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Kegelgräber von Slate,
von G. C. F. Lisch.

In den ausgedehnten Tannenschonungen des Parchimschen Kämmereidorfes Slate bei Parchim findet sich ohne ersichtliche Ordnung eine große Anzahl hoher Sandhügel, welche vom Winde zusammengeweht schienen, wie sich solche dünenartige Hügel in Tannenwaldungen häufig finden. Der Herr Senator Beyer zu Parchim untersuchte jedoch einen dieser Hügel genauer und fand, daß derselbe ringsum mit kleinen Feldsteinen beworfen war und tiefer im Innern auch Feldsteine enthielt, also ein künstlich gebauetes Kegelgrab vermuthen ließ. Der Herr Senator Beyer ließ daher bei Gelegenheit des Baues der Chaussee von Parchim nach Putlitz im Herbst 1866 nicht nur diesen Hügel unter seiner wissenschaftlichen Aufsicht aufgraben und schenkte die dabei gewonnene reiche Ausbeute mit dem Fundberichte dem Vereine, sondern untersuchte auch mehrere andere Hügel in der Nähe, wodurch er zu der Ueberzeugung gelangte, daß alle diese Hügel künstlich aufgeführte Gräber sind und im Jnnern eine oder mehrere Urnen enthalten, welche jedoch meisten Theils ohne Alterthümer und völlig zerbrochen sind.

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Wir haben hier also, nach den aufgefundenen Alterthümern, wieder einen großen Begräbnißplatz aus der Bronzezeit für die größere Masse des Volkes, gleich den Begräbnißplätzen von Grabow (vgl. Jahrb. XVIII, S. 251) und von Zachow (vgl. oben S. 129).

Kegelgrab Nr. 1.

Besondere Ausbeute gab nur das im Eingange erwähnte größere Grab. Der runde, kegelförmige Hügel war 8 Fuß hoch über dem Erdboden und hatte an der Grundfläche einen Durchschnitt von ungefähr 30 Fuß. In der Mitte standen zwei kleine viereckige Steinkisten aus flachen Steinen, groß genug, um die in denselben stehenden Urnen bergen zu können, welche mit einem flachen Steine zugedeckt waren. Um diese beiden Steinkisten stand im Innern des Grabes ein Kreis von 16 Fuß Durchmesser von größern Steinen. Der Raum innerhalb dieses Steinkreises und um die Steinkisten war bis über die Steinkisten hinaus mit kleinern Feldsteinen gefüllt. Dann war dieser Steinhügel überall 4 Fuß hoch mit losem Sande beschüttet und diese sandige Oberfläche, um die Entblößung durch Windwehen zu verhüten, wieder mit einer Lage von Feldsteinen bedeckt, welche jedoch so dicht mit Moos und Haidekraut bewachsen war, daß man auf den ersten Blick den künstlichen Bau nicht erkennen konnte.

Der Steinhügel enthielt also zwei Steinkisten.

I. In der einen Steinkiste stand

1) eine große, hohe, cylinderförmige Urne, ohne Verzierungen, hellbraun von Farbe, 12 Zoll hoch, welche mit zerbrannten Knochen und Asche gefüllt war; leider ist die Urne im Bauchrande durchbrochen.

In dieser Urne lagen sehr viele bronzene Alterthümer, welche alle mit einem dicken, dunkelgrünen Rost belegt sind, nämlich:

2) zwei ganz gleiche, dünne, gewundene Halsringe (oder Kopfringe?), 4 1/2 Zoll im Durchmesser weit;

3) zwei enge Armringe aus Bronze, nur 1 3/4 Zoll weit, mit den Enden zusammenstoßend;

4) zwei enge Armringe aus Bronze, eben so weit, mit den Enden überfassend;

5) ein Armring von Bronze, 2 Zoll weit, mit den Enden zusammenstoßend, schmal und dünne;

6) ein Armring aus Bronze, 2 Zoll weit, mit den Enden überfassend, dick und breit;

7) zwei Spiralfingerringe von Bronzedrath in 5

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Windungen, für Finger einer erwachsenen weiblichen Person passend, 3/4/Zoll weit;

8) zwei flache, dünne Knöpfe aus Bronze, mit großen, platten Scheiben, 1 5/8 Zoll im Durchmesser, mit einem kleinen Oehr auf der untern Seite;

9) ein hieneben in der Oberfläche und in der Seitenansicht abgebildeter großer Doppelknopf von Bronze, oben mit einer dicken, gewölbten Schmuckscheibe, 1 7/8 Zoll im Durchmesser, unten mit einem kleinern, nicht verzierten Knopf, 3/4 Zoll im Durchmesser, im Ganzen ungefähr 3/4 Zoll hoch. Das Ganze ist aus Bronze gegossen.

