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3. Die Kirchen zu Hohen=Vicheln, Neukloster, Warin, Tempzin, Rühn und Bützow, und die Burg zu Warin,

Reisebericht des Herrn Archivars Lisch und des Herrn Hofmalers Schumacher zu Schwerin.

Auf die sichere Anzeige, daß die ehemalige Residenz der Bischöfe von Schwerin, das jetzige Amtshaus zu Warin, noch im Laufe des Sommers 1838 abgebrochen werden solle, hielt der Ausschuß des Vereins im Geiste seiner Zwecke es für nöthig, das Aeußere dieses alten Gebäudes durch genaue und gute Zeichnung für die Zukunft zu erhalten. Eine schon früher erworbene Zeichnung genügte nicht; der Ausschuß beauftragte daher den Hofmaler und Vereins=Antiquar Schumacher, sich nach Warin zu begeben, um eine Zeichnung des Gebäudes aufzunehmen. Durch die vorstehenden Reiseberichte des Archivars Lisch veranlaßt, sprach der Ausschuß den Wunsch aus, daß dieser den Hofmaler Schumacher auf der Reise nach Warin begleiten und beide im Verein die geschichtlichen Merkwürdigkeiten von Warin und den nahe bei dieser Stadt gelegenen Kirchen und ehemaligen Klöstern untersuchen möchten. Der Hauptzweck der Reise war die Zeichnung der Burg von Warin; dieser Zweck ist durch die eingelieferte Zeichnung vollständig erreicht. Zugleich aber sind auch Proben der Merkwürdigkeiten aus den Kirchen und Klöstern zu Vicheln, Neukloster, Tempzin und Bützow in Zeichnungen eingereicht und von den nachfolgenden Beobachtungen begleitet, welche theils als Ergänzungen der vorstehenden Reiseberichte und Erläuterung der Zeichnungen, theils als Anregung zu künftigen gründlichem Untersuchungen und vollständigern Zeichnungen angesehen werden können.

Die Kirche zu Hohen=Vicheln.

Die Kirche zu Hohen=Vicheln am nördlichen Ende des schweriner Sees ist in ihrem Bau wohl eine der merkwürdigsten und schönsten Landkirchen in Meklenburg. Sie bildet ein Rechteck und ist im Innern mit drei Reihen von Gewölben bedeckt. Diese Gewölbe werden von acht runden Säulen getragen, so daß die Kirche einen größern Mittelraum und zwei Seitengänge hat; das östliche und das westliche Ende der Kirche haben quer über einen größern Raum, als die übrigen Vierecke zwischen den Säulen. Die Säulen sind

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schlank und verlieren sich ohne Absätze und Kapitäler in die Gewölberippen; die Gewölbe sind in engen Spitzbogen auf die Säulen gesetzt. Die Säulen sind mosaikartig abwechselnd mit glasurten grünen und nicht glasurten hochrothen Ziegeln bekleidet; leider bedecken diesen Schmuck jetzt mehrere Kalkschichten, welche bei den unheilvollen "Renovirungen" der letzten Jahrhunderte aufgetragen sind. Der ganze, reine Bau mit seinen schönen Verhältnissen, seinen schlanken Säulen, seinen hohen und kühnen Gewölben, seinen großen (jetzt zu Vierecken vermauerten) Fenstern in Spitzbogen, seinem dunklen Westraume, — macht einen höchst wohlthätigen Eindruck, den die Würde des Styls zunächst veranlaßt. Der Bau stammt ohne Zweifel aus der ersten, besten Zeit des Spitzbogenstyls in Meklenburg, aus dem 13. Jahrhundert 1 ). Das Material, aus dem die Kirche erbaut ist, ist ganz vorzüglich; die Säulen klingen, wenn man nur mit dem Fingerknöchel an dieselben klopft, als wären sie hohl; einer der frühern Prediger soll deshalb eine Säule haben anbohren lassen, aber weder zu einer Höhlung, noch zu vermauerten Seltenheiten gelangt sein.

Von dem alten Schmuck der Kirche steht nichts mehr an seiner Stelle, jedoch ist noch manches Beachtungswerthe aus der katholischen Zeit in den Hintergrund gestellt. Eine alte hölzerne Statue eines Helmold von Plessen, welche jetzt in einer Fensternische neben der Kanzel aufgestellt ist, ist schon im Freimüth. Abendbl. 1831, No. 647 beschrieben und in einer Lithographie beigegeben. — Der Schmuck über dem Hauptaltare wird aus einer niedrigen Basis (mit dem Sacramentschrein) und einigen darauf gestellten Heiligen=Figuren bestanden haben. Alle diese Schnitzwerke liegen noch in den vermauerten Fensternischen des Westraums; es sind: ein kleines Relief aus Holz geschnitzt, ungefähr einen Fuß hoch, mit einer Darstellung des Abendmahls, von mittelmäßiger Arbeit; ferner ein großes Crucifix und die Statuen der Maria und des Johannes, ungefähr in Lebensgröße,


1) Vicheln oder Hohen=Vicheln, wie es jetzt genannt wird, hat durch seine Lage immer einige Bedeutung gehabt. Daher hatten z.B. im Mittelalter die Bischöfe von Schwerin hier ihre Kornspeicher (granaria) und noch im 16. Jahrhundert die Herzoge von Meklenburg ihre Materialienhäuser, z. B. Kalkhäuser. Auch große Versammlungen waren zu Vicheln, wie z. B. am 20. Julius 1320 der Fürst Heinrich von Meklenburg mit den Grafen, dem Bischof und den Domherren von Schwerin in der Kirche zu Vicheln verhandelte. — Ein Prediger von Vicheln, Namens Simon, kommt schon im J. 1173 vor.
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von einer Arbeit, welche nicht besondere Beachtung verdient. Nach einer hochtönenden, sonst nichts sagenden Inschrift auf der Rückwand des seligen Altars ist die Kirche im J. 1696 renovirt, und bei dieser Gelegenheit ist nicht allein das Schlechtere an die Stelle des Bessern gekommen, sondern auch der Kalk auf die Säulen getragen; ja man hat die alte Reliefdarstellung des Abendmahls verworfen und — was unglaublich scheint — eine ganz genaue, aber viel schlechtere Copie desselben an die Stelle des alten gesetzt! Außerdem liegen noch drei, aus Holz geschnitzte Heiligenbilder in halber Lebensgröße, welche wahrscheinlich von einem Nebenaltare stammen, in den genannten Mauernischen, nämlich: eine Maria, eine Katharina 1 ) und noch eine nicht zu erkennende Figur; diese sind von sehr guter Arbeit und verdienten einen bessern Platz.— Ueber die Taufkessel (Fünten) und Weihbecken aus Granit ist schon im Jahresber. II, S. 119 berichtet, und wird hier nur noch bemerkt, daß die vier menschlichen Gesichter im Relief an dem Taufsteine, welcher jetzt im Pfarrgarten steht, alle eine verschiedene Ausstattung an Haarschmuck, Bärten und dgl. haben; der eine Kopf trägt offenbar eine antike Krone, von der vier Zacken hervorstehen. — Auf einem, sonst schlecht gearbeiteten (Tauf=) Becken von Messing ist in der Mitte ein geharnischter Ritter zu Roß mit einem Falken auf der linken Faust und auf dem Rande eine Weinranke mit Trauben eingetrieben. — Auf einem vergoldeten Kelche steht die Inschrift:

dessen. kelk. heft. gheben. her. hinrik. wesebom. deme. ghot. gnedich. si.

Auf sechs um den Fuß hervorstehenden Knöpfen sind in blauer Emaille die Buchstaben:

c. c. h. s. i. v.

mit Gold eingelegt. Auf andern ähnlichen Kelchen stehen auf ähnlichen Knöpfen die Buchstaben des Namens: i.h.e.s.v.s. (Jhesus). Ob die Buchstaben auf dem Vichelschen Kelche dasselbe zu bedeuten haben?


