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III.

Geschichte

der

Johanniter=Comthureien Nemerow
und Gardow,

von

G. C. F. Lisch.


D ie Wirksamkeit des Johanniter=Ordens ist für die Cultivirung Meklenburgs von bedeutendem Einflusse gewesen; seine Wirksamkeit äußert sich in ritterlicher Kriegshülfe, verständiger Benutzung des Bodens und höherer Pflege des Gottesdienstes; zu allem diesen mochten die Ritter, die in fremden Ländern Erfahrungen gesammelt hatten, vorzüglich befähigt sein, und neben dem Cistercienser=Orden dürfte der Johanniter=Orden im Mittelalter die größten Verdienste um die Germanisirung unsers Vaterlandes haben.

Nach dem Tode Pribislavs (1178) erhob sich das Volk der Wenden wieder in Aufruhr und unterdrückte auf lange Zeit die mühsam gelegten Keime der Cultur; sicher bis zum J. 1216 lag fast das ganze Land in wüster Verwirrung und selbst die reich fundirten Cistercienser=Mönchsklöster Doberan und Dargun krankten oder standen öde. Nur das Bisthum Schwerin fristete unter dem Schutze der Grafen von Schwerin ein beengtes Dasein. Hierher wandten sich auch die Johanniter zuerst, indem sie im J. 1200 die Comthurei Kraak und die Priorei Eixen stifteten 1 ). Den friedlichen Bemühungen des alternden Borwins, welche in der aufblühenden Kraft seines Sohnes Heinrich Borwin eine kräftige Stütze fanden, gelang es , die Keime zum Wachsthum zu bringen: der Friede ward nach langem Kampfe hergestellt und die Kirche durch zahl=


1) Vgl. Jahrb. I, S. 1 flgd.
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reiche, wichtige Stiftungen gesichert. Während dieser Bestrebungen ward auch die Comthurei Mirow gegründet 1 ), welche nach der Schlacht bei Bornhövd (1227, in welcher wahrscheinlich die Ritter sich Ansprüche auf die Dankbarkeit der wendischen Herren erwarben, immer mehr an Festigkeit gewann; diese Stiftung entwickelte auf ihrem großen Grundbesitze im 13. Jahrhundert eine große Thätigkeit, welche, an der Grenze des gänzlich verödeten Redarierlandes, hohe Achtung abnöthigt 2 ).

Eine andere Veranlassung hat die Stiftung der Johanniter=Comthurei Nemerow; diese entstand, nach der Erstarkung der fürstlichen Macht während des 13. Jahrhunderts, durch das Streben der Fürsten, würdige Diener zu belohnen und in Stiftungen dieser Art sich Stützen ihrer Macht und Regierung zu verschaffen. Und wirklich zeigen die wenigen Urkunden der blühenden Comthurei Nemerow Spuren einer besondern Vorliebe der Fürsten für diese Stiftung.

Das Dorf Nemerow hat vor der Gründung der Comthurei vielerlei Schicksale gehabt, welche die Forschung um ein Bedeutendes erschweren. Das Dorf Nemerow oder Nimirow am See Tollenze, nicht weit von der Stadt Stargard, gehörte zur Zeit der Wenden zum Lande der Redarier. Im Anfange der Germanisirung dieses Landes gehörte es zu den Gütern, welche im J. 1170 von dem Fürsten Kasimir von Pommern, dem damals das Land Stargard gehörte, dem Bisthume Havelberg zur Stiftung des Klosters Broda geschenkt wurden 3 ). Als im J. 1182 die Pommernherzoge das Land Stargard durch eine unglückliche Schlacht an die Markgrafen von Brandenburg verloren, büßte das Kloster Broda auch alle Güter ein, welche es im Lande der Redarier geschenkt erhalten hatte: es behielt nur diejenigen, welche im späteren Gebiete der Herren von Werle lagen 4 ). Wiederholte Confirmationen nützten dem Kloster, das gewaltsam aus dem Besitze gedrängt war, nichts; die Markgrafen behielten die Güter, als Kriegsbeute, für sich zum Eigenthume. Während des 13. Jahrhunderts blieb das Land Stargard bei der Mark Brandenburg; mit dem 14. Jahrhunderte kam es durch das


1) Vgl. Jahrb. II, S. 51 flgd.
2) Vgl. Jahrb. II, S. 51 flgd. und III, S. 23.
3) Vgl. Jahrb. III, S. 15, 17, 24, 199.
4) Vgl. Jahrb. III. S. 26 flgd., wo diese Verhältnisse genauer dargestellt sind. Riedels Bemerkung (Mark Brandb. I, S. 457), daß das ursprünglich dem Kloster Broda verliehen gewesene Nemerow ein anderes gewesen sein oder das Kloster den Ort wieder an die Landesherrschaft veräußert haben müsse, stellt sich hiernach als nicht mehr richtig dar.
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Aussterben der brandenburg=stargardischen Linie und durch die Vermählung des meklenburgischen Fürsten Heinrich des Löwen mit der brandenburgischen Prinzessin Beatrix an das Haus Meklenburg.

Während des 13. Jahrhunderts war die Feldmark Nemerow getheilt 1 ) worden. Der cultivirtere Theil war zu einem Rittersitze umgeschaffen und hieß Groß=Nemerow; auf den waldigeren, wenn auch schöneren Theil waren die Ueberreste der wendischen Bevölkerung zurückgedrängt, welche hier ein Dorf, Wendisch= oder Klein=Nemerow, bewohnten; neben diesem wendischen Dorfe entstand während der Cultivirung des Bodens ein Hof Nemerow 2 ). Um dem hart mitgenommenen Kloster Broda etwas aufzuhelfen, schenkten die Markgrafen Otto und Albert von Brandenburg demselben am 10. April 1273 das Dorf Wendisch=Nemerow, wie sie es bis dahin besessen hatten 3 ). Bei der Stiftung der Comthurei Nemerow im J. 1298 besaß aber die Familie von Warburg sämmtliche Güter Nemerow als Lehngüter 4 ). Hiernach scheint die Schenkung der Markgrafen an das Kloster Broda nicht viel mehr werth gewesen zu sein, als die pommersche Confirmation der ersten Verleihung. Das Kloster Broda hatte zwar vor dem 15. Aug. 1306 das Dorf Klein=Nemerow nebst den Dörfern Mechow und Küssow an das Kloster Wanzka verkauft 5 ), aber es ist keine Spur weiter davon vorhanden, daß die Comthurei Nemerow seit 1298 je aus dem Besitze eines Theils von Nemerow gekommen sei. Wahrscheinlich mußten die beiden Klöster der begünstigten Comthurei weichen oder sie verglichen sich mit dieser über Ansprüche, welche vielleicht nicht bedeutend waren, wenn nicht das


1) Vgl. Urk. Nr. III.
2) Auch bei Rostock lag ein Nemerow, welches die Stadt Rostock im J. 1275 ankaufte; vgl. Franck A. u. N. M. V. S. 58. Franck giebt den Namen in der Form Nemezow; aber das rostocker Original=Stadtbuch von 1277-1284 nennt es Nemerow, wenn es sagt:

"Meychildis relicta Pulleman vendidit Hermanno de Papendorp molendinum iuxta Nemerowe, sicut suum fuit et illud sibi racionabiliter coram consilio resignauit",

und,

Pactus in Nemerov VIII mr."

3) Vgl. die Schenkungs=Urkunde Jahrb. III, S. 217.
4) Vgl. Urk. Nr. III.
5) Vgl. Urk. Nr. X. Dieser Verkauf muß vor dem J. 1303 geschehen sein. Derselbe Propst Walwan von Broda bekennt mit seinem Convent am 20. Febr. 1303 zu Neu=Brandenburg, daß der verstorbene Propst Ekbert von Broda die Besitzungen seines Klosters in Küssow und Mechow dem Kloster Wanzka abgetreten habe. (Original=Urk. im schweriner Archive). Auffallender Weise ist in dieser Urkunde von dem Dorfe Nemerow nicht die Rede; die Urkunden des KlostersWanzka reden auch nicht weiter von Nemerow.
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an Broda abgetrennte Gut Nemerow ein anderes wendisches Nemerow am südlichen Ende von Gr. Nemerow war, wo das Kloster Wanzka (bei Nonnenhof) Besitzungen hatte; es ist aber glaublich, daß die Rechte der Klöster an dem Gute nicht bedeutend waren, da das Kloster Wanzka im J. 1290 bei seiner Stiftung auch das Dorf Mechow mit 64 Hufen und in Küssow 8 Hufen erhielt und dennoch darauf die Güter von dem Kloster Broda kaufte. Es müssen hier, wie dort, untergeordnetere Verhältnisse zum Grunde liegen, die wir nicht mehr kennen.

Der Stifter der Johanniter=Comthurei Nemerow war der Ritter Ulrich Swabe oder Swave 1 ), aus einem alten Geschlechte, das aus Schwaben stammte. Schon bevor er in den Orden trat und auch als Comthur, hatte er dem Margrafen Albert von der stargardischen Linie sehr angenehme Dienste geleistet und der Fürst hatte ihn stets fest und treu befunden 2 ); nach dem Tode Alberts besaß er (vir honorabilis, famiharis nobis specialiter et dilectus) 3 ) nicht minder des Markgrafen Hermann Liebe und Dankbarkeit, um so mehr, da er im J. 1302 als Comthur dessen geheimer Rath (secretarius) war 4 ), und auch der Fürst Heinrich von Meklenburg wandte ihm (viro prediscreto nobis sincere predilecto domino Ulrico dicto Swaf) 5 ) seine ganze Liebe zu. Schon im J. 1292 ist er in einer zu Lichen ausgestellten Schenkungsurkunde des Markgrafen Albert für das Cistercienser=


1) In den Urkunden der Comthurei Nemerow und früher wird sein Name immer Ulricus Swaf geschrieben. Er gehörte unzweifelhaft zu dem Geschlechte der Schwabe, welches noch im 16. und 17. Jahrhundert in Pommern existirte (z. B. Bartholomaeus Schwabe in Sell's Pomm. Gesch. III, S. 434; Oswald Schwabe in Hainhofer's Reise=Tagebuch S. 35); daher vidimirt er selbst Ostern 1315 eine Urkunde zu Worthinborch unter dem Namen "frater Olricus dictus Swawe commendator hosp. "S. Johannis Jerosol. de Nemerow", (Orig.=Urk. im schweriner Archive) und im J. 1318 schließt der Comthur Paulus Von Mutina von Erfurt zu Cremmen einen Vertrag "mit rade - - der cummendur - bruder "Ulricus des swawis tu Gardowe unde tu Nemerowe (Höfer's deutsche Urk. S. 125) Im J. 1342 war Margarete de Swaune Aebtissin des Klosters zu Wanzka. Die Swaben bilden eine alte adeliche Familie, die im 13. Jahrh. aus Schwaben nach Pommern gekommen sein soll; vgl. Balt. Stud. II, 1, S. 48, 51, 76. Schon im J. 1264 kommt Nicolaus miles dictus Schwaff zu Itzehoe vor (vgl. Westph. Mon. II, p. 44) und um die Mitte des 14. Jahrh. erscheinen zu Pretz in Holstein zwei ganze Generationen von Rittern und Knappen Swaf, welche in Holstein ansässig waren; vgl. Schlesw. Holst. Lauenb. Urk. I, S. 248 u. 249. Schröder in P. M. S. 817 macht aus Ulricus Swaf - Fridericus Swaß, und Riedel in Mark. Brand. I, S. 421 u. 458 nennt den Stifter der Comthurei zu Nemerow wiederholt Ulrich Schwarz, wozu freilich die schlechten Urkunbenabdrucke verleiten konnten.
2) Vgl. Urk. Nr. III.
3) Vgl. Urk. Nr. VI.
4) Vgl. Urk. Nr. VII.
5) Vgl. Urk. Nr. VIII.
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Nonnenkloster Wanzka der erste Ritter im Gefolge des Fürsten 1 ). Wahrscheinlich war er der Mann, der alle wichtigen Verhandlungen zwischen Meklenburg und Brandenburg und im brandenburgischen Fürstenhause, z. B. bei dem Aussterben der stargardischen Linie, bei der Vermählung der Beatrix, u. s. w., leitete.

Ulrich Swave war schon vor dem J. 1292 in den Johanniter=Orden getreten 2 ). Er ward bald Comthur zu Braunschweig 3 ) und Gardow 4 ). Als solcher kaufte er für den Orden von dem Ritter Hermann von Warburg die Güter Groß=Nemerow, Klein= oder Wendisch=Nemerow und Hof=Nemerow für 630 brandenb. Pfund. Nachdem H. v. Warburg diese Güter dem Comthur vor dem Lehnsherrn ausgelassen hatte, übertrug der Markgraf sie zu Soldin am 15 Mai 1298 auf den Johanniter=Orden und befreiete sie aus besonderer Liebe zu demselben von Bede, Dienst und Heerfolge, kurz von allen Lasten, so daß der Orden unbeschränkte Herrschaft über die Bewohner der Dörfer ausüben könne; zur besonderen Ehre und Dankbarkeit bedung der Markgraf für Ulrich Swave, daß dieser für die Zeit seines Lebens Comthur für diese Güter bleibe und daß dieselben erst nach seinem Tode zur Verfügung des Ordensmeisters stehen sollten. Diese Stiftung der Comthurei Nemerow geschah bei Gelegenheit einer feierlichen Begebenheit, indem außer dem Markgrafen Albert die Fürsten Heinrich von Meklenburg, Otto von Pommern=Stettin, Nicolaus von Rostock und Nicolaus von Werle gegenwärtig waren; vielleicht feierte Nicolaus das Kind seine erste Verlobung, die mit der brandenburgischen Prinzessin Margaretha, die ungefähr in diese Zeit gefallen sein muß 5 ).

Zum Sitze der Comthurei ward der Hof Nemerow bei Wendisch=Nemerow in einer höchst reizenden und fruchtbaren Gegend auf den hohen Ufern des Tollenze=Sees erwählt. Bald ward hier ein Conventhaus und eine Kirche erbauet 6 ),


1) Vgl. Schröder's Pap. Mekl. S. 817, nach Vergleichung des Originals, in welchem Ůlricus swaf statt: Fridericus Swaß steht.
2) In der eben erwähnten Urkunde des Klosters Wanzka vom J. 1292 ist er der erste unter den Rittern, welche als Zeugen fungiren, wird jedoch frater Ulricus Swaf genannt; also war er schon damals Ordensbruder.
3) Vgl. Urk. Nr. III.
4) Ueber die Comthurei Gardow vgl. unten in einem eigenen Abschnitte.
5) Vgl. Urk. Nr. III. In dieselbe Zeit ungefähr, auf den 1. Junius 1298, fällt die Stiftung des Domstifts zu Soldin; vgl. Buchholz Brand. Gesch. V, S. 135. Das Kloster Himmelstädt ward ebenfalls ungefähr um dieselbe Zeit gestiftet.
6) Vgl. Jahrb. I, S. 24.
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welche Gebäude beide noch stehen; die Dienste leisteten die Bewohner der Dörfer Groß= und Klein=Nemerow. Nachdem dies, dem Anscheine nach, geschehen war, bestätigte der Markgraf Herman, sei es bei den noch schwankenden Verhältnissen über den Besitz des Landes Stargard als Landesherr, sei es als Schutzherr des Ordens 1 ), am 8. November 1302 die Stiftung und bestimmte sie zum Sitze eines Comthurs, für Ulrich Swave auf die ganze Zeit seines Lebens, und dreier Ordenspriester 2 ). So entstand zu Nemerow, wie zu Mirow, eine Priester= Priorei neben der Comthurei, während in der Grafschaft Schwerin die Priorei Eixen von der Comthurei Kraak getrennt blieb. Und wirklich kommt auch im J. 1392 "Martin von dem Berge" als "prior des huses S. Johannis baptistae to Nemerow" vor 3 ). Wahrscheinlich nahm das Ordenshaus mit dem wachsenden Reichthum der Stiftung mehr Brüder aus dem Priesterstande auf. In der eben angeführten Urkunde vom J. 1392 in Hacke Gesch. der Stadt Neu=Brandenburg verhandeln mit dieser Stadt außer dem Comthur und dem Prior 5 Brüder ("brödere dessuluen ordens S. Johannis vnde huses "to Nemerow") nämlich: Jacob vom Sunde, Claus Luno, Gerd Went, Henning Picht und Gerhard Lubbin.

Zunächst suchte die Comthurei die ursprüngliche Stiftung abzurunden. Im Anfange des 14. Jahrhunderts verkaufte der Fürst Heinrich von Meklenburg der Comthurei das Eigenthum eines Feldes am Tollenze=See, welches bis dahin zu den Burglehen von Stargard gehört hatte, und die stargardischen Burgmänner gaben hiezu ihre Einwilligung 4 ). Und am 19. Aug. 1355 verkaufte der Herzog Johann von Meklenburg an die Comthurei das Holz zwischen dem Holze von Nemerow, dem Holze des Burglehns von Stargard, dem See Tollenze und dem Dorfe Rowa, welches nach jüngern Aufzeichnungen die "Burgkavel" genannt ward, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten 5 ).

Das schwankende Verhältniß des Landes Stargard zu den Markgrafen von Brandenburg und den Fürsten von Meklenburg konnte für die Unterthanen nicht erfreulich sein; die Unsicherheit


1) Vgl. Jahrb. I, S. 24.
2) Vgl. Urk. Nr. VII.
3) Vgl. Hacke's Gesch. der Stadt Neubrandenburg S. 53. - Von der Stiftung der Priorei kommt es auch, daß in den Urkunden der Brüder und des Convents von Nemerow gedacht wird (vgl. Urk. Nr. XIV).
4) Vgl. Urk. IV.
5) Vgl. Urk. Nr. XIV.
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des Eigenthums beweisen die Confirmationen, die von beiden Seiten eingeholt wurden. Dieser Ungewißheit machte zwar der Wittmansdorfer Vertrag vom 15. Jan. 1304 ein Ende, nach welchem Heinrich von Meklenburg 5000 Mark Silbers für die Abtretung des Landes Stargard an die Markgrafen zu zahlen sich verpflichtet hatte; dadurch ward aber der Fürst Heinrich, dessen Schatz bei seinen vielen großen Unternehmungen nicht immer gefüllt war, in die größte Verlegenheit gesetzt, welcher er dadurch zu kehren suchte, daß er eine außerordentliche Bede ausschrieb. Er wandte sich in "seiner dringenden Verlegenheit, in die er durch die Markgrafen gesetzt" war, auch an den Comthur von Nemerow, der ihm mit freundlicher Gesinnung zur Beihülfe 40 Mark Silbers schenkte 1 ), welche der Fürst als eine freiwillige Gabe annahm und deren Zahlung er nie zur Geltendmachung eines etwanigen Rechtes gebrauchen zu wollen versprach. Dagegen versicherte er der Comthurei völlige Freiheit von Bedezahlung von ihren Gütern 2 ).

Eine interessante Erscheinung ist es, daß die nemerowschen Brüder das Patronatrecht über die Pfarrkirche der Stadt Lichen erwarben. Am 30. Jan. 1302 schenkte der Fürst Heinrich von Meklenburg der Comthurei dieses Recht 3 ) und am 14. Aug. d. J. ließ Ulrich Swave derselben das Recht von dem Markgrafen Hermann von Brandenburg bestätigen 4 ), weil dieser damals noch annahm, daß Heinrich von Meklenburg von ihm "Land und Stadt Lichen zu Lehn habe." Die Comthurei ließ nun die Pfarre sogar durch Priester ihres Ordens verwalten, wie im J. 1316: "Nicolaus presbyter, rector ecclesie in Lychen, ordinis "sancti Johannis Jherosolimitani" 5 ). Aus den Comthureigütern erhielt die Pfarre zu Lichen von dem Dorfe Dabelow jährlich einen brandenburgischen Schilling Zins von jeder Hufe 6 ).

Der Comthur Ulrich Swave lebte noch längere Zeit in seinem Wirkungskreise: Ostern 1315 war er in Dänemark zu Worthingborg, wo er mit mehreren dänischen Edlen eine Urkunde vidimirte; 1318 war er mit dem erfurter Comthur Paul von Mutina zu Cremmen. Am 24. Mai 1322 war schon Georg


1) Ueber die Schenkung der Comthurei Mirow vgl. Jahrb. II, S. 70.
2) Vgl. Urk. Nr. IX.
3) Vgl. Urk. Nr. V.
4) Vgl. Urk. Nr. VI. Nach diesen Urkunden war am 30. Jan. 1302 der Markgraf Albert schon todt; da er nun am Ende des J. 1300 noch lebte (Riedel M. B. I, S. 439), so wird er im J. 1301 gestorben sein.
5) Vgl. Jahrb. II, S. 73.
6) Vgl. Urk. Nr. XII., und Jahrb. II, S. 259.
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von Kerkow Comthur 1 ). Auf jeden Fall verdienen die Lebensumstände des Stifters der Comthurei auch für die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit hohe Beachtung.

Die Dörfer Nemerow bildeten den zusammenhangenden Boden der Comthurei Nemerow. Schon früh erweiterten aber die Ritter ihre Besitzungen in der Nähe, indem sie die Dörfer Staven und Rowa erwarben und zur Comthurei legten.

Schon am 23. Junius 1303 verlieh der Fürst Heinrich von Meklenburg der Comthurei das Eigenthum von 8 Hufen in Staven, wie sie die Brüder Henning und Hartmann von Staven bis dahin besessen hatten, und schenkte ihnen dazu die Bede 2 ), die ganze Gerichtsbarkeit und alle Dienste von dem Dorfe 3 ).

