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VII.

Aberglauben in Meklenburg,

vom

Advocaten Dr. Beyer zu Parchim.


(Die beigefügten Zahlen beziehen sich auf das von J. Grimm, Deutsche Mythologie, Anhang S. LXVII. flgd. gelieferte Verzeichnis von Aberglauben in verschiedenen Gegenden Deutschlands.)


1) W er die Wäsche, besonders das Hemd, verkehrt anzieht, ist gegen Hexerei sicher; vgl. Nr. 3 (bei Chemnitz) u. Nr. 750 (im Lande ob der Ens), und dagegen Nr. 1082 (bei Bunzlau).

2) Wenn ein Meineidiger während der Eidesleistung die Strümpfe verkehrt anhat, so schadet ihm der Meineid nicht (kann ihm der Teufel nicht beikommen?), ebenso wenn er die linke Hand in die Tasche steckt, oder den Knopf seines Rockes anfaßt.

3) Der Saame der Dille schützt den, welcher ihn bei sich trägt, gegen Hexerei. Vgl. Nr. 7. (In den Pyrenäen glaubt man, daß das Beisichtragen von Fenchel gegen böse Geister schütze. Vgl. das Ausland, 1837, Juni, Nr. 173, aus dem Werke A Summer in the Pyrenees). Der Kreuzdorn schützt gegen böse Geister. (Mussäus, Ueber die niedern Stände in Meklenburg in Jahrb. des Vereins f. m. G. u. A. II. S. 133, Note. Vgl. Jahresbericht II. S. 36, Not. 1).

4) In der ersten Mainacht ziehen die Hexen nach dem Blocksberge. Um sich gegen sie zu schützen, bezeichnet man Abends die Thür mit einem Kreuze. Vgl. Nr. 90. Mussäus a. a. O. S. 133.

5) Wenn die Frauen Licht ziehen, sollen sie lügen, damit die Lichter gerathen. Vgl. Nr. 7.

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6) Wenn man Kinder oder junges Vieh Ding nennt, haben sie in 9 Tagen keine Däge (gedeihen nicht). Auch Kröte (Krät) und Krabbe (Krav) darf man sie nicht nennen. Vgl. Nr. 9 u. 289.

7) Wenn dem Reisenden ein Hase über den Weg läuft, so hat er Unglück auf der Reise. Vgl. Nr. 10 u. 654.

8) Das Begegnen eines alten Weibes gleich nach der Abreise ist übler, das eines jungen Mädchens guter Vorbedeutung. Vgl. Nr. 58, 380, 791, 1015 u. S. 649.

9) Schaafe auf der rechten Seite des Weges bedeuten dem Reisenden einen freundlichen Empfang am Ziel der Reise, auf der linken Seite freundlichen Abschied bei der Rückkehr; Schweine dagegen mit gleicher Unterscheidung unfreundlichen Empfang oder Abschied. Vgl. Nr. 882 (in Betreff der Schweine widersprechend). Ueber die Beachtung der rechten und linken Seite s. Grimm S. 657.

10) Wenn man im Frühjahr den ersten Kukuk rufen hört, fragt man: Kukuk van'n Heben, wo lange sall ick noch leben? So oft er darauf ruft, so viel Jahre hat der Fragende zu leben. Vgl. Nr. 197.

11) Wer beim ersten Kukuksruf ohne Geld ist, hat das ganze Jahr Mangel daran. Vgl. Nr. 374 u. 668. Mussäus S. 134. Krähenzüge bedeuten nahen Krieg. Mussäus a. a. O. S. 134, ebenso das Erscheinen der Seidenschwänze (bombycilla gerrula), welche nach Andern einen strengen Winter verkünden. Vgl. Zander Naturgesch. der Vögel Meklenburgs I. S. 220. Auch wenn die Kinder Soldat spielen, giebt es Krieg.

12) Wer im Frühjahre den ersten Storch im Fliegen sieht, hat Wachsthum, wer ihn im sitzen sieht, Abnahme seines Glückes zu erwarten. Vgl. Nr. 1086 und schwedischer Aberglaube Nr. 130 und S. 658.