1) Die heil. Katharine mit dem Schwerte oder dem Rabe oder mit beiden in den Händen wird in Darstellungen durch Bildhauerei und Malerei in den Kirchen des mittlern Meklenburgs öfter gesehen, wie der Verlauf dieses Berichts ergeben wird.
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Die Kirche und das Kloster zu Neukoster.

Die Kirche des ehemaligen Cistercienser=Nonnenklosters Sonnenkamp oder Neukloster bei Warin, fundirt im J. 1219, also des ältesten Nonnenklosters im Lande, gehört zu den ausgezeichnetsten kirchlichen Gebäuden im Vaterlande und ist eine der wenigen größern Kirchen, vielleicht die einzige in Meklenburg, welche in der Uebergangs=Periode vom Rundbogenstyl 1 ) zum Spitzbogenstyl liegt 2 ) Die Kirche ist eine Kreuzkirche, im Innern einfach und ganz frei, ohne Pfeiler und Nebengänge. Das Aeußere ist sehr ernst und würdig; die Eingangspforten sind völlig im Rundbogen mit drei Wulsten, welche auf drei runden Pilastern mit einfachen Kapitälerchen aus Ziegelmasse ruhen, gewölbt; die hohen, sehr schmalen Fenster des Schiffes nähern sich im Schlusse dem Spitzbogen; in den Giebeln über den Pforten sind Paare von schmalen Fenstern neben einander. Die Verzierungen des östlichen Giebels und die Kragsteine sind aus schwarz glasurten Ziegeln. Das Schiff ist nicht gewölbt; der Chor ist im Spitzbogen gewölbt und scheint in seiner ganzen Innern Einrichtung später, als die Erbauung der Kirche vollendet zu sein.

Der Altar besteht aus vergoldetem und bemaltem Schnitzwerk. Den mittlern Raum nimmt ein Marienbild in einer Glorie ein; im linken Flügel steht das Bild der heil. Katharine 3 ) mit dem Rade, wie sie eine kleine Kaisergestalt mit dem Fuße tritt; im rechten Flügel steht eine Maria mit dem Christkinde auf dem Arme, welches sie der vor ihr knieenden heil. Katharina verlobt. Auch unter den Glasgemälden in den Fenstern auf dem Nonnenchor ist eines mit dem Bilde der heil. Katharina mit dem Schwerte in der Hand gefüllt 4 ).


1) Die Kirche zu Ratzeburg, das Schiff der Kirche zu Gadebusch und die Kapelle zu Althof bei Doberan gehören noch der Zeit des (sogenannten byzantinischen) Rundbogenstyls an.
2) Die Erbauung der Kirche zu Güstrow scheint theilweise auch in dieser Uebergangsperiode zu liegen.
3) In den Siegeln der Propste von Neukloster kommen im 15. Jahrh. öfter Darstellungen vor, welche dem Altar gleichen. So führt der Propst Heinrich Goldberg (1416-1430) das volle Bild der heil. Katharina mit dem Schwerte in der rechten, und dem Rade in der linken Hand, und darunter sein Familien=Wappen im Siegel.
4) Die Kirche zu Neukloster war der Jungfrau Maria geweihet. Die Verehrung der heil. Katharina muß aber sehr verbreitet gewesen sein, da sie oft auf Altarbildern dargestellt ist (vgl. oben Vicheln und weiter unten Bützow). Die Darstellung mit dem Rade und dem Schwerte bezieht sich daraus, daß, als sie des Kaisers Maxentius Geliebte nicht werden wollte, dieser sie peinigen ließ und rädern lassen wollte, die Räder aber durch ein Wunder entführt wurden; endlich ward sie enthauptet. Die Figur zu ihren Füßen ist der Kaiser Maxentius; diese hat schon (  ...  )
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Diese Schnitzwerke in den Altarflügeln sind höchst ausgezeichnet. Die Figur der heiligen Katharina links ist in der vollsten Jugendblüthe gehalten, aber mit einer edlen Sittigkeit und mit jenem festen Triumphe der alten Kirche, mit der die erhabene Gestalt, auf das Rad gestützt, den winzigen Maxentius in den Staub tritt. Die Figur, welche auch als Bildhauerarbeit, in Zeichnung, Gewandung und anatomischer Berechnung trefflich ist, zeigt eine Verschmelzung der höchsten Jungfräulichkeit und Schönheit mit dem ernsten Siegesgefühl des Glaubens, wie man sie wohl selten finden mag. Die Darstellung der Maria im rechten Altarflügel zeigt im Gegensatze zu dem Bilde der Katharina in Stellung und Gewandung ein eben so schönes Bild einer Matronen=Erscheinung.

Links vom Altare steht der Chorstuhl für die männlichen Geistlichen des Klosters aus Eichenholz gehauen mit 8 Sitzen, an den Seiten mit geschnitztem Eichenlaub verziert; auf der Leiste der Ueberdachung ist die Anbetung der Maria in alter Malerei dargestellt; in der Mitte steht unter einer gotischen Nische ein Marienbild und zu beiden Seiten auf der langen, schmalen Leiste knieen betend die Heiligen mit übergeschriebenen Namen in gothischer Minuskel. Diese Darstellung ist durch Kalktünchung fast ganz verdorben.


(  ...  ) zu lächerlichen Hypothesen Veranlassung gegeben. Ihre Verlobung mit dem Christkinde ist ihrem Cultus eigenthümlich. Ein im großherzogl. Archive aufbewahrtes mittelhochdeutsches Passionale aus dem 14. Jahrh. sagt hierüber:

Der Keiser katherinen
vruntschaft liez erschienen,
wand er sie gutlich ansach
vnde mit sempften worten sprach:
— — — — — — —
— — — — — — —
Ich wil nach disen sachen
dir lan ein bilde machen,
vor daz die lute muzen treten
vnde dich mit vreuden anbeten
als eine gotinne;
nach miner kuniginne
saltu gewaldigest wesen
vnde mir die liebeste uzerlesen,
die ich nu indert schouwe.
Do sprach die inncvrouwe:
Ey la die rede vnderwegen;
du must ir umsust pflegen
wand sie gein mir ist verlorn.
Ich han mir einen vrunt erkorn
Ihesum Christum den herren min,
des brut wil ich stete sin;
din liebe ist mir rechte so ein troum;
er ist min holde brutegoum.

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Der Taufkressel ist modern und schlecht. Er steht auf einer Schale von Sand= oder Kalkstein, von ungefähr 6 Fuß im Durchmesser, welche in den Boden eingelassen ist und in welcher früher der alte Taufkessel gestanden hat; nach den Berichten ist diese Schale ganz flach und erst in neuern Zeiten mit einer Schicht von Mauersteinen gefüllt.

Im Westen der Kirche ist der hohe Chor der Nonnen mit Stühlen aus Eichenholz gehauen; es sind noch 32 Sitze vorhanden. Hier wurden früher die berühmten Reliquien aufbewahrt.

Die Glasmalereien stammen wohl aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, da ein Bild in den Unzialen dieser Zeit, anscheinend aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts, den Namen: M A THI A S hat. Das Glas dieser gemalten Fenster hat eine Dicke von 1/8 Zoll.

In dem Fenster über dem Altare sind jetzt zwei gemalte herzoglich=meklenburgische Wappen aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts. Noch vor einiger Zeit befand sich in der Mitte dieses Fensters zwischen den beiden fürstlichen Wappen ein altes Gemälde der Dreieinigkeit, wie Gott Vater den Sohn am Kreuze im Schooße hält und über beiden die Taube schwebt.

Die Leichensteine enthalten folgende Inschriften und Wappen.

1) Im Chore vor dem Altar liegt ein Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d. i.

anno domini MCCCLXXXVII in die Vitalis obiit Helmoldus Bybow et Eghardus frater eius in die Seuerini. Orate pro eis).

In der Mitte des Steins ist eine Vertiefung für einen einzulegenden Wappenschild von Metall eingehauen, der jedoch nicht mehr vorhanden ist.

