zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 97 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV.

Neuere Geschichte

der

Johanniter=Comthurei Mirow,

von

G. C. F. Lisch .


I n Jahrb. II, S. 51, ist die ältere Geschichte der Comthurei Mirow, so weit sie aus ihren eigenen Urkunden geschöpft werden konnte, so vollständig als möglich dargestellt, einzelne spätere Entdeckungen, welche die Comthurei berühren, wie die Verhältnisse zu der Comthurei Gardow und zu der Mühle zu Wesenberg sind bei der Geschichte der Comthurei Nemerow, oben S. 40 flgd. und S. 47, beleuchtet. - Die Geschichte des Ueberganges der Comthurei Mirow von der mittlern Geschichte zu der neuern ist in der Geschichte der Comthurei Kraak und der Priorei Eixen Jahrb. I, S. 53 flgd. und 17 flgd. entwickelt.

Es ist hier noch nachzutragen, daß nach einer Urkunde in Riedel's Nov. cod. dipl. Brand. III, S. 394, im Jahre 1362 die Comthurei Mirow durch die Kriege der Landesherren sich in einem so ärmlichen und gedrückten Zustande befand, daß die Brüder nicht bequem mehr erhalten werden konnten. Der Bischof Burchard von Havelberg kam ihnen daher dadurch etwas zu Hülfe, daß er die Pfarre zu Freienstein, deren Patronat schon der Comthurei gehörte, der Comthurei incorporirte, um einen Theil der Einkünfte derselben zur Unterstützung der Brüder zu verwenden.


Vom Ende des 15. Jahrhunderts bis gegen das Jahr 1551 war die Comthurei Mirow mit in die vielfachen Streitigkeiten verwickelt, welche der Orden für seine meklenburgischen Commenden mit den Herzogen hatte; jedoch beschwerte sich der Orden in Beziehung auf die Comthurei Mirow über keine andere Belästigung, als über die Forderung der Ablager, und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 98 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stritt mit den Herzogen um nichts weiter, als um die gegenseitige Beeinträchtigung von einzelnen örtlichen Gerechtsamen, wie sie bei Privatgrundstücken nicht selten vorkommen, wie um unbestimmte Gutsgrenzen, streitigen Mahlzwang, udgl. Vermehrt wurden in der Zeit von 1533 bis 1549 die Irrungen noch durch Streitigkeiten über die Fischerei auf den Müritz=Gewässern, über Erhöhung der Landbede und Vergrößerung der Dienste von den Haidedörfern. Von der Reformation bis zum westphälischen Frieden bestand dem Namen nach freilich die Comthurei Mirow, theilte aber das Schicksal der hohen Prälaturen in Meklenburg, d. h. der Domstifter, welche als Pfründen für apanagirte Prinzen des herzoglichen Hauses benutzt wurden, seitdem das Recht der Primogenitur geltend gemacht worden war; es hat die neuere Geschichte dieser Comthurei nicht viel mehr Bedeutung, als den Uebergang von einem Fürsten zum andern nachzuweisen.

Der letzte wirkliche Comthur von Mirow, Liborius von Bredow, starb im Anfange des Jahres 1541. Da erschien in Meklenburg eine Person, welche dringend Hülfe heischte, der "verarmte und flüchtige" Herzog Wilhelm von Braunschweig.

Der Herzog Wilhelm von Braunschweig war ein Bruder des regierenden Herzogs Heinrich des Jüngern, dessen Leben nicht wenig von Kriegsstürmen bewegt ward. Noch mehr bedrängt aber ward sein Bruder Wilhelm. Schon im J. 1519 gerieth er in der hildesheimischen Stiftsfehde in der Schlacht bei Soltau in Gefangenschaft, aus der er, nach einer kurzen Zwischenfrist, erst im J 1523 entlassen ward 1 ). Nach seiner Befreiung gerieth er in Streit mit seinem Bruder wegen der Erbfolge, da er, auch nachdem er den Primogenitur=Vertrag beschworen hatte, dennoch hartnäckig einen Landesantheil forderte. Um Ruhe zu haben, setzte ihn sein Bruder wieder gefangen und hielt ihn 12 Jahre eingeschlossen, bis er sich mit dem Hause Gandersheim und einer Apanage von 2000 Gulden begnügte 2 ).

Gleich nach dem Tode des Comthurs Liborius von Bredow trat der Herzog Wilhelm von Braunschweig, der eine sichere Zufluchtsstätte vor seinem Bruder und ein besseres Auskommen suchte, bei dem Herzoge Albrecht von Meklenburg werbend um die Comthurei auf, obgleich dieser die katholischen Gesinnungen mit dem Herzoge Heinrich von Braunschweig theilte. Ueber die Veranlassungen zu diesem Schritte ist alles


