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Rennthiere in Meklenburg.

In Jahrb. XI, S. 496, ist über ein zu Gerdshagen bei Güstrow und XVI, S. 350, über ein bei Carlow im Fürstenthume Ratzeburg gefundenes Rennthiergeweih Nachricht gegeben. Kaum war diese Nachricht gedruckt, als die Mecklenburgische Zeitung, Nr. 83, vom 9. April 1851, folgende Mittheilung machte:

"Wismar. Auf dem Gute Luttersdorf bei Wismar ist vor Kurzem die rechte Stange eines Rennthiergeweihes in einer etwa 10' tiefen Moddegrube gefunden worden. Dieselbe ist im Ganzen wohl erhalten, hat eine glatte, zum Theil noch glänzende Oberfläche von gelblich = grauer Farbe, und mißt von der Rose bis zur Krone, welche abgebrochen ist, 4 Fuß 1 Zoll. Unmittelbar über der Rose findet sich die wagerecht nach vorne gerichtete - wie es scheint - einfache, leider gewaltsam abgestochene, 3 Zoll lange Augensprosse. Ueber letzterer ragt, aufwärts gekrümmt, ebenfalls nach vorne gerichtet, der 1 Fuß 6 Zoll lange, am Ende dreifach verzweigte Eissprießel hervor. Außer einer 1 1/2 Zoll langen Sprosse in der Mitte zeigt das Geweih keine Verästelungen. Längs der Stange und den Sprossen laufen mehrere Furchen, an deren Bildung man dentlich die Eindrücke von Blutgefäßen erkennt, die das sich entwickelnde Geweih ernähren und dasselbe sammt der behaarten Haut umgeben. Stange und Sprossen erscheinen ihrer ganzen Länge nach zusammengedrückt, erstere in einer S = förmigen Biegung nach oben und vorne. - Ich habe dies Factum der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten zu dürfen geglaubt, theils weil durch dasselbe die Wahrscheinlichkeit für die frühere Existenz des Rennthiers in Meklenburg bedeutend gesteigert wird, theils aber auch, um die sich geltend machende Behauptung zu entkräften, nach welcher dies

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Thier diesseit des baltischen Meeres überall nie vorgekommen sei. - Schließlich erkläre ich mich gerne bereit, Freunden der Zoologie das Geweih auf Verlangen vorzuzeigen. Die hiesige Bürgerschule verdankt dasselbe der Aufmerksamkeit des Herrn Lembcke aus Luttersdorf, so wie ein zweites, üppig entwickeltes lappländisches Geweih von 24 Enden dem Herrn Schiffscapitain Plagemann hieselbst. Beide Geweihe bieten zu interessanten Vergleichungen nicht unerheblichen Stoff dar. Theodor Friese, Lehrer an der Bürgerschule".

In dem Berichte über die Jahresversammlung des Vereins der Freunde der Naturgeschichte am 11. Juni 1851 zu Güstrow (im Mecklenb. Gemeinnützigen Archiv, 1851, Juni, S. 293) heißt es:

E. Boll legte eine ihm von Herrn Friese in Wismar mitgetheilte Zeichnung eines daselbst im Torfmoor gefundenen Rennthiergeweihes vor, durch welches endlich jeder Zweifel an dem frühern Vorhandensein dieses Thieres in Meklenburg gehoben wird. Herr F. Koch legte ein Geweih vor, welches bei Hinrichshagen unweit Woldegk im Moor gefunden war und welches gleichfalls dem Rennthiere anzugehören schien; da das Geweih aber sehr defect war, so blieben noch einige Zweifel hinsichlich der Bestimmung übrig, welche nur durch Vergleichung mit einem wirklichen Rennthiergeweihe gehoben werden können".

Ausführlichere Forschungen über dieses lutterstorfer Geweih hat seitdem der Herr Lehrer Friese zu Wismar in dem Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg, Heft V, 1851, S. 113 flgd., angestellt, und der Verein hat diese Forschung mit einer Abbildung dieses Geweihes begleitet.

Im Laufe der Untersuchung erwähnt der Herr Friese a. a. O. S. 118 noch eines zu Gädebehn bei Stavenhagen gefundenen muthmaßlichen Rennthiergeweihes.

Am Ende des J. 1851 machte der Herr Minister = Präsident Graf von Bülow zu Schwerin, Präsident unsers geschichtlichen Vereins, die Mittheilung, daß auf seinem Gute Cummerow in Hinterpommern tief im Moore ein Geweih ausgegraben sei, welches er nach persönlicher Untersuchung ebenfalls sicher für ein Rennthiergeweih halte.

G. C. F. Lisch.

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