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Gläserne Reliquien=Urne von Wismar.

Im Jahresber. II, S. 122 ist Nachricht von einer Reliquien=Urne gegeben, welche sich damals im Besitze der Schiffer=Compagnie zu Wismar befand. Seitdem hat der Verein, durch Vermittelung des Herrn Schiffs=Capitains J. P. Krohn, diese Urne käuflich gewonnen und liefert hier eine ausführlichere Beschreibung.

Ueber die Auffindung der Urne giebt folgendes, von dem wail. Consistorial=Rath Koch, damaligem Pastor zu St. Nicolai zu Wismar, ausgestelltes Zeugniß die beste Aufklärung:

"Als die hiesige löbliche Schiffer=Compagnie sich veranlaßt gefunden hatte, die ihr gehörige, in der St. Nicolai=Kirche an der Südseite unweit der Orgel belegene Capelle repariren zu lassen, so ward bei Abbrechung eines in dieser Capelle befindlichen verfallenen Altars am 31. März d. J. unter demselben ein kleines gläsernes Gefäß von etwa 3 Zoll hoch und oben 2½ Zoll weit gefunden, welches bei Erbauung und Einweihung dieses Altars dahinein war gelegt worden, und mit den darin befindlichen Sachen von dem Schifferältesten Herrn Steinhagen durch den Maurermeister Vollmar mir Endesbenannten zugesandt, mit dem Wunsche, daß ich über die Bedeutung des Gefundenen einige Auskunft geben möchte. Das Glas war bereits geöffnet, als ich dasselbe erhielt, und Folgendes darin enthalten:
1) "ein Pergament mit einem angehängten, in rothes Wachs abgedruckten Siegel 1 );
2) fanden sich in dem Glase einige Reliquien oder als Heiligthümer in der katholischen Christenheit verehrte Ueberbleibsel von heiligen Personen. Zwei Stücke derselben waren mit kleinen pergamentenen Streifen versehen. Ein blaues Knöpfchen von Seide enthielt nach dem daran befindlichen Pergament Reliquien vom heil. Laurentius und Petrus. Ein anderes rothes, etwas größer, sollte


1) Hier folgt eine Abschrift und Uebersetzung der in den Jahrbüchern III, Verm. Urk. abgebruckten Urkunde, des Inhalts, daß der Bischof Johannes von Ratzeburg am Tage der Translation St. Augustins im J. 1459 die Kapelle und den Altar zu Ehren der St. Paulus und Petrus, St. Matthäus, St. Manritius, seiner Gefährten, des St. Augustinus und der St. Agnes geweihet habe.
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Reliquien vom heil. Paulus und Mauritius enthalten. Noch lagen zwei kleine Brocken von Knochen und etliche Stückchen, die ich für Räucherwerk halte, daneben".
"Nach meinem besten Wissen auf Verlangen der löbl. Schiffer=Compagnie geschrieben."

Wismar, den 9. April 1795. Koch,
Pastor von St. Nicolai.

Diese Alterthümer sind dem Vereine so überliefert, wie sie in diesem Atteste bezeichnet sind und wie sie ohne Zweifel aus dem Mittelalter stammen. Das Gefäß hat ungefähr die Gestalt einer antiken Urne, ist 3¼" hoch und im Rande 2¾" weit geöffnet; es ist von sehr hellem, etwas grünlichem, dünnem Glase, gut geformt und geschwungen. Um den Bauch liegen zwei quer gezahnte Bänder von demselben Glase, und zwischen und neben diesen drei Bänder von blauen Glasfäden, welche in der Mitte zwei Mal, zu beiden Seiten ein Mal, immer in den Enden übergreifend, um die Urne geschlungen sind. — Den Hauptinhalt bilden die Reliquien: ein Knöpfchen von blauer Seide mit Reliquien, an welchen ein Pergamentstreifen hängt, auf dem mit der Schrift des 14. Jahrhunderts die Worte stehen:

"van sunte laurentius bente vnde van sunte petro vnde marco;"

ferner ein kleines Päckchen in rother Seide, auf welches ein Pergamentstreifen genähet ist mit den in rother Dinte geschriebenen Worten:

"de XI milium virginum reliquie et de sancto mauricio et sociorum eius;"

endlich 2 Stücke Knochen nicht eingewickelt und einige Stücke festen Weihrauchs, welches an der Flamme schmilzt und brennt, wie Bernstein. (St. Laurentius war der Schutzpatron der Stadt Wismar.)

Die Urkunde ist 5½" breit, 3" hoch und zu einem Quadrate von ungefähr 2" von der Größe des Siegels zusammengefaltet, um in die Urne gelegt werden zu können.

Die Urne ist mit Pergament und rothen seidenen Fäden zugebunden.