1) Vgl. Havemann Gesch. v. Braunschw. I, S. 304, 307, 308, 314.
2) Vgl. Daselbst I, S. 352.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 99 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dunkel, da die Verhandlungen mündlich gepflogen wurden. Der Herzog Wilhelm war persönlich in Meklenburg, um die Sache bei dem Herzoge Albrecht abzumachen. Man ward einig, daß der braunschweigische Herzog eine Reise zu dem Markgrafen Johann von Brandenburg machen und seinen Weg über Mirow nehmen sollte; dieser Fürst hatte eine Nichte des Braunschweigers zur Gemahlin und war ein Schwager des Herzogs Albrecht. Man wollte 12 Pferde mit den dazu nöthigen Knechten als Relais ("auf die Post") nach Mirow vorausschicken, der Herzog sollte nachfolgen, - wahrscheinlich um dort zu - bleiben. Am 4. Febr. 1541 mußte des Herzogs Wilhelm Secretair auch den Herzog Heinrich von Meklenburg zur Ergreifung dieser Maaßregel bewegen. Schon am 3. Febr. erließ Albrecht und am 10. Febr. Heinrich die dazu nöthigen Befehle an den derzeitigen "Verwalter" von Mirow.

Zwar war ein neuer Ordenscomthur, Sigismund von der Marwitz, schon im Anfange des Monats Februar in Mirow eingezogen und hatte den Herzogen seines Heermeisters Veit von Theumen Credenzbrief vom 27. Jan. überreicht. Aber die Pferde und Knechte für den Herzog Wilhelm gingen schon am 14. Febr. nach Mirow ab, Marwitz mußte sie, wiewohl ungerne, annehmen und der Herzog Wilhelm, der sich diesen "Rathschlag wohl gefallen ließ", folgte am 19. März in Person "mit seinem Haufen", angeblich um ein Nachtlager in Mirow zu halten, und ihm sogleich das Gerücht, daß Marwitz der Comthurei entsetzt werden sollte. Am andern Tage ließen die Herzoge dem Comthur erklären, daß sie geneigt seien, dem Herzoge Wilhelm die Comthurei auf ein oder zwei Jahre einzuthun. Mit Bewilligung der Herzoge von Meklenburg, welche die rückständigen Ablager und das Vorschlagsrecht bei der Besetzung der Comthurei zum Vorwande ihres Einschreitens machten, nahm nun Herzog Wilhelm Besitz, ward von herzoglichen Gesandten eingewiesen und - Marwitz zog zum Heermeister zurück. Dieser aber verklagte die Herzoge Albrecht und Wilhelm wegen Landfriedensbruches beim Reichskammergericht. Wilhelm vermochte den Kurfürsten Joachim von Brandenburg, die Sache im Jahre 1542 beim Reichstage vorzubringen, wobei ihm als Grund an die Hand gegeben war, daß es

"kund und menniglichen bewust, in waser elend und armuth hertzog wilhelm gefallen, auch s f. g ihres leibes nicht sicher, numer ihre volkhomende jare erreicht, keinen unterhalt haben; haben die hertzoge zu Meckelnborg sein f. g. als iren freund bedenken vorsehn vnder in irer f. g. elendt zu hülff kho=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 100 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

men wollen, all die weil oder gleich die Zeit sich die Comptorei zu miro vorlediget durch den meister ein vormeinter Comptor ohne vorwissen hochgemelter fürsten von Mekelborg wider alt herkomen eingedrungen, hat sich also hertzog wilhelm in die selbe Compterey nicht mit gewapener handt eingesetzt, oder den landfriden vorlezt, sondern ist in die selbe von dem landfürsten eingeweist vnd dem Compter mit willen abgehandelt worden."

Doch beriefen sich die Fürsten dabei auch hier auf den regensburgischen Reichstagsabschied, bei dessen Publication Herzog Wilhelm in Posseß gewesen sei. Dagegen verwandte sich der Landgraf Philipp von Hessen bei dem Herzoge Albrecht für den Herzog Wilhelm, diesen im Besitze der Comthurei zu schützen, da es ein Werk der Liebe sei. Wilhelm erreichte auch seinen Zweck: er blieb im Besitze der Comthurei, - und der Proceß ging seinen gewöhnlichen, langsamen Gang fort. Dem jungen Herzoge Johann Albrecht von Meklenburg machte sich der Herzog Wilhelm dadurch verbindlich, daß er ihn im Jahre 1552 auf dem denkwürdigen tyroler Feldzuge begleitete, und so behauptete er sich desto fester in seinem Besitze, obgleich des Herzogs Johann Albrecht Bruder Ulrich seit dem Jahre 1553 in Veranlassung des Streites um die Landestheilung über ihn "sogar fuchswild" war und ihn "nirgend im Lande wissen wollte". Am 23. Dec. 1552 hatte nämlich der Herzog Johann Albrecht, der doch wohl des Herzogs Wilhelm überdrüssig ward, zu Gunsten seines jüngern unmündigen Bruders Christoph die Comthurei einnehmen 1 ) lassen, jedoch so, daß Wilhelm einst=


1)

Interessant ist, im Auszuge, folgendes:

"Inventarium des hauses Mirow
inuentiret vnnd verzeichnet durch
Hansen von der Osten vnnd
Andresen Hoe den 23
Decembers
Anno
1552.
Erstlich vff Hertzogk Wilhelms gemach.

