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XXVIII. 2.
des
Schwerin, im Januar 1863.
M it lebhafter, inniger Freude kann ich meinen diesmaligen Bericht mit der Anzeige eines Ereignisses beginnen, welches unbedingt zu den wichtigsten in der Geschichte unsers Vereins gehört, wenn es nicht geradezu das wichtigste ist: ich meine den Beginn des Druckes unseres meklenburgischen Urkundenbuches. Am 5. Januar ist der erste Bogen dieses großen Werkes, wodurch zum ersten Male eine feste, sichere Grundlage der Geschichte unsers Landes gelegt werden soll, gesetzt und der stetige Fortschritt der Arbeit in jeder Weise gesichert, da nicht nur das Manuscript bis zum Schlusse des 13. Jahrhunderts, d. h. für die ersten 3 Bände, vollständig vorliegt, sondern auch dafür gesorgt ist, daß die Ausarbeitung des dreifachen Registers stets mit dem Drucke fortschreitet, und endlich die mehrfach besprochenen artistischen Beigaben so weit vollendet sind, daß der Druck dadurch nicht aufgehalten werden kann. So ist namentlich die ganze Auflage der im Auftrage Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von Meklenburg=Strelitz durch den Herrn Archivrath Masch besorgten Lithographie eines Facfimile der Ratzeburger Stiftungs=Urkunde von 1158 abgeliefert. Ebenso sind etwa 100 Holzschnitte der ältesten Siegel unserer Fürsten, Bischöfe, Klöster, Städte und adligenGeschlechter Meklenburgs in unserm Besitze und die noch fehlenden aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind in Arbeit. Zur Herstellung der Holzschnitte der Städtesiegel haben die einzelnen Städte auf Bitte des Herrn Archivraths Lisch mit nur 2 Ausnahmen im Ganzen 91 Thlr. eingesandt; daß Siegel der Stadt Schwerin dagegen,das durch
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Alter und Eigenthümlichkeit des Wappenbildes ganz besonderes Interesse darbietet, ist zu unserer großen Freude durch Herrn Hofbuchdrucker Dr. Bärensprung hieselbst geschenkt und das der Stadt Röbel auf besondere Kosten der Urkundenbuchs=Casse angefertigt worden. Zu den früher angezeigten Siegeln der ältesten Adelsgeschlechter des Landes endlich sind neuerdings noch die 3 ältesten Siegel der v. Moltke hinzugekommen, wozu die Freifrau v. Maltzan auf Lenschow, geborne Gräfin v. Moltke, die Kosten bewilligt hat. - Für die zweite Abtheilung des Werkes bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts sind in dem letzten Quartale 237 Urkunden abgeschrieben und bearbeitet, so daß die Gesammtzahl der Urkunden dieser Periode bis jetzt 1251 beträgt. Der Archivrath Dr. Lisch unternahm im Laufe des Quartals eine Reise nach Lübeck, um mit Bewilligung des hohen Senates in den dortigen Archiven persönlich nach meklenburgischen Urkunden zu forschen, und hat 31 bisher ungedruckte Documente von dort mitgebracht, außerdem aber zur Interpretation oder näheren Bestimmung einzelner Daten von 35 andern, ihrem Inhalte nach schon bekannte, wichtige Studien gemacht. Derselbe weiß die Zuvorkommenheit, mit welcher er von allen Seiten, namentlich auch durch den Herrn Archivar Wehrmann, bei seinen Forschungen unterstützt ward, nicht genug zu rühmen. Ebenso sind die Herausgeber von den Herren Vorstehern der königlichen Bibliothek zu Berlin und der Stabtbibliotlhek zu Hamburg durch Zusendung seltener Werke, so wie durch den Herrn Archivrath Dr. Grotefend zu Hannover durch Anfertigung von Urkundenabsschriften und Siegelabgüssen stets auf das Bereitwilligste unterstützt worden. - Auf die auch mit dem vorigen Quartalberichte versandte Aufforderung der Commission zur gefälligen Subscription auf das Werk zu dem für die Mitglieder des Vereins herabgesetzen Preise von 2 Thalern für den Band sind zur Zeit - außer 2 Exemplaren für ihre Hoheiten die beiden ältesten Prinzen unseres hochfürstlichen Hauses - 66 Anmeldungen eingegangen. Es hat sich also bis jetzt etwa 1/4 der gssammten ordentlichen Mitglieder betheiligt, ein Resultat, mit welschem wir anscheinend sehr zufrieden sein können, da sich in solchen Fällen immer nur Wenige entschließen, zum Voraus bindende Verpflichtungen zu übernehmen, die Mehrheit dagegen das wirkliche Erscheinen des Werkes abzuwarten pflegt.