Im J. 1322 erwarb die Comthurei 37 1/2 Hufen im Dorfe Staven. Der Fürst Heinrich von Meklenburg verkaufte dem Orden für 150 Mark stendalscher Münze das Eigenthum über diese Hufen und der Heermeister verschrieb mit den Comthuren von Mirow und Nemerow am 24. Mai 1322 zu Neubrandenburg dem Fürsten den Wiederkauf dieses Eigenthumsrechtes 4 ). Die Comthurei blieb jedoch im Besitze und Eigenthum dieser Hufen, da das ganze Dorf der Comthurei bis zu deren Säcularisirung gehörte. - Im J. 1356 brachte die Comthurei das Letzte an sich, was ihr von dem Dorfe Staven noch fehlte. Am Tage Martini 1356 verkaufte nämlich der Ritter Vicke von Godenswegen, mit Einwilligung seiner Söhne Heinrich, Vicke und Albrecht, dem Orden das Schulzengericht, den Krug, die fünf Seen, 9 brandenb. Pfennige von den Hufen, welche sie zu Lehn trugen, und das Kirchen=Patronat zu Staven dem Orden 5 ) und am 25. Jan. 1358 verkaufte der Herzog Johann von Meklenburg der Comthurei die landesherrlichen Gerechtsame an diesen Gütern in Staven, nämlich das Eigenthum von 9 1/2 Hufen, von welchen der Schulze 4 im Besitz hatte, und von dem Kruge, den Vicke von Godenswegen zu Lehn getragen hatte, alle Gerichtsbarkeit, Bede und Dienste, für 201 1/2 Mark und 40 Pfennige, unter der Bedingung, daß die Brüder das Gedächtniß der Landesherren


1) Vgl. Urk. Nr. XI.
2) Die Bede ward damals getheilt in die erste oder Sommer=Bede auf Walpurgis: 12 Schillinge in leichten Pfennigen, 1 Scheffel Roggen, 1 Scheffel Gerste und 1 Scheffel Hafer von jeder Hufe, - und die letzte oder Winter=Bede auf Martini: 24 Schillinge in leichten Pfennigen, 2 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Gerste und 2 Scheffel Hafer von jeder Hufe.
3) Vgl. Urk. Nr. VIII.
4) Vgl. Urk. Nr. XI
5) Nach einem alten Urkunden=Inventarium im schweriner Archive.
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feierten 1 ). - Dies sind im Ganzen 55 Hufen, welche die Ritter zu Staven erwarben; zur Zeit der Säcularisirung hatten die Bewohner des Dorfes noch 52 Hufen unter dem Pfluge und die Pfarre besaß 4 Hufen.

Ferner erwarb die Comthurei das Dorf Rowa, welches an den Grenzen derselben liegt. Dieses Dorf hatte der Fürst Heinrich von Meklenburg am dritten Sonntage nach Martini (26. Nov.) 1318 an die Stadt Neubrandenburg verkauft 1 ). Diese Stadt verkaufte das Dorf wieder an die Comthurei Nemerow und der Herzog Johann von Meklenburg bestätigte am 4. Jan. 1356 den Verkauf dieses ganzen Dorfes mit aller Gerichtsbarkeit, Bede und Freiheit, wie die Stadt dasselbe besessen hatte, ohne irgend eine Last 2 ).

Die Comthurei Nemerow bestand also aus dem Hofe Nemerow mit dem Ordenshause und aus den ganzen Dörfern Groß=Nemerow, Klein=Nemerow, Rowa und Staven mit allen Rechten und Freiheiten.

Außerdem hatte die Comthurei noch einige Gerechtsame, von denen die Lehnsherrlichkeit der Fischerei auf dem Tollenze=See die wichtigste ist. So dunkel und häufig angefochten die Fischerei auf diesem See ist, so dunkel ist das Recht der Comthurei darüber. Es ist bisher nichts weiter darüber bekannt geworden, als was Hacke in seiner Geschichte der Stadt Neubrandenburg darüber S. 52 sagt:

"Die Comters zu Nemerow machten den Brandenburgern das alleinige Eigenthumsrecht der Fischerei auf der Tollense auch streitig; dieser Zwist wurde aber 1392 unter ihnen dadurch verglichen, daß die Brandenburger den Rittern die Ehre erzeigen mußten, die Fischerei auf der Tollense bei ihnen zu Lehn zu suchen, laut Reverses des Herrn Comters zu Nemerow wegen der verlehnten Fischerei auf der Tollense Anno 1392."

Ferner hatte die Comthurei ein Patronat, wahrscheinlich von Neuenkirchen, indem es in einem Urkunden=Protocolle aus dem 16. Jahrhunderte heißt:

"Die zu Ilfeldt vnd Kloxin haben einen hoff zur Pfarr gelegen, daruon der Pfarrherr die zinse, die Ilfelder aber die straffen nehmen, hinkegen hat der Comther vnd das haus Nemerow einen


1) Nach einem alten Urkunden=Inventarium im großherzogl. Archive zu Schwerin.
1) Nach einem alten Urkunden=Inventarium im großherzogl. Archive zu Schwerin.
2) Vgl. Urk. Nr. XV.
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Pfarherr zu verordnen macht, mit dem die Ilfelder zuefrieden sein müßen."

Der Antheil an den "Vipperowschen Wassern" der Müritz, welche am 20. December 1330 den Comthureien Mirow und Nemerow zusammen verschrieben wurden 1 ), muß in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, bei den Güter=Regulirungen zwischen beiden genannten Comthureien, an die Comthurei Mirow übergegangen sein.


Der Comthureihof Nemerow

liegt hart am Ufer des Tollenze=Sees auf hohem Gestade, vielleicht in der schönsten Gegend des strelitzer Landes, die überhaupt zu den reizendsten der Ostseeländer gehören dürfte; die Aussicht auf den See und die hohen waldbewachsenen Ufer, namentlich nach Neubrandenburg und dem Kloster Broda hin, ist wahrhaft entzückend. Der mit Laubholz geschmückte Boden ist äußerst fruchtbar, da nicht allein alle Feldfrüchte gebauet werden können, sondern auch im hohen Grade üppig und fruchtreich gedeihen. Dazu ist das Feld ungemein quellenreich; die ganz in der Nähe des Hofes aus den zerklüfteten Waldhügeln hervorstürzenden Quellen sind so stark, daß sie vereinigt sehr bald die nemerowsche Mühle treiben; überdies sind die Quellen verschiedenartig mineralhaltig und "sollen" die wirksamsten von allen Quellen in beiden Großherzogthümern Meklenburg sein.

Von den Comthurei=Gebäuden ist nicht viel übrig, jedoch noch mehr, als von den andern Comthureien im Lande. Es war zu Kl. Nemerow am 11. August 1836 noch Folgendes vorhanden.

Der neuere Wohnsitz des Comthurs stand an der Stelle des jetzigen Pächterhauses. Im J. 1655 stand dort:

"Ein altes haus vngefehr von 10 gebinden, ist vbell gebawet vnd sehr zerfallen, darin ein back= vnd brauwhauß.
Ein newes haus hart dabey vngefehr von 9 gebinden, taugt auch nicht viel, in demselben ist eine staube vnd Kammer vnd ein stal darinnen 8 Pferde stehen konnen."

Neben dem Wohnhause steht die alte Ordenskirche, welche jetzt in eine Scheure umgewandelt ist. Sie steht hart


1) Vgl. Jahrb. II, S. 271.
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am Ufer des Sees und ist ganz aus Feldsteinen erbauet. Ein Gewölbe existirt nicht mehr. Um die Kirche zur Scheure einzurichten, ist an der langen, östlichen Seite eine Auffahrt mit einem niedrigern Dache angebauet. An dieser Seite gehen zwei im Spitzbogen gewölbte Thüren in die Kirche; außerdem sind noch einige viereckige Fensteröffnungen vorhanden. Die Kirche ist ein reines Oblongum und steht mit der schmalern Seite gegen N., mit der längern, östlichen Seite parallel mit dem See, der auch wohl diese Lage der Kirche bestimmt. Nach dem See hin hat die Kirche noch Strebepfeiler, welche aber zum großen Theile in den See gestürzt sind. Daß dieses Gebäude die Ordenskirche gewesen sei, beweisen Inventarien vom J. 1655, in denen es heißt:

"Eine scheune vor dem hause, welches eine alte kirche zuvor gewesen, darinnen man hew legen kan."

Und schon im J. 1612 heißt es:

"In der Kirche ist nichts. 2 Glocken hangen an St. Johans Kirche vor dem Thor."

Außerdem spricht dafür der ganze Bau und vorzüglich der Leichenstein von dem Grabe des Comthurs Ludwig von der Gröben, der aus diesem Gebäude genommen und mitten auf dem Hofe aufgerichtet ist. Auf demselben ist das geharnischte Bild eines Ritters in Relief ausgehauen; um her steht die Inschrift:

ANNO 1620 DEN 20 AUGUSTI IST DER WOLWÜRDIGER, EDLER, GESTRENGER UND ERNUESTER HER LUDWIG V. D. GRÖBEN DES MALTHESER ORDINIS S. JOHANNIS UND HOSPITALIS ZU HIERUSALEM RITTER, COMMENDATOR ZU NEMEROW, ALHIE SEHLIGLICH ENDSCHLAFEN ZWISCHEN 6 UND 7 UHREN VORMITTAGE UND ZUR ERDEN BESTETIGET IM GEWELBE, SEINES ALTERS IM 49 JHARE, DERO SEHLEN GODT GNEDICH IST.

An seiner linken Schulter und an einer Kette um den Hals steht ein Maltheserkreuz. An jeder Seite sind 8 Wappenschilde seiner Ahnen ausgehauen. - Auf der Rückseite der Mauer, an welcher dieser Leichenstein aufgerichtet ist, ist ein kleinerer Stein mit zwei Wappen eingemauert; unter diesen steht:

LUDOWIG VON DER GROBEN COMPTOR

und

SABINA VON BREDOW. ANNO 1605.

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Damals verheiratheten sich also auch die Comthure.

An der schmalen, südlichen Seite der Kirche, in gleicher Richtung mit derselben, steht ein anderes schmaleres und kleineres, altes Gebäude, aus großen, mittelalterlichen Backsteinen, dessen Ringmauern jetzt zum Viehstalle benutzt sind. Wahrscheinlich war dies das Conventhaus. In dem Inventarium von 1655 heißt es:

"Ein schaffstal daneben (neben der Kirche), darein werden die lemmer getriben."

Außerdem stand damals noch eine ältere Kirche auf dem Hofe; denn es heißt weiter:

"Die kirche, so auffem hoffe stehet, ist gantz. gahr zurißen, zerbrochen vnd zerfallen, daß sie gar nichts mehr tüchtig;"

worauf auch das oben angeführte Inventarium vom J. 1612 hinzudeuten scheint.

 


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Die Johanniter=Comthurei Gardow,

der

Comthurei Nemerow einverleibt.


Häufig ist von der Johanniter=Comthurei Gardow oder Gartow die Rede gewesen, ohne eine bestimmte Vorstellung von der Lage derselben zu haben. Gewöhnlich glaubt man, daß diese Comthurei aus dem Städtchen Gartow im Dannebergschen bei Schnakenburg an der Elbe bestanden habe. Allerdings hat diese Annahme viel Wahrscheinliches für sich, da die Johanniterritter in dem nahen Werben eine bekannte Comthurei hatten, Crummendiek erwarben 1 ) und im 14. Jahrhunderte auch im Besitze des Städtchens Gartow waren 2 ). Es ist sogar möglich und wahrscheinlich, daß im 14. Jahrhundert eine Comthurei Gartow an der Elbe bestand, und es liegt die Annahme ziemlich nahe, daß die in meklenburgischen Urkunden vorkommende Comthurei Gardow diese gewesen sein möge, da der als Comthur von Gardow und Nemerow vorkommende Ordensbruder Ulrich Swave auch Comthur oder Prior zu Braunschweig war. Dennoch sind triftige Gründe dafür vorhanden, daß die meklenburgische Comthurei Gardow eine andere, als die danneberg=braunschweigische gewesen sei.

Im J. 1298 wird Ulrich Swave, der Stifter der Comthurei Nemerow, Comthur von Braunschweig und Gardow genannt 3 ). Nach der Stiftung der Commende Nemerow heißt er am 14. Aug. 1302 schon Comthur von Braunschweig, Nemerow und Gardow 4 ). Hier ist


1) Vgl. Gercken Fragm. march. III, p. 70.
2) Im J. 1360 verkauften die von der Schulenburg an den Orden zu Händen des Heermeisters Hermann von Warberg ihren Antheil an Gartow im Dannebergischen, und dadurch ward diese vom Kaiser Carl IV. bestätigte Commende gestiftet. Im J. 1364 confirmirte der Herzog Wilhelm von Braunschweig diesen Verkauf unter Vorbehalt des Wiederkaufes und im J. 1371 bestätigte der Herzog Magnus von Braunschweig dem Orden diesen Besitz, indem er dem Wiederkauf entsagte. Vgl. Pfeffingers Historie des Braunschw.=Lüneb. Hauses I, S. 624 flg. Im J. 1438 hatten aber die von Bülow diesen Besitz dem Orden wieder abgekauft: vgl. Schlegels Kirchen=Gesch. von Hannover III, S. 630. Jetzt ist Gartow eine gräflich=bernstorffche Besitzung.
3) Vgl. Urk. Nr. III.
4) Vgl. Urk. Nr. VI.
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es schon auffallend, daß die ältere Comthurei Gardow der jüngern Nemerow nachgesetzt wird; jene war also schon wahrscheinlich Bestandtheil der letztern geworden. In der Confirmations=Urkunde vom 3. April 1304 wird aber ausdrücklich gesagt, daß Gardow in der, so eben meklenburgisch gewordenen, Herrschaft Stargard liege: der Fürst Heinrich von Meklenburg erließ nämlich den Johanniter=Rittern von Nemerow und Gardow alle Bedezahlung von Nemerow, Gardow und den übrigen in seiner Herrschaft liegenden Gütern, wie sie zu den beiden genannten Ordenshäusern gehörten und bis auf ihn gebracht seien 1 ). Diese Worte können unmöglich von andern, als im Lande Stargard liegenden Gütern verstanden werden. Daher heißt es auch in einem Urkunden=Inventarium aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, als die Comthurei noch ungeschwächt bestand, von dieser Urkunde:

"Herzogk Heinrich bestettigt dieselben güter zue großen vnnd kleinen Nemerow und Gardow, darauf vor zeitten die Comptorei gestanden, ungefähr 2 1/2 meil von Nemerow gelegen."

Diesen Ort giebt nun ein altes Inventarium vom J. 1583 über die Güter der Comthurei an, wo es bei dem Dorfe Wokuhl, nicht weit nordwestlich von Lichen, sagt:

"Wokuhl. Dazu eine wüste Feldmark Gardow. - - Die Feldmark Gardow grenzt mit Godendorf und Brakentin."

Der Johanniter=Orden hatte nämlich an der südlichen Grenze des Landes Stargard, zwischen Strelitz und Lichen, nördlich an das jüngere Kloster Himmelpfort und Stadt und Land Lichen grenzend, in abgesonderter Begrenzung die Dörfer Dabelow, Wokuhl, Gnewitz und Kl. Karzstavel, in deren Mitte der Hof Gardow lag, an dessen Stelle jetzt der jüngere Hof "Comthurei" liegt, nahe bei den Seen Groß= und Klein=Gardow. Hiedurch wird es auch erklärlich, daß der Comthur von Nemerow und Gardow das Patronat über die Pfarrkirche der Stadt Lichen erhielt 2 ). Seit


1) Vgl. Urk. Nr. IX.
"Damus eisdem fratribus ("sacre domus hospitalis Jerosolimitani de Nemerowe et de Gardowe") nunc presentibus et futuris bona in maiori Nemerowe etins lauicali Nemerowe necnon in Gardeowe et cetea bona in dominio nostro sita, ad iam dictas duas domos pertinencia, sicut ea ad nos perduxerunt, per nos et nostros heredes seu successores a precaria libera et exempta."
2) Vgl. oben S. 34.
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dem Anfange des 16. Jahrh. lag aber der Hof Gardow wüst bis auf die neuern Zeiten.

Der Comthur Joachim von Holstein (1552-1572) that zuerst den Acker des Gutes an die Bauern von Wokuhl zur Pacht aus. Dies beweisen die Beschwerden des Comthurs L. v. d. Gröben vom J. 1611, in denen es heißt:

"Die Heidtdörfer vndt erstlich den Hoff vndt die Feldtmarcke Gerdow betreffende, dauon gebrauchet der Schultze vndt Krüger zur Wohkuel den Hoff=Acker, dafur thuen dieselben eine Außrichtunge, wan vndt so offte Sie auff die Heide kommen; den andern Acker aber gebrauchen die Wohkulischen Pawren, welche dafur der Comptorey einen Wiespel Rogken geben, welchen obgedachten Hoff vndt allen andern Acker ihnen den Wohkulschen von Joachim Holstein eingethaen worden, da doch dieselben der Comptorey daß gantze Jahr vber nur mit drey Fuhren dienen, wan sie zusammenspannen, dieweiln also solches der Comptorey wenig zu nutzen kompt, aber dajegen der ort also beschaffen, daß daselbst eine Schefferey oder Viehoff fuglich woll gelegtt werden konne."

Noch am 26. Febr. 1718 heißt es 1 ): "Die sogenannte alte Comterei im Ambte Nehmerow ist eine wüste Feldmark zwischen Wokuhl, Brüggentin, Dabelow und Godendorf belegen."

Die Geschichte dieser Güter bedarf jetzt einer besondern Darstellung und einer neuen Mittheilung der Urkunden, obgleich sie schon bei der Geschichte der Comthurei Mirow in Jahrb. II, S. 64 und 73 berührt ist. Am 13. März 1285 schenkte der Markgraf Albert von Brandenburg dem Johanniter=Orden das Eigenthum des Dorfes Gnewetiz 2 ) und am 17. Dec. 1286 das Eigenthum der Dörfer Dobelow und Kl. Karzstavel 3 ), welche bis dahin Lehngüter gewesen waren, und übergab sie zu Händen der Comthurei Mirow. Gnewetiz ist das Dorf Gnewitz, Dobelow das Dorf Dabelow. Das Dorf Karzstavel existirt nicht mehr; es lag nach den Stiftungs=Urkunden des im J. 1299 gestifteten Klosters Himmelpfort zwischen der Stadt Lichen und dem Dorfe Dabelow, wie noch


1) Nach einem Berichte des Amtmanns Mühlpfort zu Strelitz nach gütiger Mittheilung des Herrn Hofraths Bahlcke zu Neu=Strelitz.
2) Vgl. Urk. Nr. I.
3) Vgl. Urk. Nr. II.
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jetzt der Kastavische See die Grenze zwischen den Ländern Meklenburg=Strelitz (Stargard) und Lichen (zur Ukermark) bildet. Schon vor der Stiftung der Comthurei Nemerow (1298) und des Klosters Himmelpfort (1299) war zu diesen Gütern die Feldmark Gardow gekommen und aus allen diesen Gütern eine Commende gebildet, mit welcher Ulrich Swave belehnt ward.

Das Gut Gardow kam wohl als Ersatz für das Gut Karzstavel an die Comthurei, da dieses Dorf zum Kloster Himmelpfort gelegt ward, in dessen Besitzungen es auch untergegangen ist. Die Comthurei Mirow besaß aber im Anfange des 14. Jahrhunderts die Güter der Comthurei Gardow nicht mehr, da derselben sowohl Nicolaus von Werle am 18. Jan. 1301 1 ) nur die Güter Mirow, Gramzow, Peetsch, Lenst, Fleth, Roggentin, Loissow und Garz, als auch Heinrich von Meklenburg am 15. Aug. 1303 2 ) und am 3. April 1304 3 ) nur die Güter Mirow, Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth und Repent bestätigte. Die letztere Urkunde vom 3. April 1304 beweiset wiederum die abgetrennte Existenz der Comthurei Gardow, da sonst der Fürst Heinrich der Comthurei Mirow die Comthurei Gardow, d. h. die Güter Gardow, Dabelow und Gnewitz bestätigt haben würde; statt dessen bestätigte er sie unter demselben Datum dem Comthur von Nemerow. - Bald darauf muß der Orden noch das Dorf Wokuhl dazu erhalten haben 4 ); denn am 10. October 1337 schenkte der so eben volljährig gewordene Fürst Albrecht von Meklenburg, für sich und seinen unmündigen Bruder Johann dem Orden, bei seiner ersten Reise in das Land Stargard den Brüdern das Eigenthum und den Grundzins von den Dörfern Wokuhl, Gnewitz und Dabelow, wobei er jedoch den Zins von Dabelow zur Pfarre von Lichen legte, die aber wiederum dem Orden gehörte.

Der Fürst machte diese Schenkung dem Orden im Allgemeinen, ohne eine bestimmte Comthurei zu nennen. Damals ungefähr, nach dem Tode des Ulrich Swave, wird die Comthurei Gardow der Comthurei Nemerow incorporirt worden sein, was um so paßlicher war, da beide Comthureien sämmtliche Güter des Ordens im Lande Stargard in sich faßten.