3 betten.
2 heuptpfuell.
1 Spanbeth.
1 grunes Ledlein.
1 gemahltenn Tisch.
36 Bücher groß vnnd klein.
1 ledig kleider kasten.
1 kasten darin die Hoffkleidung gewesen, als nemlich zwey grawe Tucher vnnd etzlich elln rottes.
2 ledig laden.
1 kasten darinne etzlich pfund Zucker vnd pfeffer.

(  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

weilen im Genusse bleiben sollte. Der Heermeister schien auch nicht übel Lust zur Occupirung zu haben und der Kurfürst Joachim legte Fürbitte für den Herzog Wilhelm ein; der Herzog Ulrich wollte die Comthurei aber ungerne aus den Händen lassen, auf Fürsprache des Kurfürsten gab er jedoch endlich nach unter der Bedingung, daß Herzog Wilhelm sich zuvor verpflichte, nicht wider "die Herzoge (vns) zu dienen oder zu practiciren, noch auch einigs Kriegsvolk auf derselben Comptorey und den dazu gehörigen gütern ohne landesherrliches wissen und willen zu keinen zeiten versammeln zu lassen". Unter manchen kleinen Hemmungen behauptete sich der Herzog Wilhelm dennoch auf der Comthurei Mirow, wo er auch wohnte, bis er sein mühseliges Leben im Jahre 1558 beschloß.

Die Herzoge Johann Albrecht und Ulrich hatten früher daran gedacht, ihren nächstfolgenden Bruder Christoph mit der Comthurei Mirow zu versorgen. Mittlerweile war dieser aber (1554) zum Bischofe von Ratzeburg erwählt und (1555) zum Coadjutor von Riga angenommen, woraus ihm jedoch ein ganzes Heer von Leiden erwuchs. Auch waren während der Zeit die meklenburgischen Lande zwischen beiden Brüdern durch den ruppinschen Machtspruch (1556) getheilt, so sehr der Herzog Johann Albrecht zum Besten des Staats die Primogenitur


(  ...  )

1 Schapp darinne gewesen ein weidemesser, ein pahr Reusche Stiefelnn, ein kese, ein Schacht=Tafell vnnd zwey venedische gleser.
5 Spiess.
2 sthelern Bogen, ein Schiesskocher vnnd etzlich boltzen.
3 Laternen.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
2 Huete vnd sonnsten allerley generalia juris.

In der Harnschkammer.

1 kuritzer.
5 blanke harnsch.
1 buntter harnsch.
13 bogen.
32 Sattel alt vnnd new.
1 Tonne doch nicht gar voll Ossmund.
1 Fass voll hinter vnnd vor ezeugk.
1 schwartzer beschlagener kasten darinnen Mundstück und Stangen.
4 Bartten.
13 Winde zum Armbrosten vnnd 18 kocher.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Item etzliche Mundstück an der wand hangend.

Im Wein keller.

25 fass weins, gross vnnd klein, ist aber mehrenteill Myrowischer sawrer wein.
1 fass alt bier.
1 tisch.

Im Bier keller.

25 fass bier.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einzuführen strebte; aber er hatte dem Andringen seines Bruders Ulrich nicht widerstehen können, sondern sich zu einer Theilung entschließen müssen. Von dieser Theilung war die Comthurei Mirow bis zur Erledigung ausgenommen. Durch den Tod des Herzogs Wilhelm von Braunschweig eröffneten sich für die noch nicht versorgten Prinzen, welche bei der Landestheilung leer ausgegangen waren, Aussichten zur Versorgung und die beiden regierenden Herzoge nahmen jeder zur Hälfte von Mirow Besitz. Herzog Ulrich wollte seinen jüngsten Bruder Carl damit bedenken; der Herzog Johann Albrecht hatte aber große Neigung, die Comthurei seinem Sohne Johann (geb. 7. März 1558) "zuzuhandeln". Jeder hatte die Comthurei eingenommen, jeder, der Form nach, zur Hälfte, weil der Heimfall des Ganzen streitig war; bis in das Jahr 1565 ward die Comthurei von den Herzogen administrirt. Der Orden hatte auf Restitution geklagt; im Jahre 1565 legte sich aber alles zum gütlichen Vergleiche an. Leider ward er durch höchst unangenehme Intriguen vereitelt. Im Jahre 1564 war durch Verwendung des Markgrafen Johann Franz Naumann (oder Franz von Naumann) Heermeister zu Sonnenburg geworden 1 ). Jeder der beiden fürstlichen Brüder gewann den alten, schwachen, vielleicht gar unredlichen Mann sehr leicht für seine Absichten. Der Herzog Johann Albrecht schloß schon Ostern 1564, unter Vermittelung des Markgrafen Johann zu Cüstrin, der sehr für diesen Herzog lebte, einen einseitigen Vergleich mit dem Heermeister dahin, daß die von den Herzogen eingezogene Comthurei dem Orden restituirt, dem Prinzen Johann auf Lebenszeit verliehen und dafür dem Heermeister auf diese Zeit ein jährliches Responsgeld von 300 rheinischen Goldgulden zugesagt ward, obgleich früher die Comthure nur 40 Goldgulden Respons entrichteten. Dieser Vergleich ward aber erst am 22. Mai 1565 ratificirt und dabei sogleich dem Heermeister die erste fällige Respons mit 300 rh. GG. bezahlt. Nicht viel schwerer ward es dem Herzoge Ulrich, den Heermeister für sich zu gewinnen. Dieser hatte den Comthur J v. Holstein von Nemerow zu seinem Fürsprecher und Agenten. Holstein rieth dem Heermeister dringend, die Comthurei dem Herzoge Carl zu verleihen, um dadurch die unangenehme Sache aus der Welt zu schaffen, Mirow ganz wieder zu gewinnen und sich dem Herzoge Ulrich geneigt zu machen, zu