2) Rechts von diesem Steine liegt ein Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d. i.

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Anno domini MCCCCLX obiit Hinricus de Bulowe. orate pro eo. Anno domini MCCCCLXVIII feria V post festum exaltacionis sancte crucis obiit Anna vxor eius).

Innerhalb der Umschrift sind in Umrissen zwei Figuren ausgehauen: rechts ein geharnischter Ritter, mit beiden Händen vor der Brust ein Schwert haltend, welches bis zu den Fußsohlen reicht; links eine Frau mit gefalteten Händen. Zu den Füßen des Ritters liegt der von Bülowsche Wappenschild mit 15 Byzanten, zu den Häupten desselben ein Helm, auf dem ein Vogel sitzt. Zu den Füßen der Frau liegt ein Schild mit einer pyramidalisch emporsteigenden Zinne; zu ihren Häupten liegt ein Helm mit zwei schlichten Hörnern, zwischen denen das Schildzeichen mit zusammengezogenen Seiten verschmälert und an allen Seiten frei dargestellt ist und daher die Gestalt eines geästeten Baumes hat. Dies ist der Wappenschild der von der Lühe; ganz genau so, jedoch noch ohne Helm, führt ihn im J. 1340 ein Conradus de Lu.

3) Links von dem ersten Steine liegt ein dritter mit der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXXXIV die Ghertrudis obiit dominus Tidericus Winkelman vicarius huius ecclesie confessor monialium. Orate pro eo).

Im Mittelfelde ist unter einer gothischen Nische ein Mönch dargestellt, der den Kelch consecrirt. An seinem linken Fuße liegt ein Wappenschild mit einem Querbande, auf dem ein Kelch und der Buchstabe w steht. An den vier Ecken des Steins sind die symbolischen Darstellungen der vier Evangelisten eingehauen.

4) Im nördlichen Gange der Kirche liegt ein Stein mit der Umschrift:

Umschrift

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(d.i.

Anno domini MCCCCLVII dominica Letare obiit validus [..... domin]us Johannes Stralendorp. orate pro eo. — — — — — — — [ob]iit Beke vxor eius. Orate Deum pro eis).

In der Mitte des Steins sind in Nischen ein Ritter und eine Matrone eingehauen, wie auf dem Bülowschen Grabsteine No. 2. Zu den Füßen der Figuren steht in den beiden untern Ecken des Steins das Stralendorfsche Wappen: ein längs getheilter Schild mit drei schräg rechts aufwärts liegenden Pfeilen in der rechten und einem halben Rade in der linken Hälfte; zu den Häuptern der Figuren steht in jeder Eeke ein Helm mit einem aufrecht stehenden Pfeile auf demselben als Helmschmuck.

5) In demselben Gange liegt ein sehr abgetretener Stein, der nichts weiter als eine Inschrift hat, von welcher noch zu lesen ist:

Inschrift

6) Im südlichen Gange der Kirche liegt ein Stein mit den Symbolen der Evangelisten in den vier Ecken und der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXXXVI in die Eg[idii] obiit Johannes Moller presbiter — — — — —).

Sonst ist in der Kirche nichts Bemerkenswerthes. Eine Tafel, welche rechts neben dem Altar hängt, hat die Inschrift:

ANNO CHRI. 1225 IST DIES IVNGFRAVEN CLOSTER VON MECHTHILDIS KONIGES TOCHTER AVS POLEN HENRICI BVREVINI H. Z. M. GEMAHLINEN GESTIFTET ABER ANNO 1550 VON HERTZOG VLRICH ZV MEKLENBVRG REFORMIRET WORDEN.

worauf die Namen der ersten Prediger nach der Reformation folgen, denen die Prediger der neuesten Zeit die ihrigen haben hinzufügen lassen. Diese Nachricht aus dem Ende des 16. Jahrh. ist den Jahrszahlen nach eben so ungegründet, als die Aufzeichnung in einem bei der Pfarre befindlichen Register aus dem 17. Jahrh., daß das Kloster 1215 bei Westenbrügge gegründet und im J. 1223 nach Sonnenkamp verlegt worden sei.

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Die Glocken hangen in einem niedrigen, frei stehendenvThurme, welcher, fern von der Kirche, in der Kirchhofsmauer zwischen dem Kirchhofe und dem Wirthschaftshofe steht und die aus Thon geformten Wappen des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin trägt; er sieht eher aus wie ein Zwinger, als wie ein Glockenthurm. Unter den Glocken ist nur eine von höherm Alter; sie trägt die Inschrift:

Inschrift

Von den ehemaligen Klostergebäuden ist noch einiges vorhanden; auch läßt sich die Einrichtung des Klosters mit Hülfe alter Inventarien aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts (von 1610 bis 1613) noch ziemlich genau beschreiben.

In einiger Entfernung von der Südseite der Kirche nach dem großen See hin liegt ein Berg, in alten Acten und noch heute der Sonnenberg genannt 1 ). Vom nördlichen Fuße dieses Berges bis zu der leisen Erhebung, auf welcher die Kirche steht, ist eine sanfte Senkung: dies ist wohl ohne Zweifel der Sonnenkamp der alten slavischen Domaine Kussin, auf welchem das Kloster erbaut ward. In dieser Senkung liegt denn auch das ganze Kloster, genau der Südseite der Kirche gegenüber. In gleicher Richtung mit dem westlichen Giebel der Kirche liegt im Westen des Klosters ein Teich, der Jungfernteich genannt, mit einem Ausflusse nach dem Fuße des Sonnenberges hin; dieser Ausfluß treibt sogleich eine Mühle dicht neben dem Hauptgebäude des Klosters.

Das Hauptgebäude des Klosters liegt am entferntesten von der Kirche, im Süden von derselben und parallel mit ihr, fast genau so groß, wie das Schiff der Kirche und fast genau in derselben Lage, so daß die Mauern zwischen beiden auf die Giebelseiten derselben stoßen. Dies Gebäude, im J. 1610 im Gegensatze eines ältern, gegenüber liegenden Gebäudes das "Neue Haus", im J. 1613 das "Herrenhaus" genannt, ist ein massives, zweistöckiges Gebäude mit hohen, schönen Giebeln im gothischen Geschmack und hin und wieder noch mit den alten kleinen Fenstern; dies ist ohne Zweifel das


1) Ihm gegenüber im Westen liegt ein anderer Berg, der "Düsterberg" genannt. - Der Sonnenberg war noch im 16. Jahrhundert mit einer kleinen Buchenwaldung bedeckt. Ein anderes Holz war das "Junckfrawenholtz vor dem Kloster, ist eitell Eichen — und gar klein".
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eigentliche K lostergebäude, und ist höchst wahrscheinlich im Anfange des 15. Jahrh. erbauet, da die Bischöfe von Schwerin und Ratzeburg im J. 1400 für Wallfahrten zu den Reliquien zu Neukloster und für Geschenke an das Kloster einen vierzigtägigen Ablaß für jede Reliquie ertheilten, da zu Neukloster Bauten nothwendig seien; daher wird dies Gebäude das neue genannt, im Gegensatze zu dem alten Kloster. Es war früher einige Zeit lang Residenz der apanagirten Fürsten, unter schwedischer Zeit "Amtshaus" und jetzt Pächterwohnung. Auf jeden Fall ist es viel jünger, als die Kirche. Der westliche Theil dieses Gebäudes ist im Erdgeschosse in sehr großen Räumen gewölbt und war in alten Zeiten Brau= und Backhaus, jetzt Branntweinbrennerei. In diese gewaltigen Kellerräume, von denen ein unterirdischer Gang nach der Kirche gehen soll, fließt das Wasser einer Quelle vom Sonnenberge. Diese eisenhaltige Quelle ist am Fuße des Sonnenberges in dem jetzigen Garten; ihr Wasser wird in einem Bassin gesammelt; in alter Zeit war am Sonnenberge bei der Quelle eine Wasserkunst, welche das Wasser in das Backhaus und in die Küche leitete ("An dem Sonnenberge die "Wasserkunst tregt ins Backhauß vnd Kuchen." Inventarium von 1610). — Im Westen des Hauptgebäudes liegt in der Tiefe am Ausflusse des Jungfernteiches die Mühle. — Die übrigen Hauptgebäude des Klosters lagen neben einander im rechten Winkel an dem Herrenhause nach der Kirche hin, der Länge nach am Jungfernteiche. Diese Gedäude waren: zunächst im rechten Winkel am westlichen Ende des Brau= und Backhauses ein dreistöckiges, ganz massives Gebäude, von einem alten Klostergute das "Brunshaupt" genannt, mit gewölbten Kellern; von diesem Gebäude steht nur noch ein Stockwerk. Dann folgten am Jungfernteiche entlang nach der Kirche hin: die "Hofstuben", das "lange Kornhaus", das "Rauchhaus", alle massiv und gewölbt, und von dem Rauchhause bis an die Kirche eine Mauer. — Diese zwei Reihen von Gebäuden und das Schiff der Kirche, bildeten den Klosterhof, welcher vom östlichen Ende des Kirchenschiffes bis zum östlichen Giebel des Hauptgebäudes gegen Osten durch eine Mauer geschlossen war. Diesen Hof durchschnitten quer über das "alte Haus" und die "Küche", welche sich an die Hofstuben lehnte. Der nördliche Theil dieses Hofes an der südlichen Seite des Schiffes der Kirche bildete den Nonnen=Kirchhof, der noch jetzt der Jungfern=Kirchhof heißt und vor nicht langer Zeit zu dem allgemeinen Kirchhofe genommen ist. - Der Kreuzgang ging wahrscheinlich vom