Seit dieser Zeit verschwindet die Comthurei Gardow aus der Geschichte der Comthurei Mirow, wenn auch das


1) Vgl. Jahrb. II, S. 242.
2) Vgl. Jahrb. II, S. 247.
3) Vgl. Jahrb. II, S. 248.
4) Vgl. Urk. Nr. XII.
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Dorf Gardow noch im J. 1493 neben Nemerow und Dabelow genannt wird, und kommt nur als Bestandtheil der Comthurei Nemerow vor. Im Inventarium von 1641 wird ausdrücklich gesagt, daß die Feldmark Gardow unmittelbar zur Comthurei gehöre und nicht zum Hufenschlag von Wokuhl. Die Güter der ehemaligen Comthurei Gardow, welche im 16. Jahrhunderte die Haidedörfer genannt werden, waren aber nach Inventarien aus dem 16. Jahrhunderte:

1) Dabelow mit der wüsten Feldmark Brüggentin, welche nordöstlich an Dabelow grenzte und zwischen Dabelow, Gardow, Wokuhl, Gnewitz und den Seen Linow und Brüggentin (nach der Ukermark hin) lag; der Hof Brückentin war am Ende des 17. Jahrhunderts aufgebauet;

2) Wokuhl mit der wüsten Feldmark Gardow, welche zwischen Wokuhl, Brüggentin, Dabelow und Gudendorf lag; jetzt steht an der Stelle desselben der Hof Comthurei;

3) Gnewitz, östlich an Brüggentin und Wokuhl grenzend;

4) Gudendorf, westlich an die Feldmarken von Dabelow und Gardow grenzend; dieses Dorf hieß früher Minnow:

"Minnow, tho diser tidt (1583) Godendorf geheten 1 )."

Dazu gehörte später die Feldmark Dreffin:

"(1583) haben diese Pauern (von Gudendorf) semptlich ein wüste feltmarkt Dreffin genannt, so nach Strelitz belegen, zur huer."

Bemerkenswerth ist in Beziehung auf diese Besitzungen noch das Grenzverhältniß zum Kloster Himmelpfort. Dieses grenzte mit seinen Besitzungen an die nemerowsche Comthurei Gardow, und die Grenzen beider Stiftungen bildeten zugleich die nördlichen Grenzen des ukermärkischen Landes Lichen gegen das Land Stargard. Bei der Stiftung und bei der Confirmation im J. 1305 durch den Fürsten Heinrich von Meklenburg erhielt das Kloster Himmelpfort im Lande Stargard 100 Hufen, nämlich die Dörfer Neddemin und Warbende, und 10 Hufen in Vlatow, und im Lande Lichen die Dörfer Karstavel, Gr. Thimen, Kl. Thimen, Garlin, Linow und Brusewald und alle Gewässer, die zum Lande Lichen gehörten, namentlich aber auch die Seen Dabelow, Brüggentin, Linow und Karstauel, von denen die drei


1) Vgl. Urk. Nr. XXV. Diese Urkunde ist zugleich als Lehnbrief über die eigenthümlichen Schulzengerichte im Lande Stargard merkwürdig.
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letzten in der Grenze zwischen den Ländern Stargard und Lichen liegen. Da diese Seen theils ganz, theils zum Theil von dem Gebiete der Comthurei umschlossen waren, so gab ihr Besitz Veranlassung zu langwierigen Streitigkeiten, welche endlich am 9. Julii 1480 durch die Herzoge Magnus und Balthasar von Meklenburg dahin beigelegt wurden, daß das Kloster Himmelpfort in den ungestörten Besitz der Seen Dabelow, Brüggentin und Linow gesetzt ward 1 ), wie die ältesten Urkunden dem Kloster denselben verliehen hatten. Jedoch wollte der Johanniter=Orden dem Kloster die Seen im Anfange des 16. Jahrh. wieder streitig machen.

 



1) Vgl. Urk. Nr. XX.
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Die Comthurei Nemerow bestand also aus folgenden Gütern :

Comthurei=Hof Klein=Nemerow.

a. Comthurei Nemerow:

1) Groß=Nemerow.
2) Klein= oder Wendisch=Nemerow.
3) Rowa.
4) Staven.

b. Comthurei Gardow, Nemerow einverleibt, unter dem Namen der Haidedörfer:

5) Gnewitz.
6) Dabelow mit der wüsten Feldmark Brüggentin.
7) Wokuhl mit der wüsten Feldmark Gardow.
8) Gudendorf (früher Minnow genannt).

Alle Güter mit Eigenthumsrecht und aller Freiheit und Gerechtigkeit.

 


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Die Comthurei Nemerow hatte sich im 14. Jahrhunderte vollständig gebildet. Im 15. Jahrhunderte scheint ihr Dasein dem ruhigen Genusse zugewandt gewesen zu sein, da kaum viel mehr vorkommt, als die Namen einiger Comthure. Am Ende des 15. Jahrh. begann der Heermeister zu Sonnenburg mit den Herzogen von Meklenburg einen langwierigen Proceß, der schon in den Jahrbüchern, Jahrg. I, S. 17 flgd., dargestellt ist und der vorzüglich die Comthureien Nemerow und Kraak und die Priorei Eixen betraf. Die Commenden Kraak und Eixen gingen, wenn auch nicht in Folge, doch in Veranlassung dieses Processes unter, jene im J. 1533, diese im J. 1552. Für die Comthurei Nemerow blieb der Heermeister siegreich, bis die unwiderstehliche Macht des westphälischen Friedens im J. 1648 der Stiftung ein Ende machte; bis dahin aber giebt die Existenz der Comthurei Nemerow mehr als irgend eine andere Stiftung im Lande ein lebendiges Bild von dem zähen Festhalten der altkatholischen Institutionen, gleichviel ob die Verwaltung einen Genuß verdiente oder nicht.

Die nächste Veranlassung zum Streite gab der Besitz der Mühle zu Wesenberg nach dem Tode des Herzogs Albrecht VI. und dessen Gemahlin Catharine im J. 1483. Die Mühle mit Zubehör war ursprünglich fürstliches Besitzthum gewesen 1 ). Im J. 1355 am Tage vor Elisabeth erhielten Busso von Dolle zu Neddemin, Busso von Dolle zu Arnsberg und Busso von Dolle der Lange die Mühle zu Wesenberg mit 40 Morgen (partes siue mensuras) Ackers von dem Herzoge Johann zu Lehn. Am 4. Jan. 1361 ging dieses Lehn auf den Johanniter=Orden, und namentlich auf die Comthurei Mirow, über, indem die v. Dolle es vor dem Lehnsherrn aufließen und dieser es durch Verkauf für 240 Mark Vinkenaugen auf den Orden übertrug. Es gehörte damals zu der Mühle und dem Mühlenacker noch das Recht des Fisch= und Aalfanges auf dem Woblitz=See und das unbeschränkte Stauungs= und Baurecht an der Mühle und dessen Dämmen und Wehren. Der Johanniter=Orden verkaufte nun am 9. Nov. 1376 auf einem Ordenstage zu Quartzan für 300 Mark brand. die Mühle an die Brüder Wedege und Henning Plate, als ein Erblehn zu gesammter Hand, behielt sich jedoch die Lehns=


1) Ueber diese Mühle giebt es nur eine Urkunde, welche unten mitgetheilt werden soll. Die Geschichte derselben läßt sich aber aus einer Relation aus dem Ende des 15. Jahrh. entnehmen.
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herrlichkeit vor 1 ). Dies konnte der Orden nicht mit Recht, da der oberlehnsherrliche Consens der Fürsten nicht ertheilt ward, auch wohl dem Orden nie das unbeschränkte Eigenthumsrecht, also auch nicht das Verleihungsrecht geschenkt war. Die Plate blieben, als Vasallen der Herzoge von Meklenburg, im Besitze der Mühle zu Wesenberg und der Fischereigerechtigkeit auf dem Woblitz=See, wozu sie noch den Pfandbesitz der Burg, Stadt und Vogtei Wesenberg erworben hatten, bis der Letzte der Linie, Joachim Plate 2 ), ungefähr um das Jahr 1460 ohne männliche Leibeserben starb und das gesammte wesenbergische Lehn an die Landesherren, als Lehnsherren, zurückfiel. Der Orden machte damals und späterhin keine Ansprüche, vielmehr blieb der Herzog Heinrich II. von Stargard und dessen Sohn Ulrich im ruhigen Besitze der Mühle. Der Herzog Ulrich verschrieb Wesenberg mit der Mühle seiner Gemahlin Katharina zum Leibgedinge. Nach dem Aussterben der stargardischen Linie ging das Eigenthum an das schwerinsche Fürstenhaus über; der Herzog Heinrich IV. besaß es ruhig und hinterließ es seinen Söhnen von denen es der älteste, Albert, wiederum seiner Gemahlin Catharine zum Leibgedinge verschrieb. Die beiden ältesten Söhne Heinrichs, Albrecht und Johann, starben, und Magnus und Balthasar waren, nach dem Tode Albrechts und seiner Gemahlin im J. 1483, im alleinigen Besitze. Bis dahin hatte der Orden geschwiegen; jetzt erhob er plötzlich seine Stimme und machte Ansprüche, welche wenigstens sehr zweifelhaft waren.

Heftiger noch, als über die angebliche Entziehung der wesenberger Mühle klagte der Orden über die widerrechtliche Auflegung einer großen Menge von Lasten aller Art aus den Comthureidörfern. Lieset man die Urkunden der Comthurei genau, so läßt sich nicht leugnen, daß diese ihre Güter völlig frei von allen Lasten, namentlich von Beden und Diensten, erhalten hatte. Während sich aber gegen das Ende des 15. Jahrh. die ganze Gestaltung der Staatsverfassungen umzuwandeln begann, entstanden manche neue Auflagen, von denen im 13. Jahrh. freilich nicht die Rede gewesen war; das Ansehen der Landesherrschaft stieg, während Ritterschaft und Geistlichkeit erschlafften: es fehlte die Opposition und die Landesherrn erlaubten sich manches, was früher mit Gewalt abgewehrt


1) Vgl. Urk. Nr. XVII.
2) Joachim Plate kommt 1430-1458 vor und starb während der Regierung des Comthurs Bernhard von Plessen von Mirow, 1455-1468. Wahrscheinlich war dieser Plate oder Plote im Besitze von Rheinsberg, wovon er im J. 1444 ein Drittheil an Hans Restorf verpfändete. Schon im J. 1418 saß Wedeghe Plote, vielleicht Achims Vater, auf Rheinsberg.
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worden wäre. In Beziehung auf die Comthurei Nemerow machten die Fürsten vorzüglich ihr landesherrliches Recht zur Grundlage neuer Forderungen. Die alten Urkunden wurden am Ende des Mittelalters nicht recht mehr benutzt, und dazu lagen die Urkunden der Comthureien wohl eingepackt in dem Ordens=Archive beim Heermeister; gewiß ist, daß die Fürsten über die Vorrechte der Comthurei nicht durch schriftliche Zeugnisse belehrt waren: und so erlaubten sie es sich wohl, von den Comthureigütern Leistungen zu fordern, die damals unmittelbar mit der Landeshoheit in Verbindung standen, und die auch von den befreieten Klöstern gethan wurden. Dahin gehörten die beschwerlichen Ablager für die Reisen der Fürsten und ihres Gefolges, die Naturallieferungen bei den fürstlichen Jagden; Roßdienst und Landfolge begehrten die Fürsten, weil die Comthure Ritter waren; - und da die Comthure immer nachgaben, so zahlten sie endlich auch Beden von ihren Gütern, die allerdings bedefrei waren. Dies hatten die Comthure selbst versehen. Da ihre kirchliche Kraft aber erschlaffte und die Herzoge es als ein Recht begehrten, daß die Comthure als Räthe bei den Herzogen in unentgeltlichen Dienst träten, so mag ihnen der Widerstand freilich wohl schwer geworden sein. Daher kam es denn auch, daß Achim Wagenschütte, der zugleich Comthur zu Mirow und Nemerow war und bei den Herzogen in Rathspflicht stand, am 5. Jan. 1474 die Bede aus seinem freien Dorfe Groß=Nemerow, des Betrages von 100 Mark Vinkenaugen, von dem Herzoge Heinrich für ein Darlehn zu Pfande nahm 1 )! Nach solchen Vorgängen mußten freilich die Herzoge glauben, daß sie ein unbezweifeltes Recht an allen landesüblichen Abgaben von den Comthureidörfern hätten und dazu ward die Auszeichnung der geistlichen Stiftungen durch den persönlichen Verkehr mit den Fürsten eine Last, die kaum zu tragen war, vorzüglich als die Feld= und Forstwirthschaft sank und der Ertrag der fetten Güter unglaublich geringe ward. Ja dies ging am Ende so weit, daß im Jahre 1619 der Comthur den Herzogen vorrechnete, er habe jährlich noch 211 fl. und etliche Schillinge zuzubezahlen!

Als nun die Last beschwerlich zu werden anfing und die Abgaben sich häuften, erhob der Orden, unter dem Heermeister Georg von Schlaberndorf, im Jahre 1493 Beschwerde und ließ endlich vor dem päpstlichen Stuhle seine Klagen erschallen. Die der Comthurei aufgebürdeten Lasten, welche aus den noch vor=


1) Vgl. Urk. Nr. XIX.
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handenen Registern 1 ) zu ermessen sind, waren wirklich nicht unbedeutend. Aber dennoch brachten die Herzoge es durch Sachwalter, wie Peter Wolkow und Zutpheldus Wardenberg, dahin, daß nach achtzehnjährigem Streit am 5. Julii 1514 der Orden mit seinen Ansprüchen abgewiesen und in die Kosten verurtheilt ward 2 ). Der tragische Untergang der Comthurei Kraak erregte neuen Streit 3 ). Bei dieser Gelegenheit kamen die Herzoge im Jahr 1534 mit ihren Ansichten zum ersten Male klar zum Vorschein, daß nämlich die Fürsten das alte Recht hätten, bei Erledigung einer Comthurei einen tüchtigen Mann vom eingebornen Adel zur Einweisung vorzuschlagen, damit sie ihn als Rath gebrauchen könnten; deshalb grade seien die Comthureien, deren Ordenspatrone im Lande sie seien, gestiftet, und es sei ein Mißbrauch, daß in neuern Zeiten fremde Personen eingeschwärzt würden, welche die Comthureien ausplünderten und die Leute schindeten; Steuern anzulegen, sei unbezweifeltes Recht der Landesfürsten 4 ). Diese Aeußerungen, welche fortan die Hauptgrundlage aller Verhandlungen wurden, zeigen klar die Gesinnungen der Fürsten, mit der Entwickelung der Reformation das weltliche Wohl der Unterthanen zu fördern und das im Verderben begriffene und übel angewandte Kirchengut zur Hebung ihrer Diener und Familienglieder für rein politische Zwecke, namentlich seit Entwickelung des Staatsgrundsatzes der Primogenitur, zu benutzen.

Die Reformation nahm in Meklenburg ihren ruhigen, aber festen Gang. Als endlich die "Abgötterei" in den bevorzügten Stiftern kein Ende nehmen wollte oder die geistlichen Herren die verarmten oder verödeten Stiftungen feige verließen, hob der kräftige und einsichtsvolle Herzog Johann Albrecht I. sie im Jahre 1552 zum größten Theile auf. Bei dieser Gelegenheit nahmen die Johanniter=Priorei Eixen 5 ) dem Wesen und die Comthurei Mirow 6 ) der Form nach ein Ende.

Von allen katholischen Stiftungen im Lande wehrte sich die Comthurei Nemerow am längsten gegen die weltliche Macht und giebt ein lebendiges Bild von dem Uebergange der ältern Verhältnisse zu einem neuen Zustande.

Im Jahre 1545 hatte der Herzog Albrecht den Joachim Queiss für den Todesfall des als fehdelustig und ränkevoll geschilderten Aschwin von Kramm zur Comthurei empfohlen,


1) Vgl. Beilagen Nr. 1. 2. 3. 4.
2) Vgl. Jahrb. I, S. 17-26.
3) Vgl. Jahrb. I, S. 27.
4) Vgl. Jahrb. I, S. 30 flgd.
5) Vgl. Jahrb. I, S. 58 flgd.
6) Vgl. Jahrb. II, S. 84 flgd.
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hatte jedoch mit seiner Bitte keine Erhörung bei dem Heermeister gefunden.

Die Comthurei war im Anfange des Jahres 1552 erledigt. Da starb der Herzog Heinrich von Meklenburg und sein ältester Neffe, Herzog Johann Albrecht, ergriff auf einige Zeit allein das Steuerruder der Regierung, mit dem festen Vorsatze, der "Abgötterei" überall ein Ende zu machen. Zu gleicher Zeit sah er klar ein, daß auch seine politische Existenz durch den Kaiser bedrohet sei. Kaum war er zur Regierung gelangt, als er mit seinem Bruder Georg im März des Jahres 1552 dem Kurfürsten Moritz zuzog und durch den siegreichen Feldzug in Tyrol dem darauf erfolgenden Vertrage von Passau den "wirksamsten Nachdruck" gab. Ehe er den Feldzug eröffnete, gab er (am 29. Febr.) seinem Canzler Johann von Lucka, der ihn auf der Heerfahrt begleiten sollte, die Johanniter=Priorei Eixen, hob die beiden wichtigsten Klöster, die Cistercienser Mönchs=Feldklöster Dargun (am 6. März) und Doberan (am 7. März) auf, und begann bald darauf den Heereszug, während dessen er nach Schwerin hin die allgemeine Kirchenvisitation vom Jahre 1552 anordnete 1 ). Kurz vor seinem Abzuge hob er, nach seinem Willen, am 14. März auch die Comthurei Nemerow auf, indem er sie mit kurzen Worten seinem Lehnmann Joachim von Holstein auf Ankershagen, der ihm als Hof= und Kriegsrath diente, auf drei Jahre einthat, ohne auch nur des Ordens zu erwähnen 2 ). Als der Herzog wieder heimgekehrt war, gerieth er bald mit seinem nächstfolgenden Bruder Ulrich in Streit wegen der Landestheilung; namentlich entspann sich ein besonderer Streit wegen der Comthureien, die sie nicht länger bestehen lassen wollten und factisch aufgehoben hatten. Beide Herzoge schickten Gesandte nach Nemerow, um Besitz zu ergreifen; H. Ulrich behauptete sich in demselben und H. Johann Albrecht stand ab, indem er sich mit Kraak und Eixen begnügte. Der H. Ulrich ließ nun ein Inventarium von der Comthurei aufnehmen und verlieh sie ebenfalls dem Joachim v. Holstein, der sich an die Herzoge hing, um die Superiorität des Ordens zu umgehen und die vom Herzoge Johann Albrecht durch die unbedingte Verleihung an ihn decretirte Säcularisirung ganz wahr zu machen. Da klagte der Heermeister gegen den Herzog beim Reichskammergericht. Nun ließ sich Holstein in den Orden einkleiden und bat, durch die Fürsprache des Kurfürsten


1) Vgl. Jahrb. VIII, S. 54.
2) Vgl. Urk. Nr. XXI. J. v. Holstein war zu Wittenberg gebildet und eine Zeit lang von dem nachmaligen meklenb. Secretair Simon Leupold unterrichtet. Vgl. Jahrb. V, S. 139 flgd.
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von Brandenburg unterstützt, bei dem Heermeister um Verzeihung. Alles dies geschah, wie es scheint, ohne Vorwissen des Herzogs; durch diese Schritte wurden aber, vor der Ordensbehörde die Handlungen der Landesfürsten vereitelt. Um nicht viel Aufhebens von der Sache zu machen, war der Heermeister Thomas Runge, nachdem er im December 1552 "zehn Reuter" ohne Erfolg nach Mirow und Nemerow geschickt hatte, klug genug, dem J. v. Holstein am 17. April 1453 die Comthurei Nemerow und die Priorei Braunschweig zu verleihen und ihm die Anwartschaft auf die Priorei Goslar nach dem Ableben des Hans Rohr zu geben 1 ). Holstein that hierauf stets getreu seine Ordenspflicht, erlegte die jährlichen Responsgelder an den Heermeister und zog zum Ordens=Capital, so oft er gefordert ward. Der Herzog Ulrich, der den genauern Hergang nicht wußte, war mit der Verleihung der Comthurei an J. v. Holstein zufrieden und bestätigte am 3 Febr. 1555 den J. v. Holstein im Besitze von Nemerow 2 ), unter Reservirung der dem Fürsten gebührenden Gerechtigkeiten; Holstein war nun auch fürstlicher Rath und der Herzog erneuerte Ostern 1567 seine Bestallung zum Kriegs= und Hofrath zu Geschäften innerhalb und außerhalb Landes, wobei er ihm auch die Ablager von Nemerow abtrat. Aber es erlosch in der That mit der Verleihung an Holstein das Wesen der Comthurei, indem ihre geistliche Verfassung aufhörte, die Ordensregel wegfiel und der Bruder=Convent mangelte; die Comthurei ward weltlich 3 ) und eine Pfründe für einen fürstlichen Diener, so sehr sich auch Holstein dem Heermeister unterwarf und ihm selbst mit Rath diente 4 ).

Dieser Hergang ward für die Folge sehr wichtig. Die Herzoge behaupteten, sie hätten durch Annahme der Comthurei vor dem Vertrage von Passau (Julii 1552) dieselbe säcularisirt und durch den ruppinschen Machtspruch (vom 1. Aug. 1556) seien die säcularisirten Commenden unter ihnen getheilt. Factisch verhielt sich allerdings die Sache so: die Comthurei


1) Vgl. Urk. Nr. XXII.
2) Vgl. Urk. Nr. XXIII.
3) Auf dem Landtage vom März 1572 erklärte die Landesherrschaft:

"Es sei keine Compterei rechthengig, da Mirou; die andern seien vorm passowischen vertrag eingenommen,

und

ausgenommen Myrow, die andern alle vorm passowischen Vertrag eingezogen worden, daran nunmehr niemandt keine Forderung oder "gerechtigkeit weiter hat."

