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Böhmischer Kelch zu Vellahn.

Die Kirche zu Vellahn besitzt ein nicht uninteressantes Antiquitätenstück. Es ist dies ein silberner, innen und außen schön vergoldeter, mit gravirter und getriebener Arbeit reich verzierter Kelch, der am Rande des Fußes folgende Inschrift trägt:

ANIZKA ° SKOPCZOWA ° SSEBEROWA ° TENTO ° KALICH ° DALA ° KTOMVTO ° ZADVSSI ° S ° MIKVLASSE ° WHRNCZIRZICH ° KECZTl ° ACHWALE ° WELEBNE ° SWATOSTI ° TlELA ° AKRWE ° KRISTA ° PANA ° NASWVG ° WLA STNl ° GROSS ° VDIELATI ° LETHA ° M ° D ° XCVlII °

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Der Pastor und Senior Molnar zu Krischlitz im böhmischen Riesengebirge, der vor einigen Jahren den Kelch bei mir sah, erklärte die Inschrift für eine altböhmische und übersetzte sie so:

"Agnes Skopova von Seberow (Seberowa) ließ diesen Kelch für die Kirche St. Nikolaus in Hrntschitz (Hrnezirzich) zu Ehren und Lobe des hochwürdigen Sakraments des Leibes und Blutes des Herrn Christus auf eigene Kosten machen im Jahre 1598."

Pastor Moluar bemerkte dabei, daß in dem dritten Worte der Inschrift der Stecher einen Fehler gemacht habe, es müsse statt dessen S ° (oder Z ° ) SEBEROWA heißen. Ferner äußerte er, daß er sich nicht erinnern könne, je Orts= oder Familien namen, die mit den in der Inschrift genannten gleich oder ähnlich lauteten, in seiner Heimath vernommen zu haben. Endlich meinte er, aus dem Ausdruckn "Hochwürdiges Sakrament des Leibes und Blutes des Herrn Christus" unzweifelhaft abnehmen zu können, daß der Kelch einer Anhängerin der böhmischen Brüder sei geschenkt worden.

Wie und wann mag nun dieser Kelch nach Vellahn gekommen sein?

Vielleicht wurde er bei der großen Protestantenverfolgung, die 1621 in Böhmen stattfand und die böhmischen Brüder mit traf, von Vertriebenen mitgenommen; diese siedelten sich hier in der Gegend an, schlossen sich dieser lutherischen Gemeinde an und verehrten den Kelch der hiesigen Kirche. Jedenfalls war der Kelch schon 1653 Eigenthum der Kirche; denn in dem Inventarien=Verzeichniß des Kirchen=Visitations=Protokolls vom 7. Mai 1653 steht aufgeführt: "Ein silberner Vergüldeter Kelch mit einer solchen Patenen, darauf etwas gestochen in frömbder Sprache".

Die hier genannte, zu diesem Kelch gehörende Patene ist ohne alle Inschrift, trug aber vielleicht früher das Wappen der Geberin. Es befindet sich nämlich in dem sehr breiten Rande der Patene ein vollkommen rundes Loch von der Größe eines Achtschillingsstücks, welches offenbar nicht zufällig herausgebrochen, sondern mit Fleiß herausgeschnitten ist. Da nun nicht daran zu denken ist, daß diese muthwillige Beschädigung sollte geschehen sein, als Kelch und Patene schon im Besitz der hiesigen Kirche waren, so liegt die Vermuthung nahe, daß derjenige, der diese heil. Geräthe der hiesigen Kirche übergab, selbst vor der Uebergabe das Stück herausnahm. Vielleicht war er ein Nachkomme der ersten Geberin, ein von Seberow, und

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wollte er dieses Stück (mit seinem Wappen?) als Schaustück oder als Amulet für sich und seine Nachkommen behalten.

(Während ich dieses schreibe, fällt mir ein, daß aus Seberow der in Meklenburg begänge Personenname Severus könnte geworden sein,)

Vellahn, im September 1858.

A. Tapp, Pastor,