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XVI. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. October 1850.

Vignette

D as interessanteste Ereigniss in dem abgelaufenen Quartale dürfte die glückliche Einbringung eines uralten Götzen sein, welcher seit längerer Zeit ganz in der Nähe unserer Residenz umher spukte, ohne dass man seiner habhaft werden konnte. Es ward nämlich glaubhaft erzählt, dass bei dem Dorfe Godern vor etwa 25 Jahren in einem zur Wiesenverbesserung theilweise abgetragenen grossen Hünengrabe, dessen Reste noch zu sehen sind, der wohlerhaltene Kopf einer steinernen Statue gefunden sei, also ein Götzenbild, und zwar aus der Hünenzeit! Das war ohne Zweifel der Mühe einer genaueren Nachforschung werth! Die Herren Präpositus Schenck und Candidat Wigger zu Pinnow übernahmen es daher bereitwillig, den Schulmeister Rosenew zu Godern, welcher bei dem Funde zugegen gewesen sein sollte, zu Protokoll über den Thatbestand abzuhören, und wirklich bestätigte dieser Mann das Gerücht vollständig in allen seinen Theilen, mit dem Hinzufügen, dass er selbst den von vielen Leuten gesehenen Kopf, welcher einen bärtigen Mann darstelle, zu sich genommen und längere Zeit in dem Besitze desselben gewesen sei, ihn aber später an den damaligen Herrn Beamten, jetzigen Geh. Rath v. Plessen hieselbst, abgeliefert habe. Letzterer erklärte denn auch auf weitere Nachforschung, dass er sich des Vorganges sehr wohl erinnere, und lieferte das Wunderbild, welches er glücklicher Weise aufbewahrt hatte, vor einiger Zeit an die Vereinssammlung ab, wo es nun Jedermann sehen kann, aber - nichts finden wird, als einen ganz gewöhnlichen runden Feuersteinklumpen mit einigen ziemlich regelmässig stehenden Eindrücken und Erhöhungen, in welchem eine lebhafte, aber rohe Phantasie die Formen eines bärtigen menschlichen Angesichts zu erkennen geglaubt hat.

Dieser Spuk ist also glücklich gebannt, und das ist allerdings für die Wissenschaft auch ein Gewinn. Fast scheint es aber, als wenn die Wissenschaft selbst gleichzeitig bemüht gewesen ist, einen andern - Spuk wieder zu beleben, welcher seit vielen Jahren in der gelehrten Welt umging, in der letzten Zeit aber fast verschollen war: ich meine die sogenannten Rethraer Götzenbilder zu Neu-Strelitz. Bekanntlich ist die Unechtheit eines grossen Theiles dieser Figuren durch gerichtliche Untersuchung erwiesen, während die Echtheit der übrigen zwar vielfältig angegriffen, aber von anderer Seite hartnäckig vertheidigt ward. Unser Verein beauftragte desshalb schon vor Jahren den Herrn Archivar Dr. Lisch mit der genaueren Untersuchung dieser angeblichen Alterthümer an Ort nnd Stelle, und dieser kehrte mit der vollkommensten Ueberzeugung zurück, dass alle, ohne Ausnahme, das Werk eines plumpen und augenfälligen Betruges seien. Seitdem waren die ehemals so berühmten Götzen wenigstens hier zu Lande, fast vergessen. Vor etwa 2 Monaten ist nun aber, wie die Zeitungen bereits gemeldet haben, Herr Kollár, Professor der Archäologie an der kaiserlichen Universität zu Wien, und Kenner der slavischen Sprachen, wir wissen nicht, auf wessen Veranlassung, in Strelitz angekommen, um diese im Auslande anscheinend immer noch in einigem Ansehen stehenden Alterthümer einer nochmaligen Untersuchung zu unterziehen. Dem Vernehmen nach hat Herr Kollár dieselben auf den ersten Blick als echt erkannt, und soll diese Ansicht auch mit nach Wien genommen haben, wohin er be-

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dauerlich bereits zurückgegangen ist, ohne die hiesigen Sammlungen zu sehen obgleich das Studium derselben bei einer Untersuchung über slavische Alterthümer unsrer Gegend doch nicht ganz ohne Nutzen gewesen sein dürfte. Hoffentlich haben wir nun bald einen öffentlichen Bericht des Herrn Kollár über das Resultat seiner Untersuchung zu erwarten, worauf wir natürlich in hohem Grade gespannt sind.