4) Unter Holsteins Regiment verlor die Comthurei auch das Haus, welches sie in der Stadt Neu=Brandenburg besaß, indem dieses im Jahr 1568 der von Schwerin dahin versetzte Prediger Joachim Kükenbieter für ein Lehn im Dome zu Schwerin erhielt, welches er abtrat.
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Nemerow war vor dem passauer Vertrage von den Herzogen vergeben, darauf auf Lebenszeit mit ihrem Rath besetzt, den sie wiederholt in Rathspflicht nahmen, und bei der Theilung der geistlichen Güter zwischen den Herzogen Johann Albrecht I. und Ulrich durch den unter Leitung des Kurfürsten von Brandenburg gefällten ruppinschen Machtspruch an den Herzog Ulrich von Meklenburg=Güstrow gefallen. Der Heermeister sah dagegen die Sache so an, daß er einen Comthur zu Nemerow habe, den er zur Erfüllung der Ordenspflicht anhielt.

Joachim v. Holstein, der ein ruhiges Regiment führte, starb im Julii 1572 mit Hinterlassung einer Wittwe. Der Herzog Ulrich war nach Dänemark gereiset und hatte die Regierung des Landes seinen heimgelassenen Räthen anvertraut. Sogleich ward den Amtleuten zu Stargard Befehl gegeben, die Comthurei einzunehmen 1 ), bis auf weitern Bescheid einen Vogt einzusetzen, jedoch fremde Habe und Holsteins Nachlaß zu schützen. Bald, am 9. August, erschienen auch Gesandte des Ordens, die beiden Ordens=Secretaire Joachim v. Hondorf und Valentin Paulin; sie gaben zuerst vor, daß sie Responsgelder holen wollten, als sie aber mit erheucheltem Erstaunen erfuhren, daß der Comthur gestorben sei, baten sie um Herberge, da sie nur sehen wollten, wie die Sache eingerichtet werde; auf ihr "freundliches und fleißiges Anhalten ward ihnen für eine kurze Zeit Herberge zu Nemerow gegönnt"; doch verschloß man ihnen das Haus. Sie begnügten sich zuerst mit allem, und als die Lebensmittel zu Nemerow beim Mangel einer Wirthschaft ausgingen, verschafften sie sich dieselben von Neu=Brandenburg, endlich aber erklärten sie, "sie würden nicht eher weichen, als bis sie von ihrem gnädigen Herrn dem Heermeister abgefordert oder mit lauter Gewalt davon geschlagen und verjaget würden; aber bevor sie wichen, wollten sie sich eher in Stücke zerreißen lassen." Jetzt gestattete der stargardische Amtmann, auf den Befehl des Herzogs Ulrich, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, ihnen nicht das geringste, nicht einmal weder Brot und Bier, noch Stroh und Hafer, und verhinderte sogar, daß sie sich für ihr Geld Lebensmittel aus der Stadt holen ließen, mit dem Hinzufügen, "das Haus Nemerow sei kein Wirthshaus". Der Herzog Ulrich wiederholte den strengen Befehl einer gänzlichen Absperrung, da er vermuthe, daß von seinem Bruder Herzog Johann Albrecht "allerhandt Practiken darunter versucht würden". Also wurden sie am 12. Sept. 1572 "nicht durch oder mit


1) Bei dieser Gelegenheit ward das vollständige Amtsbuch über die Comthurei aufgenommen, welches Beilage Nr. 4. im Auszuge mitgetheilt ist.
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"Gewalt, sondern durch den Hunger und Durst wieder von dem Hofe gejagt." Sie zogen nach Gr. Nemerow zum Schulzen, um hier des Herzogs eigenen Bescheid abzuwarten, mit dem Vorsatze, nicht eher den Grund und Boden der Comthurei zu verlassen, bis sie nach ihrem Sinne befriedigt seien. Eigentlich aber erwarteten sie den neuen Comthur in wenig Tagen "mit 30 Pferden", um ihn mit Güte oder Gewalt an die Comthurei zu weisen. Der Ritter J. v. Hondorff erklärte auch, "wenn man sich etwa bedünken lasse, sie seien zu schwach, so werde er sich zum Heermeister (Grafen Martin von Hohenstein) begeben, der wohl 300 Pferde zusammenbringen werde", um die Einweisung des Comthurs durchzusetzen. - Man sollte dergleichen Vorgänge im Jahr 1572 kaum für möglich halten. Der Orden war damals aber in bedrängten Verhältnissen. In Meklenburg waren die Comthurei Kraak und die Priorei Eixen unrettbar verloren und den Comthureien Mirow und Nemerow drohete ein gleiches Schicksal, wie jenen Stiftungen. Schuld hieran war das Regiment der letzten Heermeister Thomas Runge und Franz von Nauman (1564-1569), von denen der letztere durch Schwäche und Unredlichkeit dem Orden vielen Schaden that. Auch mit Pommern waren über Form der Huldigung und Nomination Streitigkeiten entstanden, in Folge deren der Herzog Barnim alle Ordensgüter mit Beschlag belegte. Aus dieser Noth rettete den Orden der tüchtige Heermeister Graf Martin von Hohenstein, Herr zu Schwedt (9. Jan. 1569 - 5. Mai 1609), der im J. 1571 dem Orden auch die pommerschen Besitzungen wieder gewann. (Vgl. (v. Medem) Gesch. der Stadt Schwedt in Balt. Stud. IV, 2, S. 116 flgd.)

Während der Zeit war vom Orden alles aufgeboten, um wirksame Mittel für die Erhaltung der Comthurei aufzufinden. Den Ordens=Gesandten war auch der Aufenthalt zu Gr. Nemerow verboten. Da schritt der Kurfürst Johann Georg von Brandenburg am 14. Sept. 1572 bei dem Herzoge Ulrich ein, zeigte ihm an, auf seine Fürbitte habe der Heermeister seinem Hofmarschall Georg von Ribbeck vor zwei Jahren die Anwartschaft auf die Comthurei gegeben, und bat, diesen redlichen wohlverdienten Mann aufzunehmen; der Herzog Ulrich aber hatte Nachricht, daß J. v. Holstein die Comthurei, die er in den letzten Jahren ganz abgenutzt und verwüstet hatte, an G. v. Ribbeck verhandelt habe. Der Heermeister aber protestirte am 19. Sept. mit aller möglichen Feinheit und Höflichkeit gegen das Verfahren der Regierung und entschuldigte es mit der Abwesenheit des Herzogs, mit dem Bemerken, daß die Comthurei nicht dem Herzoge, sondern dem Orden gehöre.

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Der Herzog Ulrich - schickte dagegen den Rentmeister Gabriel Brüggemann zur Administrirung der Comthurei nach Nemerow; dieser rückte auch dort ein, beeidigte sämmtliche Bewohner der Comthurei auf den Herzog Ulrich und wies die Amtleute von Stargard an die Verwaltung. Auch der Herzog Johann Albrecht I., der schon im August die Hälfte der Comthurei hatte in Besitz nehmen lassen, wandte ein Auge auf die Comthurei für seinen Sohn Johann, "der nächstens in die Comthurei Mirow eingesetzt werden sollte"; ja es erschien sogar sein Hauptmann von der Osten aus Strelitz mit dem Ordens=Secretair vor den Amtleuten zu Stargard, mit der Anzeige, der Herzog Johann Albrecht habe ihm befohlen, die Ordensgesandten in die Comthurei einzuweisen: auch gegen diese Anmaßung erließ der Herzog Ulrich den Befehl, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Gegen alles dies repräsentirte der Heermeister bei dem Herzoge Ulrich und erinnerte, daß die Entscheidung des Reichskammergerichts über die gewaltsame Aneignung der Comthureien, namentlich der Comthurei Kraak, noch nicht erfolgt sei, mit dem Vorwurfe, die Herzöge hätten sich seit 1550 bemühet, sich die Comthureien Nemerow und Kraak "zuzuhandeln", was nicht nöthig gewesen wäre, wenn sie ein besseres Recht, als er daran gehabt hätten. - Durch Vermittelung des Kurfürsten ward am letzten Tage des J. 1572 ein Tag zur Verhandlung in Wismar angesetzt. Der Kurfürst schickte seine Räthe Dr. Andreas Zoch und Hans von Kötteritz, der Heermeister den Comthur Peter Runge von Werben und den neumärkischen Syndicus Johann Beier, der Herzog Johann Albrecht I. seinen Canzler Husan und seinen Rath Andreas Mylius und der Herzog Ulrich alle seine Räthe. Der Kurfürst ließ auf Restituirung der Comthurei dringen und gestand den Herzogen nichts weiter als Ablager und Folge zu. Die Herzoge behaupteten die Possession, weil die Comthurei vor dem Vertrage von Passau "aus beweglichen und erheblichen Ursachen" eingezogen, J. v. Holstein von den Herzogen nach einem Inventarium eingewiesen sei, nach der fürstbrüderlichen Theilung die Klöster und Comthureien zwischen den Herzogen gleich getheilt und durch den ruppinschen Machtspruch ihnen zugesichert seien, so daß Kraak an den H. Johann Albrecht und Nemerow an den H. Ulrich gekommen, welcher letztere den J. v. Holstein in Rathspflicht genommen habe. Der Herzog Ulrich kenne übrigens gar kein urkundliches Recht des Ordens auf die Comthurei. Des Ordens Gesandte protestirten gegen diese Behauptungen, und - die Gesandten reisten unverrichteter Sache wieder ab.

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In einer Sitzung, welche der Herzog Ulrich persönlich mit seinen sämmtlichen Räthen hielt, ward aber anerkannt, daß der Vertrag von Passau sich wohl nicht auf die Güter erstrecke, welche "weltlichen Standes Personen" gehört hätten; man rieth daher, die Intercession des Kurfürsten beim Orden in Anspruch zu nehmen, sich die Nomination eines Comthurs und dessen Beeidigung auf Rathspflicht, so wie die herkömmlichen Leistungen vorzubehalten und hierauf eine Erklärung an den Kurfürsten abzugeben. Diese gab denn auch der wohl meinende Herzog Ulrich am 16. Jan. 1573 dahin, "daß, da die Herzoge von Meklenburg von der Comthurei Nemerow Ablager, Jagden, Folge, freie Nomination des Comthurs und Verpflichtung desselben auf Rathsdienst, also eine quasi possessio der Comthurei hätten, er in Grundlage dieser Bedingungen seine Intercession annehmen wolle, jedoch bemerken müsse, daß die Holzungen und Gebäude der Comthurei sehr verwüstet seien, und er hoffe, daß der Heermeister den Vorschlag um so eher annehmen werde". - Die Wittwe Holsteins ließ sich zu einem billigen Vergleiche willig finden, da sie bei der schlechten Bewirthschaftung der Comthurei keine Aussicht hatte, viel zu erhalten, und noch viele Responsgelder rückständig waren. Der Heermeister ging nachgebend auf des Herzogs Vorschlag ein, so viel die Abgaben und Leistungen von der Comthurei betraf; aber die Nomination des Comthurs durch den Herzog erkannte er nicht an, "da er keinem Herrn und Fürsten im Reiche dergleichen Anmuthen bewilligen könne, jedoch werde er sich auf Fürbitten des Herzogs, wenn der Vorgeschlagene dem Orden sonst leidlich sei und nicht erhebliche Ursachen im Wege ständen, bei seinen Lebzeiten gerne willfährig finden lassen". Hierauf wolle er den Marschall Georg von Ribbeck einweisen lassen.

Jetzt entstand ein neuer Streit, der sich allein darum drehete, ob der Herzog oder der Heermeister die Comthure nominiren solle.

Der Kurfürst entschuldigte den Heermeister, daß dieser nicht in die Nomination durch die Herzoge willigen könne; er selbst maße sich in seinem Lande das Recht der Nomination nicht an, ungeachtet der Heermeister seine Residenz unter ihm habe; wenn auch der Heermeister aus Gutwilligkeit nachgebe, so werde er selbst, als des Ordens Schutzherr und Patron, es nicht gerne sehen. Er schlug nun vor, seinen zum Comthur erwählten Marschall zu nominiren; dann erhielten beide Partheien freilich ihr Recht. Der Herzog lehnte diesen Vorschlag mit dem Bemerken ab, auch der Kurfürst habe dem Orden nie "freie

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Wahl" gelassen; Holstein habe sich ohne sein Wissen dem Orden verwandt gemacht: wäre es bei seinen Lebezeiten bekannt geworden, es würde nicht Ungestraft hingegangen sein. Der Herzog Johann Albrecht gab seine Anrechte an Nemerow, welches dem Herzoge Carl hatte zuwenden wollen, auf; dies "kam dem Herzoge Ulrich fast befremdlich vor", und er erbat sich für den Fall, daß Nemerow bei dem Orden bleiben würde, von seinem Bruder die Hälfte der Comthurei Kraak.

Da schrieb der Kurfürst am 16. Julii 1573 sehr barsch an den Herzog Ulrich: "er sehe es in Wahrheit nicht gerne, daß man den ritterlichen Orden mit undienstlichen Vorwendungen hin halte und dessen Prälaten das Ihrige vorenthalte, was ja dem Herzoge zum eigenen Unglimpf und dem Kurfürsten selbst zum Nachtheil gereiche; mit der brüderlichen Theilung werde er sich hoffentlich nicht entschuldigen, da diese Niemand präjudicirlich sein könne". - Doch der Herzog Ulrich gab nicht nach, vielmehr zürnte er darüber, daß "die Comthurei verkauft worden sei"; jedoch wenn er mit seinen Nachkommen durch einen Revers seiner Rechte versichert werde, so wolle er denjenigen, den der Meister vorschlage, in die Comthurei einweisen, sofern er zum Rathe geschickt sei. - Hierauf schickte der Kurfürst am 10. Aug. 1573 seine Räthe Otto v. Arnim und Hans Bueck nach Güstrow; der Herzog wiederholte hier sein letztes Anerbieten und willigte diesmal in die Annahme des Marschalls G. v. Ribbeck, unter der Bedingung, daß ihm für den nächsten Fall die Nomination zustehen solle.

Hierauf schickte der Kurfürst am 22. Aug. seine Räthe, Dr. Andreas Zoch, Professor der Rechte zu Frankfurt, und Andreas Greifenberg, zur Verhandlung, und am 30. August reversirte sich der Heermeister, Graf Martin v. Hohenstein, nach dem Ableben des Comthurs G. v. Ribbeck die Comthurei Nemerow demjenigen zu verleihen, den der Herzog von Meklenburg ernennen und binnen sechs Monaten zur Aufnahme in den Orden nach Sonnenburg schicken werde, vorausgesetzt, daß er paßlich sei, jedoch ohne Präjudiz für den Orden, versprach auch dem Herzoge Jagd, Ablager, Roßdienst, Steuer und Landfolge 1 ).

Am 15. März 1574 erschienen zu Güstrow der brandenburgische Gesandte A. Zoch, der Comthur Martin v. Wedel von Wildenbruch, der Comthur Abraham v. Grüneberg von Lago, der Ordens=Canzler Balthasar Reimar und der kurfürstliche Marschall Georg v. Ribbeck. Man verglich sich hier dahin, daß der Herzog sich die Einweisung als ein Recht vorbehalte;


1) Vgl. Urk. Nr. XXIV.
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Ribbeck leistete dem Herzoge den gewöhnlichen Eid und die Verabredung wegen des nächsten Nachfolgers ward angenommen. Am 1. April 1574 rückten des Heermeisters Gesandte mit dem neuen Comthur in Nemerow ein; es ward durch die Amtleute von Stargard, den Rentmeister Gabriel Brüggemann und einen Notarius über das Wenige, was von der langen Verwüstung übrig geblieben war, ein Inventarium aufgenommen, und der Comthur nach demselben eingewiesen; die Bauern wurden ihrer Pflicht gegen die Herzoge erlassen und dem Comthur vereidet.

So endigte der Streit, wie es - vorauszusehen gewesen war; jede Parthei erhielt der Form nach ihren Willen, jedoch in der That nicht ganz; und, was das Schlimmste war, für die Zukunft über den nächsten Fall hinaus war nichts festgesetzt. Die Hartnäckigkeit beider Partheien verlor die Hauptsache aus den Augen, in dem Bemühen, die Rechtsform für den Augenblick zu retten.

Während der letzten Jahre der Regierung Holsteins und während der Streitigkeiten war die Comthurei sehr verwüstet; der Orden machte an den Herzog Ansprüche auf die Restituirung der Abnutzung. Aber alle Verhandlungen und Gesandtschaften führten zu nichts.

Georg v. Ribbeck war reich und blieb in Berlin wohnhaft, ohne sich um die Verwaltung der Comthurei viel zu kümmern. Der Herzog Ulrich dachte daher ernstlich an die Vorbereitung zur nächsten Wiederbesetzung der Comthurei; er schickte also, auch in Folge der Bedingung des heermeisterlichen Reverses, seinen Rath Dr. Martin Bolfras mit seinem "Kammerdiener" 1 ), d. h. Kammerjunker Andreas Hünicke an den Heermeister nach Sonnenburg, um den letztern für den nächsten Successionsfall in den Orden einzukleiden. Der Heermeister verweigerte die Aufnahme Hünicke's in den Orden, weil erst die Comthure zu dieser Feierlichkeit verschrieben werden müßten, überhaupt aber die ganze Angelegenheit nicht in Ordnung, besonders die Abnutzung der Comthurei Nemerow zu restituiren sei. Endlich ward Hünicke aufgenommen:


1) In den Comthurei=Acten wird Andreas Hünicke immer "Kammerdiener" genannt. Nach den Renterei=Rechnungen von 1564-1574 war er Kammerjunker und bildete mit dem Hofmarschall Joachim v. d. Lühe, hinter welchem er unmittelbar folgte, die höhere Classe des Hofgesindes. Er war Erbherr auf Eichstädt und stammte wahrscheinlich aus einem adelichen Geschlechte aus Pommern. Im J. 1622 kaufte der herzoglich=pommersche Capitain Joachim v. Hünicke das Gut Poppendorf in Meklenburg. - Schon früher, im J. 1553, war der Kammerjunker Otto v. Adrum "Kammerdiener" genannt.
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"nachdem indeß her Abraham Grüneberg Comptor zu Lagow ankommen, als hatte S. G. zu der einkleidunge den andern Tag frühe vmb fünf schläge in der Kirchen ernandt, weill S. G. anderer Geschäfte halben eiligk verreisen müssen. Da man nun den 10. Sept. frühe in die Kirche kommen, hat sich der Her meister 1 ) in seinem Ordenshabit uff einen grossen Stuhl gesetzt gegen dem Altar über, der Pastor aber ist vor dem Altar gestanden und hat angefangen das Veni sancte spiritus zu singen. Unter dem Singen da hat Andreas Hünecken neben Her Abraham von Grünenberg vor den Altar knien müssen. Da sich nun solcher gesang geendigt, da hat Er Abraham von Grünenberg Andream Hünecken vor den Herrn Meister geführet, da er vor S. G. niederknien müssen, hat ihn der Herr Meister gefraget, was er begehrte; er geantwortet, daß er begehrte, in den ritterlichen Orden genommen zu werden, darauf er ihn acceptatione manus angenommen und ist ihm darauf das juramentum vorgelesen, das er auch öffentlichen vor dem hohen Altar schweren müssen. Darnach hat man das Ritterkleidt hergebracht und ihm das angeleget, darmit er abermalen neben Her Abraham vor dem Altar gekniet und Gott für solche Dignität gedanket. Darauf der Herr Meister von seinem Stuhl aufgestanden, sich das gulden Schwert reichen lassen und hat so knieend vor dem Altar Andreas Hünecken dreimal darmit über die schultern geschlagen und ihn darmit neben der Einkleidung zu einem Ritter des ritterlichen S. Johannes Ordens geschlagen und darzu gesagt: Das leidet von mir wegen des ritterlichen Ordens zu einer Einkleidunge und Aufnehmunge und sonsten von Niemandes Und gebrauchet den ritterlichen Standt und Schwerdt zu Gottes Ehren, Vertheidigung seins göttlichen Worts und zu allen ritterlichen Sachen. Darauf er wieder aufgestanden und ist ihm zu solcher Dignität vom Hern Meister, Her Abraham von Grünenberg und allen umstehenden Glück und Heil gewünschet worden, ita extemplo ad convivium discessum, ubi novo commendatori supremus


1) Es wird als bekannt vorausgesetzt, daß die "Gebietiger" des Ordens nur Meister oder Herr Meister genannt werden. Nur dem Herkommen zu Liebe ist in dieser Abhandlung die gebräuchliche Corruption Heermeister statt Herr Meister beibehalten.
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"locus in mensa datus et mecum prolixe satis acceptus est. Der Her Meister ist aber bald, wie er von der Einkleidung aus der Kirchen gegangen, ins Schiff gesessen und darvon gefahren und hat vices suas in prandio Her Abraham von Gronenberg befohlen, der es an nichts mangeln lassen."