1) Franz Naumann hatte schon im Jahre 1536 dem Markgrafen von Brandenburg "zu Königsberg Raths= und Canzler=Pflicht geschworen", im Jahre 1539 demselben den Lehneid auf das Gut Mose geleistet und im Jahre 1564 sich als Heermeister verbindlich gemacht.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem der Orden alle Zuversicht haben könne, wogegen der Herzog Johann Albrecht dem Orden "je und allewege zuwider gewesen sei". Während der Markgraf Johann von ihm die Ablieferung der Comthurei an den Herzog Johann Albrecht forderte, verhandelte er mit dem Herzoge Ulrich auf ganz andere Weise. Er forderte nämlich die Comthurei, ehe er sie einem Herzoge einthat nicht nur in ihrem damaligen Zustande zurück, sondern verlangte auch Erstattung der Abnutzung und der Unkosten seit dem Jahre 1544 oder doch wenigstens seit dem Jahre 1557, wenn er die Zeit, daß der Herzog Wilhelm von Braunschweig die Comthurei inne gehabt, nicht rechnen wolle. Der Herzog Johann Albrecht hatte freilich den Abnutzungspunct einer gütlichen Vereinbarung überlassen, machte aber jetzt, da der Meister wenigstens 24000 Gulden forderte, auf nicht mehr Hoffnung, als auf höchstens 2000 Gulden von jedem Herzoge. Nun beredete der Herzog Ulrich für sich und seinen Bruder Johann Albrecht mit Naumann im Jahre 1565 ebenfalls einen Vergleich dahin, daß die Comthurei dem Orden restituirt, dem Herzoge Carl als Comthur eingethan und dem Heermeisterthum eine Entschädigung von 4000 fl. gezahlt werden solle. Naumann nahm auch vom Herzoge Ulrich Geld vorweg: aber aus den Vergleichen ward nichts. Zunächst trat im Jahre 1565 die Belagerung von Rostock hemmend in den Weg, durch welche der Unfriede zwischen beiden Herzogen neue Nahrung erhielt; die Feindschaft ward durch die mirowsche Angelegenheit bedeutend vermehrt, da grade während dieser Zeit jeder der Brüder hinter des Andern einseitige Verhandlung mit dem Heermeister kam. Herzog Carl hatte schon früher Exspectanz auf die Comthurei erhalten; er bewarb sich jetzt selbst um die Comthurei und forderte, nachdem er volljährig geworden war, seinen Landesantheil. Darüber zürnte Herzog Ulrich wieder, da er die einmal eingezogene Comthurei nicht wieder vom Hause Meklenburg lassen wollte. Der Orden setzte seine Klage über Gewaltthätigkeit beim Reichskammergericht fort; der Markgraf Johann zürnte; Vergleichsvorschläge und Termine wurden zum Schein angekündigt und abgesagt: kurz es häuften sich alle denkbaren Schwierigkeiten, bei denen auch der Ritter Friederich Spedt seine Hand im Spiele hatte. Die Chomthurei ward dabei nach wie vor von den Herzogen administrirt. Am 16 Mai 1566 klagte der Herzog Ulrich zu Augsburg beim Kaiser über seinen Bruder Johann Albrecht und bat ihn, seinen Bruder Carl mit der Comthurei zu belehnen und den deutschen Meister zur Bestätigung zu vermögen. Im Jahre 1567 willigte auf Naumanns