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Hauptgebäude nach der Kirche an der östlichen Seite des Hofes, wo in neuern Zeiten noch eine Mauer stand; in dieser Richtung ist an der südlichen Seite des Schiffes noch die Wendeltreppe zum obern Nonnenchor; es ist sonst nicht abzusehen, welchen Weg die Klosterfrauen zur Kirche genommen haben sollten. Nach den Spuren von der Anlehnung des Kreuzganges an die Kirche war derselbe jedoch nur ein Stockwerk hoch. — An der nördlichen Seite des Schiffs der Kirche war auch ein einstöckiges Gebäude angebauet; dies diente im 17. Jahrhundert zur Canzlei. — An der Mauer oder dem Kreuzgange im Osten des Hofes steht der Thurm. Neben diesem war, wie noch heute, das Thor und neben demselben waren Wohnungen für Pförtner und Knechte, wie noch heute einige alte Gebäude von denselben stehen. — An der östlichen Seite des Klosters standen nach Osten, "nach dem Felde hin", wie noch heute, die Wirtschaftsgebäude: ein "Backhaus", eine Scheure, ein Stall, und zwei Viehhäuser. — Dem Thor gegenüber in der Richtung nach dem Sonnenberge hin standen im 17. Jahrhundert der große Marstall und der kleine Marstall. Der kleine Marstall, massiv, im gothischen Styl erbaut, ist noch ein altes Klostergebäude mit gothischen Giebeln und steht noch, mit einem Giebel dem Sonnenberge gegenüber. An diesem Marstall war auch ein großes Thor.

Dies ist das, was sich noch von der Lage des Klosters ermitteln läßt.

Die Kirche zu Warin.

Die Kirche zu Warin hat gar nichts Alterhümliches und Merkwürdiges im Bau und Schmuck; der Drang der Umstände hat sogar den Anbau eines hohen Chors aus Fachwerk veranlaßt und dem ganzen Innern eine zwar reinliche, aber abschreckend eintönige und geschmacklose Form gegeben. Drei alte Leichensteine in der Mitte der Kirche sind das Einzige, was an die ältere Einrichtung der Kirche erinnert:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXVIII die X mensis Maii obiit dominus Nicolaus Moke huius ecclesie diuinorum rector. Orate pro eo).

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Innerhalb der Inschrift steht auf dem Steine ein Schild mit einem Kelche, zu beiden Seiten desselben stehen die Buchstaben

Inschrift

(d.i.

Anno domini MDIII secunda feria post Dionisii obiit dominus Johannes Runghe vicarius huius ecclesie. Orate pro eo).

In der Mitte des Steins ist ebenfalls ein Schild mit einem Kelche eingegraben, und zu dessen beiden Seiten die Buchstaben:

Inschrift

Der Name der Kirche ist nicht mehr zu lesen. Wahrscheinlich war dies ein fremder Geistlicher.

Hinter dem Altare steht noch ein Becken von Bronze ohne alle Verzierungen, ganz wie das Becken von Borkow (vgl. Jahresber. II, S. 77) sowohl an Gestalt und Arbeit, als auch an Erzcomposition; schon in einem Inventarium von 1632 wird in der Kirche aufgeführt "ein klein Messingbecken bei der heiligen Taufe zu gebrauchen".

Die Kirche und das Kloster zu Tempzin.

Das Kloster derAntonius=Brüder, Augustiner=Ordens nach der Regel des h. Antonius, zu Tempzin bei Warin, auch Tönnigshof (d. i. Antonius=Hof) genannt, hat durch das Antoniusferkel und die Glocke eine gewisse sprichwörtliche Berühmtheit erlangt. So viel aus gedruckten Quellen zu ermitteln war, hat Wehnert im Freimüth. schwerinschen Abendblatt Nr. 515 und 516 dieses Kloster und dessen Quellen beschrieben. Auch hier soll nicht die Geschichte der Stiftung erschöpft, sondern nur angedeutet werden, was sich bei Besichtigung der Localität ergab.

Die Kirche ist ein sehr großes Gebäude mit hohen Gewölben und hohen und weiten Fenstern, ganz im Spitzbogen=

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styl. Die bildet im Innern ein Rechteck, ist in Chor und Schiff geschieden und hat zwei Seitenschiffe, von denen das südliche gewölbt ist. Der Bau der Kirche ist trotz der weiten Räume doch nicht rein im Styl; die Verhältnisse sind weder edel, noch gefällig, vielmehr scheint ein gewisses Mißverhältniß stattzufinden. Das Einzige, was an der Kirche wissenschaftliche Beachtung verdient, ist der Thurm, welcher an der Mitte des westlichen Giebels der Kirche aufgeführt ist und wegen seiner Seltenheit Beachtung verdient; ist er auch grade nicht edel, so ist er doch gefällig und originell. Es sind nämlich Thurmgebäude, Pforte und Fenster und Strebepfeiler so zu einem schmalen und zierlichen Ganzen verbunden, daß man nicht weiß, was man von diesem Allen sieht, und daß man doch einen Thurm vor sich hat. Die Haupträume nehmen die tief eingesprengte Pforte und ein noch tieferes, mit Wulsten eingefaßtes und perspectivisch verkürztes Fenster ein, an deren Seiten die scharfen Ecken der schmalen Strebepfeiler emporstreben. Diese Conturen der Pfeiler und die tiefen Bogen bilden den Thurm. Die ganze Construction ist entstanden aus Durchbrechung eines schmalen Achtecks durch die tiefen Fensterbogen. Der Hauptzweck war eine Zeichnung desselben. Die Thurmspitze ist neu; sie ward vor etwa 100 Jahren aufgesetzt, nachdem 1731-1745 zu diesem Bau Collecten veranstaltet waren.

Im Jnnern enthält der Bau noch einen Ueberrest aus der ältern Zeit der Baukunst: die Gewölbe des Chors ruhen nämlich auf sechs humoristisch=gestalteten menschlichen Figuren.

In der Nordwestecke des Schiffes ist gewissermaßen eine erhöhete Kapelle, eine Tribüne angebracht, welche auf Bogen ruht. Zu derselben gelangt man über die Thurmtreppe; der Gang zu derselben geht aber in derselben Höhe längs der übrigen westlichen und der ganzen südlichen Wand des Schiffes fort, bis er dort, wo das Schiff neben dem Chor aushört, sich in eine Thür verliert, die wahrscheinlich in den Kreuzgang führte, von dem man also bequemer zum Thurme gelangen konnte.