Da G. v. Ribbeck sich um die Comthurei nicht kümmerte, so schlug ihm jetzt der Herzog vor, dem in den Orden aufgenommenen Andreas Hünecke, als seinem Successor, die Comthurei ganz oder gegen ein Miethgeld abzutreten. Obgleich Ribbeck noch nicht wieder in der Comthurei gewesen war, so lehnte er das Ansinnen doch ab.

Georg von Ribbeck starb im Jahr 1593 (vor Oct.). Der Heermeister berichtete am 8. Oct. an den Herzog Ulrich, daß er zwar seinen alten Kammerdiener Andreas Hünecken, zu Eickstädt erbgesessen, dem Fürsten zu Gefallen in den Orden aufgenommen und mit der Comthurei Nemerow providirt, diesem aber die Zeit bis zur Erledigung zu lange gedauert habe. Wirklich hatte Hünecke am 7. Jan. 1593 zu Berlin der Comthurei entsagt und Ludwig von der Gröben, des ältern Ludwig von der Gröben auf Cosseband (oder Cossebrad) Sohn, nach seiner Aufnahme in den Orden, die Anwartschaft auf die Comthurei erhalten. Da Hünecke jetzt gegen Erlegung einer gewissen Summe Geldes seinen Anrechten entsagen wollte, so bat der Heermeister den Herzog um die Einweisung des L. von der Gröben und bestimmte dazu sehr eilig den 22. Oct. 1593. Jetzt ging der Streit wieder an; der Herzog hatte durch die Einkleidung des A. Hünecke sein Recht erhalten, es aber durch dessen Resignation, die dieser freilich ohne des Herzogs Vorwissen nicht vornehmen durfte, zum Theil wieder verloren; es stand jetzt zur Frage, wer nominiren solle. Der Herzog Ulrich protestirte auch wirklich gegen diese Abtretung, von der er nichts wisse, da ihm die nächste Ernennung zustehe, und befahl den Amtleuten zu Stargard, die so eilig angesetzte Immission auf keine Weise zu gestatten. Diese fanden am 21. Oct. schon des Heermeisters Gesandte, den Ordens=Kanzler Dr. Balthasar Römer und den Secretair Joachim Niemann, mit dem Comthur L. von der Gröben zu Nemerow vor. Auf die Protestation der Beamten erklärten die Gesandten, sie wollten, da ihr Meister verreiset sei und daher des Herzogs Schreiben noch nicht erhalten habe, mit der Immission einstweilen einhalten. Die Gesandten blieben in Nemerow, bis dem Canzler Römer mündlich am 28. Oct. zu Güstrow erklärt ward: 1, die Abtretung von Hünecke an v. d. Gröben sei ohne Wissen des Herzogs

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geschehen, 2, müsse v. d. Gröben erst die Rathspflicht leisten, 3, sei die Einweisung ein fürstliches Hoheitsrecht. Hiergegen erklärte der Canzler, daß 1, er den Vertrag mit Hünecke vorzeigen, 2, v. d. Gröben sich zur Rathspflicht willig zeigen wolle, 3, er aber das fürstliche Immissionsrecht bestreiten müsse. Ja, der Heermeister nannte am 9. Nov. die Abnahme der Rathspflicht vor der Immission und die Immission selbst eine Neuerung. Dennoch ließ man alles zu, wenn nur die Form gerettet ward, um den Frieden zu erhalten. Hünecke erhielt 1500 Thaler Abfindung, und Ludwig von der Gröben, der kaum 22 Jahr alt war, leistete am 17. Nov. 1593 dem Herzoge die Rathspflicht 1 ) und reversirte sich am 24. Nov. gegen den Heermeister 2 ), nachdem er am 22. Nov. von den Amtleuten zu Stargard in die Comthurei, als eine Prälatur des Fürstenthums Meklenburg, eingewiesen war; der Ordens=Canzler protestirte zwar formell gegen diese Immission, nahm jedoch den Comthur in Ordenspflicht.

Während der Regierung des Comthurs L. von der Gröben, welche ziemlich matt gewesen zu sein scheint, entstand ein neuer Streit wegen des Ablagers. Der Comthur offerirte dafür nach Herkommen jährlich 40 fl., welche die Herzoge nicht annehmen wollten. Der Comthur appellirte deshalb an das Reichskammergericht. Manche andere Streitigkeiten, z. B. über die Leistung der Rathspflicht an einen Fürsten oder an beide Herzoge, über die Ablehnung geforderter Ehrendienste bei Hofe, udgl. blieben ohne bedeutende Folgen, da L. von der Gröben sehr kränklich und die Comthurei so verwüstet war, daß der Comthur am 26. Julii 1619 die Zahlung der Ablagergelder verweigerte, weil er zu der Comthurei noch - 211 fl. und etliche Schillinge zuzubezahlen habe 3 ).

Ludwig v. d. Gröben starb am 20. Aug. 1620 im 49sten Jahre seines Alters.

Im August des J. 1621 nominirten des "Kurfürsten Johann Georg des Aeltern Statthalter" des Heermeisterthums Sonnenburg den Grafen Heinrich Vollrath von Stolberg zum Comthur. Der Orden stand jetzt auch in der Mark schon unter dem unmittelbaren Einflusse des fürstlichen Hauses, seitdem (1609-1625) die Markgrafen Friederich, Ernst, Johann Georg und Joachim Sigismund hintereinander und


1) Vgl. Urk. Nr. XXVI
2) Vgl. Urk. Nr. XXVII.
3) Hiebei rechneten die Comthure nicht, daß sie die beiden Dörfer Kl. Nemerow und Staven ganz zum Genießbrauch unter eigenem Pfluge hatten, wozu ihnen außerdem noch alle Dienste geleistet wurden. Sie schlugen als Einnahme nur den Ueberschuß der Einnahme von den übrigen Dörfern an, die allerdings klein genug waren.
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darauf der Graf Adam v. Schwarzenberg, kurfürstlich=brandenburgischer "vornehmster Geheimer=Rath und Ober=Kammerherr" zu Heermeistern - erwählt wurden. Die neue Nomination des Comthurs von Nemerow war von Seiten des Nominirenden und des Nominirten wichtig genug, und der Vertrag mit dem Orden konnte so ausgelegt werden, daß dies Mal dem Orden das Nominationsrecht zustehe, da die Herzoge das letzte Mal nominirt hatten. Es geschah also diese Immission ohne irgend einen Widerspruch. Der Graf leistete am 20. Aug. 1621 zu Güstrow vor versammeltem Hofe den Rathseid. Am 22. Aug. erschien der Rath Dr. Johann Oberberg, vom Herzoge Adolph Friederich I., und der Canzler Dr. Johann Cothmann, vom Herzoge Johann Albrecht II. gesandt, da die Comthurei damals beiden Herzogen gehörte, zu Nemerow und immittirten mit den alten, herkömmlichen Reservationen und Protestationen den Ordens=Secretair Hieronymns Lindener, der dann den gegenwärtigen Grafen in Besitz setzte. Am 19. Oct. 1621 erließ der Herzog Johann Albrecht dem Grafen auf Lebenszeit das Ablager aus besondern Gnaden und der Graf reversirte sich, diese Erlassung als "ein besondere favor" zu betrachten.

Die Begebenheiten des dreißigjährigen Krieges äußerten ihre Wirkungen auch auf die Comthurei Nemerow. Kaum war Wallenstein im Jahre 1628 mit dem Herzogthume Meklenburg belehnt worden, als er auch von den Comthureien Mirow und Nemerow Besitz nahm. Die Veranlassungen der Besitznahme von Nemerow mochten verschiedener Art sein. Von Anfang an intendirte der Friedländer, im Geiste des bevorstehenden Restitutions=Edicts, alle geistlichen Stiftungen wieder zurückzufordern, welche nach dem Vertrage von Passau säcularisirt oder unter fürstliche Obhut gekommen waren, und zu diesen konnte man die Comthurei Nemerow rechnen, wenn man wollte. Dann betrachtete man die Johanniter=Commenden schon zu sehr als rein fürstliche Prälaturen und Lehne, und der Comthur Graf v. Stolberg hatte sich stets zu den Evangelischen gehalten. Gründe genug, um die Comthurei, die keinen Verfechter hatte, einzuziehen, obgleich der Comthur durch seinen Hauptmann Heinrich von Bissing dem neuen Herzoge bei der allgemeinen Huldigung auch hatte huldigen lassen. Noch ehe Wallenstein seinen Einzug in Güstrow hielt (27. Julii), erschien der herzogl. friedländisch=meklenburgische Regierungsrath Balthasar von Moltke (auf Toitenwinkel) mit dem Notarius Andreas Wedel zu Nemerow und nahm am 4. Julii 1628 "urplötzlich" von der Comthurei Besitz, weil sie "eine Pertinenz des Herzogthums Meklenburg" sei. Er hatte dabei laut bemerkt, der Herzog

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von Friedland habe gutes Recht zur Einziehung, weil der Kaiser dem Herzoge das ganze Land Meklenburg mit allen Stiftern und Klöstern, wozu auch die, Comthurei gehöre, geschenkt und der Graf sich zu bösen Anschlägen gegen die Kaiserliche Majestät habe gebrauchen lassen. Der Hauptmann und der Küchenmeister der Comthurei wurden augenblicklich und ohne Ablohnung ausgewiesen, die übrigen Beamten auf den neuen Herrn beeidigt und alle Unterthanen zum Eide genöthigt. Der Bürger Lampert Went ward wieder zum Küchenmeister bestellt. Der Graf v. Stolberg wandte sich mit ohnmächtigen Bitten an die Herzoge von Meklenburg, die auch "auf gleiche Weise und unerhörter Maaßen ihrer Fürstenthümer und Lande entsetzt" seien, und wiederholt mit vergeblichen Vorstellungen an den Herzog von Friedland, ohne von dessen Räthen Antwort zu erhalten. Wallenstein ließ sich die Verwaltung seiner neuen Domainen auf das genaueste angelegen sein; er schickte daher auch seine Räthe nach Nemerow, welche hier am 1. Dec. eine sehr genaue und scharfe Verwaltungs=Instruction bekannt machten. Eine Bitte des Comthurs an den Herzog Georg von Braunschweig um Intercession nützte natürlich auch nichts.

Das feindliche friedländische Regiment bestand nicht lange; doch standen sich im Verlaufe des dreißigjährigen Krieges die Unterthanen bei der Gewalt der Freunde wahrlich nicht besser. - Nach dem Abzuge der Wallensteiner nahmen sich die Beamten von Stargard der Comthurei an. Kaum hatte aber der König Gustav Adolph von Schweden in Deutschland festen Fuß gefaßt, als er am 7. Novbr. 1630 zu Stralsund die Comthurei - dem Obristen Melchior Wurmbrand schenkte 1 ), weil


1) Vgl. Urk. Nr. XXVIII. Der König Gustav Adolph von Schweden, ja selbst der Canzler Oxenstierna, nach des Königs Tode, sah das seit Wallensteins Abzuge angeblich herrenlose geistliche Gut, so lange die Herzoge von ihrem Lande noch nicht wieder Besitz genommen hatten, nicht selten als Kriegsbeute an und verschenkten mehrere andere geistliche Besitzungen in Meklenburg, z. B. daß bischöflich=schweriniche Capitelgut Medewege bei Schwerin und das bischöfliche Tafelgut Wolken bei Bützow, zu denen sich aber nach dem Kriege Prätendenten fanden, welche die Schenkung durch Geld beseitigten. Daß schwerinsche Dom=Capitel läßt sich in einer Instruction zu einem Hülfgesuche am dänischen Hofe, wohin der Bischof Ulrich, Erbe zu Norwegen, vor Wallenstein geflüchtet war, sehr bitter also vernehmen (vgl. Das ehemal. Verhältniß des Bisthums Schwerin, von F. A. Rudloff, S. 64): "3) Vber daß kompt nicht unbillig in considerationem, das die Kon. Maytt. zu Schweden bey diesem Interregno, und weil sich keiner des Stiffts mit recht annimbt, durch unterschiedene Harpyen, welche zu ihrem vortheil mehr alß zu fleißig vigiliren, ungebürliches sollicitiren und anhalten, dahin induciret und gebracht werden, die besten Stücke und zum Stifft gehörigen Höfe zu verschenken, maßen dan nicht allein Hermanßhagen, allermaßen solches von Herzogk Ulrichs zu Meckelnburgk F. G. Christ= und hochsehligen angedenkens erkaufft und darzu gelegt; besondern auch vber das die besten (  ...  )
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es königlich sei, Verdienste zu belohnen, und weil Wurmbrand seiner Comthurei von des Königs Feinden beraubt sei! Wurmbrand war freilich Johanniter=Ritter und auf die Comthurei Werben investirt worden; er hatte aber niemals den Anwartschaftsbrief (primarias preces) ausgelöset, noch beim Wechsel der Heermeister Confirmation nachgesucht: Wurmbrand hatte also so wenig Ansprüche auf den Besitz der Comthurei Nemerow, da der Comthur Graf v. Stolberg noch lebte, als der König von Schweden ein Recht, Güter in Meklenburg zu verschenken. Wurmbrand erschien erst am 2. April 1632 zu Nemerow, ließ den Bürgermeister D. Krauthof von Neubrandenburg kommen, zeigte diesem die Schenkungs=Acte des Königs von Schweden vor und forderte Gehorsam gegen dieselbe, d. h. die Ueberweisung der Comthurei, indem er meinte, der König habe durch seine siegreichen Waffen Meklenburg erobert, also nach Kriegsrecht Fug und Recht zur Verschenkung gehabt, um so mehr, da der König den Herzogen und den Ständen von Meklenburg wieder zu ihren Rechten verholfen habe. Auf erstatteten Bericht gaben die Herzoge eine abschlägige Antwort, hinzufügend, daß sie dem Obersten eine viel bessere Recompense gerne gönnten, diese Schenkung auch schnurstracks gegen die geschlossene Allianz gehe. Der Graf von Stolberg wandte sich an den Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg, der für ihn beim Könige Fürbitte that und dem Grafen das Vorschreiben zur persönlichen Einantwortung übermittelte. Auch an den Canzler Oxenstierna wandte sich der Graf. Da starb der König. Jetzt ward Wurmbrand noch halsstarriger und der Graf von Stolberg erklärte gegen die Herzoge, daß er sein Recht bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen werde. Erst am 15 Junii 1634 wurden auf Vermittelung des schwedischen Reichs=Canzlers beide Partheien zu Mainz dahin verglichen, daß der "Herr Melchior Wurmbrand, Freiherr zu Juleta, Ritter, der Königl. Majestät zu Schweden und des evangelischen Bundes bestallter Obrister, Commandant zu Donauwerth und Lauingen" auf geschehene Vertröstung dem Grafen von Stolberg die Comthurei wieder abtrat. Und doch machte im Jahr 1636 Wurmbrand wiederholte Ansprüche auf die Comthurei! Doch es kam noch schlimmer. Schon im Jahr 1635 hatte der Oberst


(  ...  ) zum Ambt Warin belegene Dörffer, ohne welche bemeldtes Ambt keinesweges erhalten werden kan, alles uber 100,000 fl. wehrt, einem Mecklenburgischen vom Ahdel, nahmens Pentzen, zugewendet. - 4) Zudem ist obhanden, das, zum fal dem ubel nicht bei zeit gewehret und vorgebawet wird, mit dem, Butzow zum nechsten gelegenen Hofe Wolcken ebenmäßg verfahren werde."
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Forbes die Comthurei geplündert; darauf hatte der Oberst Douglas sie gebrandschatzt, der Oberst Plato alles Vieh ohne Ausnahme wegtreiben lassen, und endlich nahmen die Einquartirungen und Requisitionen kein Ende. Als aber des General=Majors Pfuel 3 Compagnien Reuter von Wrangels Heer die Comthurei gänzlich erschöpft hatten und mit Forderungen nicht abließen, da flehte der Amtsschreiber Ulrich Preuss den Herzog Adolph Friederich am 30. Junii 1637 "um Gottes Barmherzigkeit willen" um Beistand an. Und der Herzog konnte nichts weiter antworten: "können aber bei uns nicht absehen, wodurch solch Uebel noch zur Zeit abzuwenden, zumal Wir für Augen selbst ansehen müssen, daß Unsere und Unsers jungen Vettern und Pflegesohns Aemter und Unterthanen ebenergestalt auf den äußersten Grad erschöpft und zu Grunde gerichtet werden", - mit dem Hinzufügen, wenn er Mittel an die Hand zu geben wisse, wodurch der Comthurei geholfen werden könne, der Herzog sich gerne gnädig erzeigen wolle.

Als der Graf v. Stolberg am 4. Oct. 1641 zu Frankfurt a. M. gestorben war, empfahl zwar der Herzog Adolph Friederich den güstrowschen Räthen am 5. Nov. eine angemessene Verwaltung der Comthurei während der Sedisvacanz zu Sonnenburg und Nemerow; in der That aber kehrte sich über Jahr und Tag niemand an die Comthurei, sondern sie lag "gleichsam pro derelicto". Da nahm sich endlich im Jahre 1643 der Herzog Adolph Friederich I., in Vormundschaft für seinen Vetter und Pflegesohn, den jungen Herzog Gustav Adolph von Güstrow, der Comthurei an, damit sie nicht ganz zu Grunde gehe, und setzte einen Küchenmeister, Sigismund August Gildemeister, ein, die Pfründe zu administriren, damit die "noch hin und wieder steckenden wenigen Unterthanen nicht gar wegkämen, sondern wieder herbeigebracht und beibehalten würden", auch die Comthurei dem "Orden conservirt würde". In dieser Zeit 1 ) war auch vom Fürsten ein Prediger nach Gr. Nemerow berufen, obgleich dem Orden das Patronatrecht zustand. - Dennoch fanden sich mehrere Liebbaber zu der Comthurei: der Herzog Adolph Friederich hatte schon um die Exspectanz auf Mirow für seine Söhne in der Altersfolge und um Nemerow für seinen Neffen Gustav Adolph gebeten; jetzt aber bewarb er sich besonders für seinen zweiten Sohn Carl (damals 14 Jahre alt) um Nemerow, und der Ober=Commandant, Oberst Conrad von Burgstorff zu Berlin, der beim Kurfürsten in


1) In dieser Zeit ward auch inventirt und das Inventarium von 1572 vollständig zum Grunde gelegt.
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großem Ansehn stand, auch bei dem Herzoge Adolph Friederich viel galt, hatte auch Empfehlungen darauf. Der Oberst Henning von Gristow hatte jedoch schon bei Lebezeiten des Grafen von Stolberg Anwartschaft auf die Comthurei erhalten und war vom Orden zum Comthur von Nemerow erwählt worden. Der Grund der Verzögerung der Wiederbesetzung der Comthurei lag aber darin, daß damals im Heermeisterthum Sedisvacanz war. Endlich nahm sich der Senior des Johanniter=Ordens, Georg von Winterfeld auf Neuhaus, Comthur und Landvogt zu Schievelbein, der Sache an und reiste mit einem Empfehlungsschreiben des Kurfürsten Friederich Wilhelm vom 22. Nov. 1644 zum Herzoge Adolph Friederich. Der Kurfürst und der Ordens=Senior stellten, wie es auch in der That war, die Ansprüche der beiden Mitbewerber als ziemlich grundlos dar und baten um die Einweisung des Obersten Gristow. Der Herzog gab unter der Voraussetzung, daß nach seinem Tode der Orden seinem Sohne die Comthurei Mirow verleihen werde, leicht nach und ließ dem Obersten am 3. Dec. 1644 durch den güstrowschen Canzler Johann Cothmann die gewöhnliche Rathspflicht zu Doberan abnehmen. Am 9. Dec. 1644 trafen von Seiten des Herzogs der Canzler Johann Cothmann und der Geheime=Kammer= und Lehns=Secretair Simon Gabriel zur Nedden, von Seiten des Ordens der Senior und Comthur Georg von Winterfeld und der Oberst Henning von Gristow zu Nemerow ein, um die Ueberweisung der Comthurei an Gristow auf die gewöhnliche Weise zu bewerkstelligen. Der Küchenmeister Gildemeister blieb aus der Comthurei. Aber der neue Comthur Gristow erfreuete sich des Glücks nicht lange; er starb vor dem Monat April 1646, und nun begann wieder eine Sedisvacanz, die von Streitigkeiten mit dem Ordens=Senior v. Winterfeld ausgefüllt ward. Der Herzog bewarb sich jetzt sehr eifrig um die Comthurei Mirow für seinen Sohn Carl und um Nemerow für seinen minderjährigen Neffen Gustav Adolph von Güstrow, für die sich auch die Königin Christine von Schweden beim Kurfürsten Friederich Wilhelm verwandte. Der schwedische Feldmarschall Torstensohn hatte jedoch nach Gristow's Tode die Comthurei Nemerow wieder occupirt und dort den Obersten Müller eingesetzt. Jetzt war die Ordensregierung geneigt, die Comthurei dem güstrowschen Prinzen einzuthun, wenn sich der Herzog Adolph Friederich zur Leistung der Ordenspflichten reversiren wolle. Bald aber ward allem Streit ein Ende und alle Bemühung überflüssig gemacht, indem durch den zwölften Artikel des westphälischen Friedens von 1648 "zu mehrer

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Begnüg= und Erstatung aber des Hauses Mecklenburg sollen demselben die Commentureyen des ordens St. Johannis Hierosolymitani, Mirow und Nemerow, so in selbigem Herzogthum liegen, vermöge der Verordnung, so im V. Art. §. 9. exprimiret, zu ewigen Tagen, biß der Zwiespalt wegen der Religion im H. Römischen Reich beygelegt, abgetreten werden, und zwar der Schwerinschen linie Mirow, der Güstrowschen linie aber Nemerow, mit diesem beding, daß Sie besagten ordens bewilligung selbst zu Wege bringen, und demselben, wie auch dem Herrn Churfürsten zu Brandenburg, als dessen Patron, so oft sich der Fall begeben wird, was bißher geleistet worden, auch forthin leisten." Meklenburg mußte an Schweden die Stadt Wismar, die Insel Pöl und das Amt Neukloster abtreten, so schwer dies große Opfer auch dem Herzoge ward; es erhielt dafür, freilich in der Form Rechtens, was es schon besaß: die Bisthümer Schwerin und Ratzeburg und dazu die Comthureien Mirow und Nemerow. Die Bedingung, unter welcher die Comthureien abgelassen wurden, war, daß das Haus Meklenburg dem Orden und dem Kurfürstenthum Brandenburg die hergebrachte Pflicht leiste. Das Kurfürstenthum hatte weniger Rechte an den Comthureien, als vielmehr Pflichten gegen dieselben; denn der Kurfürst war nur Patron des Heermeisterthums, und daß das kurfürstliche Haus seine Glieder oder höchsten Diener längere Zeit hindurch zum Heermeisterthum verholfen und dadurch dieses indirect säcularisirt hatte, konnte das Kurfürstenthum nicht veranlassen, Rechte geltend zu machen. Der Kurfürst hatte jedoch in den Friedensverhandlungen wirklich der Säcularisirung der Comthureien widersprochen, bis er den Entschädigungsforderungen der Krone Schweden und der Verwendung sämmtlicher Reichsstände weichen mußte. Das Heermeisterthum hatte aber Rechte an den Comthureien: das Eigenthum, die Ernennung der Comthure und die Forderung der jährlichen Responsgelder. Das Eigenthum und die Comthurwahl gingen dem Heermeisterthume durch den Friedensschluß verloren; Meklenburg sollte die Einwilligung des Ordens in die Abtretung verschaffen: daß dieser die Einwilligung nicht geben würde, war vorauszusehen. Aber Meklenburg war durch den Friedensschluß zur Leistung der herkömmlichen Pflicht verbunden (ut ordini, quotiescunque casus evenerit, hactenus praestari solita porro quoque praestare teneantur). Wort und Sinn des osnabrücker Friedens bestimmten die Säcularisirung der Comthureien, reservirten jedoch dem Orden die Responsgelder und die Einwilligung. Die Verweigerung der Einwilligung von Seiten des Ordens konnte den Anfall der Comthureien an

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das herzogliche Haus Meklenburg nach bestehenden Verhältnissen nicht hemmen. Die Zahlung der Responsgelder war aber eine nicht minder ungeschickte Bedingung, als die Forderung zur Herbeischaffung der Einwilligung des Ordens. Aber die Entrichtung der Responsgelder war einmal bestimmt.