Eine andere, sehr erfreuliche Wirkung jenes Aufrufes glauben wir in den ungewöhnlich zahlreichen Anmeldung zum Beitritte als ordentliches Mitglied des Vereins
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zu erkennen. Es sind nämlich in dem abgelaufenen Quartale folgende 17 Herren beigetreten: v. Hartwig auf Daschow, F. Röseke zu Hof Jülckendorf, Pastor Vassewitz zu Brütz, Bürgermeister Zickermann zu Sülz, Candidat Zehlicke zu Schwerin, Senator Dr. Dugge zu Bützow, Advocat Schultz zu Schwerin, Pastor Danneel zu Ludwigslust, Navigations=Schullehrer Peters zu Wustrow auf Fischland, Amtsverwalter v. Koppelow zu Warin, Canzleirath Kueß zu Schwerin, Hauptmann v. Vogelsang auf Gutendorf, Semiuar=Director Kliefoth zu Neukloster, Drost v. d. Lühe zu Schwerin, Landbaumeister Susemihl zu Güstrow, Major v. Tiele=Winkler auf Miechowitz in Ober=Schlesien und Buchhändler Hildebrand zu Schwerin, von welchen die Mehrzahl sofort bei der Anmeldung auch das Urkundenbuch bestellte. Gestorben ist dagegen nur der Forstmeister v. Glöden zu Dargun am 5. November 1862, und gekündigt hat - schon zu Anfang des vorigen Jahres - der Herr Oberlehrer Haupt zu Wismar.
Die neuen Erwerbungen für die verschiedenen Sammlungen des Vereins sind folgende:
A. Für die Alterthumssammlung.
1. Aus der Steinzeit.
1) Ein halbmondförmiges Messer oder Säge aus Feuerstein, gef. zu Tarnow bei Bützow, gesch. von dem Herrn Pastor Kossel daselbst.
2) Ein Dolch aus Feuerstein, 3 1/2 Zoll lang, gef. in der Nähe des Flesensees bei Malchow, gesch. von dem Herrn Navigations=Schullehrer Peters zu Wustrow.
3) Eine große Handaxt oder: Steinkeule aus Hornblende, 6 Pfund schwer, gef. zu Zarrentin, gesch. von dem Herrn Amtsregistrator Röhlcke daselbst.
4) Ein Keil aus Feuerstein, gef. in der Gegend von Parchim, gesch. von dem Unterzeichneten.
5) Eine Pfeilspitze aus Feuerstein, gef. zu Tarnow bei Bützow, gesch. von dem Herrn Pastor Kossel daselbst.
6) Ein Schleifstein aus altem, rothem Sandstein, gef. zu Zarrentin, gesch. von dem Herrn Archivrath, Pastor Masch zu Demern.
7) Ein großer Schleifstein aus Granit, gef. zu Demern bei Rehna, gesch. von dem Herrn Archivrath, Pastor Masch daselbst.
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Ein Schwert aus Bronze, in der Klinge 13 1/2 Zoll, der Griffzunge 18 3/4 Zoll lang, gef. zu Kritzower=Burg, gesch. von dem Herrn Alwardt daselbst.
Zwei Urnen aus Thon, von welchen die kleinere, nur 7 Zoll hoch, in der größeren von 10 Zoll Höhe stand, beide mit Asche und menschlichen Knochenresten gefüllt, gef. auf der Feldmark Schwiesow in der Nähe des dort 1847 aufgegrabenen Wenden=Kirchhofes, gesch von dem Herrn Baumeister Ruge zu Schwerin.