13) Das Haus, auf welchem der Storch genistet hat, brennt nicht leicht ab; steht dennoch ein Brand bevor, so trägt der Storch einige Tage vorher sein Nest weg. - Schon Attila und sein Heer schlossen aus dem Abziehen der Störche aus dem belagerten Aquileja auf den Untergang der Stadt (Ciconiae aves futurorum praesciae). Histor. Misc. c. XV.

14) Auch Schwalbennester am Hause bringen Glück. Vgl. Nr. 609.

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15) Auch eine kleine Spinnenart ist glückbringend (die Glücksspinne). Vgl. Nr. 134. Flatterndeß Spinnengewebe an der Stubendecke bedeutet eine Hochzeit. Mussäus S. 134.

16) Der Ruf der Eule ist Tod verkündend (Kumm mit!) Vgl. Nr. 789, auch 120, 493, 496 u. S. 660.

17) Ebenso das Pickern des Holzwurms (Todtenuhr). Vgl. Nr. 901 u. S. 660 u. Helmuth gemeinnützige Naturgeschichte. Bd. 5. §. 151, 54 u. 236. Auch der Gesang des Heimchens ist Todtenklage. Mussäus S. 134. Vgl. auch Helmuth a. a. O. §. 67 u. Grimm Nr. 1128. u. dagegen Nr. 609.

18) Wenn der heulende Hund die Nase aufwärts hält, bedeutet es Feuer, abwärts einen Todesfall. Vgl. Nr. 1019 u. 493.

19) In wessen Hand ein Maulwurf stirbt, der hat Glück. Vgl. S. 660. Maulwurfshaufen im Hause bedeuten einen Todesfall. Mussäus a. a. O.

20) Wenn man jemanden in seinem Hause besucht, soll man sich bei ihm setzen, sonst nimmt man ihm die Ruhe mit. Vgl. Nr. 15.

2l) Eine leere Wiege soll man nicht schaukeln, sonst hat das Kind keine Ruhe. Vgl. Nr. 22. (Nach Andern stirbt das Kind.)

22) Wer das Kind zur Taufe hält, darf es nicht schaukeln, sonst verbraucht es viele Kleider. Mussäus a. a. O. zu Nr. 106.

23) Die Nägel an den Händen neugeborner Kinder müssen das erste Mal nicht abgeschnitten, sondern abgebissen werden (sonst lernt es stehlen?). Vgl. Nr. 23.

24) Die Wäsche des Kindes soll man in dessen ersten Lebensjahre nicht nach Sonnenuntergang draußen hangen lassen, sonst stirbt das Kind. Vgl. Nr. 406.

25) Ein Kind soll man nicht durch's Fenster reichen, dann wächst es nicht; doch wird diese Wirkung wieder aufgehoben, wenn das Kind auf demselben Wege zurückgegeben wird. Vgl., Nr. 345, 675, dagegen aber 265 u. 843.

26) Die Nachgeburt ist an die Wurzel eines jungen Baumes zu schütten, dann wächst das Kind mit dem Baume.

27) Ein Kind, das noch nicht sprechen kann, darf ein neugeborenes nicht küssen, sonst lernt letzteres schwer sprechen. Vgl. Nr. 831.

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28) Ein Mädchen muß die Mutter, einen Knaben der Vater zuerst küssen, sonst bekommt das Mädchen einen Bart, der Knabe aber nicht.

29) Eine Schwangere darf nicht Gevatter stehen, sonst stirbt entweder der Täufling oder das Kind, welches sie trägt.

30) Man soll die Kinder nicht nach Verstorbenen benennen. Vgl. Nr. 31.

31) Bei der Taufe muß der Prediger der Thür den Rücken zuwenden, sonst geht der Segen zur Thür hinaus.

32) Unter den (drei) Taufzeugen muß derjenige das Kind zur Taufe halten, welcher dem Geschlechte nach allein steht.

33) Wenn man einer lebenden Maus einen Zwirnfaden durch beide Augen zieht und sie dann wieder laufen läßt, den blutigen Faden aber einem neugebornen Kinde um den Hals bindet, so zahnt es leicht. Vgl. Nr. 581 u. 873.

34) Wenn Kinder die Zähne wechseln (schichten), soll man die ausgefallenen in ein Mauseloch stecken. Vgl. Nr. 631.