Unsere Sammlungen haben sich übrigens in dem letzten halben Jahre (seit Ostern) wiederum sehr reicher und werthvoller Geschenke zu erfreuen gehabt, wie die folgende Uebersicht nachweiset. Es sind nämlich erworben:

A. Für die Alterthums-Sammlung:

I. Aus vorchristlicher Zeit, und zwar

   1) aus der Zeit der Hünengräber:

1 Keil aus Feuerstein, gefunden in einem Hünengrabe bei Godern, geschenkt vom dem Herrn Präpositus Schencke zu Pinnow. - 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein und 1 kleine cylinderförmige Urne aus bräunlich gebranntem Thon, gefunden mit mehren anderen zerbrochenen Urnen in einem Hünengrabe zu Masslow bei Lübow, durch Vermittelung des Herrn Pastors Albrand daselbst geschenkt von dem Herrn Keding zu Masslow. - 1 grosse unvollendete Streitaxt mit Schaftloch aus Hornblende, gefunden im Acker zu Gottmannsförde, geschenkt von dem Herrn v. Böhl auf Cramonshagen. - 1 vor mehren Jahren wahrscheinlich zu Cramonshagen gefundene grosse Handaxt mit Handgriff aus Hornblende, geschenkt von dem Herrn v. Böhl daselbst.

   2) Aus der Zeit der Kegelgräber:

1 Schwert mit Griffzunge, in der Klinge 29" lang, 2 Paar Armschienen in Spiralform, das eine von dreieckigem Draht, das andere von platten, breiten Blechstreifen und 2 Paar Handringe von reichverziertem Blech, convex getrieben, aus Bronze ohne Rost sichtlich noch ungebraucht und vollkommen wohl erhalten, gefunden im Moore bei Redentin; angekauft und dem Verein gegen Erstattung des Metallwerthes überlassen von dem Kupferschmied Herrn Marquardt zu Wismar. - 1 gewöhnliche Urne, 1 kleiner Napf und drei Schalen aus hellbraunem Thon, so wie ein kleiner Ring und ein ganz kleiner Beschlag, welcher sich zwischen Knochen und Asche in der Urne befand, gefunden beim Steinbrechen auf dem Felde von Molzow, und geschenkt von dem Herrn Landrath Baron v. Maltzan auf Rothenmoor, Molzow etc. - 1 kleine Heftel mit 2 Spiralplatten aus Bronze, ohne Rost, gefunden im Torfmoore zu Krassow und geschenkt von dem Herrn Pogge auf Roggow und Krassow.

Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe ist diesmal nichts eingegangen.

II. Aus dem christlichen Mittelalter:

1 zinnener Esslöffel mit länglich rundem Blatte aus dem 16. Jahrhunderte, mit der Inschrift: DRINCK VND IS . GOT NICHT VERGIS. , geschenkt von dem Herrn Baumeister Wachenhusen. - 1 Schlüssel aus Messing, geschenkt von dem Herrn Candidaten Eberhard zu Grüssow. - 1 Krug aus blaugrauem Thon, gefunden bei dem Abbruch eines alten Gebäudes zu Rothenmoor und geschenkt von dem Herrn Baron v. Maltzan.

B. Für die Münzsammlung:

1 Lübecker Groschen aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts, geschenkt von dem Herrn Pogge auf Roggow. - 1 halbe Silberkrone des Königs Wilhelm III. und der Königin Maria von England, vom J. 1689, geschenkt von dem Herrn Pastor Lamppert zu Dreveskirchen. - 1 Rostocker Dütchen von 1627 und ein mecklenburgischer Groschen von 1754, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortittch zu Satow. - 1 französisches Zweifrankenstück von 1690, 4 silberne und 5 kupferne Scheidemünzen, geschenkt von dem Herrn Regierungs-Secretair Grischow zu Neustrelitz.

C. Für die Bibliothek:

1, 2) Mémoires de la socéité impériato d'archéologie de St. Pétersbourg. Publéa sous lea auspices de la société par B. de Koehne. X. XI. (Vol. IV. No. 1. 2.) St. Pétersbourg et Berlin. 1850. 8. (Geschenk: der Gesellschaft.)

