zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 300 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Kirchliche Bauwerke.

Die Kirche zu Klütz.

Jahresber. VIII, S. 139 flgd. ist die Kirche zu Klütz als ein durch die Unbill jüngerer Zeiten verunstalteter Bau aus der Zeit des Rundbogenstyls in die Geschichte der Baukunst Meklenburgs eingeführt. Leider muß diese Kirche aus der Zahl der Rundbogenkirchen wieder ausscheiden. Der Herr Professor

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 301 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dr. Crain zu Wismar, welcher die Kirche gleich nach mir besah, äußerte sogleich gegründete Zweifel gegen das behauptete hohe Alter der Wölbung und der Kirche überhaupt und erklärte die Wölbung des Schiffes für ein Werk der neuesten Zeiten; eben so äußerte sich der Herr Bau=Conducteur Thormann zu Wismar, welcher ebenfalls die Kirche später untersuchte. Nachdem ich im Sommer 1844 die Kirche mit dem Herrn Professor Dr. Crain noch einmal einer Prüfung unterworfen habe, muß ich die a. a. O. aufgestellten Behauptungen zurücknehmen.

Zwar ist das Schiff ganz im Rundbogenstyl gewölbt und auch die Pfeiler stehen im Einklange zu der Wölbung, so daß das Ganze auf den ersten Blick als ein byzantinischer Bau aus dem 12. Jahrhundert erscheinen kann. Bei näherer Betrachtung schwindet aber der Schein und es wird bald zur Gewißheit, daß die Wölbung des Schiffes ganz jungen Ursprunges sei.

Die ganze Kirche ist nämlich ein Bau aus der Zeit des Uebergangsstyls mit starken Anklängen an den Rundbogenstyl. Der sehr gut gebauete Chor hat schräge eingehende, nicht gegliederte, leise gespitzte Fenster, eine eben so construirte Pforte und einen Fries von Halbkreisen, welche sich auch sonst noch als Verzierungen an den Seitenwänden finden; die Wölbung aus alten, großen Ziegeln stammt wahrscheinlich aus der Zeit der Erbauung der Kirche. - Das Schiff war ungefähr in gleichem Style erbauet. Es hat Pforten aus der Zeit des Uebergangsstyls und Reste eines Rundbogenfrieses an der Nordwand; die Fenster, von denen in derselben Wand noch zwei stehen, waren jedoch Doppelfenster, welche durch eine Säule von Ziegeln mit einem kleinen Kapitäle aus Ziegelstein geschieden sind: ein Doppelfenster ist im Rundbogen, das andere im Uebergangsspitzbogen gewölbt, jenes mit einer spitzbogigen, dieses mit einer rundbogigen Mauernische, also grade entgegengesetzt, eingesetzt, so daß man bei den Restaurirungen aus verschiedenen Zeiten nicht bestimmen kann, welcher Baustil eigentlich vorwaltet.

So viel ist aber außer Zweifel, daß das Schiff ebenfalls im Uebergangsstyle, entweder zugleich mit oder bald nach dem Chore, und zwar wohl bald nach der Kirche zu Grevismühlen (vgl. Jahresber. VIII, S. 142 flgd.), vielleicht von demselben Baumeister, erbauet ist.

Die ganze Nordseite des Schiffes ist im spätern Mittelalter, etwa um das Jahr 1400 ganz und im Style des ausgebildeten Spitzbogens mit weiten Fenstern umgebaut und trägt keine Spur des alten Baues. Wahrscheinlich ward um diese Zeit die Kirche auch zuerst oder auch neu gewölbt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 302 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Die jetzige Wölbung im Rundbogenstyl ist aber in den neuern Zeiten ausgeführt, wie im mittlern Deutschland im Anfange des vorigen Jahrhunderts, bei dem Vorwalten des Rundbogens des französischen "Rococostyls" im Prachtbau und in Schmucksachen, oft Kirchen im Rundbogen gewölbt wurden. Darauf deuten schon im Innern die inwendig oben unfertig verkürzten und überdachten alten Fenster. Der sichere Beweis liegt aber oberhalb des Gewölbes, indem hier die alten, weiten Fensternischen und die frühern Gewölbeansätze bedeutend über das jüngere Gewölbe hinausreichen. Auch deuten auf einen jüngern Bau schon die kleinen Steine und der sorgsame Abputz des Gewölbes. Diese Ansicht wird durch die im großherzoglichen Archive aufgefundenen Nachrichten unwiderleglich bestärkt, indem aus den Acten hervorgeht, daß die neue Wölbung im Rundbogenstyl in der Zeit vom März bis August 1701 ausgeführt ist 1 ).

In der letzten Zeit, 1843/4, ist das Mobiliar der Kirche ganz neu hergestellt; bei dieser Gelegenheit sind die viereckigen Pfeiler abgerundet und die in Jahrb. VIII, S. 142 erwähnten alten Kirchenstühle mit den Wappen verkauft und untergegangen, dagegen unter dem alten Gestühle zwei von plessensche Leichensteine aus dem 16. Jahrhundert aufgefunden, welche an der südlichen Wand ausgerichtet sind.

Der ursprüngliche Bau stammt also ganz aus der Uebergangsperiode. Dagegen sind bei der Beurtheilung des Baues 3 Restaurationen: von ungefähr 1400, von 1701 und von 1844, zu berücksichtigen.

G. C. F. Lisch.


1) In mehrern Vorstellungen bei der Landesregierung vom März 1701 klagen mehrere Eingepfarrte über die verlangte Räumung der Kirche, namentlich sagt Gabriel Christian Lange von Wichmannstorf am 4. März 1701:

"Daß die H. Patronen der Kluetzer Kirche nächstverwichenen Sonntag von der Kanzel publiciren lassen, daß sie gesonnen, selbige Kirche zu bauen oder gewölben zu lassen, als würden alle Eingepfarrte damit zu wissen gemacht, daß sie ihre Stühle aus der Kirche schaffeten".

Am 9. Aug. 1701 war die Wölbung vollendet, indem der Prediger bekannt machte, daß die Stühle wieder in die Kirche gesetzt werden könnten.