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I.

Neukloster,

Parkow und Sonnenkamp,

mit einem Anhange über den Tepnitz-Fluß,

von

G. C. F. Lisch.


D as Cistercienser=Nonnenkloster Neukloster war das älteste und angesehenste Nonnenkloster in Meklenburg. So lange das Wendenvolk noch nicht ganz beruhigt war und die christliche Bildung noch nicht feste Wurzel geschlagen hatte, mochte es gewagt und schwer sein, in dem Lande ein Kloster für Frauen zu errichten und diesen die schwere Sorge für die Milderung des Landes und seiner Bewohner zu übertragen. Zwar war dem Bischofe Berno von Schwerin das Land Bützow unter der Bedingung gegeben, daß er ein Kloster darin gründe, und er hatte auch wirklich "ein Nonnenkloster zu Bützow angefangen; aber wegen des Einfalls der Wenden (wahrscheinlich im J. 1179 nach Pribislavs Tode) und anderer Verhinderungen hatte er das Werk nicht vollbracht"; erst sein Nachfolger Brunward erfüllte die dem Bisthum auferlegte Pflicht und stiftete im J. 1233 das Kloster Rühn 1 ).

Ehe jedoch die Bischofe von Schwerin die Gründung von Nonnenklöstern betrieben, war der Fürst Borwin I., so bald sich die Verhältnisse einigermaßen günstig zu gestalten anfingen, bemühet, den für die damalige Zeit großen Segen eines Cistercienser=Nonnenklosters dem Lande zuzuwenden, wahrscheinlich durch die bedeutende Cistercienser=Abtei Do=


1) Vgl. Jahrb. VIII, S. 2-7.
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beran besonders dazu veranlaßt, welche damals das einzige bestehende Kloster im Lande war. Borwin I. stiftete um das Jahr 1210 das erste Nonnenkloster im Lande.

Bei der Wichtigkeit dieser Stiftung scheint es ein Bedürfniß zu sein, die Hauptereignisse bei der Stiftung und die Oertlichkeiten dieses Klosters zu schildern, und dies gedenke ich hier auszuführen, nachdem ich viele Jahre lang an den betreffenden Orten Forschungen und Beobachtungen angestellt habe. Weitere Darstellungen beabsichtige ich dies Mal nicht.

Um das Jahr 1210 stiftete Borwin I. ein Cistercienser=Nonnenkloster zu Parkow, unmittelbar an den Grenzen der Cistercienser=Abtei Doberan und in der Nähe des festen Ortes Bukow, wo schon früh unter der Pflege eines Pfarrers christliche Bildung Wurzel schlug. Ernst von Kirchberg 1 ) berichtet darüber in seiner meklenburgischen Reimchronik ohne Zweifel aus guten Doberaner Quellen also:

Der furste Hinrich Burwy
lag der cristenheyde by;
dy aptgode künde her stören vast,
ouch stunt dar nach syns synnes mast,
wy her den gelouben merete
vnd vngelouben virserete,
vnd wy her kirchen stichte
mit wirdiglichir phlichte.
In godes dinste gantz virmelt
so buwete her da Sunnevelt
vf eyn stad, waz Clus genant
by Westingenbrucke nahe irkant,
da besaste her daz clostir schire
geistlich mit iungfrowlichir czire;
dy iungfrowen warin gentzlich so
des ordens von Cistercio.
By dem buwe waz vil hart
von Zwerin bischof Brunward
vnd ouch von Doberan alsus
der appid genant Matheus.
Daz closter bleib da gantz virwar
nicht lengir me wan achte iar:
Hinrich Burwy es baz bedachte
vnd iren nutz ouch me betrachte,


1) Vgl. v. Westphalen Mon. ined. IV, cap. CXXI, p. 764 - 765.
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her nam vur yn synen mud,
daz dar der ackir wer nicht gud
vnd legete es an eyne beszir stad,
als es noch begriffen had,
vnd hiez es zu syme rechten nam
daz nuwe clostir sundir scham.
Daz geschach nach godes geburt virwar
czwelfhundirt vnd funf vnd czwenczig iar
Dyse geschicht geschach also
by babist Innocencio,
von Stouf der keysir Frederich
dy wyle hielt daz romische rich.
Waz gudes her yn dar zu gab
vm irer narunge irhab
den clostirn vnd iglichir stad,
dy her da gebuwit had,
ir pryuiley daz sagin
mit warheit sundir vragin.

