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Ueber die Bemalung der alten Kirchen.

Die Kunstwissenschaft, weit entfernt an ihrem Ziele zu sein, macht fast täglich neue Fortschritte, seitdem einmal die Augen geöffnet sind; daher ziemt sich in der Verfolgung des Zieles weit mehr ein offenes, redliches Forschen, als eine vornehmthuende Abschließung und Selbstüberschätzung.

In den Jahrbüchern XVI, S. 286, ist die Bemalung der Kirchen zur Untersuchung gezogen und eine Reihe von Kirchen aufgeführt, welche noch alte Bemalung zeigen. Dort ist die ziemlich allgemein geltend gemachte Ansicht, daß die Alten die Ziegelkirchen im Rohbau ließen, zur Sprache gebracht, aber schon vielfach durch Beispiele modificirt, welche ein Abputzen der Wände zeigen. Ich glaube, die Richtung der alten Kunst in dieser Hinsicht jetzt näher bestimmen zu können.

Es steht wohl fest, daß in den Ländern, in denen man aus Gebirgssteinen, z. B. Sandstein, bauete, die Steine in den ältesten Zeiten kleiner sind und im Fortschritte der Zeit größer

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werden; man bauete in den älteren Zeiten des romanischen oder Rundbogenstyls mit kleinern Bruch steinen, in den Zeiten des gothischen oder Spitzbogenstyls mit größern oder Hau= oder Werksteinen. Natürlich kann dies nur allgemeine Ansicht sein und nicht als Regel ohne Ausnahme gelten. Man war in den ältern Zeiten also gezwungen, zur Verhüllung der Unebenheiten die Wände abzuputzen, die man dann häufig bemalte. Daher findet man sehr häufig die Wandflächen der Rundbogenkirchen geputzt und bemalt, - während die Wandflächen der Spitzbogenkirchen, welche wegen der großen Fenster und der Dienste weniger Flächen bieten, in der Regel im Rohbau stehen und nicht bemalt sind. Es ward daher, wenn auch keine Nothwendigkeit vorlag. Styl, die Rundbogenkirchen zu putzen und zu bemalen, und dieser Styl pflanzte sich in die Zeit des Ueberganges fort.

Daher sind denn auch häufig die Ziegelkirchen des Rundbogen= und Uebergangs=Styls ganz geputzt und gemalt, wie die Kirchen zu Minzow und Alt=Röbel (Jahrb. XVI, S. 290), die Heil. Bluts=Kapelle zu Doberan (Jahrb. XIX. S. 373), die Kirchen zu Gadebusch und Büchen (vgl. unten).

Dagegen haben die Ziegelkirchen des Spitzbogen=Styls gewöhnlich im Rohbau gestanden, sind jedoch gewiß oft, ohne Putz, roth getüncht, mit weißen Fugenstrichen. Allerdings finden sich in den Kirchen des Spitzbogenstyls auch häufig Wandmalereien, jedoch mehr nur in den Gewölben und Gurtbogen und auf kleinern Flächen, welche dazu eigens geputzt wurden. Durchgehende Malereien finden sich aber auch in Spitzbogenkirchen, z. B. in der Dominikaner= und in der Marienkirche zu Wismar (Jahrb. XVI, S. 289), in der Bülowen=Kapelle der Kirche zu Doberan (Jahrb. XIX, S. 378 flgd.), in der Sakristei der Kirche zu Steffenshagen (Jahrb. XIX, S. 396). Ein glänzendes Beispiel geben die Gewölbe in dem Katharinenkloster zu Lübek, jetzt Bibliothek. Jedoch glaube ich kaum, daß sich Spitzbogenkirchen finden, welche ganz geputzt sind.

G. C. F. Lisch.