1) Eine Bergmannsbarte aus Narvalzahn, auf deren, Schaft zahlreiche Figuren gravirt sind, gesch. von dem Herrn Advocaten Schultz zu Schwerin.
2) Eine eiserne Lanzenspitze, gef. auf der Eisenbahn bei Blankenberg in aufgeschütteter Erde, gesch. von dem Herrn Postaccessisten Schumacher zu Blankenberg.
3) Ein eiserner Schlüssel aus dem frühen Mittelalter, gef. auf dem alten Burgwalle bei Parchim, gesch. von dem Unterzeichneten.
1) 3 alte Silberbracteaten und 1 holstein. Dütchen 1650, gesch. von dem Unterzeichneten.
2) 1 meklenburg=strelitz. Schilling und 1 meklenburg=strelitz. Dreiling 1862, gesch. von dem Herrn Archivrath, Pastor Masch zu Demern.
3) 2 Rostocker Pfennige 1666 und 1682 und 2 Rostocker Dreilinge 1750 und 1782, gesch. von dem Herrn Kaufmann Dumrath zu Rostock.
4) 2 große, wohlerhaltene braunschweigsche Bracteaten, gesch. von dem Herrn Kammerrath Strunk zu Kopenhagen.
5) 3 Rostocker Kupferbracteaten 1566 und 1578, 1 Rigaer Schilling o. J. und 3 verschiedene silberne Scheidemünzen, gef. auf dem Felde zu Friedrichshöhe, gesch. von dem Herrn Pastor a. D. Ritter daselbst.
6) 1 Dütchen der Stadt Lübek und 1 Thaler des Herzogs Albrecht 1543, von dem Vereine angekauft.
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1 - 4) vier verschiedene Durchreibungen (in Röthel) von Glockenbildern vom Jahre 1462 au der Kirche zu Zurow, darstellend a. Maria mit dem Christkinde, b. H. Nicolaus, c. Fuchs mit Gans, d. Schlange (undeutlich); angefertigt und geschenkt von dem Herrn Maler Canow in Wismar.
5 - 10) Umrisse (in Blei) der Gewölbemalereien in den Chorkappen der Kirche zu Zurow vom Jahre 1360, darstellend : a. Uebersichtstafel des Ganzen; b. Christus als Weltrichter auf dem Regenbogen in der Mandorla, umgeben von den Symbolen der 4 Evangelisten; c. zur Rechten eine Heilige (Maria?) fürbittend; d. hinter ihr knieend ein Ritter mit dem Wappen der v. Stralendorf; e. zur Linken ein heiliger Bischof (Nicolaus?); f. hinter ihm knieend eine Edelfrau mit dem Wappen der v. Bülow. Handzeichnung und Geschenk des Herrn Malers Canow zu Wismar.
11 - 12) Abbildung der Vorder=und Rückseite einer kleinen Bronzestatue, einen aufrecht stehenden Ritter darstellend, der: etwas getragen zu haben scheint (Leuchter?), gefunden beim Graben eines Brunnens auf dem Hofe der Haackschen Gießerei in Rostock, angeblich 30 Fuß tief. Bleizeichnung und Geschenk der Hofsteindruckerei von. Tiedemann zu Rostock 1 )
13) Grundriß, Seitenansicht und Details der Kirche zu Jesendorf. Blei=Skizzen, gefertigt und geschenkt vom Herrn Dr. Crull in Wismar.
14) Das neue großherzogliche Seminar zu Neukloster, farbige Lithographie aus der: Anstalt von Schwabe in Berlin, Verlag von Gundlach in Wismar. Geschenk des Herrn Hofbuchdruckers Dr. Bärensprung in Schwerin.
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23 - 25. de Sommersberg Silesiacarum rerum scriptores.T. I - III. Lipsiae 1720. Fol. (Gesch. des Herrn Justizraths Freiherrn v. Maltzan zu Rostock).
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1) Abschriften von 3 Urkunden aus den lübischen Nieder=Stadtbüchern. Gesch. des Herrn Canzlei=Secretairs Dr. Dittmer zu Lübeck.
