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II. Depotfunde.

1. Fund von Brook.

(Katalog=Nummer Br. 301 - 313.)

Juli 1890 stieß der Erbpächter Fehmerling in Brook bei Lübz beim Beackern seiner Hufe auf ein Bronzebecken, in welchem eine Anzahl Bronzegegenstände lagen. Die Fundstelle liegt 450 Schritt von dem Gehöfte des Finders, 250 Schritt von der Chaussee nach Plau, 4 Kilometer von Lübz, 2 Kilometer von Brook entfernt. Der Boden ist leicht ansteigend, sandig und trocken. Steine sind nicht gefunden; die Sachen lagen frei im Boden. Der Fund ist durch das Großherzogliche Amt in Lübz eingeliefert und bildet seitdem einen der bedeutendsten Gesammtfunde unserer Sammlung. Die Patina, der Bronzen ist hell, glänzend und nicht tief. Es sind:

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1. Ein größeres Hängebecken (abgeb. beistehend, Abb. 20). Der halbkugelige Körper zieht sich mit scharfem Rande nach innen, dann setzt, durch ein rundliches Band verbunden, der leicht nach innen geneigte Hals an; die obere Kante biegt sich zu einer schmalen

Hängebecken
Fig. 20. 1 / 3 .

Randleiste nach innen, letztere ist durchlocht; auf der Kante stehen zwei längliche gerade Henkel. Das Stück ist beim Finden an der Standfläche beschädigt, eine alte Verletzung ist durch einen innen aufgelötheten Bronzeklumpen verklebt; ebenso ist an einer Stelle, wo der scharfe Bauchrand ansetzt, innen eine größere Löthstelle (mehrere Schichten über einander) und eine andere an der inneren Einbiegung des Randes. Das Innere ist nach dem Gusse nicht abgeputzt, die Fläche ist daher hier rau, kleine Erhöhungen und Gußnähte sind stehen geblieben. Unter der einen Löthstelle befinden sich zwei kleine Löcher, die wohl zu einem technischen Zwecke (bei der Reparatur?) eingeschlagen sind.

Die Maaße betragen: Höhe bis zur Kante 16 cm; Höhe bis zum Bauchrande 4,75 cm; Höhe des Halses 4 cm; Breite der Einziehung vom Bauchrande 1 cm, der inneren Einziehung 1,75 cm; Länge der Henkel 4,75 cm; Oeffnung der Henkel 0,75 cm, 0,86 cm; Durchmesser der oberen Oeffnung (incl. Einbiegung) 23 cm.

Die runde Standfläche ist verziert (s. umstehend Abb. 21) mit einem spitz in Spiralen auslaufenden Triskeles 1 ) aus fünf neben=


1) Daß das gewöhnlich Triquetrum genannte Zeichen so, nicht Triskele zu benennen ist, hat Olshausen, Zeitsch. f. Ethnol., Vhdl. 1886, S. 283 überzeugend nachgewiesen.
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einandergesetzten Linien, umgeben von einem gleichartigen Ornamentbande im Charakter des "laufenden Hundes", sodann einem Bande von [Symbol S spiegel]=förmig verschlungenen Linien, welches wir der Kürze halber als S Spiegelbild =förmige Welle bezeichnen wollen, dazwischen kleine S Spiegelbild =förmige Ornamente. An diese runde Standfläche schließen sich bis zum Bauchrande drei Ornamentstreifen, getrennt durch schmale Streifen mit gemusterten Punktverzierungen.

Ornament
Fig. 21. 1 / 3 .

Die Streifen wiederholen das Ornament der Standfläche: der erste (unterste) des "laufenden Hundes", die beiden anderen der S Spiegelbild =förmigen Welle. Der Hals ist bedeckt mit einem mäanderartigen Ornament, doch auch hier die Ecken gerundet, in regelmäßigen Abständen unterbrochen durch verschiedenartige Vertikalstreifen, theils solche, um die sich wellenförmig die fünf Linien herumziehen, theils solche mit kleinen Halbkreisen zur Seite. Die Ornamente sind kräftig und tief, offenbar eingraviert.