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3) Geschichte Polens von Dr. Richard Roepell. Erster Theil. Hamburg. 1840. 8.

4) Tableaux génealogiques et historiqueg de l'empire Britannique par F. Baron de Reden. Hannovre. 1830. Fol. (Geschenk des Herrn Ministers v. Lützow Exc.)

5) Das Münster zu Basel von Dr. D. A. Fechter. Das. 1850. 4.

6) Ueber einige Gegenstände der Sammlung von Alterthümern im Museum zu Basel. Von Prof. W. Fischer. W. o. (No. 4 und 5 Geschenke der antiquar. Gesellschaft zu Basel.)

7) De gladiis veterum imprimis Danorum schediasma autore Tychone Rothe. Havniae. 1752. 8.

8) Bern. de Plessen commentatio histor. politico-jurid. de libertate Germanica. Editio revisa. Halae. 1729. 4. (No. 6 und 1 Geschenke des Herrn Pastors Ragotzky zu Triglitz.)

9) Mittlieilnugen des histor. Vereins für Steiermark. Herausgeg. von dessen Ausschusse. Erstes Heft. Gratz. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)

10) Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. Herausgeg. von C. v. Hagen. Bd. IV. Heft 3. Bayreuth 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)

11) Dreizehnter Bericht über das Wirken des histor. Vereins zu Bamberg. Das. 1850. 8.

12) Quellensammlung für fränkische Geschichte, herausgeg. von dem histor. Vereine zu Bamberg. Bd. II. Das kaiserl. Buch des Markgrafen Albrecht Achilles. Bayreuth. 1850. 8. (No. 10 und 11 Geschenke des Vereins.)

13) Verhandlungen des histor. Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. XIII. Das. 1849. 8. (Geschenk des Vereins.)

14) Zweiundzwanzigster bis vierundzwanzigster Jahresbericht des Voigtländischen alterthumsforsch. Vereins. Herausgeg. von Fr. Albert i. Gera. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)

15) Sammlung von Quellenschriften zur Geschichte Schlesiens. Herausgeg. vom Vereine für Geschichte und Alterthumsk. Schlesiens. Bd. II. Breslau. 1850. 4. (Geschenk des Vereins.)

16) Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. III. Das. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)

17) Die hochfürstl. Leichenbegengnis des Durchlaucht. Fürsten etc. Herrn Friederich, Erben zu Norwegen, Hertzogen zu Slesswig-Holstein, Stormarn etc. gest. den 10. Aug. 1659, beigesetzt den 30. Jan. 1661. Ein Kupferstichwerk mit Vorrede und Beschreibung von Celarius. Schlesswig. 1662. Kl. Qu.-Fol. (Geschenk des verstorb. Bürgermeisters, Hofrath Lüders zu Malchin vom J. 1837; durch ein Versehen erst jetzt an den Verein gelangt.)

18) Fünfzehnter Bericht der schleswig-holstein-lauenburg. Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländ. Alterthümer. Kiel. 1850. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

19, 20) Aktenstücke, betr. das Bündniss vom 26. Mai und die deutsche Verfassungs-Angelegenheit. Erster Band und neue Folge; zweiten Bandes erstes Heft. Berlin. 1819. 8.

21 - 23. Zeitblatt für die evangelisch-lutherische Kirche Meklenburgs. In Gemeinschaft mit der meklenburg. Geistlichkeit herausgeg. von Karsten, Kliefoth u. A. I., II., III. Jahrgang. Schwerin. 1848 - 1850. 8. (No. 18 bis 22 Geschenke des Herrn Geh. Raths v. Oertzen.)

24) Textrinum antiquorum: an occonnt of the art of the weawing among the ancients, by Yamcs Yates. Part I. London. 1843. 8. (Geschenk des Herrn Verfassers, der im Sept. d. J. die Vereins-Sammlungen mit grossem Interesse besuchte.)