Von dem alten Schmuck der Kirche ist wenig oder eigentlich gar nichts mehr übrig; die häufigen Klammern und Haken an den Säulen beweisen, wie reich die Kirche, namentlich das Schiff, mit Schildereien verziert gewesen sein muß, was sich bei den weiten, etwas unverhältnißmäßigen Räumen ganz gut gemacht haben muß: Ausschmückung der gotischen Kirchen ist nicht zu verachten, wenn sie mit künstlerischer Einsicht geschieht; nur das Verbauen leiden diese Kirchen einmal nicht. — Das Sehenswertheste in der Kirche sind die Altargemälde: treff=

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liche alte Bilder aus der römischen Schule, welche zu den besten im Lande gehören; leider haben sie durch Feuchtigkeit und Alter so sehr gelitten, daß schon die Fetzen davon fliegen: doch sind die Reste noch zu erhalten, und es ist der Kirche eben so sehr ein neuer Altarschmuck, als den Gemälden eine bessere Stelle und künstlerische Pflege zu gönnen. — unter den Kirchenstühlen finden sich noch drei Sitze von den alten Chorstühlen des Convents, aus Eichenholz gehauen. Auf jeder innern Seite einer Stuhllehne ist ein Heiligenbild ausgeschnitzt, welches einen gelben Wappenschild mit einem rothen Querbande, auf dem drei grün und weiß gefärbte Blumen, wie eben sich öffnende Kornblumen, abwärts hangend liegen, in der Hand hält. — Im nördlichen Seitenschiffe steht die colossale, sitzende Figur des h. Antonius aus Holz geschnitzt; die Hände sind in neuern Zeiten durch einen Landarbeiter auf die allerbeste Weise restaurirt.

Die vorletzten Präceptoren, wie die Vorsteher der Antoniusklöster genannt wurden, haben sich alle an den Gebäuden verewigt. Die letzten Präceptoren waren, so viel sich aus den Urkunden und Akten annäherungsweise ergiebt:

1478-1490 Gerhard Schütte (Sagittarius).
1490-1500 Barthold Ponnick, (Punick oder Ponink).
1500-1518 Johann Kran, resignirt.
1518-1529 Johann Wellendorp
1529-1550 Gregorius Detlevi, der letzte Präceptor, unter dem das Kloster säcularisirt ward und der noch 1571 zu Rostock lebte.

An dem westlichen Ende des südlichen Seitenschiffes sind zwischen den beiden letzten Strebepfeilern in Menschenhöhe in die äußere Wand der Kirche 7 rothe Ziegel mit einer erhaben modellirten 1 ) Inschrift eingemauert:

Inschrift

(d. i.

T. frater Johannes Kran preceptor. Anno domini MD).


1) Das Hervorstehen der Buchstaben im Relief in Inschriften auf gebrannten Ziegeln scheint der letzten Zeit des Mittelalters, dem gothischen Alphabet, anzugehören, während in der ersten Zeit des Mittelalters im 13. und 14. Jahrh. die Unzialen eingegraben wurden.
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Auf dem ersten Steine steht in einem Zirkel das Wappen des Präceptors Johannes Kran: ein Kranich (Kran oder Kron im Plattdeutschen genannt) mit einem großen T Ring , an einem Ringe, im Schnabel; nach dem Wappen folgt auf dem Steine noch ein T (= Tempzin?) 1 ). Diese Inschrift kann nur zum Gedächtniß des Amtsantritts des Präceptors gesetzt sein, da er, nach der verschwenderischen Regierung des Präceptors Barthold Ponnick, seine Würde erst im J. 1500 übernahm.Vielleicht bezieht sie sich aber auch auf die Restaurirung der Kirche.

Hinter dem westlichen Theile der Kirche liegt der Hof (Tönningshof). Auf diesem stammen noch zwei Gebäude aus alter Zeit. Das eine ist das jetzige Backhaus, südwestlich von der Kirche, in gleicher Richtung mit derselben und etwas von derselben entfernt, an der Südseite des Hofes. Die Ringmauern stehen noch, und von dem schönen östlichen Giebel, welcher im reichen Spitzbogenstyl aufgeführt ist, steht noch der größere Theil, obgleich hinter dem verstümmelten Mauerwerk ein neuer Giebel aufgeführt ist. Ueber der, im Spitzbogen gewölbten Pforte im Osten des Gebäudes sind 6 Ziegel mit einer erhabenen Inschrift eingemauert; die beiden ersten sind zertrümmert; der zweite und der letzte Ziegel sind von weißem, die übrigen von rothem Thon. Der Rest der Inschrift lautet:

Inschrift

(d. i.

[T. Bartoldus P] onink preceptor anno 1496).

An der Nordseite des Hofes, der Seite der Kirche mehr gegenüber, liegt ein zweites Gebäude, eine Scheure, welche ebenfalls noch im gothischen Style erbauet ist und der alten Zeit angehört.

Am Ostende dieses Gebäudes zwischen demselben und der Kirche war das Klosterthor, welches in neuern Zeiten abgebrochen ist. Auch dieses trug eine erhaben gearbeitete Inschrift auf gebrannten Ziegeln, den beiden andern Inschriften gleich. Nach den glaubwürdigen Berichten des Herrn Pastors Zarncke zu Zahrenstorff enthielt diese Inschrift den Namen (des vorletzten Präceptors) Johann Wellendorp. Ueberreste von dieser Inschrift fanden sich noch in der Kirche.


1) Dieses große T war das eigenthümliche Amtswappen der Präceproren von Tempzin. So führten auch Gerhard Schütte und Barthold Ponik dieses T unter Blumenranken im Siegel, und das Siegel des Johannes Kran ist ganz wie das oben beschriebene Wappen auf dem Ziegel an der Kirche.
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Die Kirche und das Kloster zu Kühn.

Die Kirche des Cistercienser Nonnenklosters Rühn bei Bützow hat, wie die noch vorhandenen Klostergebäude, im Bau nichts Merkwürdiges und Ausgezeichnetes; eben so ist im Innern der Kirche wenig von Bedeutung zu finden: die Kirche ist nicht einmal gewölbt.

Das Sehenswertheste in der Kirche ist das Altargemälde, welches aus einem Hauptblatte und zwei Flügeln besteht mit Gemälden auf Holz und Kreidegrund. Das mittlere Blatt enthält das Gemälde des Abendmahls und ist nicht von Bedeutung. Die beiden Flügel enthalten jedoch die knieenden und betenden lebensgroßen Bilder des Herzogs Ulrich und dessen Gemahlin Elisabeth, beide sehr gut gemalt und schon der Seltenheit wegen von hohem Werthe. Rechts (heraldisch) ist das Bild des Herzogs, links das Bild der Herzogin. Zu beiden Seiten der Häupter dieser Figuren stehen ihre Wappen und kleine Tafeln mit den Inschriften:

VON. GOTT. GN. ULRICH. H. Z. MECKELNB. F. Z. W. GR. ZV. SCHW. D. L.R.V. ST. H. ANNO 1578.

und

V. G. G. ELISABET. GEBOREN. AVS. KONIGLICHEM. STAMME. ZV. DENNEMARKEN. HERZOGIN. ZV. MECKELNB.FVRSTIN. Z. W. GRÄFIN. Z. S. D. L. ROST. V. ST FRAV. AO. 1578.