Von den Hängebecken unserer Sammlung sind mit den beschriebenen in Beziehung zu stellen die von Lübbersdorf bei Friedland und Roga (Einbiegung nach innen, aufstehender Henkel; in Beziehung auf das Ornament das Stück von Düssin, welches dieselben tiefgeschnittenen Linien zeigt, während die anderen Exemplare viel weniger kräftige Ornamente haben. Aus anderen Ländern vergl. z. B. über Dänemark S. Müller, Ordning of Danmarks Oldsager II, 388. Daß der Formenunterschied der Hängebecken in der That einen Zeitunterschied einschließt, hat Montelius nachgewiesen (Om tidsbestämming S. 239 flgd.) Unser Exemplar gehört unzweifelhaft zu den jüngsten in der ganzen Reihe. Es schließt sich am engsten den drei Neubrandenburger Gefäßen (im Museum von Neustrelitz, abg. Baltische Studien II, Tafel 4, Fig. 4 - 6) an, von denen das eine ebenfalls den Mäander, ein anderes das Triskeles hat.

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In diesem Gefäße befanden sich alle übrigen Gegenstände, nämlich:

2. Ein kleineres Hängefaß, am Rande mehrfach beschädigt.

Eine Grundform ist dieselbe, wie des ersten, zeigt aber einige wichtige Abweichungen: der Bauchrand ist nicht scharf, sondern abgerundet; die Kante ist scharf und biegt nicht ein; Henkel fehlen, dafür finden sich längliche, rechteckige Einschnitte unter der Kante. Die Maaße sind: Höhe 9,5 cm, größter Umfang 62 cm, Höhe bis zum Bauchrande 6,4 cm, Breite der Einziehung 1,1 cm, Höhe des Halses 2,5 cm, Henkelöffnungen 2,35 und 0,5 cm, Durchmesser 16,25 cm.

Besonders auffallend ist der Unterschied in der Ornamentierung (s. beistehend, Abb, 22):
Ornament
Fig. 22.½.

Die Standfläche bildet eine runde knopfartige Erhöhung von 2,25 cm Durchmesser, verziert mit einem Kreise aus kleinen Punkten; dann folgen drei ungleiche Streifen: der erste mit dem "laufenden Hund," der zweite, getrennt durch ein schmales Band mit Tannennadelornament, aufgelöste Spiralen, deren Enden spitz auslaufen und mit einseitigen Schrägstricheln versehen sind, darunter ein Punkt; der dritte Streifen wird durch zwei aufgehöhte Linien mit Schrägstricheln getrennt und hat dieselbe breitgezogene [SymbolS spiegel]=Welle, wie das erste Gefäß, aber mit Punkten umsäumt. Der Hals hat in der Mitte und am Ansatz aufgehöhte Linien mit Schrägsticheln, der wulstige Bauchrand in gleichmäßigen Abständen 1,5 cm lange Streifen mit Längsstrichen. Die Linien der eingravierten Ornamente sind ganz zart, bestehen meist aus drei Parallellinien und werden von parallelgehenden Punktlinien begleitet.

Verglichen mit dem ersten Gefäße, stellt dieses zweite offenbar eine ältere Stufe dar: die schärferen Kanten, der Mangel an aufgehöhten Linien kennzeichnen die Nachahmung getriebener Gefäße. Das Ornament ist bei 1 reines Flächenornament geworden und wird tiefer und kräftiger gestaltet, während bei 2 die Wellenlinien u. s. w.

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sehr zart behandelt sind und die aufgehöhten Linien dominieren. Deutlich ist bei 2 zu sehen, wie das Drachen=Ornament aus der Linie sich entwickelt (vergl. auch Jahrb. 52, Taf. I, 6b); die Ornamentierung von 2 beruht noch durchaus auf der älteren Bronzezeit (vergl. auch den sternartigen Abschluß der Standfläche und das "Tannenwedelband"), während in 1 schon ganz neue Motive, so das für die la Tène=Zeit so wichtige Triskeles (auf der Standfläche) und der Mäander am Halse auftreten.

