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III. Zur Baukunde.

1. Der vorchristlichen Zeit.

Die wendische Burg Bützow und die heidnischen Wohnplätze in deren Nähe.

Die Burg Bützow oder Butissow war eine alte wendische Fürstenburg. Bei der Dotirung des Bisthums Schwerin am 9. September 1171 schenkte der Fürst Pribislav demselben das Land Bützow oder die Burg Bützow mit dem dazu gehörenden Lande (vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 25, 35 flgd.). Das Land Bützow ward bischöfliches Tafelgut und der Bischof hatte seine eigentliche Residenz zu Bützow. Schon in den ersten Jahrzehenden ward die deutsche Stadt Bützow gegründet; der Bischof aber wohnte im Anfange auf der alten fürstlichen Burg, bis diese im J. 1263 in einer Fehde gegen den übermüthigen Bischof Hermann I. Grafen von Schladen von den meklenburgischen Landesherren erobert ward (vgl. Lisch Maltzan. Urk. I, Nr. IX.). Zu derselben Zeit ward die neue Bischofs=Residenz neben der Sadt, das jetzige Criminal=Collegium, gegründet.

Die alte Burg Bützow ist nun ohne Zweifel der jetzt sogenannte Hopfenwall. Außerhalb der Umwallung der Stadt, nordwärts, nicht sehr weit von dem Criminal=Collegium oder der mittelalterlichen Bischofs=Residenz, ragt in den Burgsee ein viereckiges Plateau hinein , von der Stadt durch tiefe Moorwiesen getrennt, an der entgegengesetzten Seite vom See bespült; der Wall liegt in der Richtung des Warnowthales, der Burg Werle bei Wiek gegenüber, da man von dem Burgwall Werle die Stadt Bützow sehen kann. Der Wall hat also ganz die Lage und Befestigungsweise der wendischen Festen und gleicht am meisten den Burgwällen von Rostock, Werle und Rahden (bei Sternberg), welche auch von einer Seite von Wasser bespült werden. Der regelmäßige Wall ist ohne Zweifel in dem tiefen Moor durch Kunst aufgetragen. Er ist viereckig, ungefähr 400 Schritt im Umfange und ungefähr 16 Fuß hoch. Vor ungefähr 30 Jahren war er noch nicht beackert, sondern theilweise mit Dornen bewachsen. Ungefähr 1 bis 2 Fuß tief unter der Ackerfläche liegt eine große Brandschicht, bestehend aus Ziegelschutt, Kalk, roth gebranntem Lehm und Kohlen; in dieser Brandschicht, welche oft noch tiefer reicht, finden sich häufig große, mittelalterliche Ziegelsteine

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und sehr viele Scherben von blaugrauen, thönernen Gefäßen des Mittelalters, auch allerlei eiserne Geräthe. Der achtbare Schuhmacher Herr F. Seidel, welcher mit Eifer und sehr richtiger Einsicht die Alterthümer Bützow's verfolgt, hat seit vielen Jahren ein wachsames Auge auf alle bemerkenswerthen Stellen der Stadt und der Umgegend gehabt und ununterbrochen geforscht und gesammelt; die vieljährigen Sammlungen und Beobachtungen dieses anspruchslosen Geschichts= und Alterthumsfreundes sind für die gegenwärtigen Forschungen von großem Werthe gewesen. Der Herr Seidel besitzt aus dem Hopfenwalle einen wohlerhaltenen mittelalterlichen Henkeltopf mit einem Reliefkreuze unter dem Boden (vgl. S. 396). Nach dem Berichte desselben sind auf dem Walle öfter große Massen großer Ziegel ausgebrochen. Diese Reste einer zerstörten mittelalterlichen Burg stammen also ohne Zweifel aus der Belagerung der Bischofsresidenz im J. 1263, nach welcher die Residenz vom Walle verlegt ward.

