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2. Alte Dorfstelle etc. . bei Gr. Freienholz.

Im freienholzer Forst, im sogenannten Kriegholze, etwa 1500 Schritte von Gr. Freienholz, am Wege nach Dänschenburg, befinden sich die Ueberreste eines großen (muthmaßlichen) Dorfes, da die noch vorhandenen, theils gut conservirten Steinmauern, Fundamente, Brunnen und Backofenstellen noch sehr genau den Platz bezeichnen, wo vormals Gebäude gestanden haben; bei genauer Beschauung der verschiedenen Objecte aber siehet man selbst, wo jeder einzelne Hauswirth gewohnt hat. Daß die Verwüstung dieses großen Dorfes sich lange vor dem Beginne des dreißigjährigen Krieges zugetragen habe, bezweifle ich aus folgenden Gründen nicht.

Meine ältesten Forstarbeiter, Männer von 70 bis 80 Jahren, versichern, daß sie hier schon vor 40 bis 50 Jahren auf der genannten Dorfstelle, die noch jetzt mit hartem und weichem Holze allenthalben auf bestanden ist, Eichen von 36 Zoll Stammdurchmesser abgehauen haben; auch jetzt noch stehen dort Eichen von 3 bis 4 Fuß Diameter. Wollte man nun annehmen, daß die Verwüstung des Dorfs im dreißigjährigen Kriege geschehen sei, so widersprechen dem jene dort noch lebenden Exemplare Eichen von 3 bis 4 Fuß Durchmesser mit vieler Bestimmtheit, da Eichen in einem solchen Zeitraume nicht zu dieser Größe aufwachsen können, sondern mindestens 100 Jahre mehr bedürfen, um, auf hiesigem Boden, eine solche Stärke zu erreichen; überdies haben jene Bäume anscheinend schon ungefähr 100 Jahre ohne merklichen Zuwachs, zumTheil im Wachsthum stillstehend und absterbend, dort gestanden: so daß man hiernach den Eichen auf jener alten Dorfstelle ein Alter von mindestens 400 Jahren zuzugestehen sich veranlaßt finden dürfte.

Im freienholzer Forst, in unmittelbarer Nähe der alten Dorfstelle, befindet sich auch ein Torfmoor, wo meine Torf=

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arbeiter, circa 7 Fuß unter der Oberfläche, Bunde Flachs in durchaus haltbarem Zustande auffinden und zu Tage fördern; sobald aber der Flachs einige Tage der atmosphärischen Luft bloßgestellt ward, verlor derselbe seine Haltbarkeit und ward mürbe.

Höchst wahrscheinlich haben jene Dörfler dort, in einem damaligen Wasserbehälter, ihren Flachs zum Röthen eingesenkt, und sind, ehe sie denselben zum weiteren Gebrauche wieder hervorholen konnten, zusammt ihren Wohnungen vertilgt worden; es läßt sich nicht annehmen, daß aus Nachlässigkeit dieser Flachs dort verloren sein sollte, da man an verschiedenen Stellen, bei der Ausgrabung des Torfs, ein solches Product hervorholt.

Wäre aber meine Vermuthung hinsichtlich der Art, wie der Flachs hieher gekommen sei, richtig, so würde hier ein neues Zeugniß vorliegen, daß der Zeitraum von der Verwüstung jenes Dorfes bis jetzt viel größer sei, als 400 Jahre. Denn das genannte Torfmoor hat folgende Bestandtheile. Unter der Oberfläche befindet sich:

1) eine Schicht guten Torfs von 2 Fuß Tiefe; dann kommt
2) ein Lager von großen, noch sehr festen Kieferstämmen (Pin. sicoestris), an der Stelle, wo der Baum abgehauen ist, 24-34 Zoll im Durchmesser haltend, die nicht durch die Gewalt der Elemente umgestürzt wurden, sondern noch die Spur der Axt an sich tragen; endlich
3) unter den Stämmen steht noch eine Schicht guten schwarzen Torfs von 2 Fuß Tiefe, welche den vorgefundenen Flachs unter sich verborgen hatte.

Wird also diese Stelle als früherer Wasserbehälter betrachtet, so muß derselbe damals, als Flachs darin geröthet wurde, von beträchtlicher Tiefe gewesen sein.

Wenn mm auch bekanntlich in einer gewissen Wassertiefe, wo Boden und Lage dazu geeignet ist, durch das successive Anhäufen von vegetabilischen Substanzen sich eine Torfschicht bildet, die nach und nach weiter empor kömmt und so endlich das Wasser ganz verdrängt, - so ist dazu doch, zumal in dieser niedrigen, wasserreichhaltigen Gegend, ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich. Daß nun ferner auf der trocken gewordenen Torfschicht sich Nadelholz anbaute, (vermuthlich durch Besaamung von nicht allzufern stehenden Kiefern), welches bis zu der Zeit, da es abgehauen worden, ein Alter von 120-150 Jahren erreicht haben dürfte (dies beurkunden die noch vorhandenen Stämme) und daß sich endlich über den abge=

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hauenen Kieferstämmen ein neues Torflager von 2 Fuß Höhe bildete, das deutet ebenfalls wieder auf einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum hin.

Alle diese verschiedenen Thatsachen zusammen gestellt, ergiebt sich die Folgerung:

daß von der Zeit an, da der gefundene Flachs dort ins Wasser gesenkt wurde, bis zur gegenwärtigen Zeit über ein halbes Jahrtausend verflossen sein kann.

Wilpert, Förster zu Gr. Freienholz 1 ).


1) Der Verein verdankt diese interessante Mittheilung der Vermittelung des Herrn Hauptmanns von Restorff zu Bützow.