35) Auch ist es gut, sich den ausgefallenen Zahn über den Kopf zu werfen. (Ueber dies über Kopf werfen vgl. Grimm S. 359. S. auch unten Nr. 43 u. 123.)

36) Das Zahnen der Kinder wird auch befördert, wenn sich die Mutter mit dem Säugling auf einen Stein setzt, um ihm zum letzten Male die Brust, zureichen.

37) Die Kinder zu entwöhnen, wählt man am besten den Johannistag.

38) Am Johannistage hängt beim Sonnenaufgang an der Wurzel des Johanniskrautes (?) ein Blutstropfen.

39) An demselben Tage, Mittags 12 Uhr, findet sich unter der Wurzel eines andern Krautes (?) eine Kohle, welche man aufbewahren muß, denn sie bringt Glück.

39 b) In der Johannisnacht darf kein Zeug draußen hangen, sonst setzt sich der böse Krebs darauf. Mussäus a. a. O. zu Nr. 106, S. 134.

40) Am Ostermorgen tanzt die Sonne beim Aufgange. Vgl. Nr. 813 u. Aberglaube in Frankreich Nr. 3. Vgl. auch S. 182.

40 b) Fließendes Wasser am ersten Ostertage vor Sonnenaufgang geschöpft, bleibt das ganze Jahr frisch und ist gut gegen Hautkrankheiten. Vgl. Nr. 1014. Ueber den Aberglauben in Bezug auf die Zwölften s. unten Nr. 113 flgd.

41) Wenn ein Obstbaum nicht tragen will, so lege man in der Neujahrsnacht ein Stück Geld zwischen seine Zweige. Vgl. Nr. 1103.

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42) Ein Strohkranz in derselben Nacht um den Baum gebunden, schützt denselben gegen Raupenfraß.

43) In dieser Nacht um 12 Uhr setze man sich mitten in dem Zimmer auf den Boden mit dem Rücken gegen die Thür und werfe mit dem Fuße seinen Schuh über den Kopf; steht dann die Spitze gegen die Thür, so verläßt man im folgenden Jahre das Haus. Vergl. Nr. 101 und 773, auch S. 649.

44) Wer in dieser Nacht geschmolzenes Blei in ein Gefäß mit Wasser gießt, kann an der Gestalt des erkalteten Bleies seine Zukunft erkennen. Vergl. Nr. 97 u. S. 649.

45) Ebenso wer in derselben Nacht im Dunkeln und ohne zu wählen ein Gesangbuch öffnet; der Inhalt des angezeichneten Lieder=Verses deutet die Zukunft des Forschenden an.

46) Martini kann man aus der Farbe des Gänsebeins (Bocks, d. h. des Rückenknochens) erkennen, ob ein strenger oder gelinder Winter folgt. Die weißen Flecke bedeuten Schnee und mildes Wetter, die rothen Frost. Vgl. Nr. 341 u. 911 u. S. 645. Mussäus a. a. O. S. 134.

46 b) Am alten Marientage dürfen die Mädchen nicht nähen. Jahrbücher II, S. 188.

47) "Grön Wihnacht, witt Ostern; witt Wihnacht, grön Ostern". Vgl. Nr. 142.

48) Wenn es am 7 Brüder=Tage regnet, so regnet es 7 Wochen hindurch.

49) Die 3 Tage Pancratius, Liberatus und Servatius (die strengen Herren) sind rauh und kalt.

50) Wird die aufgetragene Speise rein aufgegessen, so wird's am folgenden Tage gut Wetter. Vgl. Nr. 279.

51) Wer sich das Zeug am Leibe flicken läßt, verliert das Gedächtniß. Vgl. Nr. 42, 276 u. 945.

52) Wer während der Rede vergißt, was er sagen wollte, war im Begriff, eine Unwahrheit zu sagen.

53) Wenn Jemand niest, während ein anderer spricht, so ist die Erzählung wahr. Vgl. Nr. 266.

54) Wer einen Abwesenden belügt, bekommt Blasen auf der Zunge. Vgl. dagegen Nr. 311.

55) Wer Jemandem ein Unglück klagt, der setze hinzu: "Sten und Ben to klagen", sonst klagt er ihm das Uebel an.