Aehnliche Exemplare wie unsere Nr. 2 vergl. Montelius, Antiquités suédoises, Fig. 248 und 251; aus Meklenburg das größere von Lübbersdorf bei Neukloster. Es ist der Typus E von Montelius, der (Om tidsbestämming, S. 239 ff.) im Ganzen 130 bekannt gewordene Exemplare dieses Typus aufzählt, während von dem vorigen Exemplar (Typus F) nur 25 bekannt waren, davon allein 5 aus Meklenburg.

Ueber Hängegefäße im Allgemeinen ist zuletzt in den Jahrb. 52, S. 8 gesprochen. Dort konnten aus Meklenburg=Schwerin nur vier Exemplare und ein Fragment aufgezählt werden, während Meklenburg=Strelitz allein acht geliefert hat; mit den Brookern kommen wir nun auf sechs, von denen dem ältesten Typus (Montelius D) nur das kleinere von Lübbersdorf, dem folgenden (Montelius E) außer dem kleineren von Brook das größere von Lübbersdorf, das von Basedow (beistehend nach Jahrb. 14, S. 320 abgebildet, Abb. 23, s. auch unten S. 228) und das von Düssin, dem jüngsten (Montelius F) nur das größere von Brook angehören.

Ornament
Fig. 23. 1 / 5 .

Ein erkennbarer zeitlicher Unterschied findet zwischen den letzten beiden Typen nicht statt. Den Zweck betreffend werden diese Hängebecken, ebenso wie die "Schmuckdosen" der älteren bronzezeitlichen Perioden, aus denen sie sich entwickelt haben, zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten gedient haben. Die Frage ihrer Herkunft wird gelegentlich immer wieder berührt, trotzdem es für keinen auch nur oberflächlichen Kenner der bronzezeitlichen Entwickelung in den verschiedenen Ländern zweifelhaft sein kann, daß sie durchaus der nordischen Bronzezeit angehören, nicht nur durch ihre Formensprache, sondern auch ihre Verbreitung. Da die betreffenden Ausführungen des besten Kenners der europäischen Bronzezeit, Montelius, in der deutschen Litteratur nicht die gebührende Berücksichtigung gefunden haben, sei hier auf dessen Aufzählung a. a. O., S. 239 hingewiesen,

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aus der hervorgeht, daß auf 136 in den drei nordischen Reichen gefundene Becken vom Typus D, E, F für ganz Deutschland nur 52 kommen, während außerdem nur ein Exemplar (in der Schweiz, Pfahlbau von Corcelettes, s. Montelius, Månadsblad 1879, S. 141) zu Tage getreten ist, offenbar ein versprengtes Stück. In Deutschland ist das südlichste bei Frankenhausen, das westlichste bei Münster und das östlichste bei Stargard (Pommern) gefunden. Nach Südosten gehen sie über Berlin nicht hinaus; daß ihre südlichsten Ausläufer sich in der Richtung der Provinz Sachsen bewegen, entspricht völlig dem alten Gang der Handelswege in der Bronzezeit. Seit dieser Aufzählung (1885) sind eine Anzahl neuer Stücke aufgefunden, die Grenzlinien aber dadurch nicht verrückt. Das Verbreitungsgebiet ist also das der nordischen Bronzezeit. Nordisch ist auch die Form als eine Entwickelung der auf ein noch engeres Gebiet beschränkten "Schmuckdosen." Und nordisch ist meines Erachtens auch die Ornamentik. Dies ist der bestrittenste Punkt. Eine Uebersicht über die einschlägigen Motive giebt Montelius im Månadsblad 1881, S. 17. Bei den Hängegefäßen kommen besonders in Frage: ein Bogenornament, der "laufende Hund", die S Spiegelbild =förmige Welle, der Mäander und der Drachenkopf. Die Entstehung des Bogenornamentes auf dem älteren Typus (D) aus dem Sternenornament der Schmuckdosen stellen die Abbildungen a. a. O., S. 43 - 57, überzeugend dar; man braucht aber nur die eine Bogenendung wegzulassen, um zu dem "laufenden Hunde" in der Form, wie sie Abb. 62 z. B. zeigt, zu kommen, ein Uebergang, den ein Vergleich der beiden Lübbersdorfer Gefäße, Jahrb. 52, Tafel I, besonders klarlegt. Aus der Spirale ist dieses Ornament auf nordischem Boden nicht entstanden und unterscheidet sich dadurch von dem klassischen "laufenden Hunde", der unmittelbar aus der Spirale entwickelt ist. (Mycenä, a. a. O. S. 27 u. flgd.) 1 ) Das Spiralornament gehört im Norden durchaus der älteren Bronzezeit an und ist der jüngeren fremd. Komplizierter ist die Entstehung der S Spiegelbild =förmigen Welle (vergl. umstehendes Detail Abb. 24 von dem einen Lübbersdorfer Hängebecken nach Jahrb. 14, S. 26). Montelius hat geglaubt, ein bekanntes altorientalisches, dann in etrurischen und römischen Funden häufiges Ornament des verschlungenen Doppelseils (das "Flechtband" s. A. Riegl, Stilfragen S. 87) zur Erklärung heranziehen zu sollen; er hebt aber selbst hervor, daß keinerlei Bindeglieder mit dem Norden vorliegen (a. a. O. S. 42). Ich glaube, daß die S Spiegelbild =förmige Welle


