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Die

S. Marien=Kirche auf Neustadt Parchim.

Von

G. C. F. Lisch.


Die Marienkirche auf der Neustadt zu Parchim ist im Innern zwar sehr verbauet, trägt jedoch im Innern und Aeußern noch viele Kennzeichen des romanisirenden Uebergangsstyls, und habe ich daher den Bau noch in die erste Hälfte des 13. Jahrh. versetzen zu müssen geglaubt; vgl. Jahrb. VIII, S. 105 flgd.

Nach einer in den neuesten Zeiten, nach Herausgabe der ersten Abtheilung des Meklenburgischen Urk. Buchs (bis 1300), im großherzogl. Geheimen= und Haupt=Archive entdeckten Urkunde 1 ) ist dies nun nicht ganz richtig, sondern die Kirche ist ungefähr 40 Jahre jünger, als ich bisher angenommen habe.

Nach dieser Urkunde bestätigte der Bischof Hermann I. von Schwerin, Graf von Schladen, (1263-1292), die Dotation der Kirche auf der Neustadt Parchim mit 10 Hufen in Böken, 6 Scheffeln Roggen aus Damerow und der Burgkapelle und den altstädter Schulen, so wie es sein Bruder Ludolf, früher Bischof von Halberstadt, bei der Einweihung ("consecratione") der Kirche am 19. Juni 1278 öffentlich ausgesprochen hatte. Die Sache hat ihre Richtigkeit. Ludolf II., Graf von Schladen, ward 1253 Bischof von Halberstadt, aber 1257 abgesetzt. Er hielt sich seitdem vorherrschend bei seinem Bruder Hermann in dessen Sprengel auf, 1258-1265 (vgl. Meklenburg. Urk. Buch II, Nr. 985, und IV, Nr. 2671 und 2688) und versah hier oft in dessen Auftrage die Dienste eines Weihbischofs, namentlich in der Zeit 1270-1278 (vgl. Meklenb. Urk. Buch


1) Vgl. den Abdruck in der Anlage. - Eine Regeste dieser Urkunde theilt schon Schröder Pap. Mekl. I, S. 750, nach Chemnitz mit, welcher also die Acten gekannt haben wird.
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II, Nr. 1197, 1200, 1221, 1304, 1361). Am 6. April 1289 war er vor nicht langer Zeit gestorben (vgl. Meklenb. Urk. Buch III, Nr. 2016). Die Urkunde, welche nur in alter Abschrift vorhanden ist, ist also nach dem sachlichen Inhalt, den Bischöfen und den Zeugen, sicher richtig.

Eine Kirche und Pfarre auf der Neustadt Parchim bestand zwar schon im J. 1249, indem der Fürst Pribislav am 20. Septbr. 1249 dazu die Burgkapelle zu Parchim mit 6 Hufen in Böken legte (vgl. Meklenb. Urk. Buch I, Nr. 633). Aber die jetzige Marienkirche auf der Neustadt stand damals sicher noch nicht; vielmehr mußte der Gemeinde einstweilen wohl die Burgkapelle oder ein anderer interimistischer Bau zum Gottesdienste genügen, und der Bau der Kirche ward erst nach dieser Verleihung begonnen. Am 28. Septbr. 1270 verlieh der Graf Gunzelin von Schwerin der Kirche das Eigenthum dieser 6 Hufen und am 12. Juli 1274 verlieh der Graf Helmold 4 Hufen dazu (vgl. Mekl. Urk. Buch II, Nr. 1201 und 1336). Dies sind die 10 Hufen in Böken, welche der Kirche im J. 1278 bestätigt wurden.

Diese Weihungs= und Bestätigungsurkunde des Bischofs Hermann ist nun von großer Wichtigkeit, indem sie durch die noch stehende Kirche bezeugt, daß noch im J. 1278 der romanisrende Uebergangsstyl in Meklenburg in Anwendung kam, wenn sich auch zugleich oder bald darnach die ersten Beispiele des ausgebildeten gothischen Stys finden. Die Urkunde wird aber dadurch noch wichtiger, daß es urkundlich beglaubigt ist, daß auch die Kirche auf der Neustadt Röbel, welche mit der neustädter Kirche zu Parchim in gleichem Styl erbauet ist, aus derselben Zeit stammt und ungefähr im J. 1275 eingeweihet ist; vgl. die voraufgehende Abhandlung über Röbel.


Anlage.

Der Bischof Hermann von Schwerin bestätigt die Bewidmung der Marien=Kirche auf der Neustadt Parchim, so wie sie durch den ehemaligen Halberstädter Bischof Ludolf öffentlich verkündigt ist bei der Einweihung der Kirche am 19. Juni 1278.

In nomine dei. Amen. Hermannus, dei gratia episcopus Swerinensis, uniuersis, ad quos he litere peruene-

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rint, salutem in domino sempiternam. Notum esse volumus, quod anno domini M° CC° LXXVIII, die dominica proxima ante festum sancti Johannis baptiste de consensu nostro et voluntate dedicata fuit ecclesia de noua ciuitate Parchem per venerabilem in Christo dominum Ludolfum, episcopum quondam Halberstadensem, fratrem nostrum, que inquam ecclesia dotata fuerat decem mansis in Boke cum omni utilitate et fructu ac sex modiis siliginis, quos plebanus eiusdem ecclesie, qui pro tempere fuerit, de villa Damerow percipiet annuatim, cum capella castri et scholis ciuitatis antique, que per eundem plebanum noue ciuitatis in diuinis officiis et rectore scholarium perpetuo disponentur. Nos igitur dotationem eiusmodi in dicta consecratione publica per dictum episcopum nominatim expressam ratam habentes et firmam, dicto plebano suisque successoribus, prout hec omnia rationabiliter et iuste possidet, auctoritate ordinaria confirmamus ac presentis scripti patrocinio communimus. Nulli ergo hominum liceat, hanc nostre confirmationis paginam infringere uel ei ausu temerario contraire; si quis autem hoc attemptare presumpserit, indignationem omnipotentis dei et ultionem canonicam se nouerit incursurum. Acta sunt hec presentibus: Hedenrico, capellano nostro, Jordano, plebano in Wamekow, Henrico, plebano de Gargevitz, Jo[hanne], plebano de Vrowenmarck, et Segebando, plebano de Moderiz, clericis, item Nicolao de Belowe, Siffrido de Kerkdorp et Nicolao de Bruseviz, militibus, item Olemanno, Bernardo Stuten, Jo[hanne] de Boycenborch, Jo[hanne] de Molenbeke, Gerardo de Stenbeke, Tiderico Molendinario et Henrico de Scolenen, laicis, et reliqua fidelium multitudine copiosa. Datum per manum Gerardi, notarii nostri, canonici Swerinensis.

Nach einer Abschrift aus dem 16. Jahrh. im H.=A. zu Schwerin, (Eccl. Parchim Vol. IX.) Vgl. Wegen der Zeugen Meklenb. Urk. Buch B. II, Nr. 1336 auch III, Nr. 2203 und 2204.