X.
Der Münzfund von Ganzlin, Dom. - Amts Lübz.
Beschrieben vom
Revisionsrath E. Wunderlich,
Conservator des Großherzoglichen
Münzcabinets zu Schwerin.
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B
eim Ausgraben der Fundamente zu einem
neuzuerbauenden Pferde= und Schweinestalle auf
der Erbpachthufe Nr. V zu Ganzlin,
Domanial=Amtes Lübz, wurde von dem Schulzen
Meyer daselbst am 5. April 1889 ein Topf mit
Silbermünzen gefunden. Der irdene Topf, in
welchem die Münzen vergraben gewesen, ist beim
Auffinden vollständig zertrümmert. Die
gefundenen Münzen sind durch die Vermittelung
des Großherzoglichen Amtes Lübz an die
Großherzogliche Museumsdirection hieselbst
eingesandt, und ist demnächst der ganze Fund vom
hohen Großherzoglichen Ministerium des Inneren
angekauft und dem Großherzoglichen Münzcabinet überwiesen.
Die Münzen, deren Gesammtgewicht 2,320 Kilogr.
betrug, waren durchweg recht gut erhalten, aber
sehr stark mit Grünspan bedeckt, theilweise, und
zwar zum größeren Theile, so arg, daß ganze
Partien - oft bis zu 10 Stück - eine feste Masse
bildeten. Die Anzahl der Münzen beträgt 1705,
von denen ihrer Landsmannschaft nach entfallen
auf
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die Stadt Eimbeck
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1
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Stück
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"
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" " Lüneburg
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1
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"
|
"
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" Göttingen
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5
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"
|
"
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Herzogthum Holstein
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13
|
"
|
"
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Markgrafschaft Brandenburg
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4
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"
|
"
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Königthum Polen (Lemberg)
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1
|
"
|
"
|
Stettin
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492
|
"
|
"
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Damm
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307
|
"
|
auf
|
Garz
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144
|
Stück
|
"
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Stralsund
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80
|
"
|
"
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Rostock
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553
|
"
|
"
|
Mecklenburg
|
104
|
"
|
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------
|
------
|
------
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Sa.
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1705
|
Stück
|
Sämmtliche im Funde enthaltenen
- mecklenburgische Mlünzen sind von den
Herzögen Magnus und Balthasar
gemeinschaftlich, also in der Zeit von 1477
- 1503, theils in Güstrow, theils in Parchim
geschlagen. Der auf mehreren Exemplaren
vorkommende Buchstabe B ist das
Münzmeisterzeichen des Münzmeisters Jacob
Brasche, der seit dem 24. Juli 1497
herzoglicher Münzmeister in Güstrow war.
Sämmtliche Münzen sind undatirt.
-
Von den gleichfalls undatirten Rostocker
Wittenpfennigen sind die älteren
unzweifelhaft diejenigen Stücke, welche im
Rev. die Legende
haben, also die Nr. 1 - 95,
und dürften diese etwa in die Zeit von 1400
- 1450 zu setzen sein, die jüngsten dagegen
sind die Wittenpfennige, welche im Rev.
einen kleinen Hund, das Münzmeisterzeichen
des Johann Hund, welcher in den Jahren 1512
- 1526 Münzmeister der Stadt Rostock war, haben.
- Alle Stettiner, Dammer und Garzer Münzen des
Fundes entstammen der Zeit von 1474 - 1524.
Sie sind keine städtische Prägungen, sondern
sämmtlich vom Herzog Bogislaus X. von
Pommern geschlagen, mit alleiniger Ausnahme
der vier seltenen Schillinge von Georg und
Barnim aus dem Jahre 1524 (cfr. Nr. 151 -
153.) - Städtische Prägungen dagegen sind
- die aus den Jahren 1503 - 1522 stammenden
Stralsunder Schillinge.
- Der undatirte Lüneburger Schilling,
bemerkenswerth durch die abweichende Legende
des Rev., dürfte seiner ganzen Prägung nach
gleichfalls in die letzte Hälfe des XV.
Jahrhunderts, welcher Zeit ja auch der
Eimbecker und die Göttinger Körtlinge
angehören, zu setzen sein.