1) Zur Geschichte der Spiralornamentik vergl. Naue, Bronzgezeit in Oberbaiern, S. 142 ff., auch A. Riegl, Stilfragen, S. 71 u. S. 135; Andêl, Jahresbericht der K. K. Unterrealschule in Graz 1892.
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Ornament
Fig. 24.
sehr wohl aus den anderen beiden Motiven zu erklären ist, man braucht nur das Bogenornament oder den "laufenden Hund" in der Form von Montelius, Abb. 67 oder 74, seitlich zu verschieben, und die Welle ist fertig, Auch an dem Holsteinischen Gefäße bei Hagen, Holsteinische Hängegefäße, IV 1, ist dieser Uebergang sehr deutlich. Sei die Entstehung aber, wie sie wolle, auf jeden Fall sind S Spiegelbild =Wellen, und ebenso die zwei vorher besprochenen, der nordischen Bronzezeit eigenthümliche Ornamente, die sich in dieser Form und Vereinigung nirgends wiederfinden. Anders ist es mit den beiden folgenden, dem Mäander und dem Drachenornament. Der Mäander, entstanden auf griechischem Boden als "geometrische" eckige Gestaltung der Spirale, ist zu Beginn der Eisenzeit in Italien dort übernommen und weitergebildet, resp. verunstaltet (vergl. J. Böhlau, Kasseler Festschrift 1895, Seite 91 ff.); ebenso tritt er auf Urnen in Hallstadt und in Hallstädter Gräbern in Baden auf (vergl. Wagner, Hügelgräber u.s. w., Tafel III, 8); ferner auf (zeitlich vielleicht etwas älteren) Urnen in Schweizer, Pfahlbauten (vergl. Ulrich; Katalog der Züricher Samm=
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lungen I, 1535). Beide Fundgruppen, die Schweizer und die Hallstädter, haben lebhafte Beziehungen zu der nordischen Bronzezeit (vergl. nur die Messer des Pfahlbaues Haumesser, in dem die betreffende Urne gefunden ist, mit den Jahrb. 51, S. 17 besprochenen); und so, ob mit Schweizer, ob mit Hallstädter Sachen, bleibe vorläufig dahingestellt, ist der Mäander auch in die nordische Bronzezeit gekommen, aber erst an ihrem Ende und ohne eine weitere Bedeutung zu erhalten. Er tritt nur an den Hängebecken jüngster Form (Typus F) auf und ist auch da durch Biegung der Ecken dem nordischen Geschmack konform gemacht.

