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VI.

Ueber

die Hohe Burg bei Schlemmin

von

G. C. F. Lisch.


Z u den am meisten besprochenen Localitäten im Lande gehört die sogenannte "Hohe Burg" bei Schlemmin, in der Nähe von Bützow und Warin, zwischen den Kirchdörfern Moisall und Qualitz, fast in der Mitte des Landes. Weit und breit ist die bedeutende Waldhöhe, deren höchster Gipfel durch mehrere frei stehende Buchen bezeichnet wird, sichtbar. Nach der zuverlässigen Mittheilung preußischer Ingenieure, welche im J. 1840 die Ostseeküste aufnahmen, ist die Hohe Burg fast an der ganzen meklenburgischen Küste von Ribnitz bis gegen Dassow, ja noch über Ribnitz hinaus in Vorpommern sichtbar, und bildet für Triangulirungen den wichtigsten Punct im Lande 1 ). Nach den Höhenmessungen des Hauptmanns von Seydewitz (1816) liegt die Hohe Burg 513' über dem Meere und ist also die bedeutendste Höhe innerhalb des Landes, da nur der Ruhnenberg bei Marnitz an der märkischen Grenze höher ist: 598' hoch.

Die Hohe Burg liegt auf der Spitze einer Landhöhe oder eines Bergrückens, der sich von Moisall gegen Jabelitz, von N. gegen S. allmählig erhebt und in der Nähe von Jabelitz abfällt; die Hohe Burg liegt Jabelitz am nächsten, zwischen Jabelitz und Schlemmin. Von Moisall gelangt man bald in die Schlemminer Forst; hier steigt man gleich allmählig immer auswärts, die Höhen mehren sich immer mehr und mehr, bis man ungefähr nach einer Stunde auf die Spitze eines schmalen Bergrückens gelangt, welche durch eine Umwallung bezeichnet ist: dies ist die sogenannte Hohe Burg.


1) Für künftige trigonometrische Landesvermessungen ist die Erhaltung der einzeln stehenden Buchen auf der höchsten Spitze von der größten Wichtigkeit, da durch diese die Spitze der höchsten Erhebung bezeichnet wird.
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Die Hohe Burg bildet ein Oblongum von 200 Schritten Länge; es ist von einem ziemlich hohen Wall umgeben, um den ein Graben läuft: der Wallgraben hat einen Umfang von 725 Schritten (zu 2 Fuß). Gegen N. und S. hin bilden Durchschnitte durch den Wall zwei Einfahrten, welche auf den Landrücken weiter führen; an den übrigen Stellen geht der Burgwall in eine bedeutende Tiefe hinab. Nach Jabelitz hin, gegen S., liegt in einiger Entfernung eine zweite niedrigere, noch weiter hinaus eine dritte Umwallung vor der Burg. Auf der nächsten Terrasse unterhalb der Burg, östlich gegen Schlemmin hin liegt ein kleiner See, der "Schwarze See" wahrscheinlich das höchste Wasserbecken im Lande.

Die Aussicht von der Hohen Burg ist, so viel davon der Wald an einigen lichten Stellen von dem Walle aus gewährt, wahrhaft entzückend; man überschaut ohne Zweifel den größern Theil von ganz Meklenburg und die bedeutende Höhe giebt der Landschaft durch die von Höhen eigenthümliche Beleuchtung einen eigenen Reiz: es dürfte die Schlemminer Waldhöhe die einzige Stelle im Lande sein, welche ganz den Gebirgscharakter hat.

Ueber die Schicksale der Hohen Burg schweigen die Urkunden und Chroniken fast ganz. Nur eine Urkunde vom J. 1264 (in Westph. Mon. IV, p. 937) erwähnt ihrer mit denWorten:

"Fluvius veniens de monte Slemmyner Borch, dividens agros villanorum de Slemmyn et Moysalle". Also schon im J. 1264 war die Burg nichts weiter als ein Berg, auf welchem keine Burg mehr stand. Außer der Umwallung giebt es keine Spur von Trümmern auf dem Burgwalle; denn einige Feldsteine, welche an der nördlichen Einfahrt liegen, sind nicht für Trümmer zu rechnen; es kann daher weder von einem "verfallenen Bergschlosse", wie der Staatskalender die Waldhöhe nennt, noch von Trümmern die Rede sein. Die mächtige, zähe, sechshundertjährige Decke der vermoderten und mit Wurzeln durchzogenen Waldvegetation vereitelte jedes tiefere Eindringen in den Boden, als ich am 4. Aug. 1841 den Burgwall besuchte, und der Wallgraben war so sehr mit dichtem jungen Baumwuchs bestanden, daß sich nur mit der größten Anstrengung eine Messung vornehmen ließ.

Im Herbste d. J. hat der Herr Förster Krüger zu Schlemmin im Auftrage des Vereins acht Tage hindurch unter seiner Leitung an vielen Stellen des innern Burgplatzes und der innern Seite des Burgwalles umfangreiche und tiefe Nach=

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grabungen anstellen lasssen, jedoch gar nichts gefunden, was auf eine frühere Bewohnung des Platzes hindeuten könnte. Es läßt sich daher annehmen, daß die Umwallung nicht aus der wendischen, sondern aus einer viel frühern Zeit stammt, wo Geräthe noch seltener waren, und vielleicht eine religiöse Bestimmung hatte; auf eine wendische Burgstätte deutet nichts.