2) Abschrift von einem Ablaßbriefe des Bischofs Hermann von Schwerin für die Martins=Kirche zu Halberstadt, d. d. Lyon, 21. Mai 1274, nach dem Originale in dem Archive des germanischen Museums zu Nürnberg. Gesch. des Herrn Museum=Directors, Freiherrn Roth v. Schreckenstein.
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3) Abschrift von einem Ablaßbriefe desselben Bischofs für die Petri=Kirche zu Braunschweig, d. d. Braunschweig, 8. September 1267 nach dem Originale im Archive der Stadt Braunschweig. Geschenk des Herrn Hänselmann, cand. philol. zu Braunschweig.
Ein Rennthiergeweih, gef. vor etwa 20 Jahren im Torfmoore bei Bützow, geschenkt von dem Herrn Navigations=Schullehrer Peters zu Wustrow.
Die in dem abgelaufenen Quartale eingereichten wissenschaftlichen Arbeiten und Berichte sind folgende:
1) Bischof Berno von Schwerin und Meklenburg zu dessen Zeit, vom Herrn Archiv=Registrator Dr. Wigger in Schwerin.
2) Ueber die alten Grenzen des Klostergebietes und die Namen der ältesten Dörfer des Klosters Dargun nach den Urkunden, mit einer Karte, vom Herrn Amtshauptmann v. Pressentin zu Dargun.
3) Meklenburgischer Kunst=Katalog, vom Herrn Dr. Crull in Wismar.
4) Ueber den Münzfund von Schwiesow, vom Herrn Archivrath, Pastor Masch zu Demern.
5) Ueber die Insel Lieps vor Wismar, von C. D. W
6) Ueber das Geschlecht der Hanenstert und Hanenzagel, von C. D. W.
7) Ueber die Kirche zu Jesendorf, von C. D. W.
8) Beschreibung des gothischen Hauses am Hopfenmarkte zu Rostock, vom Herrn Archivrath Dr. Lisch.
9) Ueber das älteste Wappen der v. Stralendorf, vom Herrn Archivrath Dr. Lisch.
10) Ueber einen in Rostock aufgefundenen Bronzeleuchter, vom Herrn Archivrath Dr. Lisch.
11) Ueber den Begräbnißplatz von Kl. Schwiesow (Jahrb. XIII, S. 380), vom Herrn Archivrath Dr. Lisch.
Aus den Protokollen der unter dem Präsidio Sr. Erlaucht des Herrn Grafen von Würtemberg gehaltenen General=Versammlung des Gesammtvereins der deutschen Geschichts= und Alterthums=Vereine zu Reutlingen vom 15. bis 18. September v. J. in dem Correspondenzblatte ersieht man, daß dieselbe von 14 verbundenen Vereinen beschickt und im Ganzen von 178 Personen, größtentheils natürlich aus Süddeutsch=
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land (90 aus Reutlingen selbst) besucht worden ist. Auch Meklenburg war durch Herrn Prof. Bartsch in Rostock vertreten. Die Verhandlungen bieten nichts dar, was speciell für Meklenburg von Interesse wäre, doch ist hier des von der Versammlung und dem Verwaltungs=Ausschusse der Theilnahme und Sympathie aller verbundenen Vereine angelegentlichst empfohlenen Aufrufs zur Mithülfe an der Errichtung eines Denkmals für Ludwig den Deutschen, den Gründer des deutschen Reiches, an dessen Begräbnißstätte zu Lorsch in Hessen zu erwähnen. Der Unterzeichnete ist gerne bereit, etwanige Beiträge aus Meklenburg an das Comité zur Errichtung des Denkmals zu Darmstadt zu befördern. Für die nächste General=Versammlung des Vereins, dessen finanzielle Lage noch immer gleich trostlos ist, ward die Stadt Braunschweig gewählt.
Die Direction des germanischen Museums zu Nürnberg hat der bisherige Herr Professor Michelsen zu Jena übernommen, eine gewiß sehr glückliche Wahl. Leider ist aber der Krebs, woran dies Institut leidet, die Unklarheit seines Verhältnisses zu seinem jetzt zurückgetretenen Gründer und bisherigen Director, Herrn Freiherrn v. Aufseß, dadurch nicht geheilt.
W. G Beyer, Dr.
, Archiv=Secretair,
als zweiter Secretair des Vereins.