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3.

Die Kirche und Pfarre zu Kuppentin.

Die Geschichte der Kirche und Pfarre zu Kuppentin ist für die Geschichte der Stadt Plau und deren Umgegend insoferne von Bedeutung, als sie in die frühesten Zeiten der Colonisation jener Gegend hineinführt.

Die Kirche zu Kuppentin, ritterschaftlichen Amtes Lübz, ist ein sehr bemerkenswerthes Gebäude in der Geschichte der Baukunst Meklenburgs. Sie bildet ein langes Oblongum, ohne Seitenschiffe, und besteht aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen, einem Schiffe im W. und einem Chor im O.

Das Schiff ist aus Feldsteinen (Granitgeschiebe) fest, aber ziemlich plump aufgeführt. Es hat an jeder Seite drei sehr niedrige, im Uebergangsstyle zugespitzte Fenster, welche in der Nordwand von außen und innen ohne Gliederung schräge und glatt einlaufen, in der Südwand aber von innen eine grade Seitenwand haben und von außen in 3 rechtwinkligen Absätzen einlaufen. Die Pforte ist im rohen Uebergangsstyle gewölbt und

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mit rechtwinkligen Gliederungen eingefaßt. Die Länge des Schiffes beträgt ungefähr 3 Gewölbe, so daß unter jedem Gewölbe an jeder Seite ein Fenster gestanden hätte; der Raum ist jedoch nicht gewölbt, sondern nur mit einer Balken = und Bretterdecke bedeckt. Dieser Theil der Kirche ist der ältere und die eigentliche alte Kirche, welche zuerst ohne Zweifel eine kleinere Altarnische oder einen andern Chor hatte, als jetzt. Diese Altarnische ist später weggebrochen und an deren Stelle der jetzige Chor aufgeführt.

Der Chor ist das Merkwürdigste an der Kirche. Er ist offenbar an das Schiff angebauet und daher jünger, als dieses, wenn auch nicht sehr viel. Der Chor ist auf einem Fundamente von behauenen Granitquadern ganz aus Ziegeln aufgeführt und ein für eine Landkirche ungewöhnlich hohes Gebäude von guten Verhältnissen. Es hat eine Länge von 3 schmalen Gewölben, wenn man die Altarnische für ein Gewölbe rechnet. Zwischen den Fenstern stehen Strebepfeiler. Die Altarwand ist im Fünfseit construirt; dies ist ohne Zweifel der erste und einfachste, jedoch immer kunstvolle Uebergang von der halbkreisförmigen zur vielseitigen Altarnische. In jeder dieser 5 Seiten steht ein sehr hohes, zweigetheiltes, im ernsten Spitzbogen gewölbtes und mit Wulsten verziertes Fenster. In den beiden Seitenwänden stehen in jeder Wand zwei eben so construirte, aber dreigetheilte Fenster; in der Nordwand hat jedoch der dem Altare zunächst stehende Fensterraum kein solches Fenster, sondern in der Höhe eine kreisförmige, jedoch vermauerte Vertiefung (eine Rose), und darunter im Innern drei schmale, fensterartige Nischen im Uebergangsstyle. Im Aeußern ist die Wand glatt, mit Ausnahme der Rose und einer kleinen, flach überwölbten Nische. Ueber den Fenstern unter dem Dache ist der ganze Chor mit einem Friese von Halbkreisen verziert, der jedoch an einigen Stellen abgeschlagen ist. Das Innere ist, dem Schiffe zunächst, mit zwei sehr flachen und schmalen Gewölben bedeckt, welche keine Gurtbogen, sondern nur feine, zugespitzte Näthe an dem Zusammenstoße der Gewölbekappen haben. Die 5 Gewölbekappen über dem Altare sind quadratisch construirt. Alle Schlußsteine sind rund. Die Träger und Pilaster sind sehr zierlich. Die Pforte ist eben so, wie die Fenster construirt, auch nicht mehr geschmückt. Der über das Schiff emporragende westliche Giebel ist mit schmalen, fensterartigen Nischen im Uebergangsstyle verziert. Leider ist dieser ganze hübsche Bau nicht sehr fest und schon früh durch viele hohe Strebepfeiler gestützt; ja durch zwei Strebepfeiler sind zwei Fenster ganz zugedeckt. Schon im J. 1486, feria sexta post

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Jubilate, hat der "Bischof Conrad zu Schwerin der Kirche Kuppentin einen Bettel = und Indulgentienbrief gegeben", wahrscheinlich zur Restauration des Kirchengebäudes.

