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III. Verschiedene Nachrichten.

Ueber ein parchimsches Götzenbild.

Vor etwa 2 Jahren hatte Herr Archivar Lisch zu Schwerin die Güte, mir mitzutheilen, daß der Kaufmann Heyden hieselbst bei seiner Anwesenheit in Schwerin erzählt habe, er besitze ein metallenes Götzenbild, welches er vor einigen Jahren im Sonnenberge gefunden habe. Ich begab mich hierauf sogleich persönlich zu Herrn Heyden, welcher mir als ein sehr glaubwürdiger Mann bekannt ist, um mich nach der Wahrheit dieser Erzählung zu erkundigen. Derselbe versicherte aber, daß er gar nichts von einem solchen Funde wisse, auch seit mehreren Jahren nicht in Schwerin gewesen sei, so daß hier eine Verwechselung zum Grunde liegen müsse.

Vor einiger Zeit indeß erfuhr ich durch eine Tochter des Herrn Heyden, daß es mit dem Funde dennoch seine Richtigkeit habe. Vor etwa 8 - 10 Jahren nämlich habe ihr Vetter, Sohn des Kaufmanns Heyden zu Sternberg, welcher damals die hiesige Schule besuchte, mit andern Knaben im Sonnenberge gespielt und dort am Fuße des Vitingsberges

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eine kleine, etwa 6 " hohe Figur von Metall - sie meine Eisen - gefunden. Sie habe diese Figur öfter gesehen und sei dieselbe nach ihrer Erinnerung der Abbildung des Götzen Parchum sehr ähnlich gewesen, welche sich in Cleemanns Chronik finde, namentlich habe sie eben solche Zacken (Strahlen) um den Kopf gehabt. Ob sich eine Inschrift darauf befunden, wisse sie nicht mehr.

Auf diese interessante Nachricht wendete ich mich sofort an die Mutter des Knaben, - der Vater war inzwischen gestorben -, nach Sternberg, welche aber nichts von der Sache wußte, und eben so erfolglos waren meine Erkundigungen bei dem Sohne selbst, welcher zur Zeit Handlungsdiener in Hamburg ist. Die Figur ist also wahrscheinlich für immer verloren, doch bleibt ihre spätere Wiederauffindung möglich, und daher gegenwärtige Nachricht über ihren ersten Fundort vielleicht nicht ohne Interesse.

Ueber den obgedachten Vitingsberg vgl. Cordesii Chronik (bei Cleemann S. 12 u. 13) und Cleemann S. 576 (im Index). Es ist dies ein fast kegelförmig zugespitzter Hügel in dem Sonnenberge bei Parchim von bedeutender Höhe und mit alten Buchen bestanden, an dessen Fuße im vorigen Jahre auf Betrieb einer Actiengesellschaft ein Braunkohlenwerk angelegt ist. Grade auf der Spitze desselben befindet sich eine etwa 12' tiefe Senkung, welche von der Sage für die Höhle eines Räubers, Viting, erklärt wird, und daher von Alters her den Namen Vitings=Keller führt. Der Name des Räubers erinnert an die Withingi bei Adam. Brem. de situ Daniae c. 212: Aurum ibi (in Seeland) plurimum, quod raptu congeritur piratico. Ipsi enim piratae, quos illi Withingos appellant, nostri Ascommannos, regi Danico tributum solvunt, ut liceat eis praedam exercere a barbaris etc. Diese Räubereien fallen hauptsächlich in das Ende des 10. Jahrh. Unser Viting scheint also kein eigentlicher Personen=Name zu sein, sondern bezeichnet im Allgemeinen einen Räuber, und die jedenfalls sehr alte Sage, welche sich an diesen Namen knüpft, stammt vielleicht aus der Zeit der Verdrängung des slavischen Heidenthums durch die siegenden Sachsen, als die Reste der Slaven häufig gezwungen waren, sich und ihre Heiligthümer in die Wälder zu flüchten, von wo aus sie die sächsischen Ansiedler durch Räubereien beunruhigten.

Zu einem solchen Schlupfwinkel scheint unser Vitingsberg nach seiner Lage wohlgeeignet, und hat es daher gar nichts Unwahrscheinliches, daß die auf seinem Gipfel befindliche Grube wirklich einst Räubern, namentlich flüchtigen, dem Dienste ihrer

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alten Götter ergebenen Wenden zum Aufenthaltsorte gedient habe. Dann aber könnte es auch nicht weiter auffallen, wenn grade hier ein altes Götzenbild gefunden sein sollte.

Cleemann ist zwar geneigt, diese Grube für einen Erdfall zu halten, allein der Augenschein läßt keinen Zweifel darüber zu, daß sie von Menschen=Händen gegraben ist, wie dies namentlich die am Rande der Grube wallartig aufgeworfene Erde beweist. Uebrigens hat eine nähere Untersuchung, welche der Herr Bergbau=Conducteur Mengebier im vorigen Jahre auf meinen Wunsch im Innern dieser Grube durch tieferes Ausgraben derselben anstellen ließ, nichts von Interesse zu Tage gefördert.

Parchim, im November 1842.

W. G. Beyer.