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4.

Der Burgwall von Gaarz bei Plau

oder

die Swartepapenburg.

Am 29. Decbr. 1223 schenkte der Fürst Borwin I. dem Dom = Capitel zu Havelberg das Dorf Gaarz 1 ), dessen Feldmark späterhin mit in die Feldmark der Stadt Plau hineingezogen ist; zur Zeit dieser Schenkung stand wahrscheinlich die Stadt Plau noch nicht. Das Dom = Capitel gab diese Besitzung schon früh zu Lehn weg; am 17. März 1375 verpfändete Brüning von Restorf mit seinen Söhnen der Stadt Plau 2 Hufen in Gaarz,


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. IV.
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wie er dieselben geerbt hatte, und am 14. Febr. 1376 verkaufte Barthold Swartepape der Stadt die Hälfte des Dorfes Gaarz, wie er sie von seinem Vater geerbt hatte 1 ). Um diese Zeit muß das Dorf ganz in den Besitz der Stadt gekommen sein; denn am 11. Nov. 1388 gab der Propst des Dom = Capitels zu Havelberg der Stadt Plau das ganze Dorf Gaarz zu Lehn, wie Barthold Swartepape und Brüning von Restorf es bis dahin von dem Dom = Capitel zu Lehn gehabt hatten 2 ). Seit dieser Zeit trug die Stadt Plau fortwährend das Lehn dieses Dorfes von dem Dom = Capitel.

Die Familie Swartepape war eine sehr angesehene, reiche Patricierfamilie der Stadt Plau, von ritterlicher Verwandtschaft 3 ), und hat ihren Namen bis heute in der Sage fortgepflanzt, obgleich sie schon am Ende des 14. Jahrh. ausstarb; die Familie ist wohl die bedeutendste, welche je in Plau gewohnt hat. Auf dem gaarzer Felde der plauer Stadtfeldmark liegt nun ein Burgwall, auf welchem der Sage nach ein Raubritter gewohnt haben soll. Der Professor Schröter sagt 4 ) über diesen Burgwall:

"Ungefähr eine halbe Stunde von Plau liegt zwischen vier, durch schmale Sumpfwiesen jetzt getrennten, früher gewiß verbundenen Seen, dem Garzer =, Gripen =, Burg = und Leber = See, eine Art von Halbinsel, zu welcher gegenwärtig nur Ein fahrbarer Zugang führt. Sie ist mit schöner Hochwaldung bestanden und zeigt an ihrer äußersten Spitze eine Umwallung von etwa 200 Schritten im Umfange. Die Breite des Walles beträgt 12 Schritte, seine Höhe gegen 30 Fuß. Er bildet drei Seiten eines nicht ganz regelmäßigen Quadrats, die vierte ist offen und wird unmittelbar vom Burgsee bespült und beschützt; mehrere geräumige Vertiefungen in seinem Innern deuten ehemalige Gebäude an. Der Name Borgwall und Swartepapenborg erhält aus den mitgetheilten Urkunden seine völlige Erläuterung und beweiset zugleich, wie lange Localerinnerungen sich durch Tradition erhalten können. Die Sage macht den Swartepapen zu einem gefürchteten Räuber. Uebrigens müßte es


1) Vgl. Beil. zu Wöchentl. Rostock. Nachr. 1824, Stück 42 flgd., Nr. VIII u. IX.
2) Vgl. daselbst Nr. XIII.
3) Die Geschichte der Familie Swartepape ward Gegenstand einer ausführlichen Untersuchung in Lisch Berichtigung einer von dem Staatsminister v. Kamptz gemachten Aeußerung, Schwerin, 1844, in welcher auch alle dazu gehörenden Urkunden gedruckt sind. Vgl. auch weiter unten.
4) Vgl. Beil. zu Wöchentl. Rostock. Nachr. a. a. O. S. 192, Not. 2.
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ergötzlich sein, wenn die unmythischen Urkunden nicht erhalten wären, diese Umwallung von gläubigen Alterthumsforschern in eine uralte heidnische Zeit versetzen zu sehen, wie man es mit der völlig ähnlichen, mir wenigstens sehr zweideutigen Herthaburg auf Rügen gemacht hat. Der Schwarzpfaffe würde dann zum dunkeln Heidenpriester im Gegensatze des christlichen Lichtpriesters, oder noch kürzer, das alte Gaarz würde zum Heiligthume Czernebogs, des schwarzen Gottes. Ein benachbarter Heidensee diente dann zur völligen Begründung".

Wenn auch in dieser Beschreibung, die mich der Wiederholung überhebt, der Alterthumsforscher Schröter über die Alterthümelei längst entschwundener Zeiten spottet, so scheint ihn doch dieser Spott irre geführt zu haben; er geht theils zu weit, theils nicht weit genug, und der Spott könnte doch vielleicht eitel Wahrheit werden.

Im Herbste des J. 1849 untersuchte ich den Burgwall mit dem in der Geschichte der Stadt Plau seit vielen Jahren bewanderten Herrn Senator Schultetus. Zuvor bemerke ich, daß nach sichern Erkundigungen der Wall nie und nirgends "Swartepapenburg" genannt wird; diesen Namen erfindet Schröter hier selbst. Die Volkssage nennt die Erhöhung nur "Burgwall" und fügt hinzu, daß er der Sitz eines "alten Raubritters Barthold Swartepape" gewesen sei; nach andern Sagen soll Barthold Swartepape in der Stadt, sein Bruder aber auf der Burg gewohnt haben 1 ). Freilich ist es interessant, daß der Name Barthold Swartepape sich an 500 Jahre lang in der Volkssage erhalten hat; aber der Burgwall trägt nicht seinen Namen, wenn er auch auf demselben gewohnt haben soll. Am frühesten wird die Umwallung in den noch vorhandenen Urkunden und Acten in den "Beschwerden" der Stadt Plau vom J. (1563) nur "Borchwall" genannt:

"Thom Negenden iß den Borgeren vnnd Innwanerhenn vom Rade vorbadenn, dath se erhe vihe immhe Stadtholthe, der Borchwall genanth, darmith datsuluhe vpgeheget wurdhe, wie idt dhenn ock vmhero vpgegrauenn vnnd befredeth, keineß wegeß hudenn mothenn".