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vortrag das Provinzial=Capitel zu Speier in die Nomination des Herzogs Carl und Naumann versprach, ihn zum Comthur zu ernennen und ihm nicht allein zu des Herzogs Ulrich, sondern auch zu des Herzogs Johann Albrecht Hälfte von Mirow zu verhelfen. Hierauf ließ er sich vom Herzoge Ulrich 177 rh. GG. und 361 Thaler zahlen und sicher Geleit geben. Als dies alles und vieles Andere der Markgraf erfuhr, gerieth er in heftigen Zorn; er stellte den Heermeister zur Rede und dieser - leugnete allen Verkehr mit dem Herzoge Johann Albrecht ab; hinter dem Rücken des Markgrafen sagte er jedoch aus, er habe von diesem überredet und "mit lauter Gewalt gezwungen" mit dem Herzoge Johann Albrecht unterhandelt, Reverse unterschrieben und besiegelt und - Geld genommen, - worauf er - freiwillig quittirt hatte. Der Markgraf nannte ihn einen "vergessenen und losen Buben". Da hielt sich Naumann nicht sicher und entfloh, vorzüglich im Vertrauen auf die Unterstützung des Herzogs Ulrich. Der Markgraf schalt ihn hinterher noch einen "verflüchtigen, abtrünnigen, entlaufenen, ehrlosen Mann". Naumann starb nicht lange darnach auf der Flucht im Jahre 1568. Die Comthure hielten wiederholt zu Sonnenburg Capitel, ohne zur Einigung zu gelangen. Während der Zeit suchten der Markgraf Johann und der Herzog Johann Albrecht nicht allein den Herzog Johann zur Comthurei Mirow zu bringen: sie gingen noch weiter, indem der Herzog Johann Albrecht mit aller Kraft darnach strebte, seinem jüngsten, siebenjährigen Sohn Sigismund August zum Heermeisterthum zu verhelfen! Er bat daher durch Vermittelung des Ritters Fr. Spedt, der sich damals in Wien aufhielt, den Kaiser um ein Empfehlungsschreiben an den Markgrafen Johann, dem die Nomination zur Wahl zustand, und schickte seinen Rath Andreas Mylius zur Betreibung der Sache zum Markgrafen. Der Kaiser schlug die Bitte ab, da er auf Ersuchen des Markgrafen schon dem Grafen Martin von Hohenstein ein Vorschreiben ertheilt habe; der Markgraf war jedoch nicht abgeneigt, wenn der Herzog sich zur Leistung aller Gebühr verpflichte, und versprach, die Wahl hinzuhalten. Das Wahlcapitel war auf den 9. Nov. angesetzt; die anwesenden Comthure (Andreas v. Schlieben auf Lago, Joachim v. Holstein auf Nemerow und Peter Runge auf Werben, für sich und in schriftlicher Vollmacht oder durch Bevollmächtigte der Comthure: Martin v. Wedel auf Wildenbruch, Christoph v. Bredow auf Supplinburg und Hans v. Hering auf Witersen) konnten sich aber nicht entschließen, ein Kind zum Meister zu wählen, und faßten am 15. Nov. den Capitularbeschluß, daß alle Comthure die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Capitel ohne Ehehaften nicht sollten versäumen dürfen 1 ). Am 6. Jan. 1569 wählte das Capitel den Grafen Martin von Hohenstein zu Schwedt zum Heermeister; ganz zu gleicher Zeit ward er nach dem Tode seines Bruders Wilhelm wirklicher Herr von Vierraden und Schwedt 2 ). Dieser zeigte den Herzogen sogleich die geschehene Wahl an und erklärte alle Verhandlungen seines Vorgängers für nichtig, weil dieser damals "keine Regierung gehabt" habe, auch die Verleihung nicht capitelmäßig geschehen sei. Der Herzog Johann Albrecht schickte jedoch Gesandte nach Cüstrin und Sonnenburg und diese und der Markgraf bewirkten es, daß am 20. Jan. 1569 auf einem Capitel die Einweisung des Herzogs Carl abgelehnt, dem Herzoge Johann aber nicht allein die Comthurei zugesichert ward, wenn er nach Zurücklegung des vierzehnten Jahres die Aufnahme in den Orden begehren und sein Vater bis dahin die Administration der Comthurei nach Ordens Brauch übernehmen würde, unter der Bedingung, daß der Herzog die rückständige vierjährige Respons mit 1200 rh. GGulden entrichte, sondern ihm auch die Anwartschaft auf die Coadjutorei des Heermeisterthums gegeben ward. Der Herzog Ulrich hatte ebenfalls seinen Hofrath Zacharias Wels zum Capitel nach Sonnenburg gesandt und hier vergebens um Vollziehung der alten Verträge gebeten. Der Herzog Johann Albrecht nahm den Capitular=Beschluß natürlich an und verpachtete am 15. April 1569 zur Sicherung seiner Rechte seine Hälfte der Comthurei an Henneke von Holstein. Der Herzog Ulrich beruhigte sich nicht, klagte laut über die Practiken seines Bruders und setzte alle Hebel in Bewegung, den Herzog Carl in die Comthurei einzusetzen. Der Herzog Carl war vom brandenburgischen Hofe, wo er einen Theil seiner Jugend zubrachte, heimgekehrt, längst mündig geworden und verlangte einen Landesantheil. Es wurden ihm auch im Jahre 1571 die Aemter Wredenhagen und Neukalden abgetreten und er residirte seitdem zu Wredenhagen, nachdem er schon im Jahre 1569 von der andern Hälfte von Mirow Besitz genommen hatte, wo er sich auch seit der Zeit hin und wieder aufhielt. Am 24. Febr. 1572 vermittelte er