Aehnlich ist es mit dem Drachenornament. Die Ornamentik der Bronzezeit im Allgemeinen ist bildlos; erst auf den Hängebecken bekommen die sich umbiegenden Linien gelegentlich am Ende einen Punkt, dann aufrecht stehende Strichel; und der Drache mit Kamm ist da; ganz aus der Ornamentik herausgelöst zu einem selbstständigen Gebilde hat er sich aber nirgends. (Am weitgehendsten in Formen, wie an beistehendem Boden, Abbildung 25, des Kessels von Roga nach Jahrb. 14, S. 327).

Drachenornament
Fig. 25.

Auch hier glaube ich eine Beeinflussung durch südliche Ornamentik annehmen zu dürfen: der nordische Drache ist der umgestaltete schwimmende Hallstadtvogel 1 ), wie er in Meklenburg z. B. auf den Trageimern von Granzin (Jahrb. 47, Tafel VI, Fig. 11) auftritt. Auf das verwandte Schiffsornament gehe ich hier nicht ein, da es auf Hängebecken nicht vorkommt; ebenso wenig wie auf das Vorkommen der Hängebeckenornamentik auf anderen echt nordischen Geräthen, z. B. Messern, welche die Vertreter einer südlichen Herkunft der Hängegefäße konsequenterweise auch als Import bezeichnen müßten 2 ) Wir


1) Vergl. darüber Hörnes, die Verwendung der Thiergestalt in der prähist. Kunst in den Mittheilungen der anthrop. Ges. in Wien, XXII (1892), S. 111; auch Naue, Prähist. Blätter 1891, (III) S. 21.
2) Vergl. z. B. den schönen Fund von Katerbow bei Ruppin im Berliner Museum für Völkerkunde, wo die Hängebeckenornamente sich auf einem Halsringe, wie unten Nr. 7, und einer Fibel mit gewölbter Platte finden; ferner die wundervollen dänischen Messer mit Triskeles, Drachen und Schiffen z. B. bei von den Steinen, Präh. Zeichen und Ornamente S. 36. S. auch unten S. 231.
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halten die besprochene Ornamentik für eine auf nordischem Boden überwiegend aus alten einheimischen Formen, aber unter dem Einfluß südlicher, speziell ungarischer und Hallstädter Motive entwickelte.

3. Eine glockenförmige "" (abg. beistehend, Abb. 26),
Handhabe
Fig. 26.½.

darin ein T=förmiger und ein rechteckiger "Stuhl". Höhe 6 cm, Höhe der Spitze 1 cm, Durchmesser 9 cm. Die Ornamente bestehen aus einer Reihe von in Guß hergestellten concentrischen Kreisen mit Punkten und einer Reihe Punkterhöhungen, dazwischen gestrichelte Bänder; die Spitze hat horizontale Einkerbungen. Der Zweck dieser "Handhaben" ist viel umstritten; da sie fast stets mit den Hängebecken zusammen gefunden werden, glaube ich doch, daß sie als Griffe gedient haben. Sonderbar ist allerdings, daß hier wie auch sonst die Ornamentierung der Handhaben nicht dieselbe ist wie die der mit ihnen gefundenen Becken. Doch kommt die vorliegende Verzierung auch sonst auf Hängebecken vor, vergl. beistehend (Abb. 27)

Ornament
Fig. 27.

den Boden des (nicht in den Schweriner Sammlungen befindlichen) Exemplars von Basedow, ferner S. Müller a. a. O., Nr. 389; Mestorf a. a. O., Fig. 351, mit einer Handhabe in der Ornamentation unseres zweiten Hängebeckens; dieselben Ornamente auf einer Fibel mit gewölbter Platte v. Buchwald, Jahrb. 51, VIII.

4. Eine kleine Schale aus Bronzeblech, (abg. beisteh. Abb. 28)
Schale
Fig. 28.½

getrieben, fast ganz ohne Patina, am Boden beschädigt. Der Henkel ist mit länglichen Streifen befestigt. Höhe 6 cm, Durchmesser 11,5 cm. Verziert mit drei Reihen; concentrischer Kreise mit Mittelpunkt, dazwischen Punktreihen.