Der Orden gab seine Einwilligung nicht, sondern setzte in der Form das frühere Verhältniß zu Meklenburg fort. Schon im April 1649 forderten Senior und Comthure des Heermeisterthums, bei dessen dauernder Sedisvacanz, nicht nur die seit 1622 rückständigen, sondern auch die laufenden Responsgelder, und droheten, auf Anforderung und Eingebung des Ordens=Receptors in Oberdeutschland, Wilhelm Herrmann von Metternichs, des Ordens=Groß=Balley zu Malta und des Meisterthums in Deutschland Statthalters, mit dem Kaiser und mit dem Könige von Frankreich, als General=Protector des ganzen Ordens; auch der Kurfürst Friederich Wilhelm und der Landgraf, nachherige Cardinal Friederich von Hessen, der im Jahre 1649 deutscher Meister geworden war, forderten an. Mirow restirte im Jahre 1650 29jährige Responsgelder mit 2900 rh. GG., Nemerow 26jährige mit 780 rh. GG. Der Herzog Adolph Friederich forderte dagegen vom Orden die Einwilligung zur Abtretung der Comthureien und versicherte, er habe die Zahlung der Responsgelder nie verweigert. Als nun im J. 1652 der Prinz Johann Moritz von Nassau=Liegen († 1679), des großen Kurfürsten Geheimer=Rath und Statthalter in Cleve, Minden, Mark und Ravensberg, Heermeister geworden war, forderte dieser die fälligen Responsgelder sogar mit dem Hinzufügen, daß "vermöge Vergleichs der Herzog die Comthureien auf Lebenszeit zu genießen habe"! Ja, dieser Heermeister ward immer kühner; nachdem der Herzog Adolph Friederich im J. 1658 gestorben war, forderte er, den westphälischen Frieden ignorirend, von dem Herzoge Christian I. Louis die Restituirung der Comthureien, indem er sich auf die frühern Verträge berief, nach welchen die Prälaturen nach dem Ableben des Herzogs an das Heermeisterthum zurückfallen sollten. Auf einem General=Capitel des Heermeisterthums zu Cölln an der Spree am 7. April 1662 forderte der Orden in einem vom Heermeister und allen Comthuren und Capitularen unterzeichneten Schreiben die Restituirung der Commende Mirow und die Zahlung der rückständigen Responsgelder. Zu gleicher Zeit begehrte auch der Kurfürst die Restituirung, da das Haus Meklenburg sich bei mangelndem Consense des Ordens durch den westphälischen Friedensschluß in dem Besitze der Comthureien nicht zu schützen vermöge. Diese Forderungen wiederholten sich bis zum J. 1671,

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ja noch weiter, ohne daß der Orden Consens gab und der Herzog Respons entrichtete. Erst nach dem Tode des Kurfürsten Friederich Wilhelm und des Herzogs Christian Louis versprach der Kurfürst Friederich dem Herzoge Friederich Wilhelm am 12/22. Julii 1693, das Haus Meklenburg "von des Johanniter=Ordens Compterey=praetension in Ansehung des meklenburgischen, mit Cedirung der Stadt und Seehafens Wißmar, Pöl, Neu=Closter und Walfisch und vor alß auch nach dem Westphälischen und Nimwegischen Friedens=Schluß erlittenen großen Verlusts und Kriegs=Schadens liberiren und befreien zu helfen", für sich aber wolle er "diejenigen praestanda remittiren," welche er "als patronus ordinis schon jetzt oder noch künfftig von dem fürstlichen Hause Meklenburg fordern könnte". Durch den hamburger Vergleich von 1701 kamen die beiden Comthureien an die Linie Meklenburg=Strelitz. Seitdem schwieg der Orden; die neueren Vorgänge haben ihm den Mund gänzlich geschlossen.

 


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Comthure von Nemerow.


1298-1318 Ulrich Schwabe.
1322 Georg von Kerkow.
1341 Hermann von Warberg.
1351-1355 Graf Adolph von Schwalenberg.
1358 (Graf) Ulrich von Regenstein.
(1358-1365)   Albert von Warberg.
1366 Nicolaus von Lankow.
1376 Heinrich vom Kruge.
1392 Gödeke von Bülow.
1404 Partze. (Pentze?)
1465-1466 Engelke von Warburg.
1474 Joachim Wagenschütte.
1480-1488 Heinrich Buste.
(Bernhard) Rohr.
1506-1515 Otto Sack.
1523-1546 Aschwin von Kramm.
1552-1572 Joachim von Holstein.
1572-1573 Sedisvacanz.
1574-1593 Georg von Ribbek.
1593-1620 Ludwig von der Gröben
1621-1641 Graf Heinrich Volrath von Stolberg.
1641-1644 Sedisvacanz.
1644-1645 Henning von Gristow.
1645-1648 Sedisvacanz.

 


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Erläuterungen
zu der Reihe der Comthure von Nemerow.


Der Stifter der Comthurei Nemerow, Ulrich Schwabe, kommt seit 1298 in den Urkunden der Comthurei Nemerow öfter vor. Zuletzt erscheint er Ostern 1315 zu Worthingborg als frater Olricus dictus Swawe commondator hosp. S. Johannis Jerosol. de Nemerow (Original=Urkunde im schweriner Archive) und 1318 als cummendur bruder Ulrich der Swawe tů Gardow unde tů Nemerow in Urk. bei Beckmann Joh. Orden S. 202 und in Höfer Deutschen Urk. S. 125. - Darauf kommt am 24. Mai 1322 der Comthur Georg von Kerkow in einer nemerowschen Urkunde vor. - Im Jahre 1341 war "Hermannus de Werberge commendator domorum Werben et Nemerowe, locum tenens reuerendi domini fratris Bertoldi de Henneberg, generalis praeceptoris Alemanie per Saxoniam, Marchiam, Slaviam, ordinis sancti Johannis", nach Riedels Diplomat. Beitr. zur Gesch. der Mark=Brandenb. I, S. 145. Dieser ist mehr als wahrscheinlich derselbe, welcher nach der nemerowschen Urkunde Nr. XIII. im Jahre 1347 Heermeister war und am 29. Sept. 1347 als solcher Nemerow besuchte und hier das Kloster Wanzka in die Fraternität des Ordens aufnahm. Vgl. Jahrb. II, S. 263. Der Name ist hier sicher Werberg, nicht Warburg. - Wahrscheinlich sein Nachfolger war der Graf Adolph von Swalenberg. Daß dieser Comthur ein Graf von Swalenberg war, geht aus einer Original=Urkunde des Klosters Wanzka im schweriner Archive vom ersten Sonntage des Advents 1353 hervor, in welcher die Zeugenreihe also beginnt: "greue Adolf van Swalenberghe eyn kummeldůr thů Nemerow, greue Otto van Vorstenberghe, her Herman Warborch" u. s. w. Die Urkunde stellt aus: "her Albrecht Warborch ridder vnde hoverichter des eddelen vortsten Johannes hertoghen thu Mekelnborch." Zuerst kommt er vor als Zeuge in einer mirowschen Urkunde vom 18. Dec. 1351: "broder Adolphus von Swalenberch cůmmendůr to Nemerowe", vgl. Jahrb. II, S. 263, und zuletzt erscheint er am 19. Aug. 1355 in einer nemerowschen

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Urkunde Nr. XIV., auch in einer Urkunde des Klosters Wanzka aus demselben Jahre: "dominus Adolphus commendator in Nemerow". - Am 25. Jan. 1358 war nach der Urk. Nr. XVI. "broder Olrik van Regensten cummendur to Nemerowe"; wahrscheinlich stammte dieser aus der gräflichen Familie, da er in der Zeugenreihe dem Grafen von Fürstenberg jüngern Geschlechts vorgeht. - Nach Latomus vom meklenb. Adelstande soll in den Jahren 1358 und 1365 Albrecht von Warberg, ein Bruder des obenerwähnten Heermeisters Hermann von Warberg, Comthur zu Nemerow gewesen sein; Latomus sagt nämlich: "Herrmann Warburg ist ein gemeiner Beter in Sachsen etc. . und sein Bruder Albrecht Comthur zu Nemerow worden ao. 1358 und 1365;" vgl. Schröder P. M. I, 1379. Latomus, der allerdings viel aus Quellen schöpfte, verwechselt hier aber ohne Zweifel die Warburg mit den Warberg. Das stargardische Geschlecht der Warburg blühete zu der Zeit, und Albert Warborch kommt als Ritter sehr häufig vor, aber nie als Ordensbruder oder Comthur, es könnte denn sein, daß der Hofrichter des Herzogs Johann in den Orden getreten wäre. Aber die Verwechselung 1 ) beruht gewiß darauf, daß neben dem


1) Die Verwechselung der v. Warberg mit den v. Warburg für das 14. Jahrh. geht durch unsere ganze Geschichte: weil man früher nicht auf die v. Warberg geachtet hatte, so nahm man die aus diesem Geschlechte in Meklenburg vorkommenden Personen für v. Warburge und - änderte die Namen nach Gutdünken, weil man die Form v. Warberg für Schreibfehler hielt! Namentlich geht diese Verwechselung durch die ganze Abhandlung von Pistorius: Das Geschlecht von Warburg.
Die v. Warburg gehören zu einem meklenburgischen Geschlechte, welches seit dem 13. Jahrhunderte bis auf die neuern Zeiten wohl ausschließlich im Lande Stargard angesessen gewesen ist und dessen Glieder namentlich im 14. Jahrh. häufig vorkommen. Sie führen im Schilde: einen Queerbalken mit drei Rosen belegt.
Die v. Warberg gehörten zu einem alten braunschweigischen Geschlechte, deren Burg zu Warberg, nicht weit von Helmstädt, stand. Die Glieder dieser Familie kommen in den Gütern und Stiftern nördlich vom Harze häufig vor. Sie führten einen verhauenen Lindenstock mit drei Wurzeln und zwei Blättern im Schilde. Das Geschlecht starb 1654 aus. Vgl. Lenz Historische Abhandlung von den edlen Herren von Warberge, in den Hannoverischen Gelehrten Anzeigen, 1751, Nr. 37 und 38, (vgl. 1750, Nr. 32 und 33), wiederabgedruckt in A. F. Schott Jurist. Wochenbl., Th. IV, und in dessen Magazin für Rechtsgelehrs. und Geschichtsk. I, S. 252. Vgl. Meding III, S. 911.
Zu diesem letztern Geschlechte der von Warberg gehörte der ehemalige Comthur von Nemerow und nachmalige Heermeister zu Sonnenburg, Hermann von Warberg, und dessen muthmaßlicher Bruder, der spätere Comthur von Nemerow, Albert von Warberg. Noch mehr wird diese Ansicht dadurch unterstützt, daß Hermann von Warberg, der im J. 1371 gestorben sein soll, auch Comthur zu Supplenburg gewesen ist; vgl. Lenz a. a. O., S. 478. Ihm folgte in der Comthurei Supplenburg ebenfalls, wie in der Comthurei Nemerow, Albert v. Warberg; vgl. Lenz a. a. O., S. 480. Die v. Warberg kommen nur durch den Johanniter=Orden und besonders durch die Comthurei Nemerow in die meklenb. Geschichte, und werden dadurch, daß gleichzeitig neben ihnen auch (  ...  )
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Albert Warburg auch ein Hermann Warburg vorkommt, grade wie bei den Warbergen. Dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, daß des ehemaligen Comthurs von Nemerow und Statthalters des Heermeisters und des nachmaligen Heermeisters Bruder wieder Comthur zu Nemerow geworden sei. - Dieser Comthur Albert von Warberg wird derselbe sein, der nach der Urk. Nr. XVII. am 9. Nov. 1376 Comthur zu Supplenburg war. Im 14. Jahrhundert kommt nach den deutlichen Original=Urkunden kein Warburg als Comthur vor. Ebenfalls nach Latonus war im Jahre 1366 Claus von Lankow aus einem stargardischen Geschlechte Comthur. - Nach der nemerowschen Urk. Nr. XVII. war Heinrich vom Kruge am 9. Nov. 1376 Comthur. - Im Jahre 1392 war Götke von Bulow Comthur, nach Hacke Gesch. der Stadt Neubrandenburg S. 53. - Im Jahre 1404 war "Partze compter zu Nemerow" nach v. Westphalen Spec. p. 186, Klüver II, 651, und v. Behr Rer. mecl., L. III. p. 437; Pistorius im Geschlechte der v. Warburg macht Penze daraus. Ein Achim Pentze kommt in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. im Lande Stargard öfter vor. - Im 15. Jahrhundert werden die Comthure selten genannt. Im Jahre 1466 war ein Engelke Warburg (nicht Marburg) Comthur zu Nemerow, nach Schröder Pap. Mekl. S. 2180. Diese Nachricht hat Schröder aus Latomus. Unwahrscheinlich ist dies nicht; in den Jahren 1421 und 1429 war nach Original=Urkunden im schweriner Archive in Engelke von Warburg Comthur von Mirow; die Namen Hermann, Albert und Engelke waren in der Familie Warburg vorherrschend. - Im Jahre 1474 war der Comthur Joachim Wagenschütte (vgl. Jahrb. II, S. 84.) von Mirow zugleich Comthur von Nemerow nach der Urk. Nr. XIX. Nach der Urk. Nr. XX. war im Jahre 1480 Heinrich Bust Comthur. Im J. 1506, am Sonnt. nach Vis. Mar., trat Otto Sack, "comptor to Nemerow", nach einer Original=Urkunde, in Neu=Brandenburg als Bürge für den Herzog ein. Auf ihn folgte oder ihm ging vorauf ein Comthur Rohr; wenigstens geht aus der Beschwerdeführung vom J. 1529, beim Dorfe Wokuhl, hervor, daß nicht lange vor dem J. 1529 ein Comthur dieses Namens in Nemerow existirte; vielleicht ist dies Claus Bernhard Rohr, Dr. des kanonischen Rechts, der im J. 1490 auch Comthur zu Wildenbruch war, wie Latomus nach Cramer chron.


(  ...  ) v. Warburge mit denselben Vornamen auftreten, mit diesen verwechselt.
Hiernach werden alle die vielen in unserer Geschichte vorkommenden Verfälschungen zu berichtigen sein.
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eccl. berichtet. - In der Zeit von 1523 - 1546 stand Asche oder Aschwin von Cramm(e), der drei Lilien im Siegel führt, nach Actenstücken, der Comthurei vor. Nach der Beschwerdeführung vom J. 1529, Beil. Nr. 3, beim Dorfe Gnewitz, war er damals gewiß 6 Jahre Comthur, und am 1. Aug. 1523 unterschrieb er die Union; denn der "Asche Kammerwetter", wie in dem Abdrucke steht, kann kein anderer als "Asche Kramme comter" sein. Es ist die Frage, welcher Aschwin von Cramm Comthur von Nemerow gewesen sei. Bekannt ist der Kriegs=Oberst Aschwin von Cramm 1 ), einer der gewaltigsten Kriegshelden seiner Zeit. Er stammte aus der alten, mit Gütern und Würden begabten, braunschweigischen Familie von Cramm (zu Cramme bei Wolfenbüttel) und war um das J. 1480 geboren. In der Pfingstwoche 1510 sandte "Aske von Kram" der Stadt Goslar einen Fehdebrief 2 ). Schon früh dem Kriegsdienste ergeben, führte er dem Könige Franz I. 6000 deutsche Söldner zu und half mit diesen am 14. Sept. 1415 die Schlacht bei Marignano entscheiden. Heimgekehrt führte er in der Schlacht auf der Soltauer Haide am 29. Junii 1519 die Reiterei zum Siege 3 ) und im J. 1523 zog er mit dem Herzoge Friederich von Holstein zur Eroberung der dänischen Krone nach Kopenhagen. Von 1524 - 1528 lebte Aschwin am sächsischen Hofe. Als er im J. 1528 mit dem Herzoge Heinrich d. J. von Wolfenbüttel dem Kaiser Carl V. eine Schaar nach Italien zuführte, floh das Heer vor der Seuche auseinander; auch Aschwin floh, von dem Pesthauche berührt, und erlag in Chur im J. 1528, an demselben Tage, als er erfuhr, daß seine Frau, Margarethe von Brandenstein, im Kindbette gestorben sei. Er hinterließ 2 Söhne, Heinrich und Aschwin, von denen Heinrich im jugendlichen Alter zu Padua 1545 starb. Aschwin d. J. diente unter dem Kurfürsten Moritz von Sachsen. Dieser hinterließ einen Sohn gleiches Namens, welcher im, J. 1578 die Aschwinsche Linie der Cramm beschloß.

Nach diesen Begebenheiten kann von 1528-1546 nur der jüngere Aschwin (IV.) von Cramm, des Kriegs=Obersten Sohn, Comthur von Nemerow gewesen sein, und es wäre nur möglich, daß der Vater von 1523-1528 sein Vorgänger gewesen sei, was jedoch nicht wahrscheinlich ist. Die Unterschriften seiner Briefe sind fast alle verschieden, so daß man


1) Ueber die folgenden Lebensumstände Aschwin's von Kramm vgl. Zeitung für den deutschen Adel, 1842, Nr. 30.
2) Vgl. Neue Mitth. des thüring.=sächsischen Vereins IV, 4, 1840, S. 161.
3) Vgl. auch Havenmann's Gesch. von Braunschweig, I, S. 302.
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glauben muß, er habe sie mit der Unterschrift immer von Schreibern ausstellen lassen. Auch war der Comthur Aschwin gewöhnlich im Lande.

Es kann auch des ältern Aschwin Bruder, der ebenfalls Aschwin hieß, Comthur zu Nemerow gewesen sein. Auf dem Turnier zu Lüneburg 1518 kommen beide wiederholt vor, einmal auch zusammen: "Asch von Kram Ritter vnd Asch von Kram gebruder gerent, beid gern gfallen;" wenn sie einzeln vorkommen, heißen sie: "Asch von Kram Ritter" und "Asch von Kram der jünger."

Der Name seines Nachfolgers, Asche von Holl, läßt sich nicht ganz bestimmt verbürgen: wahrscheinlich soll dies schon Achim oder Joachim von Holstein sein.

Die Comthure von 1552 bis 1648 sind actenkundig und finden ihre Geschichte oben in der Erzählung.

 

Das Siegel der Comthurei (Vgl. Urk. Nr. XIII.) ist elliptisch und klein, 1 1/2'' lang: im leeren Siegelfelde steht St. Johannes der Täufer und neben ihm das Lamm; Umschrift:

Umschrift

 


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Beilagen

zur

Geschichte der Comthurei Nemerow.


Nr. 1.
Nachuorzeigente vnplicht
wird Sanct Johans huse im eigenthumb
zu Nemerow
uffgelegt vnd genommen.