56) Wer sein Glück rühmt, verruft es, wenn nicht hinzu setzt: "nich to verropen", oder den Namen Gottes dabei nennt.

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57) Wenn man einen Sterbenden (Menschen oder Thier) bedauert, so erschwert man ihm den Todeskampf. Vgl. Nr. 297 (u. 208?)

58) Wer während des Schlages der Betglocke lügt, bekommt ein schiefes Maul.

59) Dem Meineidigen wächst die Hand aus dem Grabe.

60) Wem die Nase juckt, der erfährt selbigen Tages etwas Neues. Vgl. Nr. 1138.

61) Wem die Ohren klingen, von dem wird auswärts gesprochen, und zwar Gutes, wenn das rechte, Uebles, wenn das linke klingt. Vgl. Nr. 82, 537, 802 u. S. 648.

62) Wenn man lebhaft an Jemand denkt, so ist er nicht weit.

63) Wem die Haut schauert (kalt überläuft), dem läuft der Tod über's Grab. Vgl. Nr. 1037.

64) Wenn in einer muntern Gesellschaft eine plötzliche Pause eintritt, so fliegt ein Engel durch das Zimmer.

65) Wer Sonntags geboren ist, kann Geister sehen.

66) Nach dem Blitze soll Niemand mit dem Finger zeigen; er sticht dem lieben Herr Gott in die Augen. Vgl. Nr. 334, 597, 937, 947, 1021 u. 1123.

67) Die Donner=Neffel (Hirrn=Nettel, urtica dioica) widersteht dem Donner und wird daher zu frischem Bier gelegt damit es sich nicht brechen soll. (Franck A. und N. M. I. 59). Vgl. Nr. 336.

67 b) Donnerkeile schützen gegen den Blitz. Mussäus a. a. O. S. 134.

68) Während eines Gewitters darf man nicht essen.

69) Wenn beim Neubau eines Hauses die Axt des Zimmermanns beim ersten Schlage Funken giebt, so brennt das Haus ab. Vgl. Nr. 411, 500, 707, 778.

70) Wo man in der Nacht eine blaue Flamme auf dem Boden brennen sieht, da liegt ein Schatz vergraben. Vgl. Nr. 1026.

71) Ebenso da, wo der Regenbogen auf der Erde sieht. Vgl. Nr. 598.

72) Knisterndes Feuer bedeutet Freude. Vgl. dagegen Nr. 322, 534 u. 1134.

73) Wenn das Feuer bullert, giebt es Zank.

74) Eine Blume am Lichte verkündet Nachricht von einem Abwesenden (einen Brief). Vgl. Nr. 252.

75) Ein Hobelspan am Lichte bedeutet den Tod eines Angehörigen.

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76) Wer ein ausgeblasenes Licht wieder anblasen kann, ist noch Junggeselle. Vgl. Nr. 306.

77) Wem der Feuerschwamm nicht fangen will, zeugt keine Kinder mehr.

78) Wer ins Feuer pißt, bekommt schneidend Wasser.

79) Wer ein Getränk mit dem Messer umrührt, bekommt Leibschneiden. Vgl. Nr. 1052.

80) Einem Freunde soll man kein schneidendes oder spitzes Instrument schenken; dasselbe zerschneidet und durchlöchert die Freundschaft. Vgl. Nr. 87.

81) Abgeschnittene oder ausgekämmte Haare muß man ins Feuer werfen; wenn die Vögel damit nisten, bekommt der Eigenthümer Kopfschmerz. Vgl. Nr. 676 u. 1027 und dagegen Nr. 557. (Auch in den Niederlanden spuckt man in das Haar und wirft es dann ins Feuer.)

82) Wenn man die Erde, worin sich die Fußspur eines Menschen befindet, in den Rauch hängt, so stirbt derselbe. Vgl. Nr. 524 u. 556, auch 876.

83) Ein Sargnagel, in die Fußspur eines Pferdes gesteckt, macht das Pferd lahm. Vgl. Nr. 1011 u. 1040.