Das Kloster ward im J. 1219 nach dem jetzigen Neukloster verlegt und hier neu gegründet 1 ). Kirchberg sagt, daß der Fürst Borwin das Kloster Sonnenfeld im Anfange auf einer Stelle bei Westenbrügge, welche Klause (clûs) genannt worden sei, gegründet habe, das Kloster hier aber nicht länger als acht Jahre geblieben sei. Darnach muß die erste Stiftung im J. 1210 oder 1211 angelegt worden sein. - Uebrigens ist die Zeitrechnung Kirchbergs ganz falsch. Er setzt die Verlegung gegen den sichern Inhalt der Original=Urkunden in das Jahr 1225 und die erste Gründung in die Zeit des Abtes Matthäus von Doberan; dieser war aber 1219 - 1225 Abt (vgl. Jahrb. IX, S. 433), regierte also zur Zeit der Verlegung. Alle andern Zeitangaben, welche historischer Schmuck sein sollen, sind ebenfalls verwirrt; denn Papst Innocenz III. (1198-1216) lebte zur Zeit der ersten Gründung, Kaiser Friedrich II. (1215-1250) und Papst Honorius III. (1216-1227) zur Zeit der Verlegung des Klosters. Dennoch sind Kirchbergs sachliche Mittheilungen sehr dankenswerth.

Borwin stiftete dieses Kloster zuerst zu Parkow 2 ) bei Westenbrügge oder bei Neu=Bukow 3 ). In den Bewidmungs=


1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. B. II, Urkunden des Klosters Neukloster.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. II, S. 1, 5, 16.
3) Wahrscheinlich stammen die alten Besitzungen des Klosters in Brunshaupten, Arendsee, Wiechmansdorf und Malpen= (  ...  )
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Urkunden von 1219 und 1235 wird ausdrücklich drei Male "das Dorf Parkow genannt, wo das Kloster Neukloster zuerst gelegen habe":

"villa Parcowe, ubi primo claustrum situm fuit".

Die Stelle, wo das Kloster zu Parkow lag, wird noch heute mit vielen Namen genau bezeichnet. Wenn man von Westenbrügge nach Parkow geht, grade in der Mitte des Weges zwischen beiden Orten und etwa eine Viertelstunde von beiden entfernt, liegt, nahe an der Feldscheide, links am Wege, am Rande eines von dem unten erwähnten Bache durchflossenen lieblichen Buchenholzes, die Stelle des alten Klosters Parkow. Hier liegt eine weite Wiese, das "Rode=Moor" genannt, welche früher, noch nach der Erinnerung alter Leute, ein tiefer Morast gewesen ist. In diesem Morast liegt ein festes, aber nur niedriges Plateau von oblonger Form, welches zu 785 Quadratruthen vermessen ist. Diese Wohnstätte heißt noch heute im Munde des Volkes und auf amtlichen Karten: "Auf dem alten Kloster" und bei manchen Bewohnern ist noch die Sage von dem Kloster in Erinnerung, jedoch immer mehr im Verschwinden, da das Bauerndorf abgebrochen und statt dessen ein Hof auf der Feldmark aufgeführt ist. Durch die Wiese, und weiter durch das Holz, fließt ein Bach, welcher den alten Klosterplatz an beiden Seiten bespült; dieser Bach heißt noch heute der Klosterbach (de klosterbek). An die Wiese stößt eine kleine Anhöhe, welche früher, und auch jetzt noch wohl, der "Sonnenberg" genannt wird, heute aber gewöhnlich Haideberg heißt; dieser Berg (1695 Quadratruthen groß) soll früher der Klostergarten gewesen sein 1 ). Ungefähr 125 Ruthen westlich von dem "Alten Kloster" liegt der Kirchberg, auf der Directorial=Vermessungs=Karte von 1767 "Karck=Berg", 3713 Quadratruthen groß.