Dieser Chor ist dadurch interessant, daß er zu den frühesten Bauten im Spitzbogenstyl gehört und die letzten Reste vom Rundbogenstyle in dem Rundbogenfriese und den Gewölben aufzuweisen hat; der Spitzbogenstyl ist nach allen Verhältnissen und Gliederungen schon vollständig durchgeführt. Vielleicht giebt es in Meklenburg kein Gebäude im ausgebildeten Spitzbogenstyle, welches noch so klare Ueberreste vom Rundbogenstyle hat.

Wahrscheinlich ist das Schiff als erste Kirche bei der Einführung des Christenthums, der Chor um die Mitte des 13. Jahrh. bei der Befestigung der christlichen Cultur angebauet.

An Alterthümern besitzt die Kirche nichts. Der Altarstein, von Ziegeln, ist noch alt; er besitzt noch die Höhlung für die Reliquien und die Weihurkunde: die Höhlung ist mit einer viereckigen Felsenplatte zugelegt, aber früher schon geöffnet, und die Höhlung ist leer. Außerdem sind noch die bischöflichen Weihkreuze auf dem Altare bemerklich.

Der Thurm ist nur aus Holz gebaut. Von den Glocken ist die eine alt, jedoch ohne alle Verzierungen, die zweite jung.

Die Pfarre Kuppentin ist alt und hatte in den frühesten Zeiten einen Sprengel von ungewöhnlich großer Ausdehnung, so daß er den größten Theil des Raumes zwischen den Städten Plau, Goldberg und Lübz, die zur Zeit der Stiftung der Kirche zu Kuppentin noch nicht gegründet waren, füllte. Schon am 3. August 1235 bestätigte der Bischof Brunward von Schwerin die Kirche und bestimmte namentlich die Dörfer 1 ), die zu ihrem Sprengel gehören sollten:

Kuppentin (Kobandin), Wessentin (Wazutyn), Brook (Brůk), Bobzin (Babazyn), Weisin, Zahren (Syarnitze), Kressin (Krosyna), Plauerhagen? (nova villa Guthani), Groß = Poserin, Klein = Poserin (duo Posirina), Penzlin (Pentzarin), Daschow (Darsekow) und Glin (indago Glyna).

Diese Dörfer sind fast alle noch heute zu erkennen. Die nova villa Guthani (das neue Dorf Guthans) ist nicht mehr bekannt, ist aber wahrscheinlich Plauerhagen. da dieses Dorf im 16. Jahrh. als Filial von Kuppentin erscheint. Der Hagen (indago) Glin ist ohne Zweifel das Dorf Gallin,


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VI. Der Abdruck dieser Urkunde in Westphalen mon. ined. IV, p. 927, ist äußerst schlecht, so.daß sich die Namen der Dörfer fast gar nicht erkennen lassen.
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welches dem Kloster Doberan seit dessen Stiftung gehörte und daher wohl als Hägerdorf colonisirt war, wie das Cistercienserkloster Doberan viele Hagendörfer hatte.

Diese unmäßig große Pfarre, welche 5 Kirchen hatte, nämlich Kuppentin mit den 4 Filialen Poserin, Glin, Zahren und Plauerhagen, ward schon früh zerstückelt. Zuerst, und schon sehr früh, ward die Pfarre Poserin mit Gr. Poserin, Kl. Poserin und Kressin abgenommen und dazu die Pfarre Karow mit dem Filial Damerow gelegt, welche im Mittelalter eine eigene Pfarre bildete. Andere Dörfer kamen zu den benachbarten Pfarren: Wessentin und Brook zur Pfarre Barkow, Bobzin zur Pfarre Lübz, Weisin zur Pfarre Benthen. Dagegen kam Zarchelin, welches noch im 16. Jahrh. zur Pfarre Quetzin gehörte, die seit alter Zeit eine selbstständige Pfarre bildete, zum kuppentiner Filial Plauerhagen.

Die Frühere Filialkirche zu Gallin oder Glin war im Mittelalter eine Kapelle. Sie war kurz vor dem 20. Mai 1354 erbauet und von dem Bischofe Andreas von Schwerin geweihet, auch mit einem Kirchhofe versehen, auf welchem jedoch nur Fremde und Wanderer, die dort sterben würden, begraben werden sollten, und der auch zum Asyle (?) (ad defensionem) dienen könnte. Uebrigens sollte der Pfarrer in der Kapelle jährlich vier Male Messe lesen, sonst aber die Dorfschaft mit allen kirchlichen Handlungen an die Mutterkirche zu Kuppentin gebunden bleiben. Jetzt ist schon lange keine Spur mehr von der Kirche vorhanden.