1) Auf dem Sonnenburger Capitel vom 15. Nov. 1568 faßten die Comthure des Heermeisterthums den Capitular=Beschluß: 1, wenn ein Comthur ohne gegründete und anerkannte Ehehaften nicht persönlich auf dem Capitel erscheine, solle er an die Beschlüsse gebunden, wofern er aber den Beschluß nicht anerkenne, seiner Würde verlustigt sein; 2, wenn ein Comthur ohne gegründete Ehehaften seine Responsgelder nicht erledige, solle er zur Strafe das Doppelte zahlen, und, wenn er dies nach dreimaliger Verwarnung nicht thue, seiner Würde verlustigt sein.
2) Vgl. (v. Medem) Gesch. der Stadt Schwedt in Balt. Stud. IV, 2, S. 166.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen Vergleich zwischen allen Partheien dahin, daß die Processe niedergeschlagen wurden, er den Besitz der einen Hälfte der Comthurei, der Herzog Johann den Besitz der andern Hälfte erhielt, Herzog Carl sich jedoch des Comthurtitels enthalten solle, bis Johann zum Heermeisterthum gelangen werde, wo dann dem Herzoge Carl die ganze Comthurei überwiesen werden solle; die Comthurei ward, nach Aufgebung aller Ansprüche, dem Orden restituirt. Am 8. Aug. 1572 nahmen die Gesandten des Heermeisters, des Kurfürsten von Brandenburg und der Herzoge Johann Albrecht und Carl das Inventarium der Comthurei auf, welche sogleich diesen beiden Herzogen verliehen ward. Im Jahre 1572 zog der Herzog Carl dem Prinzen Wilhelm von Oranien gegen den Herzog von Alba zu Hülfe und stand ihm vor Bergen bei. Der Herzog Ulrich zürnte aber wieder über den einseitigen Vergleich und beklagte sich über die factische Entziehung des Roßdienstes, des Rathsdienstes, etc. . von der Comthurei.

In dem Processe vor dem Reichskammergericht war von 1554-1569 jährlich nicht viel mehr als eine Schrift gewechselt, in manchen Jahren gar nichts gethan, da es im Interesse der Fürsten lag, dafür zu sorgen, daß möglichst wenig geschehe.

Der Herzog Carl hatte seit dem J. 1572 Besitz von Mirow genommen und hielt dort Hof. Im Jan. 1572 war der Markgraf Johann I. seinem Bruder, dem Kurfürsten Joachim II., in die Ewigkeit gefolgt. Im J. 1576 starb auch der Herzog Johann Albrecht von Meklenburg. In seinem Testamente hatte er seinem Sohne Sigismund August die eine Hälfte der Comthurei vermacht, welche ihm auch in der Erbschaftsregulirung von seinem Bruder Johann zuerkannt ward. Jedoch blieb der Herzog Carl, der im J. 1575 die Coadjutorei des Bisthums Ratzeburg erhalten hatte, im Besitze von Mirow. Zwar versicherte der Herzog Ulrich im J. 1577 seinem Bruder Carl eine jährliche Zulage von 1500 fl. zur Verbesserung seines Unterhalts; Herzog Carl aber wich nicht von der Comthurei. Erst am 20. Mai 1586 wurden die häuslichen Irrungen dahin verglichen, daß der Herzog Sigismund August das ihm vermachte Amt Ivenack frei überliefert erhalten, statt des ihm auch vermachten, damals aber für 50000 fl. verpfändeten Amtes Strelitz die Pfandsumme und statt der halben Comthurei Mirow die Hälfte des jährlichen Ertrages derselben mit 1000 fl. empfangen solle. Im J. 1587 trat nun auch Herzog Carl die Aemter Wredenhagen und Neukalden an den Herzog Ulrich ab und erhielt dafür die Aemter Broda und Wesenberg und die Comthurei Mirow.

Die Verhandlungen mit dem Orden sind bis zum J. 1592

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sehr unerfreulich, Der Orden forderte die Ratification der Verträge, förmliche Restitution der Comthurei und Zahlung der Responsgelder, die freilich oft genug rückständig blieben und im J. 1592 neunzehn Jahre lang nicht erlegt waren; - die Herzoge forderten Einkleidung des Herzogs Johann in den Orden und Versicherung der Coadjutorei des Heermeisterthums für denselben, - beides vergeblich.

Endlich machte der Tod den Wirren ein Ende. Der Herzog Christoph starb am 3. März 1592; ihm folgte sein Neffe Johann am 22. März. Durch Christophs Tod erhielt Carl das Bisthum Ratzeburg, und Johanns Tod hob die Verlegenheit des Ordens, das Heermeisterthum zu einer bloßen Versorgungsanstalt zu machen und gewissermaßen mit zwei Herren von Mirow zu verhandeln; so lange Herzog Johann Albrecht lebte, war an eine Einigung wegen der Comthurei nicht zu denken. Jetzt aber ward durch die friedliche Vermittelung des Herzogs Carl alles wieder ins Geleis gebracht. Schon am 23. Oct. 1592 wurden zu Güstrow die Friedensbedingungen verhandelt. Am 27. März 1593 ward endlich der Vergleich, unter Beistand des kurfürstlich=brandenburgischen Raths Dr. Johann Köppen d. J., zwischen dem Herzoge Ulrich und den Gesandten des Heermeisters: dem Comthur Michael von Hagen zu Werben, dem Rath Dr. Christoph Rademann, Professor zu Frankfurt, und dem Ordenscanzler Balthasar Römer, geschlossen: daß die Comthurei Mirow dem Orden restituirt, der Herzog Carl mit der Eidesleistung verschont, jedoch durch Handschlag dem Orden verwandt gemacht und dann mit der Comthurei belehnt werden, ferner daß, so lange die Herzoge Ulrich, Sigismund August, Adolph Friedrich und Johann Albrecht am Leben, vom Orden kein Fremder zur Comthurei Mirow erwählt, sondern die Nomination auf eine dieser fürstlichen Personen, wofern diese sich dem Orden verwandt mache, nach der Ordnung des Alters fallen, nach deren Ableben aber die Comthurei wieder dem Orden mit aller Freiheit anheim fallen solle; die Herzoge sollten ihre alten Rechte behalten, dagegen dem Heermeister jährlich 100 Goldgulden Respons zahlen, auch die rückständigen 2000 GG. entrichten. Am 28. März reversirte sich der Herzog Carl schriftlich gegen den Orden, erhielt die feierliche Anweisung an die Comthurei, welche dann auch dem Orden durch Inventur, Eidesleistung der Unterthanen auf den Heermeister und andere Formalien feierlich restituirt ward.

