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2.

Das Dorf Gaarz.

Der interessanteste und schönste Theil der jetzigen Stadtfeldmark bildet die Feldmark des ehemaligen Lehngutes Gaarz, welche südlich von der Stadt westlich an die alte Stadtfeldmark grenzt und zwischen der Chaussee nach Berlin und der Feldmark von Reppentin liegt. Mit diesem Gute beginnt die Cultur in der Gegend der Stadt Plau. Gaarz war, nach dem alten Burgwalle zu urtheilen, eine alte Domaine 1 ) der heidnischen Fürsten, in der Nähe der alten Gauburg Kutzin oder Quitzin. Schon am 29. Dec. 1223 schenkte der Fürst Borwin I. von Meklenburg dem Dom = Capitel zu Havelberg (in usus et sustentationes canonicorum in Havelberg) von seinen Domainen (de nostris possessionibus) das Dorf Gaarz 2 ) ("Kartze"), zur Beförderung der Memorien und Seelenmessen für ihn und seine verstorbene Gemahlin Mechthild. Dies geschah kurz vor der Gründung der Stadt Plau (um das J. 1225), höchst wahrscheinlich vor derselben, da die angrenzende Stadt in der Schenkungsurkunde noch nicht genannt wird.

Ohne Zweifel übte das havelberger Dom = Capitel einen großen Einfluß auf die Cultivirung der Gegend in den ersten Zeiten der Stadt, um so mehr da es die nächste geistliche Besitzung war. Das Dom = Capitel behielt aber das Gut nicht lange zur eigenen Bewirthschaftung, sondern gab es bald zu Lehn aus. Im 14. Jahrh. finden wir die rittermäßige Familie von Restorf (Redekestorp) und die plauer Patricierfamilie Swartepape, jede zur Hälfte, im Lehnsbesitze des Dorfes Gaarz. Schon am 12. Febr. 1364 hatte der plauer Bürger Hermann Deterkow von der Wittwe und den Söhnen des Vogtes Barthold Swartepape 4 Hufen in Gaarz 3 ) gekauft. Am 17. März 1375 verpfändete Brüning von Restorf mit seinen Söhnen dem Rathe der Stadt Plau zwei Hufen auf dem Felde des Dorfes Gaarz 4 ). Aber schon am 14. Febr. 1376 verkaufte Barthold Swartepape dem Rathe der Stadt Plau seine Hälfte des Dorfes Gaarz 5 ). Am 15. Febr. 1377 löseten die Swartepapen noch das an die plauer Bürgerfamilie Marlow verpfändet gewesene Gut in Gaarz ein, was die Knappen Henneke und


1) Vgl. S. 22 flgd.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. IV.
3) Vgl. Wöchentl. Rostock. Nachr. 1824, S. 177.
4) Vgl. daselbst, S. 178, und Lisch Berichtigung, S. 50.
5) Vgl. daselbst, S. 181, und ebendaselbst, S. 53.
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Raven Dessin in einer eigenen Urkunde bezeugten 1 ). Am 14. April 1376 verkaufte auch Brüning von Restorf dem Rathe der Stadt zwei Hufen 2 ) und am 24. Sept. 1381 derselbe mit seinen Söhnen dem Rathe und der Bürgerschaft die andere Hälfte des Dorfes 3 ) mit allen Freiheiten, mit der höhern und niedern Gerichtsbarkeit, mit Beden, Diensten, Abgaben und allen Freiheiten, so frei, wie Klöster Landgüter zu besitzen pflegten. Die Swartepapen und die v. Restorf versprachen, dem Rathe das Gut vor den Lehnherren aufzulassen und die Belehnung zu bewirken.

Nachdem also die Stadt durch Kauf zu dem freien Besitze des ganzen Dorfes gelangt war, suchte sie die Belehnung mit demselben zu erhalten. Am 11. Nov. 1388 belehnte 4 ) denn auch der Propst Gerhard von Havelberg im Namen des Dom = Capitels die Rathmänner und Bürger der Stadt Plau mit dem Dorfe Gaarz, so wie die Swartepapen und Restorf es zu Lehn getragen, unter der Bedingung, daß jedesmal nach dem Tode eines Propstes und der Wahl eines neuen Propstes der Rath zwei Bevollmächtigte aus seiner Mitte sende, um die alten Lehnbriefe aufzuweisen, von neuem die Belehnung zu empfangen und eine Lehnwahr von 10 Mk. lüb. Pf. zu entrichten; werde der Rath durch Fehde oder Krieg verhindert, Rathsmitglieder zu senden, so könne er andere Bevollmächtigte schicken; sollte aber der Propst den Rathmännern selbst das Dorf lieber verleihen wollen, als ihren Gesandten, so solle er ihnen nach Witstock oder Pritzwalk oder an eine andere sichere Stätte entgegenziehen.