Außer diesen mittelalterlichen Trümmern finden sich auf dem Hopfenwalle aber auch sehr viele Scherben aus der wendischen Zeit, mit zerstampftem Granit und Glimmer durchknetet und mit denselben Verzierungen geschmückt, welche die Scherben auf dem heidnischen Burgwalle von Werle bezeichnen, ferner Lehmklumpen mit Stroheindrücken, glasige Schlaken, eiserne Geräthe aus der Wendenzeit.

Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß der Hopfenwall die ehemalige wendische Fürstenburg sei, welche im 13. Jahrh. auf einige Zeit den Bischöfen zur Residenz diente.

Der Burg gegenüber reicht in den Burgsee eine Halbinsel hinein, welche der Nonnenkamp heißt, auf welcher das vom Bischofe Berno gestiftete, von den Wenden wieder zerstörte Nonnenkloster (vgl. Jahrb. VIII, S. 2 flgd.) gestanden haben soll.

Der Burg nördlich gegenüber auf dem festen Lande, jenseits des Sees, an diesem, zwischen der Stadt Bützow und dem Dorfe Parkow, neben der Feldmark des schon im 14. Jahrh. gelegten Stadtdorfes Zarnin, liegt ein großes Stadtfeld, noch heute der Freiensteinsberg (vgl. Jahrb. VIII, S. 4) genannt. Im vorigen Jahrhundert lagen hier noch auf Pfeilern große Steine (vielleicht ein altes Hünengrab? oder wirklich ein Opferaltar?) (vgl. Mantzels Bützowsche Ruhestunden III, S. 13), von denen einige Höhlungen hatten (vgl. Mantzel Bütz. Ruhest. XI, S. 67. und XIII, S. 22). Schon vor 1761 wurden aber die Steinanhäufungen auseinander gebracht und mehrere große Steine versenkt (vgl. Mantzel a. a. O. III, S. 13); nach dem Berichte des Herrn

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Seidel sind nach der Ueberlieferung die letzten Steine zu den Fundamenten der viergängigen Mühle vor dem Wolker Thore verwandt worden.

Westlich von dem Freiensteinsberge, neben der Strafanstalt Dreibergen, liegt der Mahnkenberg, ein beackerter Sandberg, dessen eine Hälfte zum bützowschen Stadtfelde, die andere zum fürstlichen Bauhofe, jetzt zum Dorfe Pustohl gehört. Seit dem J. 1838 ward der Pustohlsche Theil zum Bau der Strafanstalt Dreibergen abgefahren, wobei sich ergab, daß der Berg ein Wendenkirchhof gewesen sei. Es fanden sich sehr viele Urnen, welche aber alle zertrümmert sind, und viele Urnenscherben. Die schüsselförmigen Urnen sind zum größten Theile mit eingedrückten Puncten von einem laufenden gezahnten Rade verziert, mit durchbohrten Knöpfen oder Henkelchen versehen und häufig mit einem schwarzen Ueberzuge bedeckt, haben also alle Merkmale der Wendenkirchhöfe. In den Urnen fanden sich Knochen und Asche, die bekannten Hefteln (broches) der Wendenkirchhöfe, aus Bronze viel und auch aus Eisen, eisern Messer, eine Schnalle aus Bronze etc., welches Alles in der Sammlung des Herrn Seidel aufbewahrt wird (vgl. S. 393).

Westlich von diesem Berge, vor dem rühner Thore, nahe bei Bützow, durch einen Landweg von dem neuen Friedhofe getrennt, liegt ein anderer Berg, Klüschenberg (Klause, Klüschen?) genannt, von welchem seit undenklichen Zeiten Sand nach Bützow gefahren wird. Der Berg ist sehr reich an Versteinerungen, aber auch an Alterthümern. Es finden sich hier sehr viele Scherben von wendischen Urnen mit wendischen Alterthümern, z. B. Hefteln von Bronze, Spindelsteine, Bernsteinperlen, aber auch viele Scherben von mittelalterlichen Gefäßen aus blaugrauem Thon aus der ersten Zeit des Christenthums. Dieser Berg scheint daher ein wendischer Wohnplatz gewesen zu sein, der noch bis in die christlichen Zeiten bewohnt ward.

G. C. F. Lisch.