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e. Römische Alterthümer.

Römisches Grab von Bibow bei Warin.
Inhalt geschenkt vom Herrn Ober=Münzmeister Nübell zu Schwerin.
(Vgl. Jahresber. I, S. 93. 94.)

Ueber diesen merkwürdigen Fund geben wir folgenden Bericht des Herrn Archivars Lisch, zum Theil nach Mittheilungen des Herrn Kreisphysicus Dr. Bartsch zu Warin.

Vor einigen Jahren ward auf der Feldmark Bibow, dem Herrn Heerlein auf Hasenwinkel gehörig, nach Mergel gesucht. Man wählte die höchste Anhöhe der Feldmark, den sogenannten Mühlenberg, wo man unmittelbar an einem Haufen großer, unregelmäßig gelagerter und größtentheils durch Erde verdeckter Steine in die Tiefe grub und hier auch den schönsten Mergel fand. Diese Anhäufung von großen Steinen war ungefähr 8 bis 10' hoch über dem Erdboden und lag genau am östlichen Abhange des Berges, eines der höchsten in der ganzen Gegend, an dessen Fuße vor dem Grabe sich eine Seefläche ausdehnt. - Nachdem man beim Mergelgraben bis gegen 16 Fuß tief gekommen war und die Grube in dieser Richtung ausgebeutet hatte, ward in aufsteigender Richtung gegen die Spitze des Berges und das Grab hin fortgearbeitet und das Steinlager nach und nach von unten und den Seiten gelöst und entfernt, so daß man nach und nach von unten zur Mitte der Grundfläche des Grabes gelangte. Hier zeigte sich, während die Steine bei der Arbeit in die Grube rollten, unter vielen großen Steinen verpackt, ein großer, fester Lehmklumpen, aus dem etwas Schieferfarbiges hindurchschien. Der Gutsherr, welcher anwesend war, ließ den Klumpen, wie er da war, nach Hause bringen und fand in demselben zwei Gefäße von Thon mit Lehm gefüllt. Als bald darauf der Herr Obermünzmeister Nübell in Hasenwinkel eintraf, überließ Herr Heerlein demselben den Fund; der Hr. Nübell leerte darauf die Gefäße von dem füllenden Thon und fand in dem größern derselben ein Glas, Knochen und mehrere kupferne Münzen. Dieses Alles übergab der Hr. Obermünzmeister Nübell dem Verein.

Der Inhalt des Grabes besteht:

1) aus einer schlichten römischen Lampe aus sehr feiner, fester, hellgelber Siegelerde (terra sigillata), wie sie als einheimisches Product sonst in den Gräbern Norddeutschlands nicht vorkömmt;

2) aus einer kleinen schlichten Urne von derselben Thonmasse mit einem schieferfarbigen Ueberzuge, 4" hoch, 2 1/2" weit in der Mündung, 3 1/2" weit im Bauche und 1 1/2" im Durchmesser in der Basis;

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in der Urne lagen:

3) Fragmente von angebrannten kleinen und dünnen Menschengebeinen;

4) Stückchen einer sehr dünnen Platte aus der Thonmasse der Lampe und der Urne, jedoch mit kleinen Kieskörnern gemengt, - und einige kleine Stücke Quarz;

5) ein sogenanntes Thränenfläschchen aus sehr reinem und durchsichtigem, bläulich=weißem Glase, 3" lang und ungefähr fingerdick;

6) acht römische Kupfermünzen; vier derselben sind auf der Oberfläche so sehr zerfressen, daß sie nicht mehr erkennbar sind. Von den übrigen geben drei zusammen das Bild Einer Münze desselben Gepräges. Die eine, mit hellgrünem edlem Rost überzogen, hat auf dem Avers zwischen zwei Victorien einen Altar und darunter die Inschrift: ROM. ET. AVG. auf dem Revers ist ein Brustbild erkennbar. Eine zweite Münze hat auf dem Revers das bekränzte Brustbild eines Imperators mit der Umschrift: CAESAR. PONT. MAX., der Avers ist unkenntlich. Eine dritte Münze von rother Farbe hat von dem Gepräge dieser beiden deutliche Spuren. Diese drei gleich großen Münzen geben zusammen das Bild einer und derselben Münze in drei Exemplaren, welche folgende Bestimmung hat:

Rev.: CAESAR. PONT. MAX. (Caput laureatum.)
Av.:    ROM. ET. AVG. (Ara inter duas Victoria basi insistentes.)

"Diese Kupfermünze des Kaisers Augustus ist in allen Größen vorhanden und überaus häufig. Die Umschrift des Averses heißt: Romaeet Augusto. - Eckhel, Doctrina Numorum Veterum VI, 135-137, hat diese Münzen eigens abgehandelt und bewiesen, daß sie nicht in Rom, dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt, daß sie in Lugdunum Galliae (Lyon) geprägt sind, wo ein dem Augustus geweiheter, weit und breit besuchter Altar war, und zwar noch während des Lebens des Herrschers, während ihm in Rom, so lange er lebte, dergleichen Ehrenbezeugungen nicht gewidmet waren." 1 ) - Die achte Münze läßt theilweise noch etwas erkennen: auf dem Avers ist ein behelmtes (oder bekränztes ) Brustbild sichtbar, auf dem Revers eine stehende weibliche Figur mit einer großen Aehre in der rechten Hand, zu beiden Seiten die beiden Buchstaben S. C.


1) Diese Aufklärungen und Bestimmungen sind durch die Mittheilungen und Bemühungen des Hrn. Dr. Friedländer zu Berlin möglich geworden.
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Ferner fanden sich neben der Urne, ungewiß jedoch, ob über oder unter derselben:

7) Bruchstücke einer niedrigen Schale aus feiner, braunrother terra sigillata. Von diesem Gefäße ist nur noch die Hälfte des Bodens vorhanden; der Rand umher ist ganz abgebrochen. Dieser Boden hat 4 3/4" im Durchmesser und ist achtseitig im Rande geformt. Durch Streifen in erhabener und vertiefter Arbeit ist die Oberfläche des Bodens nach dem Innern der Schale in verschiedene Felder getheilt. Nach der Hälfte zu urtheilen, war in der Mitte ein rundes glattes Feld, in welchem ein Thier, wie ein Scorpion oder Taschenkrebs liegt. Um dieses Medaillon stehen 4 (im Ganzen müssen 8 vorhanden gewesen sein) Felder in Form eines Trapezes; abwechselnd sind zwei und zwei Felder mit denselben Verzierungen versehen; zwei Felder sind mit Mäanderverzierungen bedeckt, auf denen in der Mitte zwei verschlungene Ringe liegen, zwei Felder sind mit viereckigen Rosetten bedeckt: auf dem Felde liegt in der Mitte das Thier (ein Scorpion?), welches auch auf dem Mittelschilde liegt; alle diese Verzierungen sind in erhabener Arbeit gepreßt.

Wahrscheinlich bildete diese Schale eine Untersatzschale für die übrigen Gefäße. Kundige Alterthumsforscher würden durch Erklärung verpflichten.

Nach allem Vorgebrachten ist nun, wenn auch keine Inschrift dafür spricht, der römische Ursprung des Inhalts dieses Grabes wohl außer allem Zweifel.

Um die Untersuchung für die Folgezeit festzuhalten, sind die Hauptgegenstände dieses Fundes durch eine lithographirte Zeichnung bei diesem Jahresbericht Tab. II und III aufbewahrt:

Fig. 1. die Schale.
Fig. 2. die Lampe.
Fig. 3. die Urne.
Fig. 4. das Thränenfläschchen.
Fig. 5 a et b. 2 Münzen.