(Ungefähr vom J. 1500).


Im dorpe Groten Nemerow.

I c marck vinckenougen penning.
II vette kw islich.
IIII schape.
II w. Rocken.
II w. Habern.
XI gense.
XXIIII honer.

Item den vogten, so offte sy kamen, vthrichtung to thunde.

Item ock muten de armen lude dienen gegen Strelitz,

wen in geboden wird, vnd welcher nicht kumpt, wird up dat alleruterste gepandet.

Item den jhegern, so offt sy komen, uthrichtung to thun.

IIII schapel habern muten sie ock geben von ieder houen, wen

en dat geboden wird.

Item ock muten sie geben vette offen, wenn en dat geboden wirdt.

Im dorpe Wucule.

I w. habern.
1/2 w. rocken.
XVI marc vinckenougen penning.
II schape.
II lemmer.
I veth rinth.
I virtel puttern mus de schulte geben.

Im dorpe Gudendorpe.

I w. habern.
1/2 w. rocken.
I veth Rinth.

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II schape.
II lemmer.
I schog eier.
IX marc vinckenougen penning.
I virtel puttern mus de schulte geben.

Im dorpe Dabelow.

XIII 1/2 marc vinckenougen penning.
I vetten ossen.
IIII schape.
I w. habern.
I w. Rocken.
I hun iederman.
I schog eier.
I virtel puter mus de schulte geben.

Im dorpe Gnewise.

XIII 1/2 marc vinckenougen penning.
I veth rinth.
II schape.
II w. habern.
1/2 w. rocken.
I schog eier.
I hun iederman.
I virtel puter mus de schulte geben.

Im dorpe Rouen.

L marc vinckenougen penning.
XVIII marc de se ock muten geben.
I vat biern.
XV schape.
X gense.
XI huner.

Item wen die fursten gegen stargard oder strelitz kamen, muten de lude geben, so uil eier von in gefordert werden.
1 vette kw.

Im dorpe Stouen

mussen die armenlude ock geben de bede, de sy vor ny gegeben hebben,
(von einer andern Hand, wahrscheinlich eines fürstlichen Dieners, ist hinzugefügt:

In den vorgescreuen dorppe hebben myne g. h. dat affleger mit den Jegern hatt vnd by myner g. h. vaders tiden ouer XC jaren vnd noch darinne hebben.)

 


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Nr. 2
Gnedigenn furstenn vnnd Hernn.
Onangesehenn des Ordenns Irer Dorffer vnnd gutter
freiheit, begnadungk vnnd Eigenthumb sein
folgende beswerungk
vff die gutter kommen.

(Am 4. Jan. 1515 von dem Heermeisterthume Sonnenburg eingereicht.)


Inn der Comptorey Nemerow.

Inn denn Dorffernn Grossen Nemerow, Roue, Dabelow, Gudenndorff, Gnewiczt vnnd Wokule mussenn die Armenleutt dienenn so offt als man inenn zwsagtt, gemeiniglich alle wochenn vier tage kommenn. E. f. g. abnehmenn, ob es gleich sey, vnd was ein Comptor von inenn magk haben, vnd ob sie es die Lennge ertragenn konnenn.

Darzw mussen sie gebenn die ketzter bethe, Ist eins mals auffbracht im Nahmen wieder die ketzter zu ziehenn vnd bleibett nu vmmer fordt, wiewoll die Armenn Lewtt dar soldenn frey sein, nach anzeigunge der Priuilegienn.
Vnnd mussenn gebenn Sunderlich wihe folgett:

Grossenn Nemerow.

XXIII fl. 1 ortt Bede.
XLII scheffel Rogkenn.
XLII scheffel haffernn.
Einen kochenn ochsenn.
IIII schaffe.
VIII Genße.

Denn Jegernn Eine thunne byr, IIII pfundt bottern, IIII hunre aus dem Hauese, 1/2 scheffel haffern, X brot, ein vierdenteyl von einem Schaffe.

Zw Roue.

V fl. Bede.
III 1/2 margk dem kwre.
Einen ochsenn.
III schaffe.
II tonnen byr.

Den Jegernn I Tonne byr, III pfundt bottern, Irer zwey

ein hun, 1 firtel haffern, IIII garffenn, X brott aus dem haueß, 1/2 Sweinskop, der schultze 1/2 tonne Byr.

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Zw Dobelow.

XIII 1/2 margk Bede.
ein Wispill Rogkenn.
I w. haffernn.
I Ochsenn.
IIII Schaffe.
I schogk Eyher.
aus dem Hauese ein Hun.
Der Schultze I firteyl bottern.

Den Jegerenn die Pawern 1/2 tonne byr, der Schultze 1/2 firtel Byher, viher I pfunt, bottern, Zwe I hun, 1/2 Sweinskop, 1/2 scheffel haffernn, Aus dem hause X brott.

Zw der wiltjacht alle jar mit achtt pferdenn die netzte zw furenn acht tage langk.

Der Schultzte vihr groschen zw dem wulwaghenn.

Zw Gudendorff.

IX margk Bede.
Die Pawer:

Ein dromet Rogkenn.
I winspill haffernn.
einen kochenn ochsenn.
II Schaffe.

Aus dem Hause:

ein hun.
I schogk Eyher.
I vyrteyl Bottern.
IIII Gr. zw dem wulwaghenn.

Den Jegernn Eine halbe tonne byr, Aus dem Hause X broth, 1/2 scheffel haffernn, I stugke fleisches, I hun, Aus dem gantzenn dorffe II pfundt bottern. Zw der wylth Jacht acht pferde etc. .

Zw Gnewitz.

XIIII margk Bede.
1/2 winspil Rogkenn.
I winspill Haffernn.
Einen kochenn Ochsenn.
II Schaffe.
Aus dem Hawse X Eyer, I hun.

Der Schultze IIII groschenn zw dem wulwagenn.

Denn Jegernn: der Schultze ein fierteyll byr. Die Pauer Eine halbe tonne byr. Aus dem Hawse X broth, 1/2 pfundt bottern, 1 Hun, 1/2 scheffel haffernn, I stugke fleisches, VII pferde zw der hirsche Jacht.

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Zw Wockule.

Jtzlicher Pawer: XV gr. Bede.
1/2 Winspill Rogkenn.
Die Pawernn:
Ein kochen Rindt.
II Schaffe.
Aus dem Hawse ein Hun.
Der Schultze ein vierteyl bottern.

Den Jegernn: aus dem Hawse: X broth, 1 stugke fleysches, 1/2 scheffel haffern; aus dem dorffe: 1 Schogk Eyher, II pfundt bottern. Zw der Wildtjacht acht pferde.

Der Schultze viher groschenn zw dem wulwaghenn.

Darzw inn der Comptorey.

Swerliche ablager nicht alleine E. f. g. pferde, sunder alles was mitt zwschlet, dem Hawse ein ganz jar nachteitigk vnd ein groß abgangk.


Nr. 3.
Dyt is eyn vtoch der besweringe,
de dar hebben an g. h. arme lude
jegen Claus van Oldenborch,
de sulue is geklaweth
Anno XXIX.
1 ).


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Gudendorpp.

De arme lude klagen, wo dat se nu IIII jare lanck here weren dorch den lanthrider voruordeth, dat se moten dat velt tom hertzwolde vthraden vnde begaden vnde seyghen myth I drameth haueren vnde III sc. boeckweyten, dat se touorn nicht plegen to donde.

Item vorder klaget de gantze burscopp, dat se nu moten geuen II 1/2 gulden to deme afflegere rynde, dar se doch oldynges allene I gulden vnde I orth vor geuen.


1) Der Herzog Albrecht ließ im Jahre 1529 die Aemter visitiren und die Klagen der Unterthanen gegen die Unterbehörden und die einzelnen Vorsteher, Beamten und Verwalter aufnehmen. Ueber die Comthurei=Dörfer sind diese Protocolle nicht ganz vollständig.
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Item vorder klagen se, dat se beswerth werden dorch den Comptor van Nemerow, de en nu unwenlyke plichte vppleggen will, dat se nu mastgelt geuen scolen vor ere swyne, dat se oldes nicht here gedan hebben.

Item vorder klagen se, dat se moten dem Compter vele mennige vnwanlyke denste don, de se nen werle gedan hebben, besondergen moten se em viskerwaden voren von eyneme see to deme anderen.

Item ok in korten vorscreuen jaren hadde de Compter de lude beden, dat se em muchten roer stoten, so se don dan hadden, vnde he en dar plach auer beer to geuende, vnde wen se em dat roer affgestoeth hadden, so vorede se idt em wente to der Wokule, dat se em nu moten voren beth to Nemerow, vnde nu will he dath vor eyne plicht holden vnde gyfft em nichtes tho bere.

Item vorder klagen se, dat se em howen sageblockke vnde de suluen en thor stede voren, dat se van oldes her neyn werlle gedan hebben, vnde also dat se nicht don wolden vppe eyne tydt, darumme hefft he ere swyne laten affpanden anno XXIX vp sunte dionysius dach, wowol dat em vorgunth was durch synen dener, dat se ere swyne in de masth mochten ghan laten.

Item vorder klagen se, dat se vele grote, lange vore vnde reysen don moten, nu soes jare lanck her, dat se oldinges nicht plegen to donde m. g. h.

Wokule.

Klagen de arme lude, wo dat se moten alle gelick den anderen dorperen vthraden, begaden dat velt thom hertzwolde vnde beseygen dat myth I drameth haueren vnde III scepele boeckweyten; dyt hebben se nu IIII jare lanck her vnuerlyken gedan vnde touorne nicht, dar se de lanthrider to voruordert hadde.

Item vorder klagen se, dat se oldes vor I rinth geuen allene V orth gulden, dar se nu moten vor geuen II 1/2 gulden.

Item ok klagen se, dat so nu moten grote vele lange reysen don, de se oldynges nicht so plegen tho donde.

Item vorder klagen se, dat em de vorbueth to howende ere egen holt, dat van oldes her to deme dorppe gelegen hefft, to ereme tymmer behoeff.

Item vorder klagen se auer her Roer den Comptor to Nemerow, de en hadde vorbaden, ere gadeshus holth to houende, so se plegen to donde, dar dorch he den schul=

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ten Thewes mantel I offen van IIII gulden affgepandeth hadde, den he ok nicht wedderkregen hadde.

Item vorder klagen se, dat se vrig plegen tho wesende to malende ere korne in eyne male van des Comptors male, wor se wolden, vnde nu moten se malen by dwange in der Dabellowesken male, dat ock des comptors male is; dardorch hefft Bartelt Nigeman de kroger geuen moten III gulden, vnde de schulte vorgesechte Thewes mantel hefft moten ok III gulden geuen III jare unuerlick vorgangen.

Item vorder klagen se, dat se plegen van oldes her ethlike orde to hebbende vrig roer weruinge, wan de Compter syn roer wech plach to hebbende; dat sulue werth em nu gantz vorbaden dorch den Compter.

Item vorder klaget de schulte Thewes mantel, dat syn vadere hedde hath eynen vrigen see auer XX jaren to syneme schultenrichte, de noch harde achter syneme huse licht, de were em fedder der tydt dorch de Compters vorentholden.

Dabellow.

Pawel Peltz de schulte hefft sich horen laten myt syner naberscop, wo dat de burscopp moth bearbeyden dat velt thom hertzwolde, wo dat vorgenante dorpp thor wokule deyth, vnde des geliken der vernen reysen vnde des afflegere ryndes.

Item beklaget sick kesten lulow, dat he hefft moten geuen deme Compter Assem von krampen III 1/2 gulden vmme den willen, dat he in des Compters male to Gudendorpp korne maleth hadde vnde nicht in des Compters male to Dabelow.

Item klaget Hans Cynow, dat he werth beswerth dorch den kerckheren to Lichen, de em vorhogeth de tynse des jares myt eynem Gr.

Item klaweth pawel peltz, dat he hefft moten geuen X gulden deme Compter vnde synem scryuere I gulden vor dat schulten ampt Anno XXVIII, desgelyken hefft he em moten geuen I wispel haueren vnde 1/2 vath bere Anno XXVIII vmme den willen, dat he hadde syn sustere to der ee beraden vnder eyns anderen hern guth; den haueren rekenth he vor II gulden vnde I orth gulden vnde dat bere vor I gulden.

Gnewitze.

De armen lude mogen bearbeyden den hertzewolth, alse de wokulesken.

Item oldynges I gulden geuen se vor dat afflegere ryndt vnde nu moten se geuen II 1/2 gulden.

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Item ok klagen se auer vnwanlyke Denst, den se deme Compter don moten in sage blockke to vorende na vostenberge vnde de brede wedder na Nemerow voren, so se in desseme Jare XXIX gedan hebben vnde nicht touorne.

Item ok klagen se, dat de Compter nicht will gunnen, dat se holt mogen hawen to erme tymmer behoff, so se oldynges her gedan hebben.

Item ok klaget Jachim Hane, dat so Anno etc. XXVIII hefft moten geuen eyn wispel haueren, den sc. gerekenth vor IIII gr., dat synt III gulden, deme Compter vmme den willen, dat he hadde eyn geuelde eke also eyn legere holt in syn hus geuoreth, vnde he was erst nyge tho wanende kamen, dat he nicht en wuste, dat de Compter dat vorbaden hadde, vnde sodane holt plach den buren stedes vrig to wesende in ere nutthe.

Item vorder klagen se, dat se moten hebben dem Compter geuen I wispel gersten vor de mast Anno etc. XXVIII, dar se nicht plegen vor to geuende, men stedes vrig hath hebben, den wispel gersten gerekenth vor III gulden.

Item vorder klageth Symon Dabelow, dat he dorch des Compters vorheth moten myt Achim Kryn lauen by dwange vor Hans Hyngest den Molre, dat wolde de Compter so hebben vnde de moller is vorlopen, darumme hefft eyn islick van se moten deme Compter geuen IIII gulden ane I orth gulden, dat maketh VII 1/2 gulden.


Item vorder klagen IIII schulten, alse to Gudendorpp, Wokule, Dabelow vnde Gnewitze, dat in korten jaren de Comptere van Nemerow se myth vnwanlyke aflegere beswerth hebben, so dat erst Otto Sackken erst sulff andere quam, wan he de pacht borede, vnde lach I nacht, dar na II nacht, dar na III nacht; dat hadde werth III jare lanck, vnde desse Compter schal en nu kamen sulff VIII offte VII vnuerlyken vnde schal liggen des jares myt en III nacht myth eyneme schulten, dat sulue hefft he by IIII jaren her gedan.

Groten Nemerow.

Syuerth Werneke de schulte klageth, dat he plach den Compter to Nemerow vthrichten myth eyner haluen tunne bere vnde VI scepele haueren synen perden vnde plach des auendes wech tho reysen, vnde nu desse Comptere Askem van Krammen plegen nu vnwantyke terynge vpptoleggende, in deme he en moste vthrichtinge don dre vulle dage

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vnde vrachte myth em to liggende myt XIIII perden, dar oldynges syn voruarth plach to kamende allene myth VI offte VII perden; vor sodane afflegere hefft he sick vnderstan, dat em mot de schulte geuen I wispel haueren.

Item beklageth sick Jacob Branth, dat auer III jare vnuerlyken hadde em de Compter III tunne bere myth wagen vnde perde, alse he van Branbenborch na synem huse wolde wedder varen, genamen, wowol he en hadde em venklick vorth in den staken, dar he in seten hadde III dage vnde III nachte; dar na eyn verendeell jares hadde em noch eyn maell vencklick vorth to Nemerow in den staken, dar he inne saeth I dach vnde nacht, vnde schal em namen hebben I gulden vmme den willen, dat he scholde ackkere in brukynge hebben, de dem Comptere scholden ankamen, dat he doch dem Compter nicht will bestan vnde nicht is. Dar na schal m. g. h. den armen man in geleyde genamen hebben, vnde de sake is Marquart Beren vnde Claus von Oldenborch beualen dorch m. g. h. vnde he de sulue schal besoch hebben, de em doch nicht hebben wolt syner sake behulpelick syn.

Item klageth Claus Vrolick, wo IIII jare vorgangen, dat de Compter was to em ridende kamen sulff veffte vnde hadde den armen man vorweldigeth vnde vorwundeth in syn houeth, don he der bure vee gehoth hedde vnde he scholde lyke woll an syn korne meygen, dat he nicht so plichtich was, indeme de bure plegen vrig den holden, de ere quick hodeth, dat he nenen hauedenst don dorffte.

Item ok klageth de sulue, dat em hadde de Compter swyne affgepandeth Anno XXVIII; don hadden em syne knechte afgeschattet VI groschen erstmael vnde dar na IIII groschen vnde 1/2 wispel haueren, den scepel gerekenth VII sund. witte.

Item ok hefft he ene dar to dwungen, dat he em hefft moten I morgen akkers plogen ok vor de vpgenamen swyne.

Item ok hebben em syne knechte syne perde ane orsake affgepandeth vnde mosten den knechten IIII gr. geuen.

Item ok klageth Hans Rode Curth, dat he syn egen holt hefft affhowen willen, bauen dat kamen des Compters knechte vnde grepen den man vnde vorden syne perde vnde wagen myt sick vnde em hadden se in de venkenisse gefettet vnde hadde em mosth lauen 1/2 wispel haueren to geuende, den he moste reth vthgeuen, den sc. to rekende vor VIII witte sund., wolde he anders vth der venkenisse gevrygeth syn, IIII jare vnuerlick vorgangen.

Item klageth Drewes Dylges, dat de Compter hofft

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grepen em vnde vencklick maketh vmme den willen, dat he em scholde ellerenholt affgehowen hebben, dat he nicht schal dan hebben, vnde he hadde em mosth lauen III dage to hakende, wolde he der venkenisse gevrygeth syn, vnde dar auer schal he syn gesunth verloren hebben vnde syne knaken scalen em dar auer tobraken syn; dyth were IIII jare vnuerlick vergangen.

Item Hans Balen klageth, dat he is vorwundeth vnde vencklick gesettet is dorch den Comptor vnde worth dorch em beschattet, dat he hefft moten geuen VIII sc. haueren Anno XXIX in den owesth, den sc. gerekent XII witte.

Item klageth Thewes Gateke, dat he hefft moten geuen V mr. vynkenow vmme den willen, dat he sick slagen hadde myth des schulten sane.

Item ok lecht em de Comptor vnwanlyken denst vpp, kakenholt to vorende vnde ok moten se em mer messes voren, wen se plegen.

Item ok schal he en vpleggen vnwanlyke arbeyth in der hauern sadeltydt eynen dach vnde to wenden vnde to der saeth, vnde wen se idt nicht en don, so schal he en groth auerlasth darvmme don.

Item ok scalen se em vnwanlyken in der gersten sadeltydt plogen, dar he em de koye auer namen hadde.

Item ok hadde he en namen eynen bullen, den he affgeslachtet schal hebben, gerekenth vor III gulden vnuerliken.

Item ock schalen se em vnwanliken arbeyt don in den owesth II dage, alse eynen dach byndende vnde I dach to meygen.

Item ok hebben se II dage messeth, dat vor hen 1/2 dach allene plach to wesende vnde don plegen II vnde II to hope spannen.

Item ok hebben se em Buwholth moten voren, dat se nicht plegen to vorende.

Item ok klagen de armen lude des gantzen dorppes, wo nu I jar vorgangen, Claus van Oldenborch schal den armen luden I ossen affgeslagen hebben vmme den willen, dat scholden eyn ethlike frowe wech voren, dat m. g. h. densth nicht schal anbelangeth syn, welkeren ossen se achten IX mr. vynkenow, vnde III mr. scholden se geuen dem portnern pantgelt.

Item beklageth sick de schulte, dat he hefft moten korth na den pasken Anno XXIX synen knecht don myt I wagen vnde II perden, vnde de schulte to Czynow hadde mosth myt em tho hope spannen, Claus van Oldenborch tho vorende en nach deme Gremmelyn harde by Güstrow.

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Item oldynges geuen se VII mr. alle vor dath afflegere ryndt vnde nu moten se III offte IIII gulden dar vor geuen.

Item ok moten de armen lude, de kotzen, darsuluest erer IIII eyn islick dem Comptere vthdösken XII scepel roggen in der sadeltydt, dat se oldinges nicht plegen to donde.

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Dyt is eyn vtoch der besweringhe,
de dar hebben m. g. h. arme lude
gegen Jurgen Pawel lantrider
to Strelitze,
de sulue is geklageth Anno XXIX.


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Groten=Nemerow ,

klageth Lauerentze Blome, wo de lanthrider Jurgen Pawel em - - waltzeme (?) beschattet schal hebben vmme III mr. vynkenow vmme den willen, dat he scholde tegelholth voren, so he dan hadde. Ok klageth auer sodane Hans Tubbe, de dar ok hefft moten geuen III mr. vynkenow.

Item vorder klaget de burscopp, wo de lanthrider Jurgen Pawel se beschattet hatte VIII jare vnuerlick vorgangen to geuende en IX mr. vynkenow vmme den willen dat se scholden m. g. h. denst vorsumeth hebben.

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Dyt is eyn summe des vppgehauen
vnde affgeschatteden geldes
van m. g. h. arme lude
dorch den Compter van Nemerow,
Anno XXIX gerekenth.


Wokule.

IIII gulden gerekent I ossen Thewes mantel.
III gulden Bertelt Nigeman, dat malen hadde syn korne in des Compters male.