Doppelknopf

Die obere, gewölbte Scheibe ist durch Vertiefungen zwischen erhabenen Bronzestreifen geschmackvoll verziert: innerhalb eines Bronzerandes liegt vertieft ein fünfstrahliger Stern mit spitz auslaufenden Strahlen, welche zwischen Bronzerändern liegen; diese fünf Sternstrahlen und die fünf durch dieselben gebildeten, dazwischen liegenden, vertieften Dreiecke der Oberfläche sind mit einem Kitt ausgefüllt, welcher noch glatt und völlig wohl erhalten und jetzt braun von Farbe, während die Bronze stark oxydirt ist. Es geht hieraus wieder hervor, daß die Ausfüllung vertiefter Flächen der Bronzen durch farbigen Kitt, welche ich auch Emaillirung genannt habe, in der Bronzezeit nicht ungewöhnlich gewesen sein wird; vgl. Jahrb. XXVI, S. 147; XXVII, S. 176; XXX, S. 150 und die Dose von der Klues unten S. 137. Auch in Dänemark kommt diese braune Kittfüllung vor. Herr Kammerrath Strunk zu Kopenhagen schreibt: "Was die "Ausfüllung oder Einlegung mit einer dunkelbraunen Masse in den Ornamenten auf Sachen des Bronzealters betrifft, so ist dieselbe auch seit verschiedenen Jahren beobachtet, z. B., außer vielen andern, auch auf den in Worsaae Nordiske Oldsager (Afbildninger, 2. Aufl.), 1859, abgebildeten Bronze=Alterthümern:

einem Schwert p. 30, Nr. 125,
einem Dolch p. 32, Nr. 141,

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"einem Buckel p. 45, Nr. 207,
einer Dose p. 62, Nr. 283",

also grade auf denselben Gegenständen, welche auch in Meklenburg mit Kitt ausgelegt sind und zu den ältern, verzierten Bronzen gehören, welche Nilson für phönizische hält. Strunk schreibt weiter: "Dieser braune Kitt ist auch gründlich untersucht, z. B. wenn ich mich recht erinnere, von "dem ausgezeichneten Chemiker Berlin, nach dessen Untersuchung der Kitt besteht aus Birkenrinde und Harz,vielleicht Birkentheer und Bernstein, welcher im Bronzealter auf verschiedene Weise angewandt ward und welcher auch in ziemlich großen und dicken, durchbohrten Scheiben vorkommt und früher als Räucherwerk aufgeführt ward". - Mögen diese Scheiben von Räucherwerk, von denen auch Bruchstücke in Meklenburg in Urnen aufgefunden sind, viel Aehnlichkeit mit dem Kitt haben, so ist das harzige "Räucherwerk" in Meklenburg immer in Urnen gefunden, welche sicher jünger sind, als die Bronzezeit.

10) ein kleiner Doppelknopf von Bronze mit aufstehender Spitze, wie Jahrb. XXX, S. 149; endlich

11) eine Nadel von Bronze und

12) eine Heftel von Bronze mit plattenförmigen Scheiben, Bruchstücke, beide Stücke mit hellgrünem Rost und wahrscheinlich in anderer Lage gefunden.

II. In der andern Steinkiste stand

13) eine hellbraune Urne, oben unter dem Rande mit großen Knöpfen und Perpendiculairlinien dazwischen verziert, eine Art von Verzierung, welche in den mitteldeutschen Ländern oft vorkommt, in Meklenburg aber noch nicht beobachtet ist. Leider sind nur Bruchstücke von dieser Urne gerettet.

III. Zwischen den beiden Steinkisten lag auf dem Grunde des Grabes

14) ein Schwert von Bronze, zweischneidig, ziemlich grade, mit Längslinien verziert, in der Klinge 23 Zoll lang, mit kurzer Griffzunge mit Nietlöchern, beim Einlegen in das Grab in 4 Stücke zerbrochen, da die Bruchflächen alten Rost haben, mit edlem Rost bedeckt, welcher eine mehr hellgrüne Farbe hat, als die übrigen Alterthümer.