Auf den Hinterseiten der Tafeln mit den fürstlichen Bildnissen stehen die Inschriften:

WIR V. G. G. ULRICH
DES LANDES MEKELBRURG HERTZICH
ADMINISTRATOR TZU SCHWERIHN
AUCH DES STIFTS BUTZOW UND WARIHN
HABEN DIS KLOSTER UNBESWERT
UNSERM LIEBN GEMAHL VORERD
ALS MAN SCHREIB AN DEM WEINGERN TZAL
FUNF UND SIEBENTZIGK UBERAL

und

WIR FRAU ELISABTH GEBORN
AVS KONGLICHEM STAMMEN AUSERKORN
HABEN DIS KLOSTER RENOVIRD
DIE KIRCH GEBAUT UND FEIN GETZIERD

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TZU EHREN DEM GETREUWEN GOD
DAS MAN DARIN NACH SEIN GEBOD
MUCHT UNDERWEISEN IN TZUCHT UND LEHRN
DIE UNDERTAHN UNSERS HERZLIEBEN HERN
DER UNS DASSELBE GAR UMSUNST
GESCHENKET HAT AUS LIEB UND GUNST.

Mit dieser ersten Renovirung wird denn auch wohl der Anfang mit Hinausschaffung des Alterhümlichen gemacht sein.

Die messingenen Altarleuchter sind auch noch von der Herzogin Elisabeth.

Rechts vom Altar ist das Grabdenkmal der Herzogin Sophie Agnes († 1625) aus Holz, schon schlecht gearbeitet, und über demselben das Brustbild der Herzogin. Zu beiden Seiten des Epitaphiums sind die Wappen des Herzogs Adolph Friederich I. und seiner Gemahlin Anna Margaretha, geb. Gräfin von Ostfriesland. In dem meklenburgischen Wappen sind die Kronen der Stierköpfe golden, die Schirmbretter des Helms für Meklenburg golden, blau, roth, schwarz und golden, die Helmdecken rechts roth und golden, und links blau und golden, der schwerinsche Schild ist unten roth und oben golden, der stargardische Arm mit dem Aermel ganz silbern (jetzt geschwärzt, wie gewöhnlich durch die Länge der Zeit). — In dem Wappen des Herzogs Ulrich auf dem Altarblatte sind die Schirmbretter silbern, blau, roth und golden.

Im hohen Chor der Kirche liegen auch noch einige alte Leichensteine, welche im Folgenden beschrieben werden sollen. Die Leichensteine im Schiffe sind aus neuerer Zeit und leicht zu lesen.

Zunächst vor dem Altare liegt ein Leichenstein mit der Umschrift:

Inschrift

(d. i.

Anno domini MCCCLXXX obiit Reymarus Barnecow; anno domini MCCCLXXX obiit . . . . uxor eius).

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Der Name der Frau ist nicht mehr deutlich zu erkennen; er bestand aus vier bis fünf Buchstaben, und hieß vielleicht Anna .

In der Mitte des Steins ist rechts liegend eine Frau, links ein geharnischter Ritter, beide mit gefalteten Händen auf der Brust, ungefähr in ¾.Lebensgröße dargestellt; beide haben tief um die Hüften einen breiten Gürtel aus großen quadratischen Gliedern, vorne durch ein rundes Schloß zusammengehalten. Zu ihren Häupten steht in der Mitte des Steins ein Helm, zu ihren Füßen darunter ein Schild mit einem, nach unten gekehrten Fluge, über welchem zwei Stierhörner stehen, an dem noch Stirne und Ohren sitzen.

An den vier Ecken des Steins sind die vier symbolischen Zeichen der Evangelisten ausgehauen.

Neben diesem Steine liegt ein anderer ungefähr von derselben Größe mit denselben Darstellungen. Die Umschrift lautet:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCLXX ipso die Gordiani obiit Reymarus Barnecow et anno post obiit uxor eius Margareta. Orate pro eis.).

Der Name margareta steht der Länge des Steins nach zwischen den Beinen beider Figuren. (Ein Reimar Barnekow wohnte 1348 auf Karin.)

Etwas weiter hinab an den Chorschranken liegt links ein großer Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCLXXXII in die Nicolai episcopi obiit Bertoldus Moltsan miles. Anno domini MCCC          obiit Alheydis uxor eius. Orate pro eis. Non oblitum.).

In gothischen Nischen sind zwei Figuren: rechts eine Frau, links ein geharnischter Ritter, beide mit gefalteten Händen, ein=

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gehauen. Zu den Füßen der Frau steht das molzansche Wappen: ein längs getheilter Schild, mit zwei Hasenköpfen unter einander in der rechtn und einer halben dreiblätterigen Weinranke in der linken Häfte. Zu den Füßen des Ritters steht ein Helm. Zwischen beiden Figuren stehen, nach der Länge des Steins, die Worte:

non. oblitum.

Rechts vom Altare an den Chorschranken liegt ein Stein mit der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCC obiit dominus Hinricus Mulsow prepositus Runensis. Orate pro eo.).

Die mindere Jahrszahl nach m°.c°c°c°. und der Sterbetag ist nicht ausgefüllt gewesen; an der Stelle derselben ist eine nicht bearbeitete Lücke im Stein: der Schrift nach stammt der Stein aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die innere Fläche des Steins füllen die Umrisse eines den Kelch consecrirenden Geistlichen; an den vier Ecken stehen die symbolischen Darstellungen der vier Evangelisten.


Zwischen den beiden letztern Steinen grade vor dem Altare liegt ein Stein mit einem, in einer vertieften Nische in Relief ausgehauenen, lebensgroßen Bilde eines lutherischen Geistlichen. Die Umschrift lautet:

ANNO. 1603. 30 OCTOBRIS. HORA. 10. VESPERTINA. PIE. ET. PLACIDE. IN. CHRISTO. OBIIT. REVERENDVS. ATQVE. DOCTISSIMVS. DOMINVS. STEPHANVS. RICHARDI. HVIVS. ECCLESIAE. RHVNESSIS. PASTOR.

Im Halbkreise um das Haupt der Figur steht:

ANNO. AETATIS. 63. MINISTERII. 36. REQVIESCAT. IN. PACE.

Die Kirche zu Bützow.

Die Kirche des schwerinschen Collegiatstifts zu Bützow ist eins der ausgezeichnetsten Bauwerke, welche Meklenburg besitzt. Imponirt der Dom zu Schwerin durch die einfache und edle

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Größe seiner Massen, reißt die Klosterkirche zu Doberan durch die fast unglaubliche Kühnheit und Zierlichkeit der Formen zur Bewunderung hin, so entzückt die Kirche zu Bützow durch die Schönheit und den tief berechneten Wechsel der saubersten Formen, welche sich sonst nicht häufig finden möchten. Der ganze Bau ist ein Meisterwerk der Baukunst und zeigt durchweg eine solche Harmonie, daß überall Befriedigung zu finden ist. Diese Tribüne des hohen Chors mit ihren schmucklosen, scharfkantigen, ernsten Säulen, mit den drei weiten Kapellenräumen mit den hohen Fenstern dahinter, durch welche sich von allen Seiten hin das Licht über die Altarstelle ohne Hemmung ergießt; — dieser liebliche Mittelraum mit seinen zierlichen Säulenbündeln und humoristischen Kapitälern; — dieser etwas verengte und schlichte Westraum mit dem dunklern Hintergrunde für die Orgel: — alles dies befriedigt im Ganzen und in den Theilen, man mag sehen, wohin man will. Dergleichen läßt sich aber mit wenig Worten nicht schildern, sondern bedarf einer gründlichen Aufmessung und Zeichnung, welche Monate Zeit fordern würden.