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III gulden Thewes mantel ok vor sodane malenth.
III 1/2 gulden kasten lulow ok vor sodane malenth.
XI gulden pawel peltz schulten gelt.
III gulden gerekent vor hauern vnde bere de sulue heff geuen, dat he syn sustere vth gaff in eyn andere guth.

Gnewetze.

III gulden gerekent vor hauere Jochim Hane, dat he vorbaden scholde gehowen hebben.
III gulden de burscopp vor de mast.

IIII gulden ane I orth
    Symon Dabelow
IIII gulden ane I orth │ gelofftes haluen.
    Achim Kryn

Groten Nemerow.

I gulden Jacob Branth, don he venlick namen was.
I gulden VII 1/2 lub. s. Clawes Vrolick.
I gulden Hans Rode kurdt gerekent vor hauere.
I gulden Hans Balen gerekent vor hauere.
III gulden gerekent I ossen, den he schal eynem man affgeschlachtet.

Summa lateris XLV 1/2 gulden     
               vnde III gulden.

 


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Nr. 4.

Auszug 1 )

aus

dem Amtsbuche der Comthurei Nemerow 2 )

vom Jahre 1572,

welches

im Jahre 1641 bei der Inventirung zum Grunde
gelegt und vervollständigt ist.


DasDorff Staven .

Daß Dorff Staven gehört zur Comtorey Nemerow mit gerechtigkeit, gerichten vnd diensten, hogst vnd seidst, vber halß vnd handt, auff und ablaße.

In diesem dorffe ist ein pfarkirche, die hatt die Comptorey zu verleihen.

Der Dienst gehoret nach Lütken=Nemerow mit Pferde vnd wagen, daselbst die bawleute pflügen, mist vnd holzfuhren vnd das Augstkorn zu meyen vnd einzuführen.

In demselben dorff wohnen neun Pauwers=Leute mit dem schultzen vnd sechs Kotzen 3 ), haben vnterm pflugk 52 hueffen. Der Acker ligt in drey feldern oder Brackschlegen.

Der Schulte hans Budde. Das schultzen Ampt erbet Sohn vnd Tochter vnd entfenget die Lehen vom hauße Nemerow, die muß er mit 10 fl. lösen, hatt zum schultzen Ampt vier hufen vnd zwo wurden. Imgleichen gebrauchet er noch eine halbe wueste Huesen.

Das Dorff Großen Nemero.

Diß Dorff gehoret zum Hause vnnd Comptorey Nemero mit den strasen gericht, Kirchen Lehen, hogst vnnd seidst, vber hals vnd handt, auff vnd ablaß.


1) Dieses Amtsbuch ist sehr umfassend und enthält alle Leistungen vollständig in einzelnen Aufführungen. Es ist hier nur excerpirt, was für die Ortsverhältnisse von allgemeinem Interesse ist.
2) Zu der Comptoreyen Nemerow Sitze gehören achte Dörffer, dar vnter zwei Dörffer, als Kl. Nemerow vnd Stauen, dieselben gehören der Compterey alleine zu; auß den übrigen sechs dörffern haben I. F. G. dienste vnd auch pächte zu vordern. (Inv. v. 1641).
3) Itzo leben im selben Dorff 3 pauren. (Inv. v. 1641).
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In diesem Dorffe ist eine Pfar Kirche, die hat die Comtorey zu uorlehnen.

Die Pauleute, welcher 17 seint, pflügen nach Lütken Nemerow den hoffacker etc. .

In diesem Dorffe wohnen 17 Bawleute oder Husener mit dem schultzen, haben unter ihrem Pflugen 42 Hufen Landes vnd Kotzen haben ihre worde 1 ). Der Acker liegt in drey Brackschlegen oder feldern.

Der Schulthes Chim Spolenholtz. Das schulzen Ampt erbet auff sohn vnd tochter, vnd empfangen die Lehen vom hause Nemerow, die mus er losen mit 15 fl., hatt zum schulzenampt drei huesen.

Hernach folget, was Hertzog Johanns Albrecht in diesem Dorff für gerechtigkeit hatt. Erstlich mußen die Bauwleute semptlichen nach Strelitz vnd sonsten außerhalb Landes ein jeder mit einem pferde die wochen woll zwey mall dienen, also das man sie zu Dienste erfordert, mussen sie vier wagen zu dienste ausmachen etc. .

Die Kotzen dienen vmb 14 Tage nach Strelitz mit der handt.

Darnach mus der Schultze mit vier persohnen vnnd einen Wagen, uff der Ampt leute zu Strelitz erfordern, nicht weiter als Strelitz vnd Brandenburgk dienen.

Geben Strelitz semptlich:
1 Pacht ochsen.
4 Schnit schaffe
7 Gense.
3 Drompt 7 scheffel meide habern.
3 Drompt 7 sch. Bede Korn.
3 Drompt 4 sch. schwein ablager habern.

Vnd gibt ein ieder hufener, so dritehalbe hufen hatt, 5 Marck 7 1/2 witten Ritterbede nach Strelitz, vnd der Schultze von einer hueffen 1/2 fl.

Auch wan hertzogk Hans Albrecht nach Strelitz kompt, geben sie Eyer vnd huner.

Der Linnweber Jochim Meister Knecht, so vff vorwillgunge des sehl. Herrn Comptoren ein häußelein für seines Vatern hofe an der straßen gebauwet, muß jehrlich geben 1 (unbekannte Maßeinheit vermtl. Pfund) pfeffer vnd muß vnterzeiten nach der heiden oder


1) In diesem Dorffe haben gewonet 16 Bauerleute vnd drey Cossaten, itzo wonen wider dar in 6 bauwleute. Zu diesem Dorffe gibet die Compterey den Vnterthanen Hoffwehr vnd nimet sie wider zu sich, wen ein Hoff wüste wirdt. (Inv. v. 1641).
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sonsten kurze Reisen thun bey seiner vncosten, Item nebst den andern einliegern alhie handt dienst thun.

Das Dorff Rouenn.

Das Dorff Rouen gehöret zum Hause vnd Comtorey Nemero mit den Straßen gerichten, hogst vnd seidst, vber halß, handt, auff vnnd ablaß.

In diesem Dorff ist ein pfarkirche, die vorleyen alle Ilenfelde.

Die Bauwleute, welche zehen sein, pflügen zwey tage zur Bracke etc. .

In demselbigen Dorffe wohnen 11 Bauwleuthe mit dem schultzen vnd haben unter ihren pflugen 30 hueffen Landes vnd zwe Kotzen gebrauchen ihre wurden 1 ).

Der Acker ligt in dreyen feldern, sint nicht gleich groß, seyen in einen ieden morgen gemistet land 2 scheffel.

Daß schultzen ampt erbet auff sohn vnnd tochter, aber muß die Lehen vom Hause Nemero gleich wie Andere empfangen vnnd mit 15 fl. losen, hatt zum schultzen Ampt 4 hueffen. - Der Schultze dienet hertzogen Johannes Albrecht mit einem lehen pferde, auch wol mit pferden vnnd wagen, wan man ihme erfordertt.

Viedt Bheann, Claus Gerdeloff, Chim Roloff, Hans Voß, diese obgemelte Bauren dienen hertzog Johannes Albrechten nach Stargardt borchdienst, wan man ihrer bedurfftig etc. .

Das Dorff Lütken Nemero.

Dieß Dorff gehoret zum Hause vnd Ambt Nemero mit allem recht, hohest vnd siedest, vber halß vnd handt, auff vnd ablaß, vnd der dienst mit aller gerechtigkeit vnd zubehorunge.

In diesem dorffe ist ein Kirche, die leute müßen die Kinder nach großen Nemero tragen vnd daselbst taufen lassen. Ihre todten werden bisweilen auf den Kirchhoff zu Lütken Nemero begraben etc. .

Holen alle Quartal die Mühlenpacht von der heide auß den dreyen Mühlen daselbst, wirt ihnen zu essen vnd zu trinken gegeben.

Die Cosseten dienen mit dem Leibe, wan vnd worzu man sie bedürfftig etc. .

In dem Dorffe wohnen vier bawleute vnnd vier kotzen.


1) Dieses Dorffes einwonern gab die Compterey hoffwehre. (Inv. v. 1641).
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Haben auch freie mast zu ihren schweinen zur notürfftigen Haußhaltunge, vnd wan mast vorhanden, spinnet ein jeder ein pfundt heden garn.

Der Acker, so zum Hause belegen vnd gebrauchet wirt, ist ein herlicher, guter boden, daruff guter Rocken, Gersten vnd Haber vnd ander Korn kan gebawet werden, vnd wirt ordentlichen in drey felder oder brackschlege getheilet.

Die Bauwleuthe zu Großen Nemero, welcher 13 sein, pflügen zu dem Rockenfelde etc. .

Eß pflügen die 11 Bawleuhte zu Roua zwey gantze tage zu allen dreyen fahren etc. .

Waß nun die vorbenandten Bawren an diesem acker nicht begaten oder vmbbringen, müßen die Bawleuthe vnd Coßaten zu Stauen mit ihren pfluegen und hacken pflügen vnd vmbringen, vnd auch von alters hero bei den alten Comtorn Zeitten ein jeder mit einer eggen den Acker zu eggen helffen.

Die Lütken Nemeroschen, welche vier bawleuthe vnd vier Coßeten sein 1 ), müßen in obgemelten acker alles Korn winter= und sommer saet seyen, die bawleute zu aller saet eggen etc. .

Die großen Nemeroschen semptlich meyen vnd binden einen tagk in Rocken etc. .

Ein fertig wassermuelle mit einer glinde liegt vor dem hoffe, ist ziemblich gebawet. Die Metzen dauon kommen dem hause zum besten, tregt jehrlich vngefehr 15 Wispel alles Korn.

Das Dorff Dabelow 2 ).

Dis dorff gehoret zuer Compterey vnnd hause Nemero mit dem straßen gericht, Kirchenlehen, hogst vnd sidest, vber hals vnd handt, auff und ablaß.

In diesem Dorffe ist eine pfar Kirche, die hatt die Comptorey zu uerleihen.

Die Pauren in diesem Dorffe dienen deß Jahr drey mahl mit pferde vnd wagen nach L. Nemero, entweder sie führen Rohr, so auff der heide geworben, oder Bawholz, Latten oder Bahlen.

Die Coßate dienen nicht mehr, dan das sie, wo eß notig, bawholtz abhawen vnd daß rohr abwinnen helffen vnd die Fischerreisen bestellen.


1) Itzo wonet ein paur darin. (Inv. v. 1641).
2) Folgen die Heidtdörffer. Die Comptorey hatt vff den dörffern einen Heitvoget gehalten, der wart von der Compterei besoldet, aber daselbst vff den dörffern mit freyen essen vnd trincken vnterhalten. (Inv. v. 1641).
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Der Schultze in diesem Dorff muß alwegen, wan die reiße an ihme, die Fische, so auff der heide gefangen, nach Nemero führen.

In diesem Dorffe wohnen 13 Bawleute mit dem schultzen, vnd ein müller, vnd ein schmidt, ein schneider, haben vnter ihren pfluegen 15 huefen landeß; so sie nach Strelitz verlandbeden, vnd zwey Coßeten höffe.

Keine sonderliche wischen, jedoch berichten die Pauren semptlich, daß eine wische, die Kastagelichsche wische genandt, zu dem Dorffe belegen, welches sie von alters hero alle wegen gebrauchett, vnd konnen des Jahrs vngefehr 2 Fuder heugraß vnd eine pahr stiege schoffe rohr werben vnd waß sie vffm Brackentin werben können.

In dieser Dabelowschen Feltmarkt liegt noch ein wüste Feltmarkt, Brockentin 1 ) genandt, dieselbe wirt was von Acker darauff vorhanden, von den pauren zu Dabelow vmb die geburliche Pacht gebrauchet etc. .

Diese Pauren zur Mühlen nach Dabelow, welche Mulle nur einen ganck hatt, nach Nemerow gehöret, vnd wirt jherlich die pacht dan dahin gegeben.

Das Schulzengerichte erbet auff manliche leibes erbenn, nur die lehen von der herschafft von Lütken Nemero entfangen vnd mit 10 fl. lösen, hatt zum schultzengerichte I 1/2 hueffen, mus sie nach Strelitz vorlandbeden vnd was noch vor Acker vormuge des Lehnbrieffes zu dem schultzengerichte gelegen, giebt pacht: V mr. für ein Lehenpferdt, 1 W. Habern.

Das Dorff Wokuhl.

Daß Dorff gehoret zum Hause vnd Comptorey Nemero mit den straßen gerichte, Kirchen lehen, hohesten vnd seidtsten, vber hals vnd handt, auff vnd ablaß.

In diesem Dorffe ist eine pfarkirche, die hatt die herschaft zu L. Nemero zu verleihen, die leute haben alldar ihre Tauffe vnd begrebnus.

Die pauren in diesem Dorffe dienen der Herschaft zu L. Nemero dreimahl im Jahre mit wagen vnd pferden, wortzu


1) Hiebei ist noch ein wüßtes feldt der Bröckentin genant, gehöret nach der Compterey.
Vff dem bräckentin liget ein Acker im holtze vnd ein grandt sandigt landt; selbiges ist vor langen jahren von pauersleuten die Bötinen genannt von der Compterey verlenet gewesen, selbiges hatt einer an sich gekaufft mit nahmen Ziman Meineke, derselbe hat vff befehl des sehl. Commendators Henninck von Gristow etc. . vff selben Acker eine geringe wohnung gebauwet, derselbe gibet vor die wohnung alle jahr 12 sch. roggen. (Inv. v. 1641).
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sie erfodert werden etc. . Der Kotze zu Wokuhl dienet nichts den das er die Fischereisen vormeldet etc. .

In diesem Dorffe wohnen neun Pawleuhte mit dem Schultzen, haben vnter ihren pflügen 17 1/2 huefen landes, vnd einen Koßeten hoff 1 ).

In dieser feltmarkt ist noch eine wüste feltmarkt, der Gardo genandt, belegen, der acker, so darauff vorhanden, wirt von den Pauren zur huer gebrauchet 2 ).

Auf dieser feltmarkt Gardow liegen drey sehen, zwei groß vnd ein klein, werden nach Nemerow befischet.

Haben Straßenbringk darauff man lien sehen kan.

Diß Dorff sampt der Feltmarkt grenzett mit den nach beschriebenen dorffern, als nemlich mit den Grammertinschen vnd Hertzwoldschen Feltmarken, auch mit der wüsten feltmarkt Gardow; die wüste feltmarkt Gardow grenzet mit den Godendorffschen, mit den Brackentinschen feltmarkten, haben keine irrung.

Gehoren zur mühlen nach Dabelow.

Erstlich Schultze Chim Mantzell. Das Schultzengerichte erbet auff Sohn vnd Tochter, mußen die Lehen von der herschafft zu Nemerow entfangen vnd mit 10 fl. losen, hatt zum Schultzen hoffe zwey hueffen landes vnd waß sonsten vor acker mehr zum Schultzengerichte vormuge des Lehenbrieffes belegen etc. .

Die Pauren semptlich geben nach Nemerow von dem hoffacker auf dem Gardow 1 wispel rocken, 2 sch. buchweitzen, es wirt der acker beseet oder nicht.

Das Dorff Gudendorff.

Dieß Dorff gehoret zur Comptorey vnd hauße Nemerow mit den Straßen gerichte, Kirchenlehen, hochst vnd seidst, vber hals vnd handt, auff vnd ablaß.

In demselbigen Dorffe ist ein pfar kirche. hatt die herschafft zu Nemerow zu uorleihen, die Leute haben aldar ihre Tauffe vnd begrebnuß, geben dem Predicanten, so zu Dabelow wohnet, den vierzeittenpfennig etc. .

Dir Pauren in dießem dorff dienen des Jahrs dreimahl mit Pferdt vnd Wagen nach L. Nemero etc. .


1) In diesem Dorffe hatt die Compterey Hofwehr gegeben vnd wen höue wüste geworden, auch wider zu sich genommen, setzet vff vndt ab, erleßet vnd behelt, gleich wie in andern Dörffern. (Inv. v. 1641).
2) Bei diesem Felde ist noch ein wüstes landt, der Gardow genant, gehöret nach der Compterey vnd gehöret nicht zu des Dorffes huuenschlagk, wen die pauren dan vff haben sehen wolden, so haben sie absonderliche pacht dauon geben müssen. (Inv. v. 1641).
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In dießem Dorffe wohnen acht Pauleute mit dem Schultzen, darnach der Moller vnd des Pastorn Pawer, haben vnter ihren Pflugen neuen Hueffen 1 ). Ob sie wol etwas mehr an Acker haben, so ist derselbe doch mit holtz bewaren vnd liegen viel sehepfuze vnd Mohre darauff, das man ihne nicht gebrauchen kan vnd werden nicht mehr alß achte hueffen nach Strelitz verlandbedet. Der Acker liegt in dreyen Schlegen etc. .

Uff dießer feltmarckt liegt ein waßermulle mit einem glinde, gehoret nach Nemero, gibt alle jahr 36 sch. Rocken Pacht.

Haben keine straßen brinke, darauff man lein sehen kann.

Das Schultzenampt erbt auf menliche leibeserben, muß die lehen von der herschaft zu Nemero empfangen vnd mit 10 fl. losen, hatt zum Schultzengerichte eine huefen, so nach Strelitz verlandtbedet wert etc. .

Coßeten wohnen in diesem Dorfe nicht.

Hernach volget, was hertzogk Johannes Albrecht in dießem Dorfe hat.

Erstlich haben dieße Pauren semptlich ein wuste feltmarckt, Dreffin genandt, so nach Strelitz belegen, zur huer etc. .

Das Dorff Gnewitz.

Das Dorff gehoret zur Comptorey vnd dem hauße Nemerow, mit dem Straßen gerichte , Kirchen lehn, hochst vnd siedest, vber halß vnd handt, auff vnd ablaß.

In demselben dorffe ist ein Pfarkirche, die hatt die herschaft Nemerow zu uorleihen, die leute haben aldar ihre tauffe vnd begrebnuß, geben den prädicanten, so zu Dabelow wohnet, den vierzeitenpfennigk etc. .

Die Pauren in diesem dorffe dienen des Jahres 3 tage mit Pferde vnd wagen, wan sie erfordert werden, nach Nemerow etc. .

In dießem dorffe wohnen acht Bawleute mit dem Schultzen, 2 ) haben vnter ihren Pflugk 16 huefen, werden nach Strelitz verlandbedet etc. .

Auff dieser feltmarckt ligt eine waßer Mulle mit einem glinde, gehoret zur Comptorei Nemerow, gibt jehrlich 60 sch. Roggen.

Haben keine Straßenbrinke.


1) Gibet die Comptorey an disem Ohrte den Vnterthanen Hoffwehre und nimet sie wider zu sich, erleßet vnd beheldt, setzet vff vnd abe. (Inv. v. 1641
2) Die Comterey gibet vnd nimet die Hoffwehre, setzet vff vnd abe, erleßet vnd beheldt. (Inv. v. 1641).
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Das Schultzengerichte erbet vff menliche Leibeslehnserben, muß die lehn von der herschaft zu Nemerow empfangen vnd mit 10 fl. lößen, hatt zum Schultzen Ampte zwei huefen landes, so nach Strelitz verlandtbedet werden, vnd was er mehr vermuge des lehnbrieffes bei dem Schultzengerichte hat, gibt 20 gr. vor ein Lehnpferdt

1 wispel Ablager Haber

l 1/2 Pfd. wachs zum Gottes Hauße Lütken Nemerow.

Dem Schultzen in dießem Dorffe werden jehrlichen von der Nachbarschafft, welches in dem Dorffe vmbgeht, vier Hüner gegeben, vnd welcher das Jahr dem Schultzen gibt, derselbe gibt kein Huenergelt nach Nemerow etc

Folget die gerechtigkeit, so hertzogk Hans Albrecht in diesem Dorffe hatt.

Erstlich haben die Pauwren ein wueste feltmarke die Lebbe genannt, darauff sie ihre Hütunge haben, gehoret nach Strelitz etc. .


Summa Sumarum
aller jehrlichen Einkommen
der Comptorei Nemerow.


175 fl. 18 1/2 s. 3 pf. an gelde.
22 drombt 5 sch. Roggen, wan er gantz eingenommen.
2 drombt 5 sch. gersten.
14 drombt 7 sch. habern.
1 Pacht Ochsen.
4 schnitt schaffe.
1 sch. Weitzen.
3 sch. Buchweitzen.
1 sch. hampffsaat.
1 stein hampff.
10 gense.
163 huener.
IX schock eyer, 38 Eyer.
14 Pfd. wachs.
2 becker honigk..


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Volget was vngefehr
van der Comptorei vnd derselben Einkommen
jehrlichen abgehet.

Erstlich 2 tage vnd Nacht beiden Fursten Ablager, so starck sie mit Ihrme gantzen hoffgesinde kommen.

32 goltgulden Respons den hern.
20 fl. hulffgelt.
50 fl. vngefehr gesinde Lohn.
25 fl. den Pastorn vnnd
1 demselben.

Bericht vom Ablager.

Es berichtet Johannes Koch der Alte, bei Hertzogk Heinrichs Zeiten gewesener Kuchmeister zue Stargart, itzgemelter hertzogk alle jahr 40 fl., dergleichen 40 fl. Hertzogk Hanß Albrecht von der Comptorei, wan Ihr f. g. die Ablager nicht bezogen, zu haben gehabt vnd bekommen haben, welche er zu etlichen mahlen selbsten von den vorigen Comptors empfangen vnd zu Register gebracht.