Bis nach Vollendung der Reformation schweigen nun die Nachrichten über dieses Dorf ganz. Um das J. 1541 war das Dorf schon wüst und ward die Feldmark gleichmäßig getheilt, so daß jeder Bürger und Einwohner davon 3 Morgen und 1 Viertel bekam. Der damalige Burgemeister Joachim Kröger (vgl. weiter unten) erhielt wegen seines bei dieser Theilung bewiesenen treuen Fleißes einen übrig gebliebenen Ort Ackers von etwa 1 1/2 Scheffeln.

Darauf wird Gaarz im J. 1562 wieder erwähnt und zwar als wüstes Dorf. Damals wurden die weiten Holzungen auf der Feldmark das "Stadtholz der Burgwall" genannt; in einer Beschwerdeschrift des Rathes gegen den fürstlichen Hauptmann ungefähr vom J. 1563 heißt es:

"Thom negenden iß denn Borgerenn vnnd Inwanerhenn


1) Vgl. Wöchentl. Rostock. Nachr., 1824, S. 184, und Lisch Berichtigung, S. 35.
2) Vgl. daselbst S. 182.
3) Vgl. daselbt S. 185.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLIV. und Riedel Cod. dipl. Brand. I, 1, S. 33.
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vom Rade vorbadenn, dat sehe erhe vihe immhe Stadtholthe, der Borchwall genanth, darmith datsulue vpgeheget wurde, wie idt dhenn ock vmhero vpgegrauenn vnnd befredeth, keineß wegeß hudenn mothenn, Solcheß werth vom Schepher mothwillig vorachtet vnnd leth de Schape darinne hudenn, dar doch neinn sunsthenn vonn der Stadt vihe henne kumpt, dardorch dath junge holt vordoruhenn werth, welches der houethman schall vorbethenn hebbenn."

Es geht hieraus hervor, daß der nahe bei der Stadt gelegene Theil der Feldmark schon früher getheilt ward. Die Wald =, See = und Moorgegend um den Burgwall ward früh zur Stadtfeldmark gelegt und "Stadtholz" genannt; der von Wald freie Acker jenseit des Holzes hieß Gaarzer Haide und lag nicht zur Stadtfeldmark, sondern war Lehn vom Domstifte Havelberg. Die ganze Zeit des 15. Jahrh. hindurch und namentlich im 16. Jahrh. während der Zeit der Reformation findet sich keine Spur von der Erneuerung der Belehnung 1 ); es wird in der Urkunde vom 11. Aug. 1562 bestimmt ausgesprochen, daß die Stadt Plau "viele Male ihre Belehnung muthwillig versäumt" habe. Im J. 1545 beschwerte sich das Dom = Capitel zu Havelberg bei dem Kurfürsten: "Wiewol die Stadt Plawe von vns vnd vnserer Kirchen eine wuste feltmarcke Gartz genandt bei irer stat gelegen mit allen gnaden vnd zugehorung nichts ausgenohmmen zu Lehen trage, vnd so offte Not vnd gewonheit, die Lehen zu furdern, entpfangen vnd Lehenpflicht zu thun schuldig, - - vnd wiewol wir sie zweimal die Lehen zu entpfangen bei verlust derselbigen schrifftlich erfordert, so sind sie dennoch aussenplieben". Hierauf forderte der Kurfürst Joachim am 29. Jan. 1545 den Herzog Albrecht auf, die Stadt Plau anzuhalten, die Feldmark vom Capitel zu Lehn zu nehmen.