25) J. G. Lavater, "Das menschliche Herz", Gedicht in 6 Gesängen. "Noch Manuscript für Freunde." An Ihre Majestät Charlotte, Königin von Grossbritannien, geb. Prinzessin von Meklenburg-Strelitz. Mit eigenhändig

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von Lavaler geschriebenem Titel, datirt den 28. Jan. 1790, und dem Motto: "Freud' an Daseyn und Licht und an Recht und an Gott und an Zukunft." Vom Verf. veranstaltete Privat-Ausg. in 12, ohne Angabe des Druckorts, (Geschenk des Herrn Regierungs-Secretairs Grischow zu Neustrelitz.)

26 - 28. Protokoll-Hefte der Verhandlungen des mecklenb. patriotischen Vereins. Vom J. 1821-1845. Mit beigebundenen Schriften dieses Vereins. 3 Bd. Fol.

29) Michelsen, der meklenburg. patriotische Verein, aus seinen Verhandlungen dargestellt. Güstrow. 1837. 8. (No. 26 - 29 Geschenke des Herrn Grafen v. d. Osten-Sacken, welcher früher fast ein Vierteljahrhundert lang Haupt-Director des patriot. Vereins war.)

D. Für die Urkunden- und Handschriften-Sammlung:

Das kaiserliche Original-Diplom für den herzogl. meklenburgischen Rath und königl. schwedischen Amtmann Johann Cornelias Müllern vom 9. Jul. 1792, geschenkt von dem Herrn Staatsminister v. Lützow Exc. auf Boddin. - Handschriftliche Nachrichten über die Familien v. Barner, v. Below und v. Schack; wahrscheinlich aus dem Nachlasse des Ministers v. Gamm, geschenkt von dem Herrn Kammerherrn v. Engel auf Breesen. - Die Ureinwohner des skandinavischen Nordens, ein comparativ-ethnographischer Versuch von S. Nilsen (Professor an der Universität Lund), aus dem Schwedischen übersetzt von dem Gymnasial-Lehrer Masch zu Neuruppin, handschriftlich dem Verein geschenkt von dem Herrn Uebersetzer.

An wissenschaftlichen Arbeiten sind eingeliefert:

1) von dem Herrn Diakouns Börner zu Ranis: über die Burg Ranis und die Gefangenschaft des Fürsten Albrecht zu Meklenburg;

2) von dem Herrn Archivar Dr. Lisch: Beiträge zur Reformations-Geschichte, namentlich in Rostock, im Klützer-Ort, Malchin und Bützow;

3) von demselben: Elisabeth, Gräfin von Holstein, des Fürsten Johann von Meklenburg Tochter, und deren Tochter Elisabeth, vermählte Gräfin v. Wölpe;

4) von demselben; über die Burgwälle zu Zislow und Lenz;

5) von demselben: Beiträge zur Geschichte der Baukunst im Mittelalter, namentlich: über das Mauerwerk im Mittelalter (Fortsetzung), über die Bemalung der alten Kirchen und Beschreibung der Kirchen zu Ludorf, Satow bei Malchow und Grüssow;

Herr Bau-Conducteur Krüger zu Röbel schenkte dem Vereine die Abbildung eines bemalten Gurtgesimses eines Fensters der Kirche zu Alt-Röbel (um 1225).

Ausführlichere Nachrichten über Alterthümer ausserhalb Meklenburgs sind eingesandt:

1) genauere Beschreibung der Hünengräber bei Kollund in Schleswig von dem Herrn Lieutenant v. Raven. (Vgl. den Aufgrabungs-Bericht in Jahrb. XIV., S. 343.)

2) Bericht über die Alterthümer aus der Umgegend von Gransee und Neustadt-Eberswalde aus der Eisenperiode von dem Herrn Gymnasial-Lehrer Masch zu Neuruppin.

3) Bericht über einen bei dem Bau der Chaussee von Frankfurt a. O. nach Crossen gefundenen Wagen von Bronze, jetzt im Besitze des Herrn Grafen v. Zieten auf Wustrau, mit einer Zeichnung dieses höchst interessanten Alterthums, dessen Veröffentlichung durch Holzschnitt von dem Vereine beschlossen ist.

Zur Personal-Chronik des Vereins ist zu bemerken; der Tod des Hofraths Hartmann auf Greven und Lindenbek hieselbst, und der Beitritt der Herren Dumrath und Warkentin, Kaufleute zu Rostock.

W. G. Beyer, Dr., Archiv-Secr.,     
als zweiter Secretair des Vereins.      

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