Wir haben hier offenbar mehrere Begräbnisse in Einem Hügel. Das Hauptbegräbniß, für einen Mann, scheint das Schwert (III) in der Mitte des Hügels auszu=

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machen, wozu vielleicht die Urne II gehören mag, da sie keine Alterthümer enthielt. Die Urne I diente ohne Zweifel zur Aufnahme der Gebeine weiblicher Personen, da sie nichts als Schmuck enthielt. Es ist auch wahrscheinlich, daß sie die Reste zweier weiblichen Leichen aufnahm, da die Kopfringe (oder Halsringe) und die Armringe Nr. 2-4 zu klein für eine ausgewachsene Person sind, dagegen die Fingerringe, zwei Armringe und die Knöpfe Nr. 5-10 einer älteren Person angehört haben können. Vielleicht hat in dieser sehr großen Urne eine zweimalige Bestattung stattgefunden.

Kegelgrab Nr. 2.

Nach der kunstgerechten Aufdeckung der im Vorstehenden behandelten Begräbnisse haben drei Arbeiter im Herbst 1866 noch mehrere Steinhügel in den Slater Tannen zum Bau der Chaussee von Parchim nach Putlitz abgetragen, jedoch nur in einem derselben Alterthümer gefunden. Nach dem Berichte des einen Arbeiters aus Slate lag der Hügel zwischen den andern Hügeln und war im Aeußern und Innern diesen ganz gleich. Geräthe von Metall wurden in diesem Hügel nicht gefunden, wohl aber 3 Pfeilspitzen von Feuerstein, von denen jedoch bis jetzt nur eine aufbewahrt ist;

Pfeilspitzen

die beiden andern sollen die beiden andern, fremden Arbeiter mitgenommen haben. Diese eine Pfeilspitze ist von weißlichem, durchscheinendem Feuerstein, sehr gut gearbeitet, von der Gestalt der hieneben abgebildeten Pfeilspitze aus dem Kegelgrabe von Dabel, jedoch um ein Drittheil kürzer und mehr herzförmig.

Es ist dem Finder nicht erinnerlich, ob die Pfeilspitzen zwischen Knochen, Asche und Urnenscherben gelegen haben; jedoch erinnert er sich ganz genau, daß die 3 Pfeilspitzen in gleicher Richtung neben einander lagen. Sie waren, wie sie da lagen, am Schaftende alle von einer schwärzlichen Masse lose umgeben, welche er für die Reste von hölzernen oder knöchernen "Stielen" gehalten habe, die jedoch beim Berühren wie Asche auseinander gefallen seien. Der ganze Eindruck sei der Art gewesen, daß man sie unbedenklich für Pfeile habe halten müssen. Die Schaftung der Pfeilspitzen ist also ohne Zweifel eben so

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gewesen, wie die Schaftung der Pfeilspitzen in den Kegelgräbem von Dabel.

Der Verein verdankt die vorstehenden Nachrichten und die eine Pfeilspitze den sorgsamen Bemühungen des Herrn Senators Beyer zu Parchim.

Dieser Fund hat eine große Wichtigkeit, indem diese Erscheinung ganz dem Funde in den Kegelgräbern von Dabei gleicht.

Die Kegelgräber von Slate gehören alle der Bronzezeit an. Die zwei Gräber von Dabel, deren wissenschaftliche Aufdeckung in den Jahrb. XXII, S. 282, und XXIII, S. 283 genau beschrieben ist, enthielten Alterthümer aus Bronze, auch Gold, und daneben feuersteinerne Pfeilspitzen mit hölzernen Schaften. Gerade So ist es zu Slate befunden. Es er= giebt fich hieraus wieder, daß die sehr brauchbaren feuerstei= nernen Pfeilspitzen bis in die Bronzezeit fortdauerten. Andere Geräthe von Stein sind aber in den zahlreichen Kegelgräbern der Bronzezeit in Meklenburg bis jetzt noch nicht gefunden.

Kegelgrab Nr. 3.

In einem andern Grabe lag in einer zerbrochenen Aschenurne ein Messer von Bronze, mit dunkelgrünem, edlem Rost, mit Bronzegriff und einem festen Ringe am Ende des Griffes.

Messer

Die Klinge ist sichelförmig nach innen gebogen und ist auf der rechten Seite am Rücken mit kleinen Halbkreisen und einer abgrenzenden Punctiinie leicht verziert. Das Messer ist also dem in Jahrb. XXIII, S. 281 und hier wieder abgebildeten Messer aus dem Kegelgrabe von Dabel sehr ähnlich, nur daß dieses an Arbeit, Verzierung und Rost einen derbern, vielleicht ältern Charakter an sich trägt.

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Kegelgrab Nr. 4.

In einem vierten Grabe fand sich in einer zerbrochenen Urne

ein Armring von Bronze, vollgegossen, mit dichte, hellgrünem, glänzendem Rost bedeckt, mit Querstrichen und Querbändern verziert.