84) Todten muß man keine Kleidungsstücke mitgeben, die ein Lebender getragen (überhaupt nichts, woran sich Thränen, Schweiß oder dergleichen eines Lebenden befindet), sonst bekommt dieser die Auszehrung. Vgl. Nr. 1063, und umgekehrt Nr. 546 u. 700. Auch den, der sich auf die Todtenbahre setzt, holt der Todte nach. Mussäus a. a. O. S. 129.

85) Bekommt der Todte etwas von seiner Kleidung in den Mund, so zieht er das ganze Kleid nach. Vgl. Nr. 551, 665, 709 u. 828. Man legt ihm deshalb ein Rasenstück auf die Brust, um die Kleider festzuhalten. Mussäus a. a. O. S. 129.

86) Ein Muttermal kann man vertreiben, wenn man mit einer Todtenhand darüber streicht. Nr. 1024.

87) In dem Zimmer, wo ein Todter liegt, verhängt man die Spiegel. Vgl. Aberglaube der Litthauer Nr. 2.

88) Dagegen darf des Nachts das Licht nicht erlöschen.

88 b) Vom Sarge bis zur Thür des Todtenhauses streut man Asche. Mussäus a. a. O. S. 129.

88 c) In dem Hause, wo ein Todter liegt, darf nicht gewaschen werden, sonst schwitzt der Todte.

88 d) Wer schläft, während ein Hausgenosse stirbt, bekommt den Todtenschlaf (und ungewöhnlich= und krankhaft=festen und schweren Schlaf).

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89) Wer sich selbst sieht, stirbt.

90) Auch sein eigen Bild zu zeichnen ist gefährlich.

91) Wenn es in einem Hause spukt, muß man eine Trauung oder Kindtaufe darin vornehmen lassen. Dadurch wird der Geist gebannt.

92) Sturm bei der Brautwäsche bedeutet Unfrieden in der Ehe.

93) Regen in den Brautkranz bedeutet Wohlstand in der Ehe. Vgl. Nr. 198, 498 u. 1066 u. dagegen Nr. 1051.

94) Wer bei der Trauung zuerst an den Altar oder Trautisch tritt, erhält die Herrschaft in der Ehe. Vgl. dagegen Nr. 390.

95) Nach der Trauung suchen die Junggesellen der Braut den Kranz zu entreißen, während die Mädchen sie vertheidigen. Wer den Kranz gewinnt, heirathet zuerst.

96) Wem es gelingt, die Schale von einem harten Ei zu lösen, ohne das Fleisch des Eies zu verletzen, bekommt einen glatten Mann (eine glatte Frau).

97) Wenn die Köchin das Essen versalzt, ist sie verliebt; vergißt sie das Salz, so ist sie fromm.

98) So viel senkrechte Falten sich zwischen den Augenbrauen bilden, wenn man die Brauen zusammenzieht, so viel Mal heirathet man.

99) Wem die Zähne weit auseinander stehen, der kommt weit in der Welt herum. Vgl. Nr. 1070.

100) Blumen (d. h. weiße Flecke) auf den Nägeln sind bedeutsam, auf dem Daumen bedeuten sie Geschenke, (vgl. dagegen Nr. 1070), auf dem Zeigefinger Kränkung, auf dem Mittelfinger Haß, auf dem Ringfinger Liebe, auf dem kleinen Ehre.

101) Der Blick des Menschen hat großen Einfluß auf die Kinder und das junge Vieh, auch auf das Glück eines Spielenden. Manche Menschen haben einen guten, andere einen bösen Blick. Vgl. Nr. 874 u. 1108.

102) Geliehenes Geld bringt dem Leiher Glück im Spiele. Vgl. Nr. 52 u. S. 661.

103) Ebenso ein zufällig gefundenes Vierblatt (Kleeblatt mit 4 Fingern). Vgl. Nr. 119, auch S. 633.

104) Glück im Spiel, Unglück in der Ehe.

105) Wenn man eine neue Wohnung bezieht, soll man eine Katze voran in das Haus setzen. Steht ein Unglück in dem Hause bevor, so trifft es die Katze. Vgl. Nr. 499.

106) Der Traum in der ersten Nacht, die man auf einer neuen Schlafstelle schläft, trifft ein. Vgl. Nr. 123.