Die Schale hat also dieselben Ornamente wie die Handhabe, aber bei jener sind sie gegossen, hier getrieben. Daß in der jüngeren Bronze=

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zeit ein starker Import getriebener Bronzegeräthe aus dem Gebiete der Hallstadtperiode stattgefunden hat, ist bekannt (vergl. u. a. Jahrb. 47, S. 288); unzweifelhaft auch, daß diese südlichen Bronzen im Norden in der hier heimischen Technik (dem Guß) nachgebildet sind. Es dürfte aber wenig Beispiele geben, wo so offenkundig, wie in unserem Falle, Vorbild und Nachbildung neben einander gefunden sind.

Tassenförmige Bronzeschalen sind auch sonst gefunden, aber abweichend in den Verzierungen; so auf nahe benachbarten Fundplätzen bei Dahmen (vergl. beistehende Abb. 29 nach Jahrb. 10, S. 283),

Schale
Fig. 29.

Basedow und Kl.=Lukow (vergl. Jahrb. 35, S. 135) in Funden, deren zeitliche Zusammengehörigkeit mit dem unseren sicher ist. Vergl. zu den Jahrb. 47, S. 290 gegebenen Nachweisen O. Mertins in Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild, 1896 (VI).

5. und 6. Zwei Spiral=Armbänder aus Bronzedraht von 39 Windungen, noch stark federnd; zusammengedrückt 16,5 cm lang, auf der einen Seite 8, der andern 6,5 cm breit. Der Bronzedraht ist an den Enden rund und glatt, nach der Mitte zu mit scharfem Außengrat; an den Enden ist der Draht zu einer Oese zurückgebogen.

Aehnliche Armringe sind in der Bronzezeit nicht selten, vergl. für Schweden Montelius a. a. O., Fig. 234; für Dänemark S. Müller a. a. O., Fig. 55; für Schleswig=Holstein Mestorf a. a. O., Fig. 323. Aber Exemplare von der vortrefflichen Erhaltung und ungeheuerlichen Größe der unseren stehen vielleicht einzig da. In den Schweriner Sammlungen sind die nächststehenden die aus den Moorfunden von Lübbersdorf bei Friedland (vergl. beistehende Abbildung 30 nach Jahrb. 14, S. 332),
Spiralarmband
Fig. 30. 1 / 3 .

Redentin, Meteln und Barnekow; ferner ein bisher nicht

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publiciertes, welches 1894 als Schenkung des Herrn Architecten Thormann in Wismar in die Großherzogliche Sammlung gekommen ist; näheres über die Fundverhältnisse dieses Exemplars ist nicht bekannt geworden, doch wird der Fundort in der Gegend von Wismar liegen.

7. Ein Halsring 1 ) (abgebildet beistehend Abb. 31.). Der Reif ist rund und mit gleichlaufenden Schrägkerben verziert (imitierte

Armband
Fig. 31. 1 / 3 .

Torsion); er verbreitert sich vor dem Schlußstück zu einem länglichen Oval und schließt in ineinander fassenden spitzen Enden ab. Ob diese, wie in verwandten Exemplaren, ursprünglich in Spiralen endeten, bleibe dahingestellt Durchmesser 21 cm, Dicke 1 cm, das ovale Band 8 und 3 cm. Am Schlußstück eine rohe Reparatur. Das ovale Band ist reich verziert im Geschmack der Hängebecken mit dem "Schiffsornament" (vergl. die Abbildung). Auch diese Art Halsringe sind im Gebiete der nordischen Bronzekultur nicht gerade selten: vergl. Montelius a. a. O., Fig. 230 - 232, S. Müller a. a. O., Fig. 410, 411 und Nordiske fortidsminder I, S. 21, Mestorf a. a. O., Fig. 276, 277. Interessant ist es, daß sie in Süddeutschland schon in einer älteren Periode der Bronzezeit auftreten (s. Naue, Bronzezeit in Oberbaiern, S. 120). Aus Meklenburg war bisher nur ein Exemplar bekannt: dasselbe ist in Brahlstorf in einem Grabe gefunden (ein seltener Fall, indem diese Ringe sonst fast ausschließlich Moor= und Erbfunden angehören), s. Lisch, Frid. Franc., Taf. 10, Fig. 1 und Text S. 55. Doch ist jenes Stück unverziert; das unsere zeigt dagegen jene eigenthümliche "schiffsornamentartige" Verzierung, die hier bisher nur auf einem Messer (von Meyersdorf, Jahrb. 51, Tafel II, Fig. 2) bekannt war. Verwandt sind zwei


