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Die Kirche zu Semlow
in Neu=Vorpommern.

Die Kirche zu Semlow, im Festlande Rügen oder Schwedisch=Pommern, an der Reknitz, Marlow gegenüber, ist freilich keine meklenburgische Kirche, hat aber für die Kunstgeschichte Meklenburgs einen hohen Werth, weil sie zu einer bestimmten Gruppe eigenthümlicher alter Bauten zu gehören scheint und Meklenburg sehr nahe steht.

Die Kirche besteht aus einem quadratischen Chore, einem oblongen Schiffe nnd einem ziemlich hohen Thurmgebäude. Alle diese Theile sind sehr tüchtig aus Granitgeschiebe oder Feldsteinen erbauet. Die Thür= und Fensteröffnungen sind mit großen rothen Ziegeln überwölbt. Der Chor hat eine grade Ostwand. Er hat in jeder Wand zwei gekuppelte Fenster; der Pfeiler zwischen je zwei Fenstern ist ebenfalls aus Ziegeln ausgeführt. Das Schiff hat an jeder Seite drei einfache, hoch liegende, niedrige Fenster. Die Kirche hat also im Ganzen zwölf Fenster. Alle Fenster sind gleich construirt, ohne Gliederungen, mit glatter Laibung schräge eingehend, in den Laibungen mit Kalk geputzt, alle mit einem halbkreisförmigen Bogen aus rothen Ziegeln überwölbt.

Die in der Südwand des Schiffes befindliche, jetzt zugemauerte Pforte ist ebenfalls im Rundbogen mit Ziegeln überwölbt. Die beiden andern Pforten in der Nordwand des Chores und des Schiffes sind mehr als wahrscheinlich eben so construirt gewesen; sie sind jetzt aber nicht zu erkennen, da vor etwa 15 Jahren bei der Restauration der Kirche sehr schlecht construirte spitzbogige Portale vorgebauet sind, welche hoffentlich in nächster Zeit wieder verschwinden werden.

Der Chor ist gewölbt. Das Gewölbe und die Gewölbeansätze sind rundbogig. Die Gewölbe haben noch keine Rippen, sondern die Kappen stoßen in seinen Näthen zusammen.

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Das Schiff ist nicht gewölbt, auch nicht zum Ueberwölben bestimmt gewesen, sondern mit einer Balkendecke bedeckt, welche in neuern Zeiten erneuert worden ist.

Im Uebrigen ist die Kirche im Aeußern einfach und schmucklos, ohne Friese und Lisenen; der einzige Schmuck des tüchtigen Baues besteht in den rothen Ueberwölbungen der Thür= und Fensteröffnungen.

Wir haben hier also eine vollständig durchgeführte romanische Kirche, welche zwar nicht sehr alt ist, da sie statt der halbkreisförmigen Altarnische schon eine gerade Altarwand und statt der gewöhnlichen drei Fenster in der Altarwand nur zwei hat, aber doch sicher noch innerhalb der romanischen Bau=Periode liegt.

Die einzige Abweichung von diesem Style liegt darin, daß der Triumphbogen zwischen Chor und Schiff einen alten Spitzbogen zeigt. Es ist aber sehr häufig, daß der Triumphbogen, vielleicht in jüngern Zeiten, spitz gewölbt ist, während die Bautheile umher rundbogig sind (vgl. oben S. 316).

Der ganz aus Feldsteinen erbauete Thurm hat in den obern Theilen ebenfalls noch Elemente des romanischen Styles.

Ich trage daher kein Bedenken, die Kirche zu Semlow ungefähr in das Jahr 1200 zu versetzen; sie ist die älteste Kirche des Festlandes Rügen, so weit der Sprengel des Bischofs von Schwerin über die Reknitz hinausreichte, wenn man nach dem urtheilen soll, was über die Kirchen dieses Landestheiles bis jetzt aus gedruckten Schriften oder durch mündliche Mittheilungen bekannt geworden ist.

Der Ort Semlow muß auch in früherer Zeit eine gewisse Bedeutung gehabt haben, da Johann von Semlow als der älteste Rathsherr der Stadt Stralsund schon im J. 1256 bekannt ist, und die Rathsfamilie Semlow in Stralsund eine alte angesehene Familie war, von welcher eine Hauptstraße vom Markte und ein Strandthor den Namen Semlower Straße und Semlower Thor führen.

An alten Denkmälern besitzt die Kirche zu Semlow nur noch eine Glocke mit der Inschrift:

Inschrift

Es steht durch Versehen wirklich vnbe auf der Glocke, statt vnde .

Dagegen ist die Kirche reich an Epitaphien auf die Familie von Behr mit dazu gehörenden Statuen, Leichen=

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steinen, Ahnentafeln, auf Glas gemalten Wappen u. s. w. aus dem 17. und 18. Jahrh.

Ein aus Ziegeln gemauertes Thor zum Kirchhofe aus dem 15. Jahrh, ist bemerkenswerth.

G. C. F. Lisch