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Die Kirche zu Gr. Tessin.

Das Kloster Sonnenkamp oder Neukloster ward 1275 October 1 zu Güstrow von den werleschen Herren Nicolaus, Heinrich und Johann mit dem Dorfe Tessin (Duscin) sammt dem See, dem Kirchlehn daselbst und dem Dorfe Minnitz (dat lutke dorp: Kl. Sien) begabt (Lisch Mekl. Urk. II, S. 59).

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Die damals bereits stehende Kirche existirt heute nicht mehr, die jetzige stammt aus dem Ende des 15., ja vielleicht erst aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts: für jenes sprechen die guten Verhältnisse der Gesammtanlage , für dieses die Nüchternheit der Details und die nachlässige Arbeit.

Die Kirche hat fünf Gewölbejoche und einen aus dem Achteck gebildeten fünfseitigen Chorschluß; Schiff und Chor spielen gleich. Die Dienste bestehen aus starken Dreiviertel Säulen oder Stäben, nur nach Westen hin sind die letzten Halbsäulen anscheinend, weil jene ausgegangen waren. Die Füllungsmauern haben weite Blenden mit rechteckigen Schmiegen. Die Kragsteine der Gewölbe sind vielseitig. Die Fenster sind einpfostig, mit Ausnahme desjenigen hinter dem Altare, welches zweipfostig ist. Ehemals war der Zwickel über den Pfosten ausgefüllt und mit einem Rundfenster oder einer runden Blende belebt, wie man an einem Fenster über dem Leichhause noch sehen kann; auf der Nordseite fehlt ein Fenster, da dort die Sacristei angebaut werden sollte. Die Pforten sind, mit Ausnahme der innern Thurmpforte, welche rundbogig ist, im Spitzbogen gewölbt. Die Gliederung ihrer Schmiegen ist durch einen vollkantigen Stein zwischen zwei im Viertelkreise abgerundeten gebildet. Solche der letzteren Art bilden auch die äußeren Fensterschmiegen, während die Pfosten vollkantig sind, so wie auch das oberste Glied des Dachgesimses, dessen beide unteren aus vorgekragten, vollkantigen Steinen bestehen. Am Chore findet sich ein gutes Fußgesims und ein Kaffsims. Vom Thurme ist nur der Unterbau in Feldsteinen roh ausgeführt.

Die Kanzel ist über dem Roccoco=Altare angebracht; Gestühl und Orgel sind ordinäre Tischlerarbeit. Auf dem Altare stehen einfache, aber vorzügliche messingene Leuchter.

Eine große Seltenheit hat sich aber in der Kirche erhalten, nämlich ein Tabernakel, deren bis jetzt nur fünf im Lande bekannt sind, nämlich zu Doberan, Hansdorf, Lichtenhagen, Rethwisch und in der H. Kreuz=Klosterkirche zu Rostock (Jahrb. XIV, S. 351; XVIII, 297; XIX, 394, 395; XVIII, 296). Die Grundfigur desselben ist vierseitig bis in die Spitze hinauf; der Fuß ist achteckig mit Ringen. Ueber dem Schränkchen erhebt sich vierseitig eine abgestumpfte Spitzsäule. Jede Seite derselben ist durch ein Queerband in zwei Abtheilungen gebracht, von denen die obere kleiner ist, als die untere, und diese Abtheilungen sind mit durchbrochenem Maaßwerk gefüllt: meist Fischblasenmuster, wie es die letzte Zeit der mittelalterlichen Kunst an wendete. Ein Spitzdach oder Helm schließt das Ganze. Das Tabernakel hat sehr gelitten, würde sich aber

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doch noch sehr gut wieder restauriren lassen, um so eher, da es nicht vergoldet, sondern bemalt war, wovon noch schwache Reste zeugen. Jedenfalls ist es ungefähr gleichzeitig mit der Kirche entstanden. Das Ganze ist 20 - 22 Fuß hoch.

Wegen Beschädigung zurückgesetzt, aber gleichfalls ohne große Kosten wieder herzustellen, steht hinter dem Altare eine Gruppe, den Kampf des S. Jürgen mit dem Lindwurme darstellend. Sie besteht aus der zu befreienden Jungfrau, dem Drachen und dem h. Ritter zu Pferde, Figuren, die außerordentlich viel Leben haben. Vielleicht war dieser Heilige Schutzpatron der Kirche.

Im Leichhause steht ein vollständiges, wenn auch einfaches Tauf=oder Weihwasserbecken.

Die beiden Glocken, welche die Kirche hat, sind sehr alt. Die Inschriften oben um dieselben sind in reich ornamentirten, gothischen Majuskeln durch Einritzen auf dem Modelle hervorgebracht, stehen also auf den Glocken verkehrt. Auf der einen Glocke steht:

Inschrift
d.i. Criste, o rex glorie veni cum pace.

Auf der Fläche steht ein großes, reich verziertes A .

Die Inschrift der zweiten Glocke lautet:

Inschrift
d. i. Ave, Maria, gracia plena. Criste (?)

Auf der Fläche steht:

Inschrift , d. i. Osanna,

und ein großes O in der Weise, wie es mit A als Alpha und Omega zusammengestellt wird (Otto archäol. Wörterb. Fig. 87). Nach den Formen der Buchstaben, besonders des zweiten N in dem Worte Osanna, dürften sie in die Zeit um das Jahr 1300 fallen.

C. D. W.