- Die im Funde befindlichen holsteinschen
Schillinge gehören sämmtlich dem Herzoge
Friedrich I. an und entstammen der Zeit von
1490 - 1523, weil nach der im Jahre 1523
erfolgten Besteigung des dänischen
Königsthrones die von Friedrich bekannten
schleswigschen und holsteinschen Münzen im
Av. das Hüftenbild des Königs haben. cfr.
Thomssen III Nr. 62. 66 fl
- Die vier brandenburger Groschen, von denen
der schöne Groschen Johann Cicero's sehr
selten ist, fallen in die Zeit von 1498 bis 1510.
-
Der undatirte Lemberger Groschen ist dem
Könige Wladislaw Jagiello (oder dessen Sohne
Wladislaw II.) von Polen zuzuschreiben, muß
also vor 1434 (oder 1444) geprägt sein. Der
Löwe des Rev. findet seine Erklärung durch
Ruthenien (Rothrußland). Daß gerade dieses
durch den Löwen repräsentirt wird, zeigt die
auf anderen Groschen von gleichem Typus
vorkommende Umschrift des Rev.:
Die jüngsten Münzen des Fundes würden danach die
schönen Stettiner Schillinge der Herzöge Georg
und Barnim von Pommern aus dem Jahre 1524 sein,
die Vergrabung des Fundes mithin in die zweite
Hälfte der zwanziger Jahre des XVI. Jahrhunderts
gesetzt werden müssen. Wesentlich gleichalterig
ist somit der Ganzliner Münzfund mit dem
Münzfunde von Suckow (cfr. Jahrbuch IX, Jahrgang
1844, pag. 467 flgde.) und etwas jünger als der
im Jahre 1886 in Groß=Lantow, Domanial=Amts
Güstrow, gemachte Münzfund (cfr. Jahrbuch LIV,
pag. 225 flgde.), in welchen beiden Funden sich
einige gleiche Prägen der Rostocker
Wittenpfennige finden. In der ganzen
Zusammensetzung weichen aber der Groß=Lantower
und der Ganzliner Fund wesentlich von einander
ab, da der erstere Fund ausschließlich Münzen
der Städte Anclam, Demmin, Greifswald, Stralsund
und Rostock enthält.
I. Mecklenburg=Güstrow.
A. Doppelschillinge der Herzöge Magnus und
Balthasar. Nach der Verordnung vom 24. Juli 1497
sollte der Münzmeister Jacob Brasche in Güstrow
prägen 1) Schillinge, 24 Stück auf einen Gulden
gerechnet und 111 Stück aus der Mark, 2)
Sechslinge, 48 Stück auf einen Gulden und 3)
Witten, 4 Stück auf einen Schilling gerechnet.
Es sind daher diese von Evers II., pag. 43 und
44 theilweise beschriebenen und als
Doppelschillinge bezeichneten Münzen
ursprünglich wohl nur Schillinge und die von ihm
Bd. II, pag. 44 und folgende beschriebenen und
als Schillinge bezeichneten Münzen nur
Sechslinge gewesen.
II. Rostock.
A. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem
sechsstrahligen Sterne im linken unteren
Kreuzeswinkel des Revers.
B. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem
sechsstrahligen Sterne im rechten unteren Kreuzeswinkel.
C. Wittenpfennige ohne Jahr mit einer Lilie im
linken unteren Kreuzeswinkel.
D. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem Kleeblatt
im linken unteren Kreuzeswinkel.
E. Wittenpfennige ohne Jahr und ohne Beizeichen.
F. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem kleinen
Hunde im linken unteren Kreuzeswinkel.
(Münzmeisterzeichen des Münzmeisters Johann Hund
in Rostock, 1512 - 1526.)
G. Sechslinge ohne Jahr.
III. Stettin.
A. Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
B. Schillinge der Herzöge Jürgen und Barnim von Pommern.
IV. Damm.
Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
V. Garz.
Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
VI. Stralsund.
VII. Einbeck.
VIII. Stadt Lüneburg.
IX. Göttingen.
X. Holstein.
Schillinge des Herzogs Friedrich I. von Holstein
(1490 bis 1523, König von Dänemark 1523 bis 1533).
XI. Brandenburg.
XII. Polen.
XIII. Fehlprägen der Stadt Garz.