107) Wer verkehrt (mit dem linken Fuße zuerst) aus dem Bette steigt, dem geht den ganzen Tag alles verkehrt. Vgl. Nr. 61.

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108) Wenn 13 an einem Tische speisen, stirbt derjenige, welcher sich zuletzt gesetzt, im Laufe des Jahres. Vgl. Nr. 553.

109) Wenn zwei zu gleicher Zeit dieselbe Rede beginnen, bleiben sie noch ein Jahr beisammen.

110) Wenn sich die Katzen putzen, bekommt man Gäste. Vgl. Nr. 72 u. S. 661.

111) Eben so, wenn man zufällig ein Messer fallen läßt, so daß es mit der Spitze im Boden stecken bleibt.

112) Einem Jäger darf man kein Glück wünschen, wenn er zur Jagd geht, sonst trifft er nicht. (Ist vielleicht nur der Glückwunsch der Frauen unheilbringend? Vgl. S. 653 über das Darreichen des Schwertes durch ein Weib.)

113) In den Zwölften hat man besondere Regeln beim Jagen zu beobachten (welche?). Vgl. die Constitution Gustav Adolph's vom 14. Decbr. 1683.

114) In dieser Zeit darf man den Namen des Wolfes nicht nennen. Daselbst. Vgl. Nr. 121. In den Zwölften darf nicht gewaschen werden, sonst stirbt einer im Hause. Mussäus a. a. O. S. 134. Auch das Vieh darf dann nicht aus dem Stalle. Jahrbücher II. S. 188.

115) In dieser Zeit läßt sich die Witterung des ganzen Jahres vorher bestimmen (wie?). Vgl. o. a. Const.

116) Pflanzen und säen soll man beim zunehmenden Monde; dann sind auch die Bäume zu fällen, welche aus der Wurzel wieder austreiben sollen, Haare zu schneiden und dgl. Bauholz dagegen ist beim Neumonde (in den dunklen Nächten) zu fällen; dann haben auch die meisten Sympathien bessere Wirkung. Vgl. Nr. 245 u. 973. u. dagegen Nr. 492. - Über den Mond=Wadel vgl. Grimm Nr. 307. Das Wort scheint Wandel, Wechsel zu bedeuten, und gilt bei uns hauptsächlich vom Neumonde. Vgl. Franck A. u. R. M. I. S. 73. In den Parchimschen Statuten v. J. 1622, §, 22 heißt es jedoch: Niemand soll sich unterfangen, - - - die Weichhölzung außer dem Mond=Wandel zu werden.

117) Erbsen und Bohnen müssen schweigend gepflanzt werden, weshalb der Pflanzer gerne etwas von der Saat in den Mund nimmt; dann fressen die Vögel sie nicht. Vgl. Nr. 934.

118) Mittwoch und Sonnabend sind die besten Pflanztage.

119) Wird die erste Frucht von einem Baume gestohlen, so trägt er in 7 Jahren nicht wieder. Vgl. Nr. 857.

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120) Die Früchte eines Baumes darf man nicht zählen, sonst fallen sie ab.

121) Wer eines Andern Warzen zählt, zählt sie ihm ab und sich an.

122) Wenn man über der Warze einen Knoten schlägt (als wolle man sie abbinden) und den Faden unter dem Tropfenfalle, unterm Schweinstroge oder überhaupt an einem Orte, wo weder Sonne, noch Mond scheint, vergräbt, so vergeht die Warze mit dem Faden.

123) Ebenso, wenn man sie mit dreien, in dem Knoten zerbrochenen Strohhalmen drei Mal von verschiedenen Seiten berührt, diese über den Kopf wirft und vom Winde wegtreiben läßt.

124) Wenn das Blut einer Wunde nicht stehen will, verbindet man einen mit dem Blute bestrichenen Stock (wobei wahrscheinlich auch Zaubersprüche gemurmelt werden).

125) Wem die Nase blutet, lege ein Kreuz von Strohhalmen auf die Erde und lasse die Blutstropfen darauf fallen.

126) Der vom Blitze abgerissene Baumsplitter als Zahnstocher gebraucht, schützt gegen Zahnschmerz.

127) Die Schalen der verzehrten Eier muß man zerbrechen, sonst bekommt man das Fieber.