1) Von Lindenschmit, Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit, Bd. II zu Heft III. 1, wo auch unsere Meklenburger Funde abgebildet sind, für Kopfzierden erklärt; ebenso von Naue, Bronzezeit in Baiern, (S. 120; die-im Norden gefundenen erklärt S. Müller a. a. O., S. 22 unzweifelhaft mit Recht für Halsringe,
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Ringe aus einem Funde von Turloff, die, in einem Stück gefertigt, den Verschluß als Verzierung haben (s. Lindenschmit a. a. O.). Das "Schiffsornament" ist nahe verwandt dem "Wellenornament" der Hängebecken und im Gebiet der nordischen Bronzezeit, besonders in Schleswig=Holstein und Dänemark, in dieser Periode nicht selten;

vergl. Montelius, Månadsblad 1881, Fig. 104 und besonders Mestorf, Bronzemesser mit figürlichen Darstellungen, S. 10 (aus Holstein), v. Buchwald, Jahrb. 51, Tafel VI, 2 (aus Strelitz), Lindenschmit, Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit II, III, 3 (aus verschiedenen Gegenden). Ein Exemplar, wie das von Brahlstorf, bildet Hagen a. a. O., Tafel II, 3 ab aus dem Funde von Kronshagen, der mit unserem Brooker viel Aehnlichkeit hat.

8. Ein gewundener Halsring mit in der Mitte wechselnder Torsion, hergestellt aus einer vierseitigen Bronzestange, die an beiden Enden zu einer Oese zurückgebogen ist. Durchmesser 20 und 18,5 cm, größte Dicke der Stange 0,5 cm. Vortrefflich erhalten, mit wenig Patina.

Tordierte Ringe mit umgebogener Oese sind bei uns nicht häufig; wir haben gleiche nur in dem großen Ringfund von Ludwigslust (vergl. Jahrb. 2 B, S. 44), in dem Moorfund von Groß=Dratow (vergl. Jahrb. 54, S. 105) und einem Grabfunde von Grabow. Häufiger sind die glatten Ringe mit zurückgebogener Oese, z. B. in dem Funde von Vielist (vergl. Jahrb. 52, S. 5, wo die analogen Funde aufgezählt sind). Ein Depotfund aus Posen mit solchen Ringen ist dadurch interessant, daß er eine Nadel mit doppelseitiger Spirale, ähnlich der von Sembzin (s. oben S. 212), enthält; s. Album der Posener Gesellschaft, Tafel 15, Fig. 1. In Brandenburg: aus einem Urnenfelde Voß und Stimming, Vorgeschichtliche Alterthümer II, 1; aus dem auch sonst verwandten Depotfunde von Schwachenwalde (Kreis Arnswalde) im Berliner Völkermuseum. Häufig sind sie in Oesterreich: s. M. Much, Mitth. d. K. K. Centralkommission z. E. d. D. Wien 1888, S. 11, bei der Besprechung des mit unsern Depotfunden verwandten Fundes von Grehin=Gradac in der Herzegowina. Auch in der Schweiz kommen sie in der beginnenden Eisenzeit vor, s. Heierli, Anzeiger für Schweizerische Alterthumskunde 1893, 1, 6. Aehnlich gehören sie in Italien, wo sie häufig sind, an das Ende der reinen Bronzezeit; s. Chierici bei Besprechung der wichtigen Gräber von Bismantova im Bullettino di paletnologia Italiana, VIII, S. 5; und daran anschließend erklärt sie Helbig, Das homerische Epos u. s. w., S. 270 für den bei Homer ϊσδμιον genannten Halsschmuck.

