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Hörnerner Taschenbügel von Wismar.

Beim Ausbaggern des halbsalzigen Meerbusens von Wismar, nicht weit von der Stadt und dem Ufer, hinter dem Baumhause, ward vor mehreren Jahren ein merkwürdiges, bearbeitetes hörnernes Geräth gefunden. Dasselbe besteht aus einem gespaltenen, halben Horne, welches fast regelmäßig weit kreissegmentförmig gebogen und in grader Linie 10 1/2 Zoll lang, überall 1 1/4 Zoll breit und in der Mitte ungefähr 2/8 bis 3/8 Zoll dick ist. Die untere Fläche ist in der Mitte porös, grade und geglättet. Die obere, glatt bearbeitete Fläche ist gewölbt, mit einem klar ausgedrückten Mittelrücken, der ganzen Länge nach in der Mitte mit Vierecken, an beiden Seiten mit eingreifenden Dreiecken verziert, welche alle von eingegrabenen Linien gebildet und mit eingegrabenen dichten, etwas unregel=

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mäßigen Linien gefüllt sind. Die beiden Enden sind in zwei kleinen Halbkreisen ausgekehlt und jede der nach innen gebogenen Ecken ebenfalls ein Mal. An jedem Ende ist ein großes Loch durchgebohrt; an der innern Biegung sind zehn kleinere Löcher durchgebohrt. Die nach außen gebogene Rundung hat keine Löcher. Das Geräth ist nach der innern Structur und der großen Dichtigkeit und Festigkeit der äußern Schale aus Horn gearbeitet, - nach der Krümmung aus Rennthierhorn, auch nach der sehr flachen Rose, von welcher an einem Ende noch etwas erhalten ist. Auch der Herr Professor Rütimeyer zu Basel schreibt darüber: "Der Gegenstand von "halbmondförmiger Biegung ist aus Hirschgeweih verfertigt: von welcher Hirschart, ist schwer zu sagen; jedoch paßt die Krümmung in ebener Fläche viel besser in das Rennthiergeweih, als in das Geweih irgend einer andern europäischen "Hirschart." Es ist die Frage, wozu dieses Geräth gedient hat und woher es stammt. Es sieht beinahe so aus, wie das obere oder untere Stück einer geschweiften Lehne eines modernen Rohrstuhls. Material und Arbeit sind jedenfalls alt, da sie zwar fest und tüchtig, aber unvollkommen sind. Der Herr Conferenz=Rath Thomsen zu Kopenhagen giebt über die Bestimmung willkommenen und genügenden Aufschluß: "Der gefundene hörnerne Bügel ist die Hälfte von der Oberkante oder dem Schluß einer Tasche, wie solche früher in "Lappland, besonders von den Frauen, gebraucht wurden, um allerlei Nähsachen und Proviant zu transportiren. Der an den Bügeln durch die Löcher befestigte Beutel war von Rennthierfell. In der ethnographischen Sammlung zu Kopenhagen befindet sich eine solche Tasche mit gleichen Bügeln und mit Beutel und" (in der antiquarischen Sammlung sind) zwei solche lose Bügel, welche in Gräbern gefunden sind 'ohne Beutel)." Das im wismarschen Meerbusen gefundene Geräth kann aus der alten heidnischen Zeit stammen, vielleicht ist es aber jüngern nordischen Ursprunges und von Schiffern verloren, jedoch gewiß immer noch alt. Es ward in der Nähe eines muthmaßlichen alten Pfahlbaues mit vielen Hirschhörnern und Steingeräthen, welche aber alle verloren gegangen sind, gefunden (vgl. oben S. 132). Der Herr Rentier Mann zu Wismar hat die Güte gehabt, dieses Geräth dem Vereine zu schenken.

G. C. F. Lisch.