracht, um sie zu zwingen, den ganzen See mit den Bürgern zu Krakow zu pachten, wozu sie doch die Mittel nicht besäßen. Diese Angaben werden in dem Berichte des Amtes vollständig bestätigt. Außer dieser Fischpacht hatten die Leute 1657 keine Abgaben zu entrichten, mußten aber nicht nur dem Amte Goldberg alle Monate 3 Tage Fußdienste, sondern auch in der herzoglichen Küche zu Güstrow andre, nicht näher bestimmte Dienste leisten. Im J. 1682 waren sie dagegen auch zu einem Kopfgeld herangezogen, und die Fußdienste zu Goldberg waren auf 3 Tage in der Woche gesteigert, wogegen von den Küchendiensten in Güstrow nicht mehr die Rede ist. Unzweifelhaft waren diese letztern früher auf der Burg Krakow geleistet, und erst nach deren Untergange auf das Schloß zu Güstrow übertragen, so daß die Verhältnisse dieser Leute denen der Ostorfer Fischer vollkommen gleich waren, wonach Möln von alten Zeiten her nur eine Pertinenz von Krakow gebildet, und unmittelbar zu dessen Feldmark gehört haben wird 1 ).

In demselben Verhältnisse scheint endlich auch die Feldmark des Dorfes Bossow zu der Hauptfeldmark gestanden zu haben. Sie nimmt den Raum zwischen dem Krakower


1) Nachträglich bemerke ich hier noch, daß auch Wendorf auf der Feldmark des Dorfes Schwerin nach einem Visitations=Protokolle aus dem 17. Jahrhunderte in älteren Zeiten ein kleines Fischerdorf gewesen ist, während des Krieges aber verwüstet ward.
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und dem Schmortzer See südlich von den Krakower Kirchenhufen am Glambeck bis zu dem Barenmoor und Bossower See ein, und bildet also die südlichste Spitze der oben beschriebenen inselartigen Fläche. Der Ort hat von jeher zum Krakower Kirchensprengel gehört, und war im 14. Jahrhundert ein Lehn der v. Linstow auf Glave, welche ihn 1397 an das Kloster Dobbertin verpfändeten, in dessen Besitz er seitdem geblieben ist. Bei dem Bau der Chaussee von Plau nach Krakow im Jahre 1846, welcher die Feldmark Bossow durchschneidet, ward hier ein Kegelgrab zerstört, worin sich eine Urne mit einem Armring aus Bronze befand, und aus derselben Gegend stammt vermuthlich mindestens ein Theil des reichen Bronzefundes, welcher gleichzeitig ohne nähere Angabe des Fundortes in Krakow abgeliefert ward, und bei welchem sich namentlich 3 Hefteln mit dem mystischen Doppelkreuze fanden. Die Gegend wird also schon zur Bronzezeit eine gewisse Bedeutung gehabt haben. Der spätere slavische Ortsname Bossow scheint sich am einfachsten aus dem wendischen boz (sprich boss), böhmisch bez: Flieder, Hollunder (samhucus nigra), davon bozowy, den Hollunder betreffend, zu erklären, also: Fliederort. Ist diese Ableitung des Namens richtig, so wird man nach den bisher geschilderten Verhältnissen nicht zweifeln dürfen, daß auch hier in der Nähe des kleinen in dichter Waldung versteckten Bossower Sees, an der Grenze des heiligen Haines, wie in der Bisdeder Pustke, einst eine dem Pustekat, als Wächter des Haines, geweihete Fliederburg stand, in welcher das schüchterne Volk dessen Fürsprache bei dem auf der nahen Tempelburg im See verehrten furchtbaren Kriegs= und Todesgotte unter Darbringung seiner ärmlichen Opfer erflehte.