Hierauf bleibt die Comthurei einige Zeit hindurch in Ruhe. Der Herzog Carl starb am 22. Julii 1610 als re=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gierender Landesherr, nachdem sein Bruder Ulrich im J. 1603 geschieden war. Auch der Heermeister Graf Martin von Hohenstein starb am 5. Mai 1609 zu Sonnenburg und es folgten ihm in der Meisterwürde hinter einander mehrere Mitglieder des kurfürstlichen Hauses, zuerst Markgraf Friederich bis 1612, darauf Markgraf Ernst. Dem Herzoge Carl folgten in der Landes=Regierung seine Neffen, Adolph Friederich I. und Johann Albrecht II. Die Comthurei Mirow blieb von der Landestheilung im Vertrage zu Fahrenholz 1611 ausgeschieden, da sie nach dem Vertrage von 1593 auf den ältesten Landesfürsten fiel. Der junge Herzog Adolph Friederich I. nahm daher sofort von der Comthurei Besitz und bat demnächst den Markgrafen Ernst um Erlassung des Ritterschlages, der Eidesleistung und der Investitur und um Einweisung in die Comthurei in der Art und Weise, wie sie dem Herzoge Carl überlassen war. Dies ward jedoch nicht bewilligt, vielmehr die Investitur noch vom Heermeister Grafen A. von Schwarzenberg seit 1625 wiederholt gefordert: aber es blieb beim Alten, Responsgelder blieben auch rückständig, um so mehr, da bald der dreißigjährige Krieg seine Verwüstungen auch über Meklenburg erstreckte.

Da ward Wallenstein mit dem Herzogthume Meklenburg begnadigt. Der Heermeister hatte schon am 25. Sept. 1627 von Wallenstein eine "Salvaguardia" für die Comthureien Mirow und Nemerow erhalten und wies hierauf am 22. April 1628 die "Beamten" von Mirow an, diese Comthurei in ihren Rechten für den Orden zu schützen, da sie vacant geworden und dem Orden anheimgefallen sei. Der Herzog Adolph Friederich protestirte dagegen von Mirow aus am 4. Mai 1628 nach Sonnenburg, weil er die Comthurei als Ordensgut besitze, ersuchte auch die friedländischen Räthe am 2. Sept. d. J. von Torgau aus, die Vorräthe, die er seiner Mutter Sophie verkauft habe, dieser verabfolgen zu lassen: jedoch alles umsonst, da Wallenstein die Comthurei nur geschützt hatte, um sie für sich selbst zu nehmen. Nachdem Adolph Friederich am 12. Mai Mirow und sein Land verlassen hatte, erschienen der friedländische Secretair Heinrich Neumann ("ein Jurist"), der Lieutenant Adam Meisner, der Secretair Johann Sturm, ein Corporal und ein Bürger aus Güstrow, um, als friedländische Commissarien, die Comthurei "einzuziehen, weil der Herzog sie etliche Jahre lang gebraucht vnd sich doch darnach habilitirt, Item die Gebühr nicht alle Jahr erlegt" habe. Heinrich Neumann setzte einen " Inspector oder Hauptmann" ein und - die Comthurei war friedländisch geworden. Der Burgvogt von Mirow und der Hofprediger Caspar Wagner, der sich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

damals zu Mirow aufhielt, verlangten Commissorium und Vollmacht zu sehen; dies ward ihnen nicht gewährt. Vielmehr mußten sie, nachdem mehrere Boten nach Güstrow gesandt waren, plötzlich die Comthurei verlassen. Alle Verwendungen des Herzogs, daß ihm die Comthurei bleiben möge, fruchteten nichts.