9. Ein gewundener Halsring mit dreimal wechselnder Torsion, aus einer runden Bronzestange, deren Spitzen zurückgebogen sind und

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in einander greifen. Durchmesser 16,5, gr. D. 0,25 cm, Erhaltungszustand wie von 8.

Diese Form der Halsringe ist die häufigere. Sie tritt, allerdings nicht mit wechselnder Torsion, schon in den Gräbern der reisen Bronzezeit auf, z. B. Peccatel, Ruchow, Friedrichsruhe, auch in Moorfunden dieser Periode, z. B. Barnekow und Vogelsang; schöne, dem unsern ganz gleiche Exemplare haben die verwandten Funde von Roga, Lübbersdorf bei Friedland (beistehend nach Jahrb. 14, S. 332 abgebildet, Abb. 32)

Halsring
Fig. 32.

und Ruthen. Vergl. Montelius, a. a. O., Fig. 227; S. Müller, a. a. O., Fig. 102, auch Hagen, a. a. O., Tafel II, 2, aus dem Funde von Kronshagen.

10. Die Nadel einer "Platten"=oder "Brillen"=Fibel, genau gleich der Jahrb. 54, Tafel II, Fig. 7, abgebildeten, S. 103 besprochenen, aus dem Funde von Gr.=Dratow; vergl. auch den Fund von Schwennenz in Pommern, Abb. 5.

11. Ein Doppel=Knopf mit flachen Scheiben, deren eine eine kleine Spitze hat, während die andere glatt ist. Durchmesser 3 und 1 cm. Aehnliche Knöpfe sind in dem Gießerfunde von Holzendorf (Jahrb. 34, S. 223 ff.) gefunden.

12. Drei längliche Stücke Bronzeblech, verziert mit eingeschlagenen Buckeln und Punktlinien, zusammengebogen zu einer länglichen, offenen Röhre. Länge 9,5 cm.

13. Ein Hohlcelt, das einzige Nutzgeräth des Fundes, kräftig und ungewöhnich schwer, mit Oese, ornamentalen Schaftlappen und einer punktartigen Erhöhung dazwischen; ohne Mittelgrat. Länge 13,5 cm, Durchmesser der Oeffnung 4 und 3 cm, Breite der Schneide 5 cm, größte Dicke (unter dem Rande) 3,5 cm.

In der Aufzählung Jahrb. 52, S. 20 ff. schließt er sich am meisten den Celten von Barnekow u. s. w., Nr. 7 bis 10, an.

Der Fund als Ganzes ist offenbar als Depotfund zu bezeichnen; er ist der größte und schönste auf meklenburgischem Boden gefundene. Der Fundort liegt in einer Gegend, die durch derartige Funde besonders ausgezeichnet ist (vergl. Jahrb. 52, S. 11 den Fund von Karbow und unten S. 233 den von Retzow). In Charakter und zeitlicher Stellung schließt er sich am meisten den Depotfunden von Roga und Lübbersdorf bei Friedland, ferner den Gießerfunden von Groß=Dratow u. s. w. an. Außerhalb Meklenburgs sind zu den schon

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früher erwähnten hinzugekommen resp. neu publiciert besonders zwei pommersche Funde: Hoekendorf bei Greifenhagen (vergl. H. Schumann, Stettiner Gratulationsschrift 1894), ein Gießerfund im Charakter des von Ruthen, der fast alle in unseren entsprechenden Funden vereinzelt vorkommenden Typen vereinigt, und Schwennenz bei Löcknitz (vergl. Schumann in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Verhandlungen 1894, S. 435), ebenfalls ein Depotfund mit einem schönen Hängebecken älterer Form (Typus D) und entsprechendem Inventar. Aus Holstein ein schöner Fund von Kronshagen bei Kiel, der in das Hamburger Museum gekommen und von Hagen, Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten, XII, S. 1 ff. veröffentlicht ist: drei Hängegefäße vom Typus E und Hals= und Armringe, zum Theil genau mit unserem Brooker Funde übereinstimmend.