Während der Zeit war nun auch mit dem havelberger Dom = Capitel eine große Veränderung vorgegangen, indem dasselbe im J. 1506 den Prämonstratenser = Mönchsorden verließ und in ein weltliches Stift verwandelt ward. Die Propstwürde ward für die Folge zwar beibehalten, jedoch in ihrer Wirksamkeit sehr, ja fast ganz zurückgedrängt; dagegen ward dem Decanat, welches mehr an die Stelle des aufgehobenen Priorats trat, ein viel


1) Wenn Schröter a. a. O. S. 191, Not. 7 sagt, es sei ein Lehnbrief am Tage Vocem Jucunditatis 1524 ertheilt, wie aus einem Vorschreiben des Dom = Capitels an den Herzog Ulrich hervorgehe, so ist dies ein Versehen, da es damals gar keinen Herzog Ulrich gab. Dagegen ist eine Belehnung vom Montage nach Vocem Jucund. 1574 vorhanden, was denn auch allein richtig ist.
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größeres Ansehen beigelegt, so daß jetzt der Dechant das wahre Oberhaupt des Dom = Capitels ward, dem auch die Verwaltung der äußeren Capitelangelegenheiten zustand 1 ). Der letzte katholisch gesinnte Dechant war Peter Conradi (1547 - 1561), ein zwar papistischer und unsittlicher, jedoch gelehrter, umsichtiger, thätiger und milder Mann 2 ), der die äußern Capitelangelegenheiten mit großer Einsicht wahrnahm. Der Thätigkeit dieses Mannes ist es wohl zuzuschreiben, daß seinem nächsten Nachfolger, dem Dechanten Hieronymus Muderich, einem trägen Manne, dem ersten lutherischen Dechanten, wieder von Gaarz gehuldigt werden mußte.

Die Stadt Plau hatte "vielmal ihr Lehn muthwillig versäumt und nicht empfangen", auch die ihr gegebenen Siegel und Briefe verachtet, weshalb sie ihre Gerechtigkeit billig verscherzt hatte. Jedoch auf inständiges Bitten und auf fürstliche Fürbitte belehnte das Dom = Capitel am 11. Aug. 1562 aufs neue die Stadt Plau mit dem "wüsten Dorfe Gaarz", nahm jedoch von der Stadt eine "Aussöhnung" von 200 Gulden und machte zur Bedingung, daß die Stadt fernerhin nach alter Weise die Belehnung bei dem Dechanten suchen sollen, sobald ein neuer Dechant gewählt sei 3 ).

Seit dieser Zeit hat denn auch die Stadt Plau durch Rathsbevollmächtigte stets die Belehnung nachgesucht und erhalten. Die Urkunden und Acten, welche im Archive der Stadt Plau aufbewahrt werden, liefern das nachstehende Ergebniß:

Die Stadt Plau erhielt von dem Dom = Capitel zu Havelberg über das Dorf Gaarz folgende Belehnungen:
1562. Aug.11. Lehnbrief. Jahr der
Wahl
unter d. Dechanten Hieronymus Muderich (1561).
1574. Mai 17. Lehnbrief
unter. d. Dechanten Matthaeus Lübeke (1573).
1607. März 7. Lehnbrief
unter d. Decanten Reimar von Karstedt (1606).
1619. Juli 9. Lehnbrief
unter d. Dechanten Hans von Jagow (1619).
- - (Lehnbrief fehlt)
(unter d. Dechanten Samuel von Winterfeld (1626).
1644. dec. 30. Lehnbrief
unter d. Dechanten Johann Georg v. Bardeleben (1644).
- - (Lehnbrief fehlt)
(unter d. Dechanten Balthasar v. Dequede (1651).

1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 1, S. 13, und I, 3, S. 12 und 43.
2) Vgl. das. I, 3, S. 71 flgd.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. LXII, und Riedel Cod. dipl. Brand. I, 1, S. 34.
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1664. Febr. 9. Lehnbrief Jahr der
Wahl.
unter d. Dechanten Thomas von Grote (1663).
1669. Oct. 27. Lehnbrief
unter d. Dechanten Friedrich Dietrich v. Kapelle (1668).
1683. Sept. 10. Lehnbrief
unter d. Dechanten Conrad Barthold v. Stille (1682).
1699. Juni 16. Lehnbrief
unter d. Dechanten Dietrich Hartwig v. Estorf (1698).
1708. Jan. 12. Lehnbrief (Muthung 1701 Febr. 25.)
unter d. Dechanten Johann Adolph v. Hagen, sonst genannt Geist (1701).
1719. April 8. Ladung zur Belehnung (Sehnbrief fehlt)
unter d. Dechanten (Ernst Friedrich von Happe) (1718).
- - (Lehnbrief fehlt)
(unter d.Dechanten Johann Friedrich v Printzen (1720).
1741. Sept. 30. Lehnbrief
unter d. Dechanten Samuel von Marschall (1740).
1751. Jan. 25. Ladung zur Belehnung (Lehnbrief fehlt)
unter d. Dechanten (Werner Christoph v. d. Asseburg) (1749).
- - (Lehnbrief fehlt)
(unter d. Dechanten Caspar Wichart v. Platen (1753).
1754. Juli 23. Ladung zur Belehnung (Lehnbrief fehlt)
unter d. Dechanten (Wichart Joach. Heinr. v. Möllendorf) (1754).
(letzter Dechant 1816).