In der Mitte des Monats Julii 1631 nahmen die Herzoge von Meklenburg wieder Besitz von ihren Landen und Herzog Adolph Friederich gelangte mit bewaffneter Hand auch wieder zur Comthurei Mirow, welche er in den nächsten Jahren durch eine Garnison beschützte. Als nun sein Bruder, Herzog Johann Albrecht II., am 23. April 1636 starb, war Adolph Friederich, der jetzt für sich und in Vormundschaft seines Neffen Gustav Adolph alleiniger Landesherr war, der letzte Herzog, dem die Succession in die Comthurei durch den Vertrag von 1593 zugesichert war. Nicht lange vor der wallensteinschen Zeit (im J. 1625) war der letzte Heermeister (Sigismund August) in der Reihe der brandenburgischen Prinzen gestorben, und der Graf Adam von Schwarzenberg, Herr zu Hohen=Landsberg und Gimborn, kurfürstlich=brandenburgischer erster Geheimer=Rath, der seinen Wohnsitz zu Cölln an der Spree hatte, hatte die Regierung des Heermeisterthums erhalten. Dieser, wenn auch des Kurfürsten Georg Wilhelm Minister, ein katholisch=kaiserlicher Mann, begann mit dem Herzoge Adolph Friederich wieder den alten Streit, grade zu einer Zeit (1636), als Meklenburg von kaiserlichen und schwedischen Kriegsvölkern gleich stark heimgesucht ward. Er verlangte, daß der Herzog 1) persönlich im Ordens=Capitel zu Sonnenburg den Ritterschlag und die Investitur, der sich nie ein Fürst, selbst aus dem kaiserlichen Hause, entzogen habe, annehme und den gewöhnlichen Comthur=Eid leiste, 2) die gewöhnliche Bestallung löse, 3) sich auf herkömmliche Weise bei den Unterthanen als Comthur anweisen lasse, 4) die rückständigen Responsgelder von 1622 bis 1636 mit 1500 GG. nachzahle und 5) dem Orden fortan die gewöhnliche Gebühr erzeige. Der Herzog dagegen verstand sich zu nichts weiter, als zur Annahme der Comthurei durch Handschlag und Anweisung derselben durch eine Deputation, zur Erhaltung der Comthurei für den Orden und Erlegung der laufenden, auch zur Nachzahlung der rückständigen Responsgelder, mit Ausnahme der während der wallensteinschen Occupation aufgelaufenen Summe, welche er jedoch für den Fall eines gütlichen Vergleichs nach seinen Wünschen auch zu entrichten sich bereit erklärte. Der Herzog machte verschiedene Vergleichsversuche,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

zu denen er den Hauptmann Daniel von Plessen auf Hoikendorf in den Jahren 1636 und 1637 zu verschiedenen Malen zum Grafen nach Berlin sandte und hier vorzüglich durch die beim Kurfürsten "viel geltende Auctorität" des Obersten von Burgsdorf, der auch dem Herzoge freundlich gesinnt war, zu wirken suchte. Jedoch war alles vergeblich; der Heermeister wollte nicht einmal die Responsgelder erlassen, welche während der wallensteinschen Zeit fällig gewesen waren, auch nicht die Investitur an einem Substituten vornehmen. Vielmehr erhob er im Sept. 1637 beim Reichshofrath Klage gegen den Herzog und begann einen Proceß, in welchem bis in das J. 1641 sehr umfangreiche Schriften bis zur Duplik gewechselt wurden. Da starb der Graf von Schwarzenberg am 4. März 1641 und im Heermeisterthume trat Sedisvacanz ein; der Ordens=Senior Georg von Winterfeld führte in Nothfällen die Regierung unter der Aegide des Kurfürsten, als Patrons des Ordens. Der Proceß beim Reichshofrath schlief ein. Dagegen trug am 26. August 1642 der Herzog beim Kurfürsten Friederich Wilhelm darauf an, bei des Landes Meklenburg "sehr schlechtem und kläglichem Zustande" dahin bei dem Orden zu wirken, daß der Vertrag von 1593 erneuert und auf die fünf Söhne des Herzogs erweitert, ebenfalls auch die erledigte Comthurei Mirow seinem Neffen Herzog Gustav Adolph von Güstrow überlassen werde. Es war mit dem Kurfürsten und dessen Ministern und mit dem Ordens=Senior und einigen Comthuren bis in das Jahr 1645 hin und her gehandelt: der Herzog bat während der Zeit endlich um Verleihung von Mirow an seinen zweiten Sohn Carl und von Nemerow für seinen Neffen Gustav Adolph; aber es kam kein Ordens=Capitel zu Stande und im Heermeisterthum, wie in den Comthureien blieb es beim Alten. Die Comthurei Nemerow erhielt im J. 1644 der Oberst Henning von Gristow. Als dieser schon im J. 1645 starb, erneuerte der Herzog Adolph Friederich seine Anträge. Ja die Königin Christine von Schweden legte, bei ihrer nahen Verwandtschaft mit den meklenburgischen und brandenburgischen Höfen, für die Prinzen Carl und Gustav Adolph beim Kurfürsten Fürbitte ein. Man verhandelte noch im J. 1646. Da aber schließen die Acten der Comthurei, und der westphälische Friede machte allem Streite ein Ende, indem er die beiden Comthureien den Herzogen von Meklenburg zuschrieb, wenn auch unfruchtbare Forderungen sich bis zum J. 1693 hinschleppten 1 ).



1) Hierüber vgl. man den Schluß der Geschichte der Comthurei Nemerow.