Auch schon Chemnitz, in seinem Genealochron. in v. Westphalen Mon. ined. IV, p. 212 - 213, um die Mitte des 17. Jahrh., kennt den Burgwall, indem er sagt:

"Es hat aber in vorzeiten ein Schloß daselbst auffm


1) Vgl. Berichtigung a. a. O. S. 25 - 26.
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Werder gelegen, wie der Nahme des Burgwals daselbst zeiget, wans aber destruiret, ist zwar ungewiß, doch duncket mir, das es in den langwierigen mit den Brandenburgischen Marggraffen mit den Herren von Werle geführten Kriegen verstöret und folgends gahr verfallen sey".

Uebrigens kann die Sage von Barthold Swartepape auch wiederholt von kundigen Stadtschreibern aus den Urkunden der Stadt aufgefrischt sein, um so mehr, da die Stadt fortwährend das Lehn muthen mußte, also im Verständnisse der Besitzerwerbung blieb.

Der Burgwall sieht aber gar nicht mittelalterlich aus. Es ist ein Ringwall von der räthselhaften Art der sehr alten Burgwälle. Die Gestalt ist nicht genau so regelmäßig, wie Schröter sie beschreibt. Im Innern ist eine ziemlich ebene Fläche von unbedeutender Ausdehnung. Umher erhebt sich ungefähr 10 Fuß eine Umwallung, die fast ganz kreisförmig und hin und wieder niedriger ist, auch nach dem Burgsee hin fast ganz verschwindet; nach außen hin fällt die Umwallung wohl über 20 Fuß tief hinab. Der Boden weit umher ist trocken und fest und bis auf den Burgwall mit großen Buchen bestanden: der Burgwall liegt ganz im alten Buchenwalde. Dieser Burgwall unterscheidet sich also wesentlich sowohl von den wendischen, als von den mittelalterlichen Burgwällen. Diese sind in der Regel oder wohl immer viereckig, gewöhnlich oblong, selten quadratisch, und sind durch Moor und Wasser oder Gräben geschützt; die Oberfläche ist eben; in ältern Zeiten sind die wendischen Burgwälle wohl am Rande umwallt, die mittelalterlichen Burgwälle durch Ringmauern oder feste Wände der Gebäude, welche am Rande umher standen, geschützt gewesen. Ganz anders ist der kleine, runde Kessel des gaarzer Burgwalles, der von außen gar nicht geschützt ist, wenigstens nicht in der nächsten Entfernung, und alle Feuchtigkeit in sich aufnimmt. Dazu ist weder innerhalb, noch außerhalb der Umwallung, auch nicht in dem Ringwalle irgend eine Spur von Alterthümern, von Feldsteinen, Ziegeln, Gefäßscherben, Kalk etc. . zu entdecken, auch ist hier nie etwas gefunden. Die Umwallung liegt in einem offenbar alten Buchenwalde und hat auch wohl immer in einem solchen gelegen.

Daß die Swartepapen das Dorf Gaarz zu Lehn trugen, und dazu nur zur Hälfte, ist noch gar kein Beweis, daß sie auch auf dem Gute gewohnt haben. Im Gegentheile wird Gaarz nie als Rittersitz bezeichnet und nie ein Swartepape als auf Gaarz wohnhaft; vielmehr werden die Swartepapen nur Bürger (cives, oppidani) in Plau genannt und erscheinen nur in der Stadt Plau, so haufig sie in den Urkunden auch

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genannt worden. Ja, der Vater Barthold Swartepape war im J. 1335 fürstlicher Vogt zu Plau. Die Swartepapen hatten übrigens viele Güter in der Nähe von Plau, z. B. Samot, Malchow, Drosenow, Clippatendorf und mehrere Hufen zu Kuppentin und Schlemmin und endlich halb Gaarz 1 ); keines von diesen Dörfern scheint ein Rittersitz gewesen zu sein. Samot, Drosenow und Clippatendorf sind auch längst untergegangen.

Ich für meinen Theil erkenne in dem Burgwalle aus der gaarzer Feldmark keinen mittelalterlichen Burgwall, sondern, trotz Schröter, eine uralte heidnische Umwallung, die wohl noch über die letzten Wendenzeiten hinausreicht. Der Burgwall ist ganz so, wie viele andere ähnliche im Lande, welche eben so gebauet sind und eben so, und zwar alle, in Hochwaldung liegen, z. B. die Burg von Schlemmin, von Ilow (nicht der im Moor liegende wendische Wall) u. a. m. Der Burgwall scheint wirklich mehr ein heidnisches Heiligthum, als eine mittelalterliche Feste gewesen zu sein. Daher war sie auch wohl eine Domaine Borwins, die er schon früh an eine geistliche Stiftung weggab, wie andere Domainen von ähnlicher Bedeutnng. Das Dorf Gaarz wird aber in der geschichtlichen Zeit nur ein Bauerdorf gewesen sein und keinen Rittersitz gehabt haben.



1) Ueber alles dieses vgl. die angeführte Beurtheilung.