128) Sympathien müssen sich Männer von Frauen, Frauen von Männern mittheilen lassen, wenn sie wirksam sein sollen. Vgl. Nr. 857.

129) Ein 7jähriger Hahn legt ein Basilisken=Ei. Vgl. Nr. 583.

130) Wenn eine Frau an einem Tage gebiert, auf welchen im Kalender noch mehrere Tage mit demselben Himmelszeichen folgen, so folgen noch so viele Kinder desselben Geschlechts. Vgl. Nr. 648.

Nach Mussäus a. a. O.

131) Die Bauern bestreichen der Mutter die Brustwarzen oder in anderen Gegenden die Brust und das Gesicht mit der Nachgeburt. Hin und wieder wird diese auch verbrannt und die Asche Kranken eingegeben.

132) Wenn die Nachgeburt ausbleibt, wird der Wöchnerin der abgeschorene Bart des Mannes mit der Seife eingegeben.

133) Ein Beinkleid auf das Bett der Wöchnerin gelegt, schützt gegen Nachwehen.

134) Bis zur Taufe des Kindes muß Nachts die Lampe brennen, damit die Unterirdischen das Kind nicht stehlen und einen Wechselbalg hinlegen.

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135) Vor der Taufe verstorbene Kinder hüpfen als Irrlichter umher (böse Geister?). Sie gehören dem Teufel. Vgl. Grimm Nr. 660 und 936.

136) Eine Schüssel mit kaltem Wasser unter das Bett eines Kranken gestellt, schützt gegen wund liegen.

137) Phantasirenden Kranken legt man einen Pferdekopf unter das Kissen; das beruhigt sie.

138) Sterbenden zieht man das Kopfkissen weg, um ihnen das Sterben zu erleichtern, besonders weil man fürchtet, daß einzelne Federn darin sein möchten, die den Tod abhalten. Wenn ich nicht irre, sollen Hühnerfedern diese Wirkung haben.

139) Junge Gänse werden durch ein Beinkleid gesteckt, dann holt die Krähe sie nicht.


Ein Erbschlüssel dient zur Entdeckung der Diebe. Grimm Nr. 932 u. S. 642 u. 47. Der Schlüssel wird nämlich, daß der Griff hervorsteht, in eine Erbbibel gelegt und diese fest zugebunden, worauf zwei Personen ihren Finger durch den Griff des Schlüssels stecken und die Bibel daran aufheben. Sodann nennen sie die Namen der verdächtigen Personen; treffen sie den rechten, so dreht sich die Bibel um.


Zu vergleichen ist auch: Ueber den Aberglauben in Meklenburg, von Flörke, Freimüthiges Abendblatt, 1832, Nr. 698 flgd.


Folgende 3 Zaubersprüche stammen von einer vor kurzem im 9Osten Jahre in Parchim verstorbenen Frau, welche wegen ihrer sympathetischen Kuren sehr berühmt war. Das Bemühen, sie zur Mittheilung der dabei angewandten Sprüche zu bewegen, war lange vergeblich, bis es endlich kurz vor ihrem Tode, gelang, ihr die nachstehenden Formeln abzuschwatzen. Mehr wollte sie jedoch nicht mittheilen. Nach den Reimen zu urtheilen, sind die Formeln ursprünglich plattdeutsch gewesen.

Gegen die Gicht.

1) Im Namen Gottes seh' ich das Licht,
Damit still' ich die Fluß und reißende Gicht.
Im Namen Gottes des Vaters,
Gottes des Sohnes und Gottes des heil. Geistes.

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2) Petrus und Paulus gingen zu Holz und zu Bruch,
            (to Holt unn to Brôk)

Unser Herr Christus der sprach
            (de sprôk)

Kehret um, die Glocken haben geklungen, gesungen, gerungen,

Die Gicht ist verschwunden.

††† Im Namen etc. .

Gegen die Kolik.

Kopf (Bauch?) du sollst rasten,
Kopf (Bauch?) du sollst nicht bersten, (basten)
Ehe wir kommen in die Stadt,
Da Christus geboren ward.
Im Namen etc. .

(Bethlehem die Stadt, da Jesus drinne geboren ward. Vgl. Grimm Beschwörungen Nr. XXXIX.)