Das Altarblatt besteht aus ziemlich gutem vergoldeten Schnitzwerk. Der Mitteltheil stellt eine Grablegung Mariä(?) dar, während welcher die Umgebungen, aus Geistlichen bestehend, das Amt verwalten, beten, singen u. s. w. Unter diesen ist eine Gruppe merkwürdig, welche aus Einem Buche singt; einer der Singenden in der hintern Reihe sieht über die andern weg und hat eine Brille auf der Nase. Die Seitenflügel enthalten in Nischen geschnitzte Heiligenbilder. Der Altar hat außerdem noch zwei, also im Ganzen drei Flügel an je der Seite; jede der hintern Seiten hat Gemälde, deren also im Ganzen acht sind, welche zu den bessern aus den ersten Jahrren des 16. Jahrhunderts gehören und hohe Beachtung verdienen. Auch hier ist auf einem der (heraldisch) rechten Flügel eine h. Katharina dargestellt, wie sie den winzigen Kaiser (Maxentius) in den Staub tritt! 1 ) Der Altar ist unter dem verdienstvollen Bischofe Conrad Loste (1482-1503) erbaut und unter seinem Nachfolger Johannes Thun (1504-1506) vollendet, da Conrad Loste im J. 1503 starb. Ueber dem Altare steht auf einer schmalen Leiste in Holz geschnitzt die Inschrift:


1) Diese Darstellung hat in Bützow hin und wieder zu lächerlichen Verwechselungen Veranlassung gegeben, indem die Kaisergestalt durch den Küster für den "Bischof Costius (d. i. Lostius oder Loste) ausgegeben wird, der den "Altar erbauet habe". Es ist bei der Figur auch viel gewischt.
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astitit. regina. a. dextris. tuis. in. vestitu.

Inschrift

Auf der Basis des Altarblattes steht rechts das Wappen des Bischofs Conrad Loste: auf blauem (oder grünem) Schilde ein halber goldener Widder, der einen goldenen Bischofsstab trägt; links steht das Wappen des Bischofs Johannes von Thun: auf goldenem Schilde drei gewässerte grüne Querbänder und hinter dem Schilde ein goldener Bischofsstab.

Der schönste Schmuck der Kirche bleibt aber die Orgel, welche ebenfalls noch aus der katholischen Zeit (wohl aus dem Anfange des 16. Jahrh.) stammt und noch nichts von dem barocken Geschmack hat, mit welchem alle Orgeln in neuerer Zeit überladen werden. Hier steht noch ein Werk, wie es sich für eine gothische Kirche ziemt. Im reinsten gothischen Styl strebt das Werk mit einer Kraft und Würde empor, daß es augenblicklich klar wird, diese Einrichtung, und keine andere, passe an dieser Stelle. Betrachtet man ohne Störung diesen Orgelbau bei den prächtigen Tönen des Werkes, so scheint es, als theilten sich die Empfindungen des Ohres dem Auge mit: die Thürmchen und Arabeskenschwingungen werden gewissermaßen lebendig und scheinen in der Harmonie emporzustreben. In einer solchen tief durchdachten Anlage bewährt sich die Meisterschaft der alten Zeit, die ein Werk in dem Einen Plane, für den Einen Zweck schuf. Diese Orgel kann immer als Muster für neue Bauten gelten, wenn sie nicht sclavisch nachgeahmt wird und wenn sich — Holzschnitzer finden, die genug Geschicklichkeit und Fleiß zu solchen Werken haben. Leider ist das Rückpositiv ein jämmerliches Machwerk des 17. Jahrh. Die 4 schön geschnitzten Figuren auf der Außenlehne der vier Kirchenstühle unter der Orgel stellen die Anbetung der heil. Drei=Könige dar. Die erste Figur ist die Jungfrau Maria, die drei andern sind die heil. Drei=Könige mit ihren Gaben. Das Schnitzwerk ist ernst und gut.

Rechts vom Altar am Pfeiler ist ein steinernes Epitaphium auf Georg Wackerbart und Ursula Vieregge (seine Frau) vom J. 1590. Vor einem Bilde der Auferstehung knieen rechts 3 männliche und links 5 weibliche kleine Figuren, die Familie Wackerbart darstellend, aus Alabaster; im Gipfel sind die Wappen der beiden und an den Pilastern 16 Wappen der Ahnen aus Alabaster. Es wird dies Werk hier angeführt, damit es dereinst zur Vergleichung mit dem großen

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fürstlichen Epitaphien im Dome zu Güstrow dienen kann, mit denen das bützowsche wohl denselben Meister hat.

Unter den Glasmalereien verdient noch ein südliches Fenster neben dem, welches den Reichsadler trägt, Beachtung. Hier ist ein, den Kelch consecrirendes männliches Bild mit rothem Heiligenschein (?) dargestellt. Ueber demselben steht ein blauer Schild mit rothem Querbande, auf welchem drei grüne (Klee=) Blätter liegen; dies ist ohne Zweifel das Familien=Wappen des Bischofs Werner Wolmers (1458-1473).

An einem östlichen Pfeiler an der Außenwand der Kirche ist das bülowsche Wappen aus Messing angebracht, wie es auch am Dome zu Schwerin befestigt ist.

An dem südöstlichen Pfeiler an der Außenwand, welcher den Sonnenzeiger trägt, ist eine Kalksteintafel mit dem Wappen des Bischofs Conrad Loste. Die Inschrift, welche durch Hülfe einer Leiter und des scharfen Sonnenlichts jetzt entziffert werden konnte, lautet:

Inschrift

(d.i.

Annis verbigene 1 ) quingentis mille quoque vno Conradus presul condidit istud opus.).

Die Leichensteine sind einem wiederholten Studium unterworfen, aber kein einziger zeigte einen solchen Zusammenhang, daß sich irgend ein Name oder ein Datum für eine Person herausbringen ließ.


Mögen diese Andeutungen auch dazu dienen, daß bei Renovationen im Laufe der Zeit die Wahrheit erkannt, das Schlechte der letzten Jahrhunderte aus den Tempeln geworfen und das Würdigere im Geiste der ursprünglichen Schöpfung wieder an dessen Stelle gesetzt werde, damit die großen Werke der Vorzeit den Einfluß gewinnen, zu dessen Erreichung sie geschaffen und fähig sind. Hiezu kann aber nur ein sorgfältiges Studium der noch vorhandenen Ueberreste führen.


1) verbigenae = des Wortgeborenen=Christi, nach der Bibelstelle: Und das Wort ward Fleisch. — Als Nachtrag zu S. 139 die Bemerkung, daß Mantzet Pichil statt presul (d. i.=episcopus) las.—Auch hat sich S. 139 in die Inschrift ein Druckfehler eingeschlichen: m cccc i statt m ccccc i .
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Die Burg der Bischöfe von Schwerin zu Warin.

Die alte Burg der Bischöfe von Schwerin zu Warin ist in neuern Zeiten als Amtshaus benutzt und soll im Laufe dieses Jahres abgebrochen werden und einem neuen Amtshause Platz machen; es ist daher die Aufgabe des Vereins gewesen, dieses alte Gebäude in getreuen Zeichnungen aufzubewahren. Diese mag folgende kurze Beschreibung, so viel sie es noch vermag, erläutern. Die Burg liegt im Süden der Stadt Warin unmittelbar an derselben auf einem nicht sehr hohen Plateau und war mit Gräben und Wällen umgeben, von denen noch bedeutende Ueberreste vorhanden sind. Das Ganze bildete ein geschlossenes regelmäßiges Viereck mit der Auffahrt von der Stadtseite her. Jetzt stehen noch drei Seiten des alten Gebäudes; die Gebäude der Seite nach der Stadt hin sind seit Menschengedenken abgebrochen. Das Hauptgebäude bildet den mittlern Theil, der Auffahrt (gegen Norden) gegenüber; mit diesem sind zwei lange Flügel verbunden, welche die beiden Seiten des Hofes bilden. Diese drei Gebäude sind von gleicher Höhe und nur zwei Stockwerke hoch, wie auch ähnliche alte Gebäude in Meklenburg, z. B. die alte gräflich=schwerinsche Burg zu Neustadt, sich nicht höher erhoben. Links an dem Thor der Auffahrt, an der nordöstlichen Ecke des Vierecks, stand ein viereckiger Thurm (ein "Berchfrit") mit einem Eingange von oben hinein auf einer, von außen an der Hofseite angebrachten Treppe. Dieser Thurm war bis zum Dache 80', mit dem Dache gegen 120' hoch und nahm ein Quadrat von 40' ein; die Grundmauern waren 10' dick. Die nordwestliche Ecke war durch eine Mauer geschlossen. An der hintern Seite des südlichen, mittlern Hauptgebäudes, auf dem südlichen Ende des Plateaus, steht ein großes, hohes, viereckiges Gebäude von festem Bau, ungefähr halb so lang, als das Hauptgebäude und stark nach der Ostseite desselben hin gerückt, die eigentliche Residenz oder Veste Warin; dieser Bau erhebt sich bedeutend höher, als die übrigen Gebäude und ist, obgleich wohl in neuern Zeiten mit neuen Balkenlagen im Innern durchlegt, auf dem Unterbau drei hohe Stockwerke im Gemäuer hoch mit sehr hohen und spitzen Giebeln. Im mittlern Theil sind die zugemauerten Wölbungen von großen Spitzbogenfenstern erkennbar. Das obere ganz leere Stockwerk, welches noch der Bischofssaal heißt, hat an den Seiten nur Schießscharten als Oeffnungen, welche lang und schmal sind und sich nach außen hin erweitern. Im untern Theile sind hohe, weite Bogenfenster, jetzt vermauert. Im J. 1521 war