Es ergiebt sich hieraus, daß die Belehnung nur in unruhigen Zeiten, z. B. im dreißigjährigen und siebenjährigen Kriege unterblieb.

Endlich ward, nachdem der letzte Dechant, der General = Feldmarschall von Möllendorf am 28. Jan. 1816 gestorben war, nach dem Befreiungskriege die Aufhebung des Domstiftes Havelberg am 10. April 1817 beschlossen und im J. 1819 ausgeführt, und damit hörte denn auch die Belehnung auf, welche überdies, da die Stadt das Eigenthum der Feldmark besaß, nichts weiter als eine leere Förmlichkeit war und mehr Kosten verursachte, als die Lehnwahr von 5 Thalern einbrachte.

Von dem Dorfe Gaarz sind noch viele Anzeichen auf der Feldmark. Der zunächst an die Stadtfeldmark grenzende Theil der Feldmark Gaarz bis zur Appelburg ist sehr wasser = und holzreich. Hier liegt zwischen dem Burg = und dem Gripen = See der Burgwall; nördlich davon liegen der Gaarzer und Ziegel = See; zwischen diesen 4 Seen liegt das Hofstättsche Moor, die Kornhof = und Holzhofstelle. Nach der Appelburg hin liegt hinter dem Leber = See der Vordere Burgwall. Das Feld von Gaarz, (früher immer Gaarzer Haide genannt), liegt noch mehr gegen Südwest an der Grenze des Domanialdorfes Reppentin.


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Das nicht weit von Plau gelegene Nonnenkloster Stepenitz besaß schon in alter Zeit 2 Hufen in Plau ("2 mansos in Plawe") 1 ), deren Eigenthum der Fürst Nicolaus von Werle schon im J. 1274 dem Kloster nebst andern Gerechtigkeiten übertrug. Wo diese Hufen gelegen und welches Schicksal sie ferner erlitten haben, ist völlig unbekannt. Im J. 1488 klagt Johann Gans, Hauptmann der Prignitz, für das Kloster Stepenitz, daß einige zu Plau wohnhaftige meklenburgische Unterthanen "dem Kloster etlichen Acker abgesäet" hätten, und bittet um Schutz.



Die Gaarzerheide.

Die Feldmark Gaarz (vielleicht mit der Feldmark Gardin) 2 ) schied sich schon sehr früh in zwei Theile. Der zunächst bei der Stadt gelegene Theil bis zur Appelburg, welcher viel Waldung, Moor und Seen hat, war schon sehr früh mit Wald bestanden und ward zum Stadtholze gerechnet; schon im J. 1563 klagte die Stadt gegen den fürstlichen Hauptmann zu Plau und den Schäfer auf dem Hofe Malchow: "Thom negenden iß denn Borgherenn vnnd Inwanherenn vom Rade vorbaden, dath sehe erhe vihe imme Stadtholthe der Borchwall genanth, darmith datsuluhe vpgeheget wurde, wie idt dhenn ock vmhero vpgegravenn vnnd befredeth, keineß wegeß hudenn mothenn, Solcheß werth vom Schepher mothwillig vorachtet vnnd leth de Schape darinne hudenn."