Diese Stelle, im Moor, hat ganz den Charakter eines befestigten heidnischen Wohnplatzes, und man könnte denselben für einen fürstlichen heidnischen Burgwall halten, wenn er nicht so sehr niedrig wäre, jedenfalls wird er ein bewohnter Sitz zur Heidenzeit im fürstlichen Eigenthume gewesen und daher zur Stiftung eines Klosters wegegeben sein.


(  ...  ) dorf bei Kröpelin und Neu=Bukow noch aus der ersten Stiftung zu Parkow.
1) Ich habe alle diese Oertlichkeiten selbst untersucht und auch von den Herren Pastor Priester, jetzt Präpositus zu Buchholz, und Pastor Hersen zu Westenbrügge Nachrichten darüber erhalten.
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Es finden sich mitunter, jedoch sehr selten, einzelne heidnische Topfscherben und auch Bruchstücke von alten Ziegeln, und Herr Pastor Priester fand im J. 1843 ein spanförmiges Messer aus Feuerstein; es ist also nicht zu bezweifeln, daß der Ort zur heidnischen Zeit bewohnt gewesen ist.

Mit der Zeit sah aber Fürst Borwin ein, daß "der Acker nicht gut sei und verlegte im J. 1219 das Kloster dahin, wo die Gebäude noch jetzt stehen". Im J. 1219 gründete der Fürst Borwin mit seinen Söhnen Heinrich und Nicolaus und mit Bewilligung seiner Gemahlin Adelheid das Kloster von neuem an einem andern Orte und schenkte demselben von seinem Hauseigenthume das Dorf Kussin, "wo der Ort gegründet ward, welcher von da an Sonnenkamp hieß":

"de nostro patrimonio contulimus villam Cuszin, ubi locus idem fundatus est, qui nunc Campus Solls vocatur",

in einer weiten Lage, an einem großen See und einem kleinen Flusse.

Dieses zweite Kloster ward also das Neue Kloster Sonnenkamp genannt, zuerst lange Zeit hindurch Sonnenkamp, darauf und jetzt allein Neukloster; ein Berg, welcher den jetzigen Hofgarten und die Scheuren berührt und den ganzen Klosterraum beherrscht, heißt der Sonnenberg.

Es ist die Frage, woher diese neue Stiftung den Namen Sonnenkamp (statt Kussin) erhielt. Ich kann nur glauben, daß Sonnenkamp eine Uebersetzung von Parkow ist, und daß, wie das alte Kloster nun, so noch jetzt das "Alte Kloster Parkow" hieß, die neue Stiftung nach der alten das "Neue Kloster Parkow", oder übersetzt Sonnenkamp, genannt ward. Die Sprachwurzel Park- ist in den slavischen Ländern ziemlich verbreitet und kommt dort oft vor, wo auch der deutsche Name Sonne oder der slavische Gegensatz: Schwarz = Czarne erscheint. So heißt die Waldhöhe bei der Stadt Parchim: der Sonnenberg, der Berg bei der Stadt Pirna: der Sonnenstein; so liegen die beiden Orte Parkow und Zarnin bei Bützow und Rühn und das wendische Heiligthum zu Althof bei Doberan liegt nahe bei Parkentin. Durch die offenbare Uebersetzung von Park-ow in Sonnen-kamp kommt man leicht zu der Annahme, daß das Wort Park-: Licht, Sonne, bedeute. Aber in allen alten slavischen Wörterverzeichnissen und nach der übereinstimmenden Versicherung vieler gewiegter slavischer Sprachforscher ist in allen slavischen

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Sprachen diese Sprachwurzel nicht zu finden. Es soll nur das vereinzelt stehende Wort paprschlak, welches Sonnenstrahl bedeutet, entfernt an das Wort park- erinnern. Dagegen soll die Sprachwurzel lettisch sein und pjörûn: Blitz bedeuten und an die östlichen heidnischen Gottheiten Parkun und Perun als Lichtgötter erinnern. - In dem Pommerschen Urkundenbuche I, S. 100, Nr. 40, wird von dem Orte Parcumi gesagt, daß der "Name vielleicht zum polnischen parkan: Plankenzaun, Pfostenzaun" gehöre; man könnte dann annehmen, daß die heiligen Orte der Heiden zugleich befestigt gewesen und davon benannt seien. Aber es liegt nach der Uebersetzung von Parkow in Sonnenkamp doch näher, zu glauben, daß park = Sonne bedeute. Man müßte dann freilich annehmen, daß die Sprachwurzel lettisch sei, oder daß sie, was wahrscheinlicher zu sein scheint, innerhalb der geschichtlichen Zeit als Sachname untergegangen und nur in Ortsnamen erhalten sei, wie sich ja in allen Sprachen vereinzelte Wörter finden, welche außer allem Zusammenhange mit andern stehen und sich etymologisch nicht erklären lassen. Es ist etwas viel verlangt, daß sich grade alle slavischen Wörter etymologisch erklären lassen sollen.