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hier "des Bischofs Kammer" und im J. 1624 hieß dieses Gemach "der Bischof"; unter war der "lange Saal" 1 ). Die Giebel haben hohe, vertiefte Spitzbogen zur Verzierung. An dem westlichen Giebel dieser Veste, an den obern, rechten Seiten der drei Bogenverzierungen, sind neben einander und in drei Reihen in schräger Linie über einander drei, also im Ganzen neun, viereckige Ziegel (von ungefähr 4 Fuß im Quadrat) mit erhabenen Wappen eingemauert; in jeder Reihe ist ein Ziegel glasirt. Auf einigen dieser Ziegel läßt sich ein Schwan erkennen.

Das Hauptgebäude quer am Ende des Hofes vor dieser Veste ist im Erdgeschosse gewölbt, schmal und nur ein Gewölbe tief. Der Eingang ist in der Mitte und der Fußboden ist in neuern Zeiten so sehr erhöht, daß die Tragsteine der Gewölbe nicht hoch über dem Fußboden stehen. Der jetzt in mehrere Zimmer geschiedene untere Raum des Gebäudes, im Eingange, rechts vom Eingange ganz und links vom Eingange zur Hälfte, bildete früher nur einen Raum und war wahrscheinlich der Hofsaal oder der Hauptsaal; er ist in einem zierlichen Gewölbe mit vielen, sich durchkreuzenden Rippen gewölbt. Der linke, östliche Raum des Hauptgebäudes ist ganz einfach und würdig von einem Gewölbe mit Kreuzrippen bedeckt; dieser heißt jetzt noch die Kapelle und war sicher die Haus= oder Burg=Kapelle des Bischofs. An der östlichen Außenwand dieser Kapelle links neben dem Fenster im zweiten Stock sind wieder zwei Paar Ziegel über einander eingemauert, wie sie am Giebel der Veste zu sehen sind. Von dem obern Paar trägt der eine Ziegel das Wappen der von Bülow (mit 14 Byzanten) ganz so, wie es aus Messing am Dom zu Schwerin und an der Westseite der Kirche zu Bützow zu sehen ist; der zweite Ziegel ist verwittert. Von dem untern paar Ziegeln führt ein jeder einen Schwan als Wappenschild; rechts von dem Fenster ist noch ein Ziegel mit einem Schwan. — Unter diesem Hauptgebäude sind heller, deren Eingänge in schönen Spitzbogen aufgemauert sind.

Die beiden Flügel zeigen außer ihrem festen, tüchtigen Bau nichts Altertümliches, als daß oben an der Außenwand des östlichen Flügels, nicht weit davon, wo derselbe an die Kapelle angelehnt ist, in gleicher Reihe mit den Wappenziegeln


1) Im J. 1521 war in des Bishofs Kammer zu Warin: "1 Bedde, 1 Ornat in einer Kiste, 1 Missal und "- was für einen Bischof lächerlich genug klingt — "1 Junckfrow in dat bede tho wermenn"; so muß man damals die Bettwärmer genannt haben.
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auf der Kapellemvand, zwei Ziegel mit dem Wappen der von Bülow, von denen einer glasirt ist, eingemauert sind.

Eine Zeichnung des früher abgebrochenen Thurms am Eingange, welche vor dem Abbruch aufgenommen ist, hat der Herr Amtmann Piper zu Warin gütigst überlassen.

Auf dem Plateau unmittelbar an der Veste wurden viele Scherben von sehr festen, blaugrauen mittelalterlichen Gefäßen gefunden, wie sie zu Prillwitz (vgl. Jahresber. II, S. 76) und ein ganzer Krug zu Rehna (vgl. Jahresber. III, S. 92) gefunden sind. Die Gefäße waren auf der Töpferscheibe mit Reisen und außerdem mit Knötchen um den Bauch verziert, welche von innen nach außen gedrückt sind; die Füße waren theils klein und gedreht, theils, wie bei dem Gefäße von Rehna, von innen aus dem Bauche hinausgedrückt. Auch dicke Glasscherben fanden sich, einige von der Dicke von 3/8 Zoll.

Die Entdeckung der eingemauerten Ziegel, während die Gebäude noch standen, läßt Schlüsse auf die Zeit der Erbauung der Veste machen. Nach dem von Bülowschen Wappen können die Gebäude nur in dem Zeitraume von 1292-1375 aufgeführt sein, da nur in dieser Zeit Bischöfe aus dem Hause von Bülow: Gottfried I. (1292-1314), Ludolph (1331-1339), Heinrich I. (1339-1347) und Friederich II. (1365-1375) den Hirtenstab zu Schwerin führten. In den Siegeln der beiden ersten ist noch keine Spur von dem Gebrauche eines Amts= oder Familien=Wappens. Auch war Warin erst kurz vor dem Regierungsantritte des Bischofs Gottfried befestigt (vgl. Rudloff II. S. 91), so daß ein durchgehends neuer Bau unter diesem nicht glaublich erscheint. Die Burg zu Warin wird also im 14. Jahrhundert, unter dem Bischofe Heinrich I. von Bülow (1339-1347) oder dem Bischofe Friedrich II. von Bülow (1365-1375) erbaut sein. Der Bischof Heinrich I. führte zuerst das Familienwappen in das große bischöfliche Siegel ein und unter dem Bischofe Friederich II. ward das kurz zuvor erfundene eigenthümliche bischöflich=schwerinsche Wappen der zwei Bischofsstäbe über dem quer geheilten Schilde allgemein angewandt und viel Prunk damit gemacht. Auch stimmt die künstlerische Darstellung des Wappenschildes am Schlosse zu Warin und an den Kirchen zu Schwerin und Bützow mit den Bildungen des Schildes auf den Amtssiegeln des Bischofs Friederich II. Es ist also glaublich, daß das Schloß zu Warin unter dem schwerinschen Bischofe Friederich II. von Bülow 1365-1375 erbauet worden sei.

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Es ist noch das Wappen mit dem Schwan zu berücksichtigen. Man könnte bei dem Anblick desselben an den Bischof Johann I. Gans (1322-1331) denken; der Schwan ist aber auf dem Wappen zu deutlich und schön modellirt, als daß man ihn für eine Gans halten könnte. Es bleibt also nichts übrig, als diesen Wappenschild auf den Bischof Nicolaus I. Böddeker (1444-1457) zurückzuführen, der einen Schwan im Wappen führte. Diese Annahme wird dadurch wohl zur Gewißheit, daß derselbe Bischof nach den Worten einer gleichzeitigen Inschrift 1447-1448 auch auf der bischöflichen Residenz Bützow einen viereckigen Thurm bauete, an welchem auch sein Familienwappen, der Schwan, mehrere Male angebracht war, wie es noch Franck (A. und N. M. VIII, S. 70) im Jahre 1754 sah. Es ist also wahrscheinlich, daß die Veste Warin unter dem Bischofe Nicolaus I. Böddeker 1444-1457 restaurirt worden sei.