Der darüber hinaus liegende Theil war Acker und Weide und ward die Gaarzerhaide genannt, vielleicht weil dieses Feld in alten Zeiten, etwa im 15. Jahrh., wie später im 17. Jahrh., unbeackert lag und zur Weide benutzt ward, indem es außerhalb der Landwehr lag. An einer Stelle im J. 1610 wird sie auch "die gantze Feldt = Marck der Gartzer Heyde und "Gartzer Wohrde" genannt. Mit der Zeit ward aber das Feld wieder bebauet, blieb jedoch immer ein Hauptweideplatz für die Stadt. Das "fürstliche Haus Plau besaß auf der Feldmark, worauff etzliche 100 Morgen Ackers, nicht über 3 oder 4 Morgen." Die Stadt kam aber mit den fürstlichen Beamten wegen der Gaarzer Haide in häufige Streitigkeiten, indem diese auf den Dörfern Reppentin und Malchow Schäfereien angelegt hatten, welche die Zwistigkeiten veranlaßten.

Im J. 1560 hatte der fürstliche Vogt dem plauer Hofe


1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 1, S. 245.
2) Vgl. den folgenden Abschnitt S. 60.
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Gaartzerhaide gegenüber auf dem Felde des Gutes Reppentin eine Schäferei angelegt, durch welche Gaarzerhaide vielfach durch Hütung beschädigt ward, namentlich durch den Schäfer, welcher der Stadt feindselig gesinnt war. Nachdem die Stadt im J. 1562 wieder einen Lehnbrief über Gaarz hatte nehmen müssen, hatte der Schäfer 1563 hinterbracht, die Stadt habe die Gaarzerhaide erst im J. 1562 von dem Dom = Capitel zu Havelberg ohne Consens der Landesherren gekauft. Die Stadt beschwert sich über diese Verläumdung im J. 1563 folgendermaßen.

"Thom Teiendenn Iß die Stadt mit vnwarhafftigenn vnnd mildenn berichte kegen ihren Landesfursten ahngegeuen, alse hetten sie die Gartzerheide genant, - by welcher vor dren Jarenn dorch angeuenn deß gedachtenn Schepers eine Scheperie der armhenn Stadt thom ewigenn vorderuhe vnnd schadhenn gebuweth, - nhu erstlich vorm Jare von denn Domherenn edder Capittel tho Hauelberge ahne vorwethenn vnnd Consens hochgedachtenn vnsers Landesfürstenn vnnd Herrenn erkofft, welcheß warlich vele anderß darthodhondhe; Idt hefft auher ein Capittell sich darinne etliche herlicheit vor lange vorjerthenn beschenhenn erfflichenn koephe vorbeholdenn, die inhenn vonn der Stadt eine Tidtlanck nicht vorrechenth wordenn, solcheß hebbenn die Inwanere itzo erleggenn vnnd bethalenn mothenn, dath sehe solcke Feldtmarcke also vnnd nicht anderß mith gudhem Titell inne hebbenn vnnd besytthenn."

Im J. 1610 heißt es: "Das die Stadt Plawe eine Feldtmarck vom Erwürdigen Thum = Capittell zu Hauelberge, die Gartzer Heyde genant, in verleihung hat, - - darauf treiben die Beambten nicht allein teglich mit ihren vielfeltigen Schafen (von Reppentin), besondern vnterfangen sich, den Stadthirten zu wehren, daselbst auf ihrem grundt vnd boden ihre schaffe zu weyden, da doch vor vndencklichen Jharen, ehe dann die Schäfferei zu Repentin gelegt, solche Feldtmarck bei der Stadt Plawe gebracht worden, vnnd noch an itzo ist, vnnd den Schäfern nicht mehr alß eine rutte auf den enden des Ackers am Felde zu Gnewestorpff zur Trifft eingereumet, - - denn wenn dieselbige Drifft durch die Heyde nicht durchginige, könnten meines gnedigenn Fürstenn vnnd Herrnn Schafe nicht aufs Feldt Drosenow gehenn, dieses alles also vonn Alters hero gewesenn bei Hertzogk Ulrichenn sehligenn Zeittenn, - - Inmassen dann auch die

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Pauren von Gnewsstorff ebener gestaldt der orter von ihren Höuen eine Ruete zur Trifft eingereumet, damit die Schäffer mit dem Viehe desto beßer auff das Feldt Gantzlin treiben, die Schaffe daselbst weyden vnd die Gartzer Heyde vnangefochten vnd vnbeweidet bleiben laßen möchtenn. Worbey es fürs funffte gleichfalls nicht bleiben thuett, besondern das Dorff Gnewestorpff vnd Gantzlin lassen teglich ihr Rindtviehe auch darauf treiben vnd zwar alles zu der Stadt verderbe vnd vntergange.

Die Plawer Bürger hatten macht, viertzehen tage vor Pfingstenn ihre Schaffe inn der Heyde zue hüetenn, wann ihnenn die wolle ist abgenommenn , vnd dann hernacher vier Wochenn für Michaelis wieder darauß pleibenn mußen, Wann aber die Heyde dresch liegt vnnd nicht beseyet wirdt, habenn die Plawer burger nicht weiter macht zue huettenn, denn biß an die drifft. Wann aber die Heyde durchauß vann denn Plawer Burgernn vnnd Gnewstorffernn Paurenn zuegeseyet mußen die Bürger, sowoll die Paurenn damit friedtlich seinn, das die drifft wirdt abgedrebenn."

Das Ackerland der Feldmark Gaarz, welches jenseit des Burgwalles bei dem Domanialhofe Reppentin liegt, hat dem Rathe der Stadt wiederholt Veranlassung zur Anlage von Gehöften gegeben, da das Feld zu weit von der Stadt liegt und vortheilhafter von fremden Händen bewirthschaftet wird.

Schon zur ersten Zeit der Reformation (um die Zeit 1525 - 1530) hatte ein einsichtsvoller Mann, der Rathsherr Joachim Kröger es bei dem Rathe bewirkt, daß auf der gaarzer Feldmark Niederlassungen oder ein Hof angelegt wurden, welche den Namen Gaarzerhaide führte Jochim Kröger - - autor erat, quod colonia, quae dicta est Gartzerheide, deducta erat). Das Stadtbuch in der Rathsmatrikel erzählt hierüber folgende lehrreiche Geschichte. Kröger hatte die Anlegung dieser Colonie ins Werk gesetzt, und dadurch der Stadt einen wesentlichen Vortheil verschafft. Hierüber zürnten ihm viele unzufriedene Bürger im Stillen , weil sie lieber die Aecker zu ihren Häusern gehabt hätten. Die Zeit der Reformation war überhaupt sehr aufgeregt und gewaltthätig. Als nun Kröger einmal von den v. Flotow auf Stur eine Wade oder ein Zugnetz (verriculum) geliehen und damit die Stadtseen zum Besten des Raths befischt hatte, regten einige schlechte Bürger die ganze Bürgerschaft so auf, daß es zu einem offenen, gewaltthätigen Aufstande kam (cumulatim sine certa racione prorupuerunt), in welchem die Aufrührer die ihnen Mißliebigen schlugen und beschimpften und das Fischernetz wegnahmen.

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Es herrschte eine große Erbitterung des Volkes gegen Kröger; jedoch, giebt das Stadtbuch den schlechten Trost, das Volk ist immer das alte und vergilt Wohlthaten mit Uebelthaten. Der Rath stillte zwar den Aufruhr, aber die feindselige Gährung zwischen den Verwundeten und den Haupträdelsführern dauerte noch lange fort, namentlich gegen Kröger, dem man die Anlegung von Colonien in der Gaartzer Haide mit Schmähreden vorwarf. Nach langer Zeit legte sich im J. 1541 der friedfertige Herzog Heinrich ins Mittel und söhnte die feindseligen Partheien aus; es ward ein herzoglicher Sühnbrief vor der versammelten Bürgerschaft verlesen, die Feinde vertrugen sich und überließen Gott die Bestrafung der Schuldigen. Um dieselbe Zeit (vgl. oben S. 51) erwarb sich Joachim Kröger, damals Burgemeister, durch die Vertheilung des Ackers der Feldmark Gaarz an die Bürgerhäuser wieder viele Freunde, so daß die Bürger ihm sogar für seine treue Bemühung ein Stück Acker mehr zulegten.

Nachdem die traurigen Zeiten des dreißigjährigen Krieges überwunden waren, in denen viele Ackerbesitzer wegstarben, fingen die plauer Bürger im Anfang des vorigen Jahrhunderts wieder an, "die sogenannte Gaarzer Haide, worauf der Amthof Reppentin seine beste Weide hat (!), neuerlich umzureißen und zu großem Nachtheil auch Schmälerung der Amtsweiden (!) zu Acker zu machen, gestalt dann diesen Herbst über ein großes Stück davon wiederum ausgerissen und besäet worden", wie ein Bericht des Beamten vom 10. Oct. 1712 sagt.

Von dieser Zeit an verkaufte die Stadt nach und nach Ackerstücke an einzelne Bürger, so daß ein großer Theil der Feldmark allmählig in den Besitz einzelner Bürger kam. In den neuesten Zeiten hat aber die Stadt den Nutzen einer größern Bewirthschaftung wieder eingesehen, die einzelnen Bürger nach und nach ausgekauft und auf der Gaarzer Haide einen Pachthof angelegt, welcher noch keinen bestimmten Namen erhalten hat.



Die Appelburg.

An der südlichen Grenze der Stadtfeldmark, an der Landwehr, liegt im anmuthigen Walde nicht weit vom See ein kleines Gehöft, die Appelburg, welche ein Vergnügungsort der Einwohner der Stadt zu sein pflegt.

Den Namen erhielt die Appelburg von dem angrenzenden Gehölze, welches schon im Mittelalter das Apfelholz hieß.

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In einer im J. 1448 aufgenommenen Schadensrechnung 1 ) über die Verluste durch die märkischen Raubeinfälle heißt es:

"Item nêmen Ciliacus Roer, Hans Dupow etc. vôr Plawe ûte deme appelholte XXIIII hôuede grôtes rintvêes unde dêden dat to Putlist aff unde to."

Es ist für die Geschichte der Stadt von Interesse, zu wissen, wozu das Apfelholz ursprünglich gehört habe, ob zur alten Stadtfeldmark oder zur Feldmark von Gaarz. In einer Klage des Rathes vom 12. Sept. 1645 heißt es von dem

"Appelholtz, so unsere Vorfahren, vermüge einkommenden Kauffbrieff, cum superiori et inferiori manus et colli iudicio gekaufft, dahero wir noch zur Zeit zu Havelbergk, wan der Decanus daselbst mit todte abgehet und ein newer elegiret wird, praestito laudemio das Lehn suchen und empfangen müssen."

Es gehörte also das Apfelholz ursprünglich zu der Feldmark Gaarz, ward aber schon früh mit den übrigen Waldungen dieser Feldmark zum "Stadtholze" gelegt.

Im J. 1508 wird die Appelburg zuerst in den Kämmereirechnungen mit 1 fl. Pacht aufgeführt. Im J. 1542 wird sie gelegentlich in der Rathsmatrikel genannt:

1542. Jochim Kröger proconsul emit partem agri sitam super foveas argilli ad viam versus Appelborch a vidua Clawes Malchowen pro 10 fl.

Wahrscheinlich war die Appelburg ursprünglich eine Befestigung in der dort noch vorhandenen Landwehr der Stadtfeldmark, an der wichtigen, in die Mark Brandenburg führenden Heerstraße.

Durch den Ankauf des südlich davon liegenden Dorfes Wozeken (im J. 1323) ward sie weiter von Stadtfeld umgeben.

Im J. 1583 zahlte die Appelburg 5 fl. Pacht.

Im dreißigjährigen Kriege ward die Appelburg zerstört. Im J. 1670, nach Beendigung der Kriege, hatte der Rath die Absicht, sie wieder aufzubauen; dies geschah auch nach der Zeit, obgleich der damalige Pfandträger des Amtes Plau, Ernst von Erlenkamp, noch im J 1693 es zu verhindern suchte. Am 30. Jan. 1702 erhielt der Pächter Peter Scheller eine Prolongation der Pachtung Appelburg auf 6 Jahre gegen eine jährliche Pacht von 7 Thlr.; jedoch ward am 16. Aug. 1703 mit


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. LV.
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dem Pächter Ulrich Wulf ein Contract auf 6 Jahre für eine Pacht von 10 Thlr. abgeschlossen.

Im J. 1721 ward die Appelburg abgebrochen, das unbrauchbare Holz von dem abgebrochenen Wohnhause für 2 Thlr. 6 ßl. verkauft und zur Ergänzung des Ausfalles der Pacht eine Stadtanlage von 2 ßl. von jedem Haupt Rindvieh und jeder Ziege beliebt, welche Anlage jährlich ungefähr 4 Thlr. brachte.

Im J. 1769 sollte die Appelburg wieder aufgebauet werden; jedoch kam die Wiederaufrichtung erst im J. 1823 zu Stande.