Genug, das neue Kloster von Parkow ward Sonnenkamp genannt und der Name des Ortes Kussin, wo es neu aufgerichtet ward, ging spurlos unter. Es steht nun weiter zur Frage, welche Lage und Bedeutung das Dorf Kussin gehabt habe. Der Ort, wo das Kloster Sonnenkamp immer gestanden hat, und wo noch jetzt die alte Kirche und gegenüber das Kloster=Wirthschaftshaus und eine alte Klosterscheure stehen, also der jetzige Hof Neukloster, wird nicht die Stelle des alten wendischen Dorfes Kussin gewesen sein. Der Ort Kussin hatte gewiß eine besondere Wichtigkeit; der Fürst Borwin sagt in der Stiftungs=Urkunde von Sonnenkamp, daß Kussin zu seinem Erbtheil oder Hausgut (de nostro patrimonio) gehöre, und seine Gemahlin Adelheid giebt ihre Zustimmung zu der Schenkung, vielleicht weil es zu ihrem Leibgedinge gehörte. Der Ort wird also schon zur Wendenzeit eine gewisse Bedeutung gehabt haben, und man ist dadurch veranlaßt daselbst einen wendischen Burgwall in der den alten heidnischen Burgwällen eigenthümlichen Lage zu suchen. Hiernach sieht aber die Klosterstelle Sonnenkamp nicht aus. Zwar liegt das Kloster an der westlichen Seite an dem schmalen und tiefen Flußthale der Tepnitz, und der Hofgarten an der südlichen Seite des

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Hauses liegt auch tief; aber die beiden übrigen Seiten des Ortes bilden festen Boden, der sich weit ins Feld hinaus erstreckt, und der hohe Sonnenberg berührt unmittelbar und beherrscht den Hof und den Ort ganz. Eine Verzweigung des kleinen Tepnitz=Flusses im Dorfe bildet zum Schutze nicht genug Wiesenfläche. So oft ich auch den Ort beobachtet und untersucht habe, so kann ich doch nicht glauben, daß der jetzige Ort Neukloster einen alten wendischen Wohnsitz von Bedeutung gebildet habe, und man kann dies nur mit großem Zwang herausdeuten.

Dagegen liegt unmittelbar bei dem Hofe Neukloster eine Oertlichkeit, welche allen Anforderungen einer großen wendischen Feste vollkommen entspricht. Südlich an den Hof und den Hofgarten grenzt ein großes und nasses Erlenbruch, welches früher sicher ein großer Sumpf gewesen ist. Noch jetzt steht zu sehr nassen Zeiten dieses Bruch unter Wasser. An diesen Sumpf lehnt sich eine große, hohe Halbinsel von leichtem Ackerboden, welche sich in den großen Neuklosterschen See hinein erstreckt und in Ackercultur liegt. Von dem Hofe Neukloster führt zu dieser Halbinsel durch das Erlenbruch ein breiter fester Erddamm und quer durch das Erlenbruch und den Damm geht von See zu See ein breiter, jetzt fast zugewachsener Graben, über welchen einst eine Brücke geführt hat, von welcher noch einige Pfähle vorhanden sind. Durch das Erlenbruch wird die Halbinsel vollständig von dem Festlande des Hofes abgeschieden und gewissermaßen zur Insel gemacht. Die Halbinsel heißt jetzt der Werder und hat einen Flacheninhalt von 12,000 □Ruthen. Dieser Werder hat nun ganz die Lage und Beschaffenheit, welche ein wendischer Burgwall haben muß, und ich glaube, daß hier die Domaine Borwins gestanden hat. Es steht dieser Annahme vielleicht nur entgegen, daß der Raum etwas groß ist; aber es giebt auch andere wendische Burgwälle, welche ähnliche Größe und Lage haben, z. B. der ausgeprägte Burgwall von Teterow und der Burgwall, auf welchem das Kloster Dobbertin steht. Von Befestigungen und alten Erdarbeiten ist freilich auf dem Werder nichts zu sehen und Alterthümer sind schwer zu finden. Ich habe mit aufmerksamer Begleitung bei einer Absuchung nur zwei Scherben von heidnischen Töpfen und zwei Bruchstücke von spanförmigen Feuersteinmessern finden können. Am westlichen Ufer des Sees, zunächst und ganz nahe bei Neukloster, liegt das Dorf Nakensdorf, welches ohne Zweifel von dem wendischen Vasallen Nakon den Namen hat, der

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bei der Stiftung des Klosters Sonnenkamp gegenwärtig war. Bald nach der Stiftung des Klosters kaufte dieses das ihm bequem gelegene Dorf, welches es von dem wendischen Vasallen Woltzic gekauft hatte, und im J. 1231 bestätigten die Fürsten dem Kloster dasselbe. Das jetzt unbedeutende Dorf hatte früher größere Bedeutung, hatte 24 Hufen, eine Kirche, einen Krug und eine Mühle 1 ). Es geht nun die Sage, daß von dem Werder nach dem Dorfe Nakensdorf eine alte Fuhrt durch den See gehe. Wahrscheinlich ist das Dorf Nakensdorf früher zum Schutze dieser Fuhrt als Burglehn angelegt, und der Zugang zum Werder mag eben so leicht über diese Fuhrt, als durch das Erlenbruch gewesen sein.

Wenn nun aller Wahrscheinlichkeit nach der Werder die alte wendische Feste Kussin getragen hat, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß das "Dorf" für die große Masse der Bevölkerung auf dem Festlande vor der Burg an der Stelle des ehemaligen Klosters und jetzigen Hofes gestanden hat.

Dies sind die genau untersuchten und bestimmten Oertlichkeiten des Klosters, welche durch fernere Untersuchungen und Entdeckungen noch in ein helleres Licht gesetzt werden, aber doch schon zur sichern Grundlage für fernere Forschungen dienen können.



1) Vgl. das Heberegister von Neukloster in Lisch Meklb. Urk. II, S. 263.
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Anhang.


Der Fluß Tepnitz.

Nicht ohne Bedeutung ist der kleine Fluß Tepnitz, welcher es wohl verdient, in die Geographie des Landes aufgenommen zu werden. Der Fluß hat einen so ausgeprägten Flußcharakter, ganz ähnlich der Mildenitz, und berührt und bedingt so viele geschichtlich merkwürdige Stellen im Lande, daß es nothwendig ist, ihn endlich in die Geschichte und Geographie Meklenburgs einzuführen.

Der Ursprung der Tepnitz ist schwierig zu bestimmen 1 ). Höchst wahrscheinlich hat dieser Fluß seine Entstehung in dem sogenannten Tützer Moor auf der Feldmark Teplitz (von tepl = warm), deren Name sprachlich mit dem Flußnamen zusammenhangen wird, am südlichen Abhange des mächtigen Landrückens bei Mulsow. Dieses Moor, dessen Oberfläche mit dem daran grenzenden Antheile wohl an 16 bis 18000 □Ruthen groß ist, ist ohne Zweifel in uralter Zeit ein großes und tiefes Gewässer gewesen, da es nach Untersuchungen am Rande über 16 Fuß tief ist. Oestlich von diesem Moor bildet sich eine freilich unbedeutende Wasserscheide, an welcher der vor fast einem halben Jahrhundert abgelassene Tützer See auf der Feldmark Tützen lag, dessen Gefälle nach Norden hin sinkt. Das Tützer Moor fällt dagegen nach Süden ab und hat auch mit wenig Ausnahmen seinen Abfluß nach dieser Richtung bis Neukloster hin. In den ältesten Zeiten mögen bei höherm Wasserstande das Tützer Moor und der Tützer See eine zusammenhangende Wasserfläche gebildet haben. Das ganze Becken wird, namentlich im Norden und Westen, von einer zusammenhangenden Berghöhe umsäumt.


1) Ich verdanke diese genaue Untersuchung und Beschreibung der Tepnitz=Quellen bis S. 13 dem Herrn Förster Priester zu Züsow.
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Diese südliche Abflußrinne vom Tützer Moor läuft ohne wesentliches Gefälle und nur an einzelnen Stellen ein ursprüngliches, leichtes Flußbette bezeichnend in der Scheide zwischen Teplitz und Poischendorf und weiter abwärts zwischen dem Teplitzer Gehege der Züsower Forst und einem hohen Berge über die Feldmark Pinnowhof. Dann tritt das Bette in das Teplitzer Waldgehege, wo das Wasser ein altes Flußbette von theilweise 18 Fuß Tiefe und mehr als 50 Fuß Breite gewaltsam durchgebrochen und mit Steingerölle gefüllt hat. Nach einem Laufe von ungefähr 60 Ruthen mündet das Bette noch einmal nach der Pinnowhöfer Feldmark aus, wo das Flußbette auf etwa 40 Ruthen Länge gänzlich verschwindet. Dann erscheint am Scharfenberge ein neues Bette, welches mit mächtigem Steingerölle gefüllt, auf 40 Ruthen Länge zum Theil eine Tiefe von 20 bis 25 Fuß und eine Breite von 70 bis 80 Fuß hat. Von hier nimmt das Wasser seinen Lauf durch mehrere Wiesen und durch ein weites Thal in südlicher Richtung quer über die Feldmark Pinnowhof und wendet sich am Schünberge noch ein Mal gegen den Züsower Wald. Hier trägt das kleine Wasser zum ersten Male einen Namen : "Steinigbek". Vom Schünberge läuft der kleine Bach, der im Sommer nur wenig Wasser führt, am Züsower Walde unmittelbar an der Feldmark von Pinnowhof bis zur Scheide von Pernik hinab, nimmt jedoch vorher neben Pinnowhof zwei unbedeutende Wasserläufe auf, welche ebenfalls nur in der nassen Jahreszeit Wasser enthalten, von denen der eine unmittelbar von Pinnowhof, der andere aus dem Züsower Walde kommt. Das Gewässer verdient eigentlich erst von der Mitte der Feldmark Pinnowhof den Namen eines kleinen Baches, da der obere Theil bis zum Tützer Moor hinauf in der wärmern Jahreszeit jetzt austrocknet. Außerdem kommt von der Feldmark Teplitz noch ein zweites, nicht ganz unbedeutendes Flußbett mit großer Einsenkung und vielem Steingerölle, welches sich quer durch das Teplitzer Gehege zum Pinnowhöfer Felde hinter dem sogenannten Hohenberge hinunterzieht und sich hier an der Nesselwiese mit dem vom Tützer Moor herabkommenden Wasserlaufe vereinigt; aber auch diese Flußrinne hat nur im Frühling und bei anhaltendem Regenwetter Wasser. Diese Wasserläufe und Rinnen haben wohl zu der in jenen Gegenden verbreiteten, aber irrigen Ansicht geführt, daß die Tepnitz von Pinnowhof herabkomme. Jedoch ist es gewiß, daß keiner der bisher genannten kleinen Wasserläufe aus einer bestimmten, jetzt noch nachzuweisenden Quelle ent=

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springt und keiner sich so weit hinaufführen läßt, als der Wasserlauf aus dem Tützer Moor. Von der Einmündung der verschiedenen Wasserrinnen bei Pinnowhof bis zur Scheide von Pernik wird nun der kleine Wasserlauf, der hier jedenfalls schon bachartig erscheint und niemals ganz austrocknet, der Perniker Bach genannt. Weiter abwärts zwischen den Feldmarken Pernik und Neuhof, welche auch noch Wasser zuführen, und durch die Feldmark von Neukloster bis zum Langen Teiche vor Neukloster wird der Bach die "Bukower Bek" genannt.

Bei Neukloster wird der Bach, welcher hier die "Bek" (Bach), auch "Mühlbach" heißt, zum ersten Male von Bedeutung. Dicht vor dem Orte Neukloster bildet er den "Langen Teich", eine künstliche Ausgrabung und Aufstauung, welcher am Ausflusse eine Wehr und Aalkiste hat, und fließt dann in munterm, gekrümmtem Laufe mit klarem Wasser durch den Ort und weiter abwärts dicht an dem ehemaligen Kloster vorbei, wo er seit alter Zeit zwei Mühlen, jetzt eine Korn= und eine Oelmühle, treibt. Darauf fließt er dicht hinter dem Kloster in die nordwestliche Bucht des Neuklosterschen Sees. - Daneben fließt in den See ein kleinerer Bach, welcher das Wasser von Rügkamp herunter führt, und zwischen diesem und der Tepnitz das Freiwasser der Mühlen; über beide führen Brücken vor Neukloster. - In die nordöstliche Bucht des Neuklosterschen Sees ergießt sich ein anderer kleiner, munterer Bach, die "Klâs=Bek" genannt, der von der Perniker Waldung herunter kommt, vielleicht von dem Dorffelde Brizelaz, welches neben Pernik nur im J. 1235 genannt wird (vgl. Lisch Mekl. Urk. II, S. 17, Nr. 8).

Aus dem Neuklosterschen See tritt an der Südostspitze desselben das Gewässer als ein kleiner Fluß. Hier treibt er bald eine Mühle, die Neue Mühle, welche in anmuthigem Waldgrunde gelegen schon von dem Kloster Neukloster angelegt ward und bereits im J. 1272 genannt und wohl vor dem J. 1260 gegründet sein wird. Von hier abwärts bis in den Gr. Wariner See erscheint das Gewässer als ein lieblicher Fluß mit ausgeprägtem Charakter. Waldhöhen bilden ein weites, angenehmes Thal, das von ausgedehnten, saftigen und frischen Wiesen gefüllt wird, durch welche in Schlangenwindungen der Fluß munter und hell fortrieselt. Auf dieser Strecke wird das Gewässer als Fluß, wenn auch nicht als schiffbarer, anerkannt und mit dem Namen Tepnitz belegt. Im Durchschnitt fließt die Tepnitz fast immer durch

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ein weites Thal mit hohen, oft bewaldeten Ufern oder durch Seen, und mag in alten Zeiten viel größere Wassermassen geführt haben. Sowohl im Munde des Volkes, als auch auf den Karten und in den Acten führt nach genauen Erkundigungen der Fluß allgemein in alter Zeit und noch heute immer und nur den Namen Tepnitz. Die Waldhöhe auf der Wariner Seite heißt auf allen Karten der "Tepnitz=Berg". Und unter diesem Namen Tepnitz ist der Fluß seit uralter Zeit bekannt und gewissermaßen berühmt, indem er hier die Grenze zwischen dem Bisthum Schwerin und dem Kloster Neukloster, und später zwischen der ehemaligen bischöflichen Stadt Warin und dem an Schweden 1648 abgetretenen Amte Neukloster bildet. Daher heißen die auf der Neuklosterschen Seite stehenden Tannen bei Kl. Warin noch heute die Schweden=Tannen. Als am 27. März 1232 die Grenzen des bischöflich=schwerinschen Landes Bützow und Warin festgesetzt wurden, ward bestimmt 1 ):

"daß die Scheide des Landes diese sein solle: vom See Warin bis ins Wasser Tyepenizha, da es in den See läuft, damach in's Bächlein Studieno und folgends u. s. w. - - in den See Duzcin" (Gr. Tessin).

Der Bach Studieno ist unter diesem Namen nicht mehr bekannt, aber auf dem Wege von der Stadt Warin nach Neukloster am linken Ufer der Tepnitz mündet von Osten (von Pennewit) her durch ein weites Thal in den Fluß ein kleiner Bach, über welchen eine Brücke führt, welche noch heute wohl als die Grenze mit "Schweden" bezeichnet wird; dies wird das Bächlein Studieno sein. Das Feld am linken Tepnitz=Ufer bis gegen die Brücke gehörte in den ältesten Zeiten zu der bischöflichen Burg Warin, ward aber nach der Gründung der bischöflichen Stadt Warin zu der Feldmark derselben gelegt.

Von der andern Seite, an der Grenze des Dorfes Kl. Warin, wird der Fluß Tepnitz auch schon in alter Zeit genannt. Das Kloster Neukloster hatte schon vor dem Jahre 1260 das Dorf Kl. Warin gekauft. Bei dem Ankaufe des Dorfes war am 1. Juni 1260 2 ) zwischen dem Kloster Neukloster und dem Bischofe von Schwerin der Vertrag geschlossen,

"daß der an das Dorf Kl. Warin stoßende Theil


1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 79.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. II, S. 34.
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des Gr. Wariner Sees und der Fluß Tepenitz, so weit dieser des Klosters und des Bischofs Grenzen berührte" (also der untere Theil bis zum Gr. Wariner See), "dem Bifchofe von Schwerin gehören, daß aber keiner der beiden Theile eine Mühle außer den schon stehenden anlegen solle",

worunter ohne Zweifel die Neue Mühle bei der jetzigen Stadt Warin zu verstehen ist:

"(prepositus Noui Claustri) partem stagni eidem ville adiacentis et partem fluuii Tepenitz, prout sua et nostra disterminatio extenditur, -- (episcopo) totaliter dimisit".

In dieser urkundlichen Nachricht, welche die oben angeführte vom J. 1232 ergänzt, wird die Tepnitz ausdrücklich mit Namen und ein Fluß genannt.

Nach diesem Laufe fließt die Tepnitz in den Gr. Wariner See auf dessen Ostufer, tritt aus demselben noch vor der Stadt Warin und treibt innerhalb derselben die Mühle, in einer malerischen Lage. Dann geht sie dicht bei der ehemaligen bischöflichen Burg Warin (dem jetzigen Domanial=Amte) vorbei und fließt bald unterhalb derselben in den Glam=See 1 ) bei Warin.

Von hier geht der Fluß durch ein kurzes, weites Thal, durchschneidet nahe vor Blankenberg die hier überbrückte Eisenbahn, ergießt sich dicht an der Eisenbahn in den Tempziner See auf dem Ostufer und fließt durch denselben und aus demselben bei dem Antoniuskloster Tempzin vorüber. Am 7. Juni 1222 stiftete 2 ) der Fürst Borwin mit seinen Söhnen und seiner Gemahlin Adelheid auch das Antoniuskloster auf dem Hofe Tunischin an dem Wasser Tepnitz:

"curiam Tunischin - - ad aquam, que dicitur Tepenice, cum omni prefate aque iure".

Da der Name Antonius plattdeutsch in Tönnies oder Tönnings umgewandelt wird, und die Brüder, Schweine, Höfe etc. . des Klosters: Tönniesbröder, Tönniesfarken, Tönnieshof u. s. w. genannt wurden, so erhielt auch die Tepenitz bei Tempzin und auch noch weiter hinauf oberhalb des Tempziner Sees mit der Zeit den Namen Tönnies=Bek oder Tönnings=Bek (Antonius=Bach), und diesen Namen trägt die Tepnitz hier auch noch.


1) Glam, im Polnischen glamboki im Wendischen häufig glambek, heißt: tief; vgl. Cod. Pomer. S. 295; z. B. glambike luog: tiefes Moor.
2) Vergl. Mekl. Urk.-Buch I.
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Bald darauf fließt die Tepnitz 1 ) schon in ansehnlichem Bette durch die Stadt Brüel und treibt die Mühle daselbst. Von Brüel ab führt der Fluß nur den Namen Mühlbach. Nachdem er unterhalb Brüel den Radebach aufgenommen hat, fließt er zwischen Sülten und Weitendorf an der linken Seite in die Warnow, nicht weit von dem Einflusse des ähnlichen Mildenitz=Flusses an der rechten Seite der Warnow. Unmittelbar vor seiner Mündung hat die Tepnitz noch eine sehr hübsche Thalbildung.

Dies ist der Lauf des kleinen Flusses, welcher drei großen geistlichen Stiftungen (Neukloster, Warin, Tempzin) und zwei Städten (Warin und Brüel) das Dasein gegeben hat und Leben geben hilft.



1) Die Tepnitz nimmt seitwärt auch einige kleinere Gewässer auf. So z. B. fällt rechts unterhalb Zahrenstorf ein Bach, auch durch Thalbildung bemerkbar, welcher aus dem See von Bibow kommt, in die Tepnitz.