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Pfahlbau von Bützow.

von

G. C. F. Lisch.

(Neue verbesserte Auflage aus Jahrb. XXIX, S. 131 flgd.)

Vor dem Rostocker Thore der Stadt Bützow liegt in einer Viehweide im sogenannten Sandfeldsbruch, an dem Ackerschlage Freiensteinsberg, nicht weit von Parkow, ein Torfmoor, welches "die Sühring" genannt wird, eine im Lande oft vorkommende Benennung. In neueren Zeiten wurden beim Torfstechen nicht weit vom festen Boden im Moor an Einer Stelle zu verschiedenen Zeiten immer viele Alterthümer gefunden, welche sich hinterher als Reste eines Pfahlbaues deuten lassen. Es ist dies erst nach völliger Erschöpfung der Alterthümer auf dieser Stelle zum Bewußtsein gekommen und daher während des Grabens nicht so genau darauf geachtet, als zur sicheren Erkenntniß nothwendig gewesen wäre. Die Erfahrung steht aber fest, daß die Alterthümer von der Sühring alle auf Einer Stelle nicht weit vom Rande des

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Moores in der Tiefe desselben lagen und daß die Auffindung ganz aufhörte, als die Torfstecher mehr nach der Mitte des Moores vordrangen. Die mehr künstlich bearbeiteten Alterthümer sind durch die Fürsorge des Herrn Friedr. Seidel zu Bützow alle in die Sammlungen zu Schwerin gekommen.

Die Arbeiter berichteten wiederholt, daß sie oft auf viel Pfahlwerk, auch auf liegende Balken, von schwarzem Holz gestoßen sind, welches sie aber nicht weiter beobachtet und beim Torfstechen als Moder mit aufgegraben und als Torf verarbeitet haben. Die Beobachtungen sind bis in den Monat Mai 1864 fortgesetzt, leider aber durch die heftigen Regengüsse, welche das Moor unter Wasser setzten, unterbrochen.

An denselben Stellen bei den Pfählen, sind ungefähr seit dem Jahre 1860, in den Jahren 1860-62 nach und nach folgende Alterthümer gefunden und an die schweriner Sammlungen abgegeben:

2 kugelförmige Reibsteine aus feinkörnigem Granit, von gewöhnlicher Größe (Jahrb. XXVI. S. 133);

Reibstein

1 kugelförmiger Reibstein eben so (Quartalbericht, October 1861, XXVII, 1, S. 3);

1 halbmondförmiges Messer (Säge) aus geschlagenem Feuerstein (Jahrb. XXVI, S. 133);

1 halbmondförmiges Messer (Säge) aus geschlagenem Feuerstein (Quartalbericht, October 1861, XXVII, 1, S. 3);

1 halbmondförmiges Messer (Säge) aus geschlagenem Feuerstein, welches im Anfange des Torfstiches 1864 gefunden ist.

Feuersteinmesser
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Nach den sichern Berichten der Torfarbeiter sind früher außerdem an der Fundstelle noch

1 Keil aus Feuerstein und
1 durchbohrte Streitaxt

gefunden, welche von den Arbeitern in ihrer Hütte aufbewahrt wurden, denselben aber gestohlen sind.

Außer diesen steinernen Alterthümern ward auch

1 Nadel aus Bronze,

3 1/2 Zoll lang, gefunden (Quartalbericht, Januar 1861, XXVI. 2, S. 4).

Auch Alterthümer aus Horn wurden gefunden, nämlich:

1 Ende von einem starken Hirschgeweih, welches offenbar durch Feuersteinkeile abgekeilt und bearbeitet ist (Jahrb. XXVI. S. 133), und

1 Ende von einem dünnen Rennthiergeweih, ebenfalls mit Spuren von Bearbeitung (Jahrb. XXVI. S. 301), jedoch mit wenig Fettgehalt, also vielleicht älter als der Pfahlbau.

Auch Haselnüsse zeigten sich wiederholt, auch noch im J. 1864.

Nach den Berichten der Arbeiter sind auch viele Thierknochen gefunden, jedoch fast alle weggeworfen.

Im Jahre 1864 ward noch ein unterer Milchzahn von einem Schwein gefunden, dessen Race nicht bestimmbar ist. Der Zahn hat ganz die Farbe der Pfahlbauknochen.

Früher ward auch ein Hundsschädel (Jahrb. XXVII, 1861) gefunden; Rütimeyer urtheilt hierüber also: "der Hundsschädel aus der Sühring bei Bützow gehört nach der Form noch einem Pfahlhunde des schweizerischen Steinalters an, ist jedoch größer und stärker, als dieser, und ist an Größe und Form zwei Schädeln aus dem Pfahlbau von Wismar völlig gleich, jedoch an Farbe noch etwas heller, als diese.

Im Frühling 1864 ward noch ein bedeutender Fund gemacht. Es wurden nämlich beim Torfstechen viele Knochen von einem großen Wiederkäuer nahe bei einander gefunden, nämlich der linke Unterkiefer, ein Schulterbein, acht Rippen und fünf Halswirbel. Die Knochen haben alle die charakteristische schwarze Farbe der Pfahlbauten der Steinzeit und von den Rippen scheinen mehrere absichtlich zerschlagen zu sein; vielleicht sind dies aufgehobene oder gesammelte Knochen, um Geräthe daraus zu verfertigen. Rütimeyer, welcher den Unterkiefer zur Ansicht gehabt hat, bestimmt denselben also: "Unterkiefer aus der Sühring bei Bützow, Einem

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zahmen Rinde von sehr beträchtlicher Größe angehörend, wie sie heute nicht sehr häufig vorkommt, am ersten aber bei den großen Schlägen in den Marschen von Holland, Friesland u. s. w. Unterkiefer von vollkommen gleicher Größe fanden sich auch in der Schweiz in dem Pfahlbau von Münchenbuchsee. Ich zweifle nicht, daß die Knochen von Bützow einem Hausthiere der Primigenius=Race angehörten, das hinter der wilden Stammform an Größe nur sehr wenig zurückblieb." Nach Vergleichung mit andern Schädeln in den Sammlungen zu Schwerin hat sich ergeben, daß der Unterkiefer von Bützow nur wenig kleiner ist, als der des riesigen wilden Primigenius=Stieres von Toddin, eines der größten Exemplare, und eben so viel größer ist als der des zahmen Primigenius=Stieres von Malchin (vgl. Jahrb. XXIX, S. 275 flgd.)

Nach diesen vielen Beobachtungen ist es kaum zu bezweifeln, daß hier ein Pfahlbau gestanden hat, und daß dieser nach allen Eigenthümlichkeiten den Pfahlbauten